Upskirting – Strafbarkeit von Bildaufnahmen des Intimbereichs

Von Prof. Dr. Anja Schiemann, Münster


 

1 Einleitung

 

Am 2.7.2020 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung beschlossen.2 Danach wird zum einen der Straftatbestand der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gem. § 201a StGB auf die unbefugte Herstellung oder Übertragung von Bildaufnahmen ausgedehnt, die in grob anstößiger Weise eine verstorbene Person zur Schau stellen.3 Zum anderen stellt der neu eingefügte § 184k StGB die Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen unter Strafe. Unter dem Schlagwort Upskirting – englisch „up“ für „nach oben“ und „skirt“ für Rock – ist im letzten Jahr auch in Deutschland eine Diskussion um die Strafwürdigkeit unbefugter Aufnahmen des Gesäßes oder von Genitalien unter der Oberbekleidung einer Person entbrannt.4 Mit ihrer Petition „Verbietet #Upskirting in Deutschland“ haben Hanna Seidel und Ida Marie Sassenberg für große mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Auf der entsprechenden Internetseite kann man nunmehr lesen, dass die Petition mit 109.024 Unterstützerinnen und Unterstützern erfolgreich gewesen ist.5

 

 

2 Rechtspolitische Entwicklung


Bereits im Juni 2019 forderte die FDP Fraktion die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das unbefugte gezielte Anfertigen von Film- oder Bildaufnahmen intimer oder sexueller Bereiche einer Person unter Strafe stellt.6 Im September 2019 haben dann die Länder Rheinland-Pfalz und Bremen einen entsprechenden Entschließungsantrag gegen das unbefugte Upskirting in den Bundesrat eingebracht.7 Im Oktober 2019 folgten die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und das Saarland, die einen gemeinsamen Gesetzentwurf für eine Initiative des Bundesrats gegen das Upskirting vorlegten.8 Dieser Vorstoß wurde bereits im Vorfeld von der Justizministerin von Schleswig-Holstein unterstützt.9 Schließlich hat die Bundesregierung im März 2020 einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht.10


Die unterschiedlichen Gesetzentwürfe11 waren dann Gegenstand der zweiten und dritten Lesung im Bundestag am 2.7.2020. Der Regierungsentwurf zum Persönlichkeitsschutz bei Bildaufnahmen wurde in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung vom Bundestag angenommen.12 Gleichzeitig wurde der Entwurf des Bundesrats zum Upskirting sowie ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion und ein Gesetzentwurf der AfD „zur Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen“ abgelehnt.


Während der ursprüngliche Entwurf der Bundesregierung das sog. Upskirting noch in § 201a StGB mitregeln wollte,13 kam es aufgrund der Empfehlungen des Rechtsausschusses doch zu einer Regelung der Strafbarkeit in einem eigenständigen Paragraphen § 184k StGB.14

 

3 Hintergrund und Ziele des Gesetzes


Anlass für die Gesetzesinitiativen und schließlich das verabschiedete Gesetz waren zahlreiche mediale Berichte über Bildaufnahmen von primär weiblichen Opfern, die angefertigt wurden, indem man etwa mit Hilfe eines Selfiesticks unter der Bekleidung der betreffenden Person – von unten nach oben – fotografiert hat, um so den Blick unter den Rock oder unter das Kleid zu zeigen (sog. Upskirting). Erleichtert werden diese Bildaufnahmen durch den technischen Fortschritt bei Kameras und die Möglichkeit, sie einfach und unauffällig zu nutzen.15 Das Phänomen des Upskirtings hat in England bereits im letzten Jahr zu der Einführung eines entsprechenden Straftatbestands geführt, nachdem in England und Wales von einem erheblichen Anstieg der Vorfälle berichtet wurde.16 Auch in anderen Ländern führte der Anstieg der Fallzahlen zu einer Pönalisierung, wie beispielsweise in Schottland, Frankreich und der Schweiz.17


Neben der Einführung einer Strafbarkeit des Upskirtings sah der deutsche Gesetzgeber noch Handlungsbedarf beim sog. Downblousing, also dem unbefugten Herstellen einer Aufnahme von der weiblichen Brust, indem beispielsweise der Ausschnitt einer Bluse fotografiert oder gefilmt wird.18 Denn mit beiden Verhaltensweisen setze sich der Täter über das Bestreben des Opfers, diese Körperregionen dem Anblick fremder Menschen zu entziehen, in grob unanständiger und ungehöriger Weise hinweg und verletze dadurch die Intimsphäre des Opfers.19

 


Einfahrt der Deutschen Hochschule der Polizei Münster.

 

 


Bibliothek der Deutschen Hochschule der Polizei Münster.

 

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