Polizei

Trilogie zum Zeitmanagement

Von Ursula Edelmann, Führungskräftetrainerin

Der Alltag vieler Führungskräfte in der Polizei Rheinland-Pfalz ist gekennzeichnet durch eine steigende Arbeitsbelastung, unzählige Telefonate, Flurgespräche und Besprechungen, von denen zum Teil nur wenige wirklich Ertrag bringen. Hinzu kommen Abgabetermine, Leistungsdruck und zu guter Letzt noch der persönliche Anspruch, der Rolle als Führungskraft gerecht zu werden und möglichst gute Arbeit abzuliefern. Der Faktor Zeit ist dabei ein kostbares Gut, das es optimal auszuschöpfen gilt.

In dieser Trilogie zum Zeitmanagement möchte ich Ihnen Impulse geben, Ihren Arbeitsalltag zu reflektieren. Sehen Sie es nicht als Anleitung zum perfekten Zeitmanagement, sondern nehmen Sie diese Artikel als Anstoß, Ihren täglichen Dienst zu überdenken und gegebenenfalls an einzelnen Stellen zu optimieren. Hierzu erhalten Sie im ersten Teil einen Einblick in hilfreiche Zeitmanagementtechniken. Die beiden darauffolgenden Artikel beschäftigen sich mit den größten Zeitfressern, die in polizeilichen Führungskräftetrainings genannt werden: die tägliche E-Mail-Flut und Besprechungen.

Teil 1: 24 Stunden am Tag reichen nicht? Impulse für ein gelungenes Zeitmanagement
Teil 2: „Ihr Postfach hat die maximal zulässige Größe überschritten.“ – Zum Umgang mit der E-Mail-Flut
Teil 3: Anleitung für Marathonbesprechungen

Teil 1: 24 Stunden am Tag reichen nicht? Impulse für ein gelungenes Zeitmanagement

In diesem ersten Artikel zum Zeitmanagement möchte ich Sie einladen, Ihren Arbeitsalltag und das damit verbundene Zeitmanagement zu reflektieren. Bereits Personalmanagementexperten belegen es: sich selbst zu führen ist die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiches Führungsverhalten (Rosenstiel, 1995). Bevor Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter also erfolgreich führen können, müssen Sie sich selbst gut führen. Das beinhaltet, neben den Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch die eigenen im Blick zu haben und sich über den Kurs, den man einschlagen will, im Klaren zu sein.

Wenn der Kapitän den Matrosen nicht erzählt, welchen Kurs er nimmt, wissen diese nicht, wie sie die Segel setzen sollen. Wenn er ihnen aber den Kurs verrät, können alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. (H. Thoma)


Nicht selten ist auch der Schreibtisch ein Spiegelbild davon, wie es um die eigene Führung bestellt ist: während manche denken, volle Schreibtische implizieren fleißige und vielbeschäftigte Besitzer, könnte auch die Annahme zutreffen, dass die Besitzer chaotisch sind und keinen Überblick haben. Doch – egal ob berufliches oder privates Handeln – ohne klares Konzept und eindeutige Ziele sind Sie ohne Orientierung. Ein Hilfsmittel, um den Überblick zu bewahren, sind Aufgabenlisten. Visualisieren Sie Ihre Aufgaben beispielsweise handschriftlich oder nutzen Sie die Aufgabenliste in Outlook und entscheiden Sie im Anschluss, welche Priorität Sie den Aufgaben zuweisen (vgl. Eisenhower-Prinzip zur Prioritätensetzung in Teil 2 der Trilogie). Ein entscheidender Vorteil der schriftlichen Aufstellung ist auch die Entlastung Ihres Gedächtnisses: die Aufgaben sind „raus aus Ihrem Kopf“ und Sie können Ihre volle Konzentration auf aktuell anstehende Aufgaben lenken. Einmal erledigt, können Sie die Aufgabe von Ihrer Liste streichen, was einen zusätzlichen Motivationsschub geben kann: Am Ende des Arbeitstages haben Sie den Überblick, was Sie alles erreicht haben.
Doch vielleicht finden Sie sich auch in der folgenden Situation wieder: Der Rückblick auf einen langen Arbeitstag zeigt, dass Sie vieles von dem nicht geschafft haben, was Sie eigentlich tun wollten. Nehmen Sie sich nach einem solchen Tag einmal die Zeit zu reflektieren, was Sie über den Tag alles erledigt haben. Listen Sie lückenlos auf, was Sie getan und welche Tätigkeiten Ihre Zeit in Anspruch genommen haben. Das können Telefonate, Besprechungen, Gespräche mit Mitarbeitern, Konzeptarbeiten, Vorgangsbearbeitung etc. sein. Überlegen Sie dann, was davon für Sie persönlich und für Ihre Funktion als Führungskraft wirklich wichtig war. Was hat Sie an diesem Tag Ihren Zielen ein Stück nähergebracht? Welche Handlungen empfanden Sie als eher unproduktiv und wenig effektiv? Wie viele Ihrer eigentlichen Aufgaben konnten Sie abarbeiten und welche sind noch offen? Welche Störfaktoren haben Sie vielleicht von Ihren zu erledigenden Aufgaben abgelenkt? Können Sie diese Störungen beeinflussen und sogar verhindern, dass sie wieder auftreten?

„Es gibt Diebe, die nicht bestraft werden und einem das kostbarste stehlen: die Zeit.“ (Napoleon I.)


Vielleicht kommen Sie ja zu dem Entschluss, dass Sie selbst Ihren Tagesablauf an der ein oder anderen Stelle optimieren und Zeitfresser reduzieren können. Sei es beispielsweise durch das kleine, aber doch sehr effektive Wörtchen NEIN, durch die Reduzierung von Plaudereien oder durch Delegieren von Aufgaben. Wissenschaftlich belegt und von vielen Topführungskräften befürwortet ist auch die Effektivität einer sogenannten Stillen Stunde, in der ruhig, konzentriert und ungestört gearbeitet wird. Probieren Sie es selbst einmal aus: Gönnen Sie sich an einem beliebigen Arbeitstag eine Sperrzeit von idealerweise einer Stunde oder länger, in der Sie nicht gestört werden. Machen Sie in Outlook einen Termin mit sich selbst und erledigen Sie in dieser Zeit dringende, schwierige oder große Aufgaben, die unbedingt erledigt werden müssen und Ihrer vollen Aufmerksamkeit bedürfen. Schalten Sie Ihr Telefon in dieser Zeit zu einem Kollegen oder einer Kollegin um, schließen Sie Ihr Outlook und konzentrieren Sie sich voll auf Ihre Aufgabe. Viele Führungskräfte berichten von dem positiven Effekt, „endlich mal richtig schaffen zu können“. Vielleicht entdecken Sie die Vorteile des konzentrierten Arbeitens auch für sich und implementieren die Stille Stunde in Ihren täglichen Arbeitsablauf.


Voraussetzung für das Gelingen der Sperrzeit ist ein zumindest teilweise strukturierter Tagesablauf. Nehmen Sie sich daher auch die Zeit, Ihren Tag zu planen. Führende Zeitmanagementexperten belegen, dass bereits fünf Minuten, die Sie in die Tagesplanung investieren, mit einer Stunde mehr Zeit belohnt werden. Hierfür sollten Sie vor dem Start in den Feierabend, auf der Bahnfahrt von der Dienststelle nach Hause oder beim morgendlichen Kaffee die Aufgaben notieren, die Sie als nächstes angehen wollen. Schätzen Sie die Länge ein, die Sie für die Erledigung benötigen, und entscheiden Sie, in welcher Reihenfolge Sie die Aufgaben angehen möchten. Vergessen Sie nicht, Pausen für sich und Zeitpuffer für ungeplante Störungen und Aufträge einzuplanen. Gerade in einer Organisation wie der Polizei, in der schnelle Entscheidungen und kurzfristige Einsatzplanungen erforderlich sind, kann eine solche Zeitreserve bis zu 50% einnehmen. Aufgaben, die Sie an einem Tag nicht erledigen, werden dann bei der nächsten Tagesplanung berücksichtigt. Beachten Sie bei der Tagesplanung, dass Sie sich realistische Ziele setzen: nichts ist frustrierender als eine zu lange Aufgabenliste, bei der von vornherein klar ist, dass diese nicht zu erfüllen ist.
Zeit ist ein kostbares Gut, das jedoch gerecht verteilt ist: uns allen stehen an einem Tag 24 Stunden zur Verfügung. Der entscheidende Unterschied liegt darin, wie wir diese individuell nutzen. Ganz im Sinne von L. Seneca

„Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern viel Zeit, die wir nicht nutzen.“


wünsche ich Ihnen, dass es Ihnen gelingt, Ihre Zeit durch Tagesplanungen und die bewusste Erledigung von Aufgaben sinnvoll zu nutzen und so mehr von Ihrem Tag zu haben.

TIPPS FÜR EIN GELUNGENES ZEITMANAGEMENT
Behalten Sie Ihre eigenen Aufgaben und die Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stets im Blick. Setzen Sie sich klare Ziele.
Setzen Sie Prioritäten und richten Sie danach Ihren Tages- und Wochenplan aus.
Machen Sie sich die Vorteile der Stillen Stunde zu nutze und schaffen sich Sperrzeiten, in denen Sie konzentriert arbeiten.



Literatur:

Rosenstiel, L. (1995). Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement (3., überarb. und erw. Auflage). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Seiwert, L. (2006). Noch mehr Zeit für das Wesentliche. Zeitmanagement neu entdecken. Kreuzlingen/München: Heinrich Hugendubel Verlag.
Seiwert, L. (2007). Das neue 1x1 des Zeitmanagements (6. Auflage). München: Gräfe und Unzer.
Weisweiler, S, Dirscherl, B. & Braumandl, I. (2013) Zeit- und Selbstmanagement. Berlin: Springer.

Teil 2 und 3 folgen in der nächsten Ausgabe "Die Kriminalpolizei"