Upskirting – Strafbarkeit von Bildaufnahmen des Intimbereichs

Von Prof. Dr. Anja Schiemann, Münster


 

1 Einleitung

 

Am 2.7.2020 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung beschlossen.2 Danach wird zum einen der Straftatbestand der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gem. § 201a StGB auf die unbefugte Herstellung oder Übertragung von Bildaufnahmen ausgedehnt, die in grob anstößiger Weise eine verstorbene Person zur Schau stellen.3 Zum anderen stellt der neu eingefügte § 184k StGB die Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen unter Strafe. Unter dem Schlagwort Upskirting – englisch „up“ für „nach oben“ und „skirt“ für Rock – ist im letzten Jahr auch in Deutschland eine Diskussion um die Strafwürdigkeit unbefugter Aufnahmen des Gesäßes oder von Genitalien unter der Oberbekleidung einer Person entbrannt.4 Mit ihrer Petition „Verbietet #Upskirting in Deutschland“ haben Hanna Seidel und Ida Marie Sassenberg für große mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Auf der entsprechenden Internetseite kann man nunmehr lesen, dass die Petition mit 109.024 Unterstützerinnen und Unterstützern erfolgreich gewesen ist.5

 

 

2 Rechtspolitische Entwicklung


Bereits im Juni 2019 forderte die FDP Fraktion die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das unbefugte gezielte Anfertigen von Film- oder Bildaufnahmen intimer oder sexueller Bereiche einer Person unter Strafe stellt.6 Im September 2019 haben dann die Länder Rheinland-Pfalz und Bremen einen entsprechenden Entschließungsantrag gegen das unbefugte Upskirting in den Bundesrat eingebracht.7 Im Oktober 2019 folgten die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und das Saarland, die einen gemeinsamen Gesetzentwurf für eine Initiative des Bundesrats gegen das Upskirting vorlegten.8 Dieser Vorstoß wurde bereits im Vorfeld von der Justizministerin von Schleswig-Holstein unterstützt.9 Schließlich hat die Bundesregierung im März 2020 einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht.10


Die unterschiedlichen Gesetzentwürfe11 waren dann Gegenstand der zweiten und dritten Lesung im Bundestag am 2.7.2020. Der Regierungsentwurf zum Persönlichkeitsschutz bei Bildaufnahmen wurde in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung vom Bundestag angenommen.12 Gleichzeitig wurde der Entwurf des Bundesrats zum Upskirting sowie ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion und ein Gesetzentwurf der AfD „zur Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen“ abgelehnt.


Während der ursprüngliche Entwurf der Bundesregierung das sog. Upskirting noch in § 201a StGB mitregeln wollte,13 kam es aufgrund der Empfehlungen des Rechtsausschusses doch zu einer Regelung der Strafbarkeit in einem eigenständigen Paragraphen § 184k StGB.14

 

3 Hintergrund und Ziele des Gesetzes


Anlass für die Gesetzesinitiativen und schließlich das verabschiedete Gesetz waren zahlreiche mediale Berichte über Bildaufnahmen von primär weiblichen Opfern, die angefertigt wurden, indem man etwa mit Hilfe eines Selfiesticks unter der Bekleidung der betreffenden Person – von unten nach oben – fotografiert hat, um so den Blick unter den Rock oder unter das Kleid zu zeigen (sog. Upskirting). Erleichtert werden diese Bildaufnahmen durch den technischen Fortschritt bei Kameras und die Möglichkeit, sie einfach und unauffällig zu nutzen.15 Das Phänomen des Upskirtings hat in England bereits im letzten Jahr zu der Einführung eines entsprechenden Straftatbestands geführt, nachdem in England und Wales von einem erheblichen Anstieg der Vorfälle berichtet wurde.16 Auch in anderen Ländern führte der Anstieg der Fallzahlen zu einer Pönalisierung, wie beispielsweise in Schottland, Frankreich und der Schweiz.17


Neben der Einführung einer Strafbarkeit des Upskirtings sah der deutsche Gesetzgeber noch Handlungsbedarf beim sog. Downblousing, also dem unbefugten Herstellen einer Aufnahme von der weiblichen Brust, indem beispielsweise der Ausschnitt einer Bluse fotografiert oder gefilmt wird.18 Denn mit beiden Verhaltensweisen setze sich der Täter über das Bestreben des Opfers, diese Körperregionen dem Anblick fremder Menschen zu entziehen, in grob unanständiger und ungehöriger Weise hinweg und verletze dadurch die Intimsphäre des Opfers.19

 


Einfahrt der Deutschen Hochschule der Polizei Münster.

 

 


Bibliothek der Deutschen Hochschule der Polizei Münster.

 


 

4 Strafbarkeitslücke


Die nunmehr unter Strafe gestellten Handlungen wurden zuvor durch das deutsche Strafgesetzbuch nicht ausreichend erfasst.


§ 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB – Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen – schützt nur solche Personen, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum, wie etwa einer Umkleidekabine, befinden.20 § 201a Abs. 3 StGB pönalisiert dagegen nur Nacktaufnahmen von Personen unter 18 Jahren, wobei diese im Zusammenhang mit einer kommerziellen Vermarktung stehen müssen.21 Die Herstellung von Nacktaufnahmen erwachsener Personen außerhalb des räumlichen Anwendungsbereichs des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist daher auch dann nicht gem. § 201a StGB strafbar, wenn die Aufnahmen heimlich oder gegen den Willen der betroffenen Person erfolgt sind.22


Auch eine Strafbarkeit nach dem Kunsturhebergesetz kommt in den Fällen des Upkirtings und Downblousings nicht in Betracht. Denn § 33 KUG, der die Verletzung des Rechts am eigenen Bild pönalisiert, erfasst nur Fälle, in denen der Täter entgegen §§ 22, 23 KUG ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.23 Das bloße Herstellen oder Zugänglichmachen der Bildaufnahme für sich selbst oder einen Dritten wird gerade nicht erfasst.24


Der Straftatbestand der Beleidigung gem. § 185 StGB kommt in der Regel ebenfalls nicht in Betracht. Da § 185 StGB kein Auffangtatbestand ist,25 werden sexuelle oder sexualbezogene Handlungen und Belästigungen nur dann erfasst, wenn „besondere Umstände“ einen selbstständigen beleidigenden Charakter haben.26 Das ist in Fällen des Upskirtings und Downblousings nicht per se der Fall, da es beim heimlichen Herstellen einer Bildaufnahme gerade an einer Kundgabe gegenüber dem Opfer oder einem Dritten fehlt.27


Auch der 2016 ins StGB eingeführte Straftatbestand der sexuellen Belästigung gem. § 184i StGB greift zu kurz, da nur Fälle in Betracht kommen, in denen das Opfer in sexuell bestimmter Weise berührt wird.28 Lediglich wird in Einzelfällen eine Ordnungswidrigkeit nach § 118 OWiG wegen Belästigung der Allgemeinheit in Betracht kommen.29


Trotz festgestellter Strafbarkeitslücken ist es eine ganz andere Frage, ob diese Lücken durch eine Strafvorschrift zu schließen sind. Der ultima-ratio-Gedanke im Strafrecht und dessen „fragmentarischer Charakter“30 führen dazu, dass Regelverstößen schon ein gewisses Gewicht zukommen muss, um sie mit dem scharfen Schwert des Strafrechts zu sanktionieren.31 Während sich im Regierungsentwurf lediglich der Hinweis auf „Schutzlücken“ findet,32 enthält die Bundesratsdrucksache folgende Begründung: „Mit einer das Phänomen des ‚Upskritings‘ erfassenden Strafnorm kann und soll erreicht werden, dass

 

  • das Unrecht derartiger Taten in das Bewusstsein der Bevölkerung gebracht wird,
  • potentielle Täter abgeschreckt werden,
  • ein wirksamerer Schutz der Opfer bewirkt wird und
  • Täter auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können“.33


Des Weiteren wird gesetzgeberischer Handlungsbedarf gesehen, weil sich das Verhalten der Täter als massiver Eingriff in die Intimsphäre der Opfer und als Verletzung von deren Recht auf sexuelle Selbstbestimmung darstelle. Die Opfer könnten sich häufig nur unzureichend gegen derartige Verhaltensweisen wehren. Auch der Unrechtsgehalt des Upskirtings stehe anderen bereits nach geltendem Recht strafbaren Verhaltensweisen in nichts nach.34


Die im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am 27.5.2020 angehörten Sachverständigen waren sich ebenfalls darüber einig, dass das Upskirting eine strafwürdige Verhaltensweise darstellt. Uneinig war man sich lediglich darüber, unter welchen Abschnitt des Strafgesetzbuchs ein entsprechender Straftatbestand zu fassen und wie er im Einzelnen auszugestalten ist.35 Letztlich entschloss sich der Gesetzgeber gegen eine Lösung im Rahmen des § 201a StGB36 und für einen eigenständigen Straftatbestand § 184k StGB.37

 

5 Der Straftatbestand

 

5.1 Schutzgut und Regelungsinhalt

 

Da durch den neuen Straftatbestand sowohl der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs als auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung betroffen sind,38 ist eine eindeutige Zuordnung zum 13. Abschnitt (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) oder 15. Abschnitt (Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs) nicht möglich. Insofern war es grundsätzlich zulässig, das Upskirting in den Straftatbestand des § 201a StGB zu integrieren oder einen eigenständigen § 184k StGB einzufügen.39 Die Meinung der Sachverständigen war hier durchaus geteilt, welche Lösung die bessere ist.40 Der Gesetzgeber entschloss sich für eine Strafnorm im 13. Abschnitt des StGB. Zwar verletze das Fehlverhalten auch das Recht der betroffenen Personen am eigenen Bild. Im Vordergrund stehe aber gerade auch für die Betroffenen selbst die Verletzung ihres sexuellen Selbstbestimmungsrechts. Denn der Täter verschaffe sich über die Bildaufnahme visuellen Zugriff auf den körperlichen Intimbereich, der typischerweise der Sexualsphäre zuzuordnen sei. Die Einstufung als Sexualdelikt entspräche daher dem Opferinteresse.41


Der neue Straftatbestand lautet wie folgt:


㤠184k РVerletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer


1. absichtlich oder wissentlich von den Genitalien, dem Gesäß, der weiblichen Brust oder der diese Körperteile bedeckenden Unterwäsche einer anderen Person unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt, soweit diese Bereiche gegen Anblick geschützt sind,


2. eine durch eine Tat nach Nummer 1 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder


3. eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummer 1 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht.


(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.


(3) Absatz 1 gilt nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen.


(4) Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.“42

5.2 Objektiver Tatbestand

Der objektive Tatbestand wurde dem Gesetzentwurf der Bundesregierung entnommen43 und stellt das unbefugte Herstellen oder Übertragen von Bildaufnahmen, die bestimmte, besonders schützenswerte Körperteile abbilden, unter Strafe.44 Die Aufzählung der konkret erfassten Körperteile verhindert Auslegungsschwierigkeiten, die mit der Verwendung eines allgemeinen Oberbegriffs, wie dem des Intimbereichs45 verbunden sein können.46 Um die Strafbarkeit einzugrenzen, ist der Tatbestand auf besonders schützenswerte, namentlich erfasste Körperteile beschränkt. Neben dem Upskirting ist auch das Downblousing durch Aufnahmen der weiblichen Brust erfasst. Die männliche Brust erschien dem Gesetzgeber aufgrund der fehlenden Eigenschaft als sekundäres Geschlechtsmerkmal als weniger schützenswert, so dass sie von der Strafbarkeit des § 184k StGB nicht erfasst ist. Der Gesetzgeber betont allerdings, dass sich das Adjektiv „weiblich“ allein auf die Brust und nicht auf das Geschlecht des Opfers bezieht, so dass Transgenderfälle unter das Tatbestandsmerkmal fallen können.47


Durch die konkrete Nennung der Fälle und Beschränkungen des Anwendungsbereichs auf besonders schützenswerte Körperteile wird dem Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen und strafwürdiges Verhalten von sozialadäquatem Alltagsverhalten abgegrenzt.48 Nicht erfasst werden durch den Passus „gegen Anblick geschützt“ aber unbefugte Nahaufnahmen unbekleideter Geschlechtsteile.49 Während der Regierungsentwurf noch die Formulierung der durch „Unterbekleidung“ bedeckten Körperteile wählte, ersetzte man diese – auf Empfehlung der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss50 – durch den prägnanteren Begriff der „Unterwäsche“.51


Als Tathandlungen sind das Herstellen oder Übertragen einer Bildaufnahme vorgesehen. Das Merkmal des Übertragens erfasst dabei sog. Echtzeitübertragungen auf informationstechnische Geräte oder ins Internet ohne dauerhafte Speicherung des Bildes.52 Das bloße Beobachten bleibt dagegen straflos.53


Zudem werden – nach dem Vorbild des § 201a StGB – auch das Gebrauchen und das einem Dritten Zugänglichmachen einer nach Abs. 1 hergestellten Bildaufnahme als Tathandlungen erfasst. Dabei kann hinsichtlich der Auslegung der Merkmale auf die Kommentierungen zu § 201a StGB verwiesen werden. Gebrauchen ist jede Nutzung der Bildaufnahme für eigene oder fremde, private oder öffentliche, persönliche oder kommerzielle Zwecke. Insbesondere das Speichern, Kopieren und Archivieren können unter diese Tathandlung subsumiert werden.54 Das Zugänglichmachen erfasst jede Ermöglichung eines Zugriffs durch Dritte.55


Ebenfalls spiegelbildlich zu § 201a StGB wird nach § 184k Abs. 1 Nr. 3 StGB auch derjenige bestraft, der eine befugt hergestellte Bildaufnahme wissentlich unbefugt Dritten zugänglich macht. Entscheidend ist hier, dass die Bildaufnahme befugt hergestellt worden ist. Unrechtskern der Handlung ist also nicht das Eindringen in die Intimsphäre gegen oder ohne den Willen der Betroffenen, sondern der nachträgliche Vertrauensbruch.56

 

5.3 Subjektiver Tatbestand

Durch die Beschränkung der Strafbarkeit im Rahmen des § 184k Abs. 1 Nr. 1 StGB auf die Vorsatzformen des dolus directus 1. und 2. Grades57 durch die Formulierungen wissentlich und willentlich, wird der Anwendungsbereich der Vorschrift auf besonders strafwürdige Verhaltensweisen begrenzt.58 Hier wurde den Empfehlungen der Sachverständigen im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss Rechnung getragen, die eine Einschränkung im subjektiven Tatbestand für erforderlich hielten, um eine ausufernde Strafbarkeit zu vermeiden.59 Allerdings wurde auf der anderen Seite darauf hingewiesen, dass dieses Vorsatzerfordernis in der Praxis ggf. zu Beweisschwierigkeiten führen könne.60


Im Rahmen einer Strafbarkeit nach § 184k Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 StGB ist allerdings bedingter Vorsatz ausreichend.

 

5.4 Rechtswidrigkeit

Das Merkmal der Unbefugtheit der Tathandlung i.S. des § 184k Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt lediglich einen deklaratorischen Verweis auf die allgemeinen Rechtfertigungsgründe, insbesondere den der rechtfertigenden Einwilligung des Betroffenen dar.61 Ob der Täter „unbefugt“ gehandelt hat, ergibt sich danach in erster Linie aus dem Fehlen der Einwilligung der abgebildeten Personen sowie aus dem Fehlen besonderer Erlaubnissätze, die ihren Grund in Strafverfolgungsinteressen haben können.62

 

5.5 Strafantragserfordernis

Die Strafverfolgung soll bei Handlungen im Sinne des § 184k Abs. 1 StGB gem. Abs. 2 nur auf Antrag des Verletzten erfolgen, es sei denn, ein Einschreiten von Amts wegen ist wegen des besonderen öffentlichen Interesses geboten. Dieses Antragserfordernis entspricht den Bestimmungen verwandter Strafnormen wie dem des § 201a StGB und § 184i StGB, die ebenfalls ein solches Erfordernis vorsehen (§ 205 Abs. 1 und § 181i Abs. 3 StGB). Für die grundsätzliche Notwendigkeit eines Strafantragserfordernisses spricht, dass die Tat nicht gegen den Willen des Verletzten verfolgt werden sollte. Durch die Formulierung als relatives Antragsdelikt kann jedoch auch den Strafverfolgungsbehörden ein Einschreiten ermöglicht werden, falls beispielsweise beim Auffinden anonymen Bildmaterials die Person des Opfers unbekannt ist.63

 

 

6 Fazit


Insgesamt bleibt festzustellen, dass es sich bei den Phänomenen des Upskirtings und Downblousings um durchaus strafwürdige Handlungen handelt. Der Gesetzgeber hat – auch durch die diversen Änderungen und Modifizierungen im Gesetzgebungsverfahren – mit § 184k StGB einen ausgewogenen Straftatbestand geschaffen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob dieser Straftatbestand überhaupt eine kriminalstatistische Bedeutung erlangt. Die Fallzahlen dürften trotz medialer Aufmerksamkeit in Bezug auf das Phänomen gering sein, auch wenn belastbare Zahlen bislang fehlen.


Bildrechte: DHPol.

 

 

Anmerkungen

 

  1. Die Verfasserin ist Universitätsprofessorin und Fachgebietsleiterin des Fachgebiets Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminalpolitik an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster.
  2. BT-Drs. 19/20668 in Verbindung mit BT-Drs. 19/17795 (Gesetzentwurf der Bundesregierung). BGBl. I, S. 2075. In Kraft tritt das Gesetz am 1.1.2021.
  3. Vgl. BT-Drs. 19/20668, S. 6. Die Strafbarkeit zum Schutz verstorbener Personen ist in § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB-E neu geregelt. Die bisherigen Nummern 3 und 4 verschieben sich nach hinten. Diese Modifikation ist aber nicht Gegenstand des Aufsatzes.
  4. Vgl. bspw. den Artikel von Bergmann in der Süddeutschen Zeitung vom 26.4.2019, abrufbar unter www.sueddeutsche.de/muenchen/upskirting-petition-fotografien-1.4423810 (zuletzt abgerufen am 22.7.2020).
  5. S. www.change.org/p/verbietet-upskirting-in-deutschland (zuletzt abgerufen am 22.7.2020).
  6. BT-Drs. 19/11113.
  7. BR-Drs. 423/19.
  8. BR-Drs. 443/19.
  9. Vgl. Sütterlin-Waack, Rede anlässlich der Landtagssitzung vom 21.6.2019 zu TOP 38, Plenarprotokoll, S. 4885, abrufbar unter www.landtag.ltsh.de/export/sites/ltsh/infothek/wahl19/plenum/plenprot/2019/19-064_06-19.pdf (zuletzt abgerufen am 22.7.2020).
  10. BT-Drs. 19/17795.
  11. Neben den Entwürfen der Bundesregierung, des Bundesrates und der Fraktion der FDP gab es noch einen weiteren der Fraktion AfD, vgl. BT-Drs. 19/18980.
  12. BT-Drs. 19/20668.
  13. So BT-Drs. 19/17795, S. 7.
  14. So BT-Drs. 19/20668, S. 5.
  15. BT-Drs. 19/20668, S. 2.
  16. Hierzu BR-Drs. 443/19, S. 6.
  17. Vgl. hierzu ausführlich Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (368 f.).
  18. Zur Begriffsbestimmung s. Berghäuser, ZIS 2019, 463 (464).
  19. So ausdrücklich BT-Drs. 19/20668.
  20. BT-Drs. 19/20668, S. 2; vgl. zum räumlichen Schutzbereich auch Fischer, StGB, 67. Aufl. (2020), § 201a Rn. 6 ff.
  21. S. Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. (2019), § 201a Rn. 45.
  22. Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (370).
  23. Zu den Tatbestandsmerkmalen ausführlich Kaiser, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, KUG Stand: 230. Ergänzungslieferung, Mai 2020, § 33 Rn. 9 ff.
  24. So auch Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (369); Fischer, § 201a Rn. 2.
  25. S. BGH, NJW 1989, 3028.
  26. Vgl. nur Fischer, § 185 Rn. 11 m. zahlr. Rspr.- und Lit.-Hinweisen.
  27. So auch Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (369); differenzierter für unterschiedliche Fallgruppen Berghäuser, ZIS 2019, 463 (467 f.).
  28. Fischer, § 184i Rn. 3 f.; Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (369).
  29. Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (369); ausf. Berghäuser, ZIS 2019, 464 (470 f.); vgl. bspw. OLG Nürnberg, NStZ 2011, 217.
  30. Hierzu ausf. Hefendehl, JA 2011, 401 ff. Der Ausdruck geht zurück auf Binding, Lehrbuch des Gemeinen Deutschen Strafrechts, Besonderer Teil, Bd. 1, 2. Aufl. (1902), S. 20.
  31. Vgl. zum ultima ratio Prinzip ausf. Walter, JA 2013, 727 (728).
  32. BT-Drs. 19/17795, S. 1.
  33. BR-Drs. 443/19, S. 12 und BT-Drs. 19/15825, S. 2; kritisch Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (369), der diese Argumentation „inhaltsleer wie zirkelschlüssig“ nennt.
  34. So BT-Drs. 19/15825, S. 13.
  35. Eine Liste der Sachverständigen mit abrufbaren Stellungnahmen findet man unter: kripoz.de/2020/05/19/upskirting-2/ (zuletzt abgerufen am 24.7.20).
  36. So noch BT-Drs. 19/17795, S. 7.
  37. Abgedruckt in BT-Drs. 19/20668; s. auch BGBl. I, S. 2075.
  38. Zum Schutzbereich vgl. die Stellungnahme von Hoven, S. 3, abrufbar unter kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/hoven-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020); s. auch BT-Drs. 19/17795, S. 3; Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (370).
  39. Hoven, Stellungnahme, S. 3, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/hoven-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020).
  40. Vgl. insgesamt die Stellungnahmen der Sachverständigen, abrufbar unter: kripoz.de/2020/05/19/upskirting-2/ (zuletzt abgerufen am 24.7.2020).
  41. BT-Drs. 19/20668, S. 15.
  42. BT-Drs. 19/20668, S. 5 f.
  43. BT-Drs. 19/17795, S. 7, allerdings insoweit der ursprünglich geplante § 201 Abs. 1 Nr. 4 StGB in § 184k StGB überführt (und um subjektive Merkmale ergänzt).
  44. BT-Drs. 19/17795, S. 13.
  45. So bspw. die Formulierung in BR-Drs. 443/19, S. 1.
  46. S. Hoven, Stellungnahme, S. 4, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/hoven-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020).
  47. Hierzu BT-Drs. 19/17795, S. 13.
  48. BT-Drs. 19/17795, S. 13 f.
  49. So zutreffend Hoven, Stellungnahme, S. 4, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/hoven-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020; kritisch Staatsanwaltschaft München I, Sachbearbeiterin Grieser, Stellungnahme, S. 4, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/grieser-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020).
  50. Vgl. nochmals alle Stellungnahmen unter: kripoz.de/2020/05/19/upskirting-2/ (zuletzt abgerufen am 24.7.2020).
  51. BT-Drs. 19/20668, S. 16.
  52. Eisele, Stellungnahme, S. 6, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/eisele-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020); ebenso bereits Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (371).
  53. S. Eisele/Straub, KriPoZ 2019, 367 (371); für § 201a Abs. 1 StGB ebenso Fischer, § 201a Rn. 12.
  54. Fischer, § 201a Rn. 15.
  55. Fischer, § 201a Rn. 16.
  56. So sinngemäß für § 201a StGB Fischer, § 201a Rn. 17.
  57. Anders noch in BT-Drs. 19/17795, S. 7.
  58. S. BT-Drs. 19/20668, S. 16.
  59. S. bspw. Staatsanwaltschaft München I, Grieser, Stellungnahme, S. 5, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/grieser-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020).
  60. So Eisele, Stellungnahme, S. 7, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/grieser-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020).
  61. S. Eisele, Stellungnahme, S. 7, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/grieser-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020); vgl. auch Kargl, in: NK-StGB, 5. Aufl. (2017), § 201a Rn. 26.
  62. So Kargl, in: NK-StGB, § 201a Rn. 26.
  63. S. auch Hoven, Stellungnahme, S. 6, abrufbar unter: kripoz.de/wp-content/uploads/2020/05/hoven-sn-upskirting.pdf (zuletzt abgerufen am 24.7.2020).