Rechtssprechung

Strafrechtliche Rechtsprechungsübersicht

Wir bieten Ihnen einen Überblick über strafrechtliche Entscheidungen, welche überwiegend – jedoch nicht ausschließlich – für die kriminalpolizeiliche Arbeit von Bedeutung sind. Im Anschluss an eine Kurzdarstellung ist das Aktenzeichen zitiert, so dass eine Recherche möglich ist

 

II Prozessuales Strafrecht

 

§§ 98, 102, 105, 110 StPO – Beschlagnahme von Datenträgern; hier: Konkretisierung. Soweit zum Zeitpunkt der Antragstellung eine konkrete Bezeichnung und damit Individualisierung eines als Beweismittel gesuchten Datenträgers nach seiner Art nicht möglich ist – etwa, weil überhaupt nicht bekannt ist, auf welchem Datenträger sich die gesuchten verfahrensgegenständlichen Daten befinden – ist dieser nach seinem Inhalt entsprechend zu konkretisieren. Der staatsanwaltschaftliche Antrag gibt den äußeren Rahmen für die Anordnungsbefugnis des Ermittlungsrichters verbindlich vor. (AG Offenbach, Beschl. v. 25.6.2021 - 20 Gs-1300 Js 81663/21)


§ 119a StPO – Gerichtliche Entscheidung über eine Maßnahme der Vollzugsbehörde; hier: Anlasslose Durchsuchung eines Rechtsbeistandes. Ein Rechtsanwalt beabsichtigte seinen Mandanten für eine dringende Besprechung in der Untersuchungshaft zu besuchen. Im Beisein eines Bediensteten entleerte er die Taschen seiner Bekleidung und legte die dort befindlichen Gegenstände (Schlüssel, Bargeld, Handy etc.) in das Schließfach und verschloss es. Im weiteren Verlauf wurde der Rechtsanwalt aufgefordert, seine Hosen- und Jackentaschen von innen nach außen zu krempeln und seine Winterjacke sowie sein Anzugsjackett in das Schließfach einzuschließen. Dieser Aufforderung kam er, u.a. mit Hinweis auf die kalte Jahreszeit und darauf, dass er dann nur mit einem T-Shirt bekleidet in den Besprechungsraum gehen müsste, nicht nach. Der Eintritt wurde ihm daraufhin nicht gewährt.

Von einem Rechtsbeistand darf nicht ohne konkreten Anlass verlangt werden, dass er vor einem Haftbesuch seine Hosentaschen nach außen kehrt und seinen Wintermantel und sein Jackett einschließt. Eine pauschale Durchsuchungsanordnung in einer Hausordnung (hier JVA) berechtigt nicht dazu, Rechtsanwälte und Notare anlasslos zu durchsuchen. Eine Durchsuchung nach Waffen und anderen gefährlichen Gegenständen ist jedoch auch bei einem Rechtsanwalt unter Berücksichtigung des ungehinderten Verkehrs mit dem Verteidiger aus Sicherheitsgründen zulässig. Nichts Anderes gilt in den Räumlichkeiten von Polizeiliegenschaften (Anm. Verf.). (LG Dortmund, Beschl. v. 29.4.2021 – 33 KLs 4/21)


§ 261 StPO – Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung; hier: Videoaufnahmen verstoßen gegen Datenschutz. Bei der Verurteilung wegen eines Waffendeliktes war die private Videoaufnahme, mit der über 50 Meter ins öffentliche Straßenland hineingefilmt und damit gegen die Vorschriften der DS-GVO verstoßen wurde, ein wichtiges Beweismittel. Das Gericht sah kein Beweisverwertungsverbot.

Auch rechtswidrig von Privaten erlangte Videoaufnahmen sind grundsätzlich im Strafverfahren verwertbar. Durch das Inkrafttreten der DS-GVO hat sich daran nichts geändert. (BGH, Beschl. v. 18.8.2021 – 5 StR 217/21)

 

III Sonstiges

 

Das Land Hessen hat Kryptowährungen im Wert von rund 100 Millionen Euro verkauft, die zuvor bei einem Ermittlungsverfahren (sichergestellt und beschlagnahmt durch die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT)) gegen eine Bande von Drogenhändlern (Verfahren gegen Verantwortliche des damals weltweit zweitgrößten Online-Marktplatzes im Darknet „Wallstreet Market“) beschlagnahmt wurden (https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/kryptowaehrungen-beschlagnahmung-100millionen-drogenhandel-hessen/).

Am 1.3.2022 erschien die Entscheidung des BVerfG (Az.: 2 BvL 1/20) zu § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB Verbotene Kraftfahrzeugrennen, dass das Verbot sog. Einzelrennen mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Mit Urteil v. 16.12.2021 (Az.: 1 StR 197/21) verweist der BGH ein Verfahren zu Grenzen rechtsstaatswidriger Tatprovokation (hier: Verdeckter Ermittler fragte einen Kleindealer nach größeren Mengen an Cannabis und Kokain) an die Ausgangsinstanz zurück. Ein weiterer Strafsenat des BGH entscheidet: Kein Beweisverwertungsverbot für EncroChat-Daten (Beschl. v. 2.3.2022 – 5 StR 457/21).

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