Polizei

Trilogie zum Zeitmanagement - Teil 3

Von Ursula Edelmann, Führungskräftetrainerin

Teil 3: Anleitung für Marathonbesprechungen

Nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Praxis zeigt sich, dass Besprechungen zu den großen Frustrationen am Arbeitsplatz gehören. Immerhin verbringen Sie rund 14 Prozent ihrer Arbeitszeit in Besprechungen und der Nutzen ist recht gering: nur rund 50 Prozent der Teilnehmenden haben nach einer Besprechung Klarheit darüber, was konkret vereinbart wurde und welche Schritte als nächstes anstehen. Lesen Sie hier, wie Sie Besprechungen für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch frustrierender gestalten können und dazu beitragen, dass wertvolle Arbeitszeit vergeudet wird.


1. Führen Sie zwingend täglich Besprechungen durch!

Überlegungen, ob Besprechungen wirklich notwendig sind oder ob einzelne Tagesordnungspunkte nicht einfacher telefonisch oder per E-Mail zu klären sind, kosten Sie selbst zu viel wertvolle Zeit. Nutzen Sie lieber die Möglichkeit, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so oft es geht, vom Arbeitsplatz wegzulocken und sich mit Ihren Themen zu beschäftigen. Regelmäßig wiederkehrende Besprechungen, auch wenn nichts zu besprechen ist, eröffnen die Möglichkeit, sich auch mal über weniger wichtige Dinge intensiv den Kopf zu zerbrechen.

2. Laden Sie stets ALLE Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein!

Denn nur hierdurch kann größtmögliche Transparenz geschaffen werden. Machen Sie sich also nicht unnötig Gedanken darüber, ob bestimmte Personen bei einer Besprechung wirklich gebraucht werden oder nur bei einzelnen Tagesordnungspunkten anwesend sein müssen. Bei mehr als zehn Teilnehmern können Sie sich den Vorteil zu Nutze machen, dass sich Untergruppen bilden, denen Sie separate Arbeitsaufträge geben können.

3. Gehen Sie unvorbereitet in Besprechungen.

Eine Tagesordnung mit festgelegten Anfangs- und Endzeiten oder vorgegebener Dauer der einzelnen Inhalte schränkt Gestaltungsfreiräume ein und verwehrt die Möglichkeit, ausführlich auf die vielen Fragen Einzelner einzugehen. Ein Vorgehen wie bei Topmanagern, die ihre Tagesordnung danach ausrichten, um wieviel Geld es geht oder wo die jeweiligen Prioritäten liegen, ist in einer wie Organisation der Polizei ohnehin undenkbar. Setzen Sie daher auch möglichst viele Themen auf die Tagesordnung, auch wenn diese gar nicht alle abgehandelt werden können. Die Teilnehmenden erkennen so, wie zielstrebig Sie sind und mit wie vielen Aufgaben Sie sich beschäftigen. Mit Blick auf die ohnehin schon große Arbeitsflut ist es ebenso unmöglich, mit der Einladung die klare Ankündigung zu verbinden, welcher Tagesordnungspunkt von wem vorzubereiten ist. Viel besser ist es doch, wenn das gedankliche Ankommen der Teilnehmenden in der Besprechung durch das Vorlesen von Berichten oder intensive Wiederholen von früheren Besprechungsinhalten gefördert wird.

Vermeiden Sie auch bei längeren Besprechungen Pausen. Hierdurch werden die Teilnehmenden abgelenkt und können auch schon bei fünfminütigen Pausen ihre Leistungsfähigkeit erhöhen. Des Weiteren ist die Planung von Zeitpuffern und pünktliches Beenden obsolet, da Angehörige der Polizei an Überstunden ohnehin gewöhnt sind. So werden bei dem Tagesordnungspunkt Sonstiges, den Sie natürlich ganz an das Ende der Besprechung und nicht an den Anfang setzen, sicherlich viele Anliegen der Teilnehmenden vorgetragen.

4. Beginnen Sie erst, wenn ALLE Eingeladenen anwesend sind!

Hierdurch ermöglichen Sie den Zuspätkommern, keine Inhalte zu verpassen und ihnen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie sich wünschen. Zudem können die Anwesenden die Wartezeit nutzen, um sich zu überlegen, was sie nach der Besprechung noch alles erledigen müssen.

5. Gestalten Sie den Raum so komfortabel wie möglich und sorgen Sie für eine Vielzahl an Getränken und Gebäck!

Gemütliche Stühle und Tische, auf denen möglichst viel Kaffee abgestellt wird, können die Dauer einer Besprechung fördern. Von der Verwendung von Stehtischen, insbesondere solchen mit schräger Arbeitsplatte, von denen Kaffeetassen herunterrutschen könnten, ist aus Unbequemlichkeits- und Effektivitätsgründen abzusehen. Schließlich ist es wissenschaftlich bewiesen, dass Meetings im Stehen 34 Prozent weniger Zeit in Anspruch nehmen als Meetings im Sitzen (Bluedorn et al., 1999). Hängen Sie im Besprechungsraum keine Uhr auf. Dies könnte die Besprechungsleitung zur Einhaltung des Zeitplans und zum Abschließen von endlosen Diskussionen verführen.

6. Lassen Sie Diskussionen ausarten und halten Sie Ergebnisse nur mündlich fest!

Die Besprechungsleitung sollte immer auch die Moderation übernehmen. So gewährleisten Sie, dass Ihre Ansichten als Führungskraft insbesondere bei kritischen Themen durchgesetzt werden und die womöglich produktiven Ansichten der anderen unter den Tisch fallen. Redezeitbeschränkungen gelten nur für die Anderen – Sie selbst dürfen sich für Ihre Ausführungen unbegrenzt Zeit nehmen.
Eine schriftliche Fixierung der Ergebnisse beispielsweise im Rahmen eines Ergebnisprotokolls ist nicht nötig, da Sie als Führungskraft stets den Überblick behalten und wissen, welche Aufgabe vom wem bis zu welchem Termin zu erfüllen ist. Zudem fällt es nicht auf, wenn unliebsame Aufgaben nicht erledigt werden. Ein Aufgreifen der unerledigten Aufgaben in der nächsten Besprechung, kostet außerdem wertvolle Zeit und setzt die Teilnehmenden unnötig unter Druck.

7. Fördern Sie Nebengespräche der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Telefonate und unvorhersehbare Besuche im Besprechungsraum!

Denn Nebengespräche und Störungen von außen sind willkommene Ablenkungen bei langweiligen Besprechungen und fördern das Sozialklima.

Wenn Sie diese sieben Tipps berücksichtigen, können Sie sich sicher sein, weiterhin möglichst viel Zeit in Besprechungen zu verbringen. Vielleicht hat Ihnen diese Anleitung jedoch auch Anregungen gegeben, was Sie optimieren oder verändern könnten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gewinnbringende Besprechungen, in denen Sie in möglichst kurzer Zeit strukturiert zu Ergebnissen gelangen.

Literatur:

  • Bischof, A. & Bischof, K. (2011). Besprechungen effektiv und effizient (5. Auflage). München: Haufe-Lexware.
  • Bluedorn, A. C., Turban, D. B. & Love, M. S. (1999) The effects of stand-up and sit-down meeting formats and meeting outcomes. Journal of Applied Psychology, 84, 2, 277-285.
  • Ormsby, B. (2007). Meetings 07 – Besprechungskultur im deutschen Sprachraum. Herausforderungen und Handlungsfelder für die Kommunikation der Zukunft. Management Summary (www-Dokument, entnommen am 16. Mai 2010; Bluedorn, A. C., Turban, http://www.ormsby.at/elemente/images/studie/meetings07.pdf).