Das neue Recht der Vermögensabschöpfung

Die verwunschenen Wege insbesondere der Wertersatzeinziehung (Teil 2)

Von Staatsanwalt Dr. Peter Karfeld, Bad Kreuznach1

5 Die Einziehung des Wertersatzes (§ 73c StGB)


Ist das Taterlangte nicht oder nicht mehr vorhanden, wird der Wert des Erlangten nach den §§ 73c, 73d StGB eingezogen (Wertersatzeinziehung). Betrachten wir zunächst § 73c StGB:

§ 73c StGB
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 3 oder § 73b Abs. 3 nicht abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.


Welche Fallkonstellationen werden von § 73c StGB erfasst? § 73c StGB ermöglicht ja die Einziehung von Geld als Wertersatz in den Fällen, in denen die Herausgabe genau des ursprünglich erlangten Gegenstandes nicht mehr möglich ist; z.B.: das illegal erworbene Geld wurde in der Geldbörse vermischt (§§ 948 Abs. 1, 947 BGB), das entwendete Holz ist durch Beheizung des Kamins untergegangen.

Fall: „Schicke Haustür“

B hat betrügerisch eine hochwertige Haustür (4.500 EUR) erschwindelt und eingebaut. Es ergeht eine gerichtliche Entscheidung nach § 73 StGB. Was tun?

Eine Herausgabe der Haustür im Originalzustand ist nicht mehr möglich. Durch den Einbau ist die Tür wesentlicher Bestandteil des Gebäudes geworden, § 94 Abs. 2 BGB. Das Opfer hat sein Eigentum (auch) nach §§ 946, 949 BGB verloren. Der zuständige Rechtspfleger muss daher einen Antrag nach § 76 StGB (Nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes) bei Gericht stellen.

Dem gleichgestellt sind zudem Fallkonstellationen, in denen das Diebesgut (trotz § 935 BGB) weiterveräußert, verschenkt wurde oder schlichtweg nicht auffindbar ist. Auch Fälle ersparter Aufwendungen oder erlangter immaterieller Werte (z.B. Verbesserung der Geschäftsposition durch irreführende Bewerbung eines Produktes) werden von § 73c StGB erfasst. Liegen dessen Voraussetzungen vor, ordnet das Gericht – unter den Voraussetzungen der § 73 Abs. 3 StGB (beim Täter/Teilnehmer) bzw. nach § 73b Abs. 3 StGB (beim Dritten) – entweder die Einziehung des Ersatzgegenstandes oder – das wird dann der Regelfall sein – die Einziehung eines Geldbetrages an, welcher dem Wert des (ursprünglich) Erlangten entspricht.

Ist der durch die Tat erlangte Gegenstand zwar noch im Original bei dem Täter vorhanden, jedoch im Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung bereits wertgemindert (z.B. das nach Ratenzahlungsvereinbarung mit einem Möbelhaus betrügerisch erlangte Sofa wird vom Täter intensiv benutzt, es entstehen zahlreiche Gebrauchsspuren), so hat das Gericht gemäß § 73c S. 2 StGB neben der Einziehung des Gegenstandes auch den Differenzbetrag als Wertausgleich einzuziehen.

Dieselbe Problematik zeigt sich in Fällen der Verarbeitung (§ 950 BGB) des Erlangten (z.B. Umbau des entwendeten PC). Im Einzelfall (je nach Zustand der Tatbeute!) kann es sogar geboten sein, von einer Einziehung des Gegenstandes gemäß § 73 StGB (zuzüglich Wertersatz gemäß § 73c StGB) ganz abzusehen, sondern nur den Wertersatz nach § 73c StGB einzuziehen. So nützt es einem Händler wirtschaftlich wenig, den einen im Neuzustand ausgelieferten Artikel mit erheblichen Gebrauchsspuren oder umgestaltet zurück zu erhalten.

Im Übrigen muss der Täter nicht nur damit rechnen, dass er den Wertersatz als Geldbetrag leisten muss. Die Wertersatzeinziehung kann auch in legale Vermögenswerte des Täters vollzogen werden, z.B. durch Pfändung seines Sportwagens, seiner Designermöbel oder gar seines Grundstücks. Dies macht die Wertersatzeinziehung praxistauglich, für den Betroffenen aber auch recht eingriffsintensiv.

Der Wertersatz kann nicht nur beim Tatbeteiligten eingezogen werden, sondern – unter den Voraussetzungen der §§ 73c, 73b StGB – auch bei einem Dritten. Dritte können natürliche oder juristische Personen sein.

Fall: Drittbegünstigung

Die erheblichen Sparmaßnahmen des Geschäftsführers der Großbäckerei X GmbH haben zur Folge, dass unter ekelerregenden Umständen hergestellte Backwaren an Kunden veräußert werden (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB) Die Einsparungen kommen der GmbH zugute.

Hier liegt ein Fall einer Drittbegünstigung vor. Eine Einziehungsentscheidung gegen den „anderen“ (hier: GmbH) ist unter den Voraussetzungen des § 73c i.V.m. § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB geboten. So dürfte die GmbH die für einen längeren Zeitraum ersparten Aufwendungen (z.B. Kosten einer Reinigungskraft) erlangt haben. In den Fällen einer Drittbegünstigung dürfen §§ 424 ff. StPO nicht übersehen werden. „Dritte“ sind dann anzuhören und am Strafverfahren zu beteiligen.

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