Das neue Recht der Vermögensabschöpfung
Die verwunschenen Wege insbesondere der Wertersatzeinziehung (Teil 2)
5.2.2 Ausnahme: Abzugsverbot bei Vorsatztaten (§ 73d Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. StGB)
Ein Abzugsverbot besteht bei Aufwendungen, die der Täter „bewusst und willentlich“ (Anm.: trotz des eher missverständlichen Wortlauts wohl im Sinne einer Vorsatztat zu verstehen) „für“ die Vorbereitung oder Begehung der jeweiligen Straftat aufgewendet oder eingesetzt hat und die nicht legal erfolgt sein können. Diese Vorschrift enthält mit der Formulierung „für“ eine subjektive Komponente. Der Täter/Teilnehmer muss daher zumindest billigend in Kauf nehmen, dass er in etwas Verbotenes und damit Strafrechtswidriges investiert.
Fall: „Rauschgiftgeschäft“
Der Erlös aus illegalem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unterliegt ausnahmslos der Einziehung, § 33 S. 1 BtMG i.V.m. § 73c Abs. 2 StGB. Aufwendungen z.B. für Einfuhr, Transport oder Lagerung sind nach § 73d Abs. 1 S. 2 1. Hs. StGB nicht abzugsfähig.
Fall: „Von Hehler zu Hehler“
Hehler H kauft einen Ring (Wert: 1.000 EUR) vom Dieb D für 250 EUR auf und verkauft das Schmuckstück für 600 EUR an seinen „Kollegen“ weiter.
H hat den Ring (gem. § 259 StGB) erhalten. Der Ring müsste bei ihm eingezogen werden (§ 73 Abs. 1 StGB); er ist aber bereits weiterverkauft (Fall nachträglich eingetretener Unmöglichkeit): Es erfolgt Einziehung des Wertersatzes von 1.000 EUR (obwohl nur 600 EUR erlöst), denn im Zeitpunkt des Diebstahls war der Ring 1.000 EUR wert. Der Kaufpreis von 250 EUR ist gemäß § 73d Abs. 1 S. 1 StGB zwar eine Aufwendung des H, allerdings greift der Ausschlussgrund des S. 2 1. Hs., da diese „für die Begehung der Tat“ (und damit vorsätzlich) angefallen ist. Die Rückausnahme im 2. Hs. greift nicht, da die Aufwendung nicht im Zusammenhang mit der Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Bestohlenen steht. (v.u.)
Welche Fallkonstellationen fallen typischerweise nicht unter das Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 S. 2 1. Hs. StGB?
Im Wesentlichen geht es um Fahrlässigkeitsdelikte,
Fall: Exportfall
X exportiert Ware in ein Drittland und verstößt damit – fahrlässig - gegen ein Ausfuhrverbot.
Der erlangte Kaufpreis wäre nach § 73 bzw. § 73c StGB einziehbar, jedoch kann er den Einkaufspreis für die exportierte Ware als Aufwendungen nach § 73d Abs. 1 S. 2 1. Hs. StGB abziehen.
… des Weiteren um Straftaten, durch die der Täter nur mittelbar etwas erlangt hat.
Fall: Bestechungsfälle
Bei rein abstrakter Betrachtungsweise hat z.B. ein Bauunternehmer durch eine Bestechungstat einen Auftrag (z.B. im Wert von 550.000 EUR) erlangt, § 73c StGB. Abzugsfähig sind die zur (ordnungsgemäßen) Erfüllung des Bauauftrags aufgewendeten Kosten für Material oder Lohn (strittig). Das Bestechungsgeld ist jedoch – wegen des Abzugsverbotes in S. 2 1. Hs. – nicht abziehbar.
Die obengenannten Fälle haben gemein, dass nur der Netto-Gewinn abgeschöpft werden darf. Gleiches gilt für die weitere Ausnahme vom Abzugsverbot nach S. 2 2. Hs. des § 73d Abs. 1 StGB:
5.2.3 Rückausnahme: Abzugsfähigkeit von Gegenleistungen (§ 73d Abs. 1 S. 2 2. Hs. StGB)
Nach den Vorschriften über die Einziehung soll bei Rechtsgeschäften zwischen Täter und Verletztem lediglich der jeweils aus der Tat realisierte Sondervorteil abgeschöpft werden. Ziel ist (nur) die Entreicherung des Täters, zumal der Einziehung nach §§ 73 ff StGB (anders nach §§ 74 ff StGB) kein Strafcharakter zukommen soll. Welche Vorteile das sind, bestimmt der Schutzzweck der durch den Einziehungsadressaten verletzten Strafnorm.
Das bedeutet konkret: Soweit bereits das betreffende (Austausch-)Rechtsgeschäft an sich verboten ist, bleibt es bei dem Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 S. 2 1. Hs. StGB mit der Folge, dass der gesamte hieraus erlöste Wert der Einziehung unterliegt. Ist hingegen nur die Art und Weise des an sich rechtlich wirksamen Rechtsgeschäfts bemakelt, ist allein der hierauf entfallende Sondervorteil einziehungsfähig. Ausnahme: Die Rechtsgrundlage ist im Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung (z.B. durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung) nachträglich beseitigt worden. Im Einzelnen ergeben sich hieraus folgende Problemfelder:
Problem: Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts
Ein für die Rückausnahme erforderlicher Rechtsgrund fehlt z.B. bei Rauschgiftgeschäften, Hehlerei, Geschäften mit besonders geschützten Tierarten oder illegalem Handel mit Kulturgut entgegen den Vorschriften des Kulturgutschutzgesetzes. Hier gilt unverändert der Grundsatz: Was bewusst in Verbotenes (Richtschnur: § 134 BGB) investiert wird, ist unwiederbringlich verloren.. So kann der Täter im obigen Rauschgiftfall den von ihm (im Wege eines Austauschvertrages) an einen anderen Dealer gezahltem Drogeneinkaufspreis nicht abziehen. Anders in den Fallkonstellationen, in denen Rechtsgeschäfte nicht per se verboten, d.h. Verletzter und Täter/Teilnehmer/Dritter jeweils eine rechtsgültige Verbindlichkeit eingegangen sind. Sofern nämlich nur die Art und Weise bemakelt ist, verbleibt es bei einem an sich wirksamen, wenn auch anfechtbaren Rechtsgeschäft. Denn „Verbindlichkeit“ i.S.d. § 73d Abs. 1 S. 2 2. Hs. StGB bezeichnet einen rechtswirksamen Vertrag.
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