Polizeiliche Wunderwaffe „Profiler“ – ein Mythos?

„Superkillers and supercops need each other.“ Tithecott (1997)

Wenn Polizeiliche Fallanalytiker – allgemein besser unter der Bezeichnung „Profiler„ bekannt – in einem ungelösten Kriminalfall hinzugezogen werden, erregt dies nach wie vor jedes Mal große mediale Aufmerksamkeit. Auch mehr als zehn Jahre nach der offiziellen Einrichtung der Operativen Fallanalyse (OFA)-Einheit beim Bundeskriminalamt (BKA) und der sich anschließenden sukzessiven Umsetzung auf Bundesländerebene ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Arbeit dieser polizeilichen Spezialisten3 ungebrochen.4Einhergehend mit diesem Interesse wird oftmals erwartet, dass die Polizei im Kampf gegen das Böse nun eine ihrer Wunderwaffen zum Einsatz bringt, die endlich für die langersehnte Aufklärung des bislang ungelösten Verbrechens sorgt.

Hedda Holzhauer
Kriminaloberkommissarin
Diplom-Kriminologin
LKA Rheinland-Pfalz

Diese insbesondere durch die Medien aufgebaute Erwartungshaltung der Öffentlichkeit setzt die Polizeilichen Fallanalytiker unter einen Leistungs- und Erfolgsdruck, dem sie kaum gerecht werden können. Wie konnte es jedoch überhaupt zu dem Bild des Profilers als „heroischem Überpolizisten„ kommen, in das die Öffentlichkeit – und nicht selten die Polizei selbst – all ihre Hoffnungen setzt? Bei der Beantwortung dieser Frage soll nachfolgend eine Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Konstruktionsprozess bezüglich des Serienmord-Phänomens helfen, mit dem sich Philip Jenkins für die USA bereits 1994 befasst hat.
Bevor dieser Schritt vollzogen wird, werden zunächst einige Begriffe erläutert, die die Operative Fallanalyse betreffen. Im Anschluss wird die Bevorzugung der Bezeichnung „Pofiler„ im medialen Einsatz unter Berufung auf einen kollektiven Wissensvorrat skizziert, welcher untrennbar mit dem Mythos „Profiler„ zusammenhängt.

Die Operative Fallanalyse

Bei dem Begriff „Operative Fallanalyse„ handelt es sich um einen Oberbegriff.5 Dieser wurde gewählt, um zu verdeutlichen, dass sich die darunter zu verstehenden Methoden auf den einzelnen Kriminalfall beziehen und bei den Ermittlungen unterstützend wirken sollen:
„Im Bereich der deutschen und der internationalen Verbrechensbekämpfung (INTERPOL) existierten bereits die Begriffe ‚Kriminalitätsanalyse’ (im Sinne der ‚strategischen Kriminalitätsanalyse’) sowie ‚operative Kriminalitätsanalyse’. Bei ersterer geht es vor allem um die Analyse von Kriminalitätsphänomenen und Kriminalitätsentwicklungen, die über den Einzelfall hinaus reichen. Bei letzterer geht es vor allem um die Analyse von Großverfahren (beispielsweise im Bereich der Wirtschaftskriminalität). Deshalb wurde zur Abgrenzung davon für die ... verschiedenen Arbeitsmethoden, die alle dem besseren Verständnis des einzelnen Kriminalitätsfalles dienen, der Oberbegriff ‚Operative Fallanalyse (OFA)’ gewählt„ (BKA 2006).
Unter der Bezeichnung „Operative Fallanalyse„ werden somit verschiedene Arbeitsmethoden, das heißt fallanalytische Methoden und computerunterstützte Werkzeuge (z.B. ViCLAS6), vereinigt. Bei den fallanalytischen Verfahren wird zwischen Fallanalyse und Täterprofil unterschieden. Diese Unterscheidung verdeutlicht, dass die beiden Begriffe nicht gleichbedeutend sind, wie die nachfolgenden Arbeitsdefinitionen – zunächst für die Fallanalyse – aufzeigen:
„Bei der Fallanalyse handelt es sich um ein kriminalistisches Werkzeug, welches das Fallverständnis bei Tötungs- und sexuellen Gewaltdelikten sowie anderen geeigneten Fällen von besonderer Bedeutung auf der Grundlage objektiver Daten und möglichst umfassender Information zum Opfer mit dem Ziel vertieft, ermittlungsunterstützende Hinweise zu erarbeiten„ (Dern et al. 2003b: 17).
Die Täterprofilerstellung ist nach Dern (2000: 538)
„ein Verfahren, bei dem ein unbekannter Täter hinsichtlich seiner Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale so beschrieben wird, dass er von anderen Personen signifikant zu unterscheiden ist. Das Täterprofil ist eine fallanalytisch hergeleitete Tätertyp-Hypothese. Sie umreißt die Kategorie Mensch, die als Akteur für die Handlungen, die im Rahmen des Tatgeschehens gesetzt wurden, in Frage kommt.„
Da unter (Operativer) Fallanalyse und Täterprofilerstellung unterschiedliche Tätigkeiten zu verstehen sind, wird dies in Deutschland folgerichtig anhand einer begrifflichen Differenzierung dokumentiert. Dieser bestehende funktionale Unterschied lässt sich darüber hinaus anhand der Herkunft der Worte verdeutlichen, wenn man die medial synonym verwendeten Bezeichnungen „Profiling„ und „Operative Fallanalyse„ zugrunde legt.7

Etymologische Betrachtung

Betrachtet man die Begriffe „Profiling„ und „Operative Fallanalyse„ etymologisch, dann zeigt sich, dass der eine nicht bloß die Übersetzung des anderen ist, sondern jeder über eine eigene Historie verfügt.

Der Begriff „Profil„ ist laut Duden Herkunftswörterbuch (2001) im 17. Jahrhundert aus dem französischen „profil„, das soviel wie „Seitenansicht, Umriss„ bedeutet, entlehnt und stammt seinerseits von dem gleichbedeutenden italienischen „profilo„ ab. Die frühesten Zeugnisse im Deutschen, wie auch im Englischen (vgl. Online Etymology Dictionary9), weisen daneben auch auf eine unmittelbare Übernahme aus dem Italienischen hin. Dabei wurde das italienische „profilo„ vom italienischen „profilare„ abgeleitet. Die Bedeutung von „profilare„ ist eigentlich etwa „mit einem Strich, einer Linie im Umriss zeichnen„ sowie „umreißen„ bzw. „im Profil zeichnen usw.„ gleich zu setzen. Es handelt sich bei diesem Verb um eine Neubildung zum italienischen „filo„ (aus dem lateinischen „filum„) als Bezeichnung für „Faden, Strich, Linie„ (vgl. z.B. auch Filet).
Für die Bezeichnung „operativ„ ist als Quelle des Wortes das lateinische „operari„, „werktätig sein, arbeiten, beschäftigt sein, sich abmühen„ anzusehen. Operativ als neulateinische Bildung jüngster Zeit bedeutet auch „die chirurgische Operation betreffend; strategisch10„. (Duden Herkunftswörterbuch 2001)
Unter dem Begriff der „Analyse„ ist die „Auflösung, Zergliederung, Untersuchung„ zu verstehen. Der in dieser Form seit dem 18. Jahrhundert bezeugte wissenschaftliche Terminus geht zurück auf das griechisch-mittellateinische „analysis„, „Auflösung, Zergliederung„. (Duden Herkunftswörterbuch 2001)


Fiktion - Gruppenbild der Profiler-Einheit aus der TV-Serie Profiler (1996 - 2000); Foto: NBCU Photo Bank


Wenn man die aktuelle Verwendung der Bezeichnungen „Profiling„ und „Operative Fallanalyse„ vor dem Hintergrund ihrer sprachlichen Bedeutung betrachtet, wird der Unterschied der entsprechenden Tätigkeiten schnell deutlich: So wie sich das Wort „Profil„ auf die Bedeutung „mit einem Strich, einer Linie im Umriss zeichnen„/ „umreißen, im Profil zeichnen„ zurückführen lässt, kann dies im übertragenen Sinne für den aus dem Englischen übernommenen Begriff des „Profilings„ verstanden werden. Beim Profiling geht es um das Umreißen einer Person im Sinne einer möglichst genauen (verhaltenstypischen) Beschreibung einer bislang unbekannten Person. Ziel ist es, mit Hilfe eines Täterprofils ein (Persönlichkeits-)Bild des unbekannten Täters anzufertigen.11 Der Begriff der „Operativen Fallanalyse„ dagegen bezeichnet den Arbeitsprozess. Bei einer Fallanalyse wird der zugrunde liegende Kriminalfall in seine einzelnen Bestandteile zergliedert und einer bestimmten methodischen bzw. systematischen Untersuchung unterzogen.12 Daraus folgt auch: Während die Bezeichnung „Profiling„ ergebnisorientiert ist und sich auf das Produkt Täterprofil bezieht, ist der Begriff „Operative Fallanalyse„ methodenbezogen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Fallanalyse zwar zwingende Voraussetzung eines Täterprofils, ein Täterprofil aber nicht unbedingt Bestandteil der Fallanalyse ist.13

Profiler als Lockmittel

Trotz dieser wesentlichen Unterschiede wird in den deutschen Massenmedien die Arbeit der OFA bis heute unter dem Stichwort „Profiling„ gefasst und eingeordnet. So ist für die Fernseh-Journalistin Ulrike Eichin, Psychologin und Redakteurin beim ZDF, bei der Schilderung der deutschen Polizeiarbeit eine Vermeidung der Bezeichnung „Profiler„ undenkbar.14 Eichin, die sich auf die Berichterstattung über Kriminalität und deren Verfolgung spezialisiert hat, bezeichnet die Begriffe „Operative Fallanalyse„ und „Polizeilicher Fallanalytiker„ aus journalistischer Sicht gar als „Wortungeheuer„ – Worte, „mit denen der Zuschauer nichts verbindet, die verwirren und abschrecken.„ Deshalb mochte Ulrike Eichin, die im Jahr 2003 eine Reportage über die OFA-Einheit des Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz gedreht hat, in diesem Film nicht auf die Bezeichnung „Profiler„ verzichten.15
Dennoch kommt es Ulrike Eichin bei ihrer Arbeit darauf an, „den Unterschied zwischen Fiktion (Krimi) und Realität herauszuarbeiten.„ Zunächst muss aber das Interesse des Zuschauers für den Beitrag geweckt werden und dies schafft der Begriff des „Profilers„. Die Frage, was der Zuschauer aus ihrer journalistischen Sicht mit dem Wort „Profiler„ verbindet, beantwortet Eichin wie folgt:
„Mit ‚Profiler’ verbinden Zuschauer, so glaube ich, etwas Geheimnisvolles, und damit etwas ungeheuer ‚Spannendes’. Profiler verfügen über ganz besondere Fähigkeiten, eine mythische Aura umweht sie; sie sind die ‚Wunderwaffe’ der Polizei. Meistens geniale Querdenker, die zu Alleingängen neigen. Ihre Aufgabe ist es, sich in Serienkiller hineinzudenken, die Welt mit den Augen des Bösen zu sehen. Das fasziniert und ist gleichzeitig ein wenig gruselig – für Krimis ein Erfolgsrezept.„

Kollektiver Wissensvorrat über Profiler

Der Journalistin Ulrike Eichin folgend, werden die Begriffe „Profiling„/„Profiler„ gegenüber den Bezeichnungen „Operative Fallanalyse„/„Polizeilicher Fallanalytiker„ in den Medien vorgezogen, da sich der Zuschauer unter den ersteren etwas vorstellen kann, während dies bei den letzteren nicht der Fall ist – diese gar abschreckend wirken.
In diesem Zusammenhang ist zunächst einmal festzuhalten, dass das BKA16 gelegentlich selbst vom Polizeilichen Fallanalytiker als „dem deutschen Äquivalent des sogenannten ‚Profilers‘„ spricht (Vick/Dern 2005: 2). Allerdings weisen die Polizeilichen Fallanalytiker immer wieder darauf hin, dass sie eben gerade keine Profiler in dem Sinne sind, wie der Begriff in der Öffentlichkeit verstanden wird (vgl. Baurmann 2004: 439 ff.). Zu Recht ist wiederholt festgestellt worden (vgl. exemplarisch Baurmann 2003b: 10), dass in der Öffentlichkeit, bedingt durch Populär (wissenschaftliche)-Literatur und Spielfilme, ein realitätsfernes Bild des Polizeilichen Fallanalytikers als Profiler entstanden ist. Die mediale Darstellung, die offensichtlich die Gesellschaft mit einem kollektiven Wissensvorrat im Zusammenhang mit dem Begriff „Profiler„ versorgt und einen entsprechenden Mythos produziert hat, zwingt die OFA immer wieder, ihren Arbeitsalltag der Öffentlichkeit explizit in Absetzung von dieser Figur als davon abweichend zu präsentieren und sich dadurch gleichsam dem Mythos entgegenzustellen.

Mythos „Profiler„

Laut Baurmann (2004: 436) begann mit der Gründung der Behavioral Science Unit [BSU – Abteilung für Verhaltensforschung beim Federal Bureau of Investigation (FBI), heute Behavioral Analysis Unit] „der Mythos von den kriminalistischen Supermännern … zu entstehen„, mit dem sich die Polizeilichen Fallanalytiker bis heute konfrontiert sehen und von diesem zu distanzieren versuchen.
Mythen sind nach der Encyclopaedia Britannica (2003: 715)
„specific accounts of gods or superhuman beings involved in extraordinary events or circumstances in a time that is unspecified but which is understood as existing apart from ordinary human experience.„
Mythen als symbolische, religiöse Erzählungen bezeichnen somit die Darstellungen von Göttern oder übermenschlichen Wesen, die in außergewöhnliche Ereignisse oder Umstände eingebunden sind, während einer Zeit, die nicht näher bestimmt ist, von der man aber ausgeht, dass sie abgesetzt von der normalen menschlichen Erfahrung besteht, also entweder vergangen ist oder erst noch bevorsteht. Auch wenn Mythen grundsätzlich Produkte der Vergangenheit sind, so gibt es dennoch moderne Mythen, die sich von der religiösen Bedeutung gelöst haben. Laut der Encyclopaedia Britannica (2003: 726) ist z.B. Supermann ein solch moderner Mythos. Als Held der Moderne rettet er die Welt und verkörpert den amerikanischen Glauben an die kulturellen Werte ihrer Gesellschaft. In diesem Sinne überträgt Tithecott (1997: 113) das mythologische Heldenthema auf die Serienmörder-FBI-Beziehung:
„The mythology of the serial killer and the FBI is the story of individualized male figures whose rivalry exists in a heroic world transcending society and all things domestic.„
Für das BKA sind Mythen im Zusammenhang mit dem Profiler „fachliche und gesellschaftliche Haltungen, die eine falsche kriminologische Einschätzung zur Folge haben„ und aus diesem Grund für die Betroffenen nicht förderlich sind (Dern, im persönlichen Gespräch, 02.04.2009). Dern (2004: 214) sieht ein Problem in den Mythen rund um den Serienmörder vor allem darin, dass diese sich auch in der wissenschaftlichen Literatur finden und somit sowohl auf die Empirie und Theorie sowie auf die polizeiliche Aufklärungsarbeit Einfluss nehmen. Neben den Mythen, die sich auf den Serienmörder beziehen, existieren ebenfalls die Mythen rund um den Profiler. Beide bedingen sich gegenseitig – der eine wäre ohne den anderen nichts oder um mit den Worten Tithecotts (1997: 113) zu sprechen: „Superkillers and supercops need each other.„ Baurmann (2004: 438), der in diesem Zusammenhang von einer „symbiotischen Wechselwirkung„ spricht, sieht das ebenso: „Denn nur ein möglichst großartiges Tätermonster kann der Tätigkeit des Supermannes große Bedeutung geben.„ Für Baurmann (2003b: 10; Hervorhebung im Original) haben die sich um den Profiler rankenden Mythen, die zum einen „aus der populären Literatur und den Spielfilmen des Kriminal- und Horrorgenres sowie aus populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen unterschiedlichster Art [herrühren]„17, zum Teil aber auch „von den Profilern selbst in die Welt gesetzt und gepflegt [werden]„, wenig mit der fallanalytischen Realität zu tun.

Die Konstruktion eines Serienmord-Problems

Im Zusammenhang mit der Frage nach der Entstehung des so zuvor auch von Ulrike Eichin beschriebenen Bildes des Profilers als „heroischem Überpolizisten„ ist insbesondere auf die Arbeit von Philip Jenkins (1994) näher einzugehen. Jenkins hat das Phänomen „Serienmord„ und die damit verbundenen Formen polizeilicher Praxis in den USA als typischen Fall der gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit analysiert. Dieses konstruierte Serienmord-Thema, das über eine komplexe Dreierbeziehung der Exekutiven (law enforcement bureaucracies), des Nachrichtenwesens (news media) und der Populärkultur (popular culture) installiert wurde, bildete die Grundlage für den Profiler-Mythos.


Der Serienmörder-Boom als Resultat statistischer Fehlinterpretation


Fünfunddreißig aktive Serienmörder und 4000 Opfer von Serienmördern pro Jahr in den USA (vgl. Jenkins 1994: 64) – das sind die Zahlen, die seit den 1980er Jahren stellvertretend für den „Serienmörder-Boom„ stehen. Jenkins (1994: 60) sieht in der statistischen Darstellung des Serienmord-Themas „one of the most powerful elements in the construction of the new problem.“ Denn der „Serienmörder-Boom„ beruht insbesondere auf einer Fehlinterpretation der beim FBI geführten statistischen Zahlen. In den USA sank seit Ende der 1960er Jahre die Aufklärungsquote im Bereich der Tötungsdelikte kontinuierlich bis auf unter 70 Prozent, vorher betrug sie über 90 Prozent. Außerdem wurde festgestellt, dass sich die Täter-Opfer-Beziehung verändert hatte. Es gab weniger Beziehungsdelikte, dafür häufiger Fremdtäter und damit einhergehend eine Zunahme der motivlosen Tötungen. Man schloss hieraus, dass der Anteil der in Serie mordenden Täter zugenommen haben muss. (vgl. Dern 2000: 533) Die polizeilichen Statistiken wurden aus diesem Grund nach „random and senseless murders„ (Jenkins 1994: 60), also nach willkürlichen und sinnlosen Morden ausgewertet. Zugrundegelegt wurde die Definition von „patterns of murder committed by one person in large numbers with no apparent rhyme, reason or motivation„ (Jenkins 1994: 59), also Morden, die immer nach demselben Muster ablaufen und in hoher Anzahl ohne erkennbare(n) Sinn, Grund oder Motivation von einer Person begangen wurden. Zu diesem Zweck wurde die Mehrheit der erfassten Morde, bei denen die Mordumstände unbekannt waren und von einer unbekannten Täter-Opfer-Beziehung bzw. von einem Fremd-Täter ausgegangen wurde, als Taten von Serienmördern deklariert (vgl. Jenkins 1994: 60 ff.). So entstand die geschätzte Zahl von 4000 Todesopfern durch Serienmörder pro Jahr. Im Jahr 1984 war es das FBI selbst, das auf einer Pressekonferenz bekannt gab, mindestens zehn Prozent der 5400 ungeklärten Morde in den USA pro Jahr seien das Ergebnis von Serienmördern. Somit müssen sich Annahmen bezüglich der Anzahl an Opfern von Serienmördern wesentlich näher an 540 als an 4000 orientieren. (vgl. Jenkins 1994: 69) Jenkins spricht im Zusammenhang mit dem Serienmord von einem extremen Randbereich und gibt zu bedenken, dass Schätzungen zu Serienmorden, die signifikant über ein Prozent aller Mordopfer in den USA hinausgehen, mit großem Misstrauen begegnet werden sollte (vgl. Jenkins 1994: 13, 29).19 Allerdings konnten sich die ursprünglich veröffentlichten Zahlen in vielen Bereichen dauerhaft durchsetzen (vgl. Jenkins 1994: 69).

Der Serienmord als Mittel zum Zweck

Der in diesem Kontext ausgelöste „Serienmörder-Boom„ stellte die Basis für eine Reihe von Folgeentwicklungen dar. Verschiedenen Aktivisten und politischen Parteien diente die Serienmord-Problematik als Mittel zur Durchsetzung ihrer Ansprüche. Dies ist ein Grund dafür, dass die Zahlen lange Zeit mehr oder weniger ungeprüft hingenommen wurden. (vgl. Jenkins 1994: 139 ff.) Das FBI konnte sich in dieser Phase als die Instanz mit den führenden Experten auf diesem Gebiet präsentieren (vgl. Jenkins 1994: 70). Dies gelang insbesondere durch die Unterstützung der Medien, die die Arbeit der „mindhunter„20 regelrecht verherrlichten und die Berichterstattung über Misserfolge eher vernachlässigten (vgl. Jenkins 1994: 71).
Großen Einfluss auf die Etablierung des „mindhunter„ hatten die Werke Roter Drache [1981 (2001)] und Das Schweigen der Lämmer[1988 (1992)] von Thomas Harris (vgl. Jenkins 1994: 73). Harris erhielt bei der Verfassung von Roter Drache Rat und Unterstützung durch die BSU und studierte verschiedene reale Fälle, die sein Werk stark beeinflussten. Mit der Veröffentlichung von Das Schweigen der Lämmer fanden die Ideen und der Erfolg aus Roter Drache ihre Fortsetzung. Harris ließ sich auch hier wieder von tatsächlichen Kriminalfällen inspirieren. So orientiert sich die Figur des Hannibal Lecter an Tätern wie Ted Bundy21 und Edmund Kemper22. Der Mörder Buffalo Bill basiert auf einer Synthese aus Ed Gein23und Gary Heidnik24, allerdings bedient er sich auch gewisser Verhaltensweisen Ted Bundys, insbesondere bei der Kontaktaufnahme mit seinen Opfern.
Der Einfluss von Harris’ Arbeiten auf das Bild des „mindhunter„ wurde noch größer mit den Veröffentlichungen der Filmversionen. Besonders Das Schweigen der Lämmer (Jonathan Demme 1991) konnte international große Erfolge verbuchen.25,26 (vgl. Jenkins 1994: 88 f.) Harris sorgte somit für eine unbezahlbare Publicity und zuvor nie dagewesene mediale Präsenz der FBI-Experten (vgl. Jenkins 1994: 73). Diese mediale Präsenz diente dann als Grundlage für nachfolgende Tatsachenberichte und fiktive Publikationen zur Serienmord-Thematik (vgl. Jenkins 1994: 89). Am Beispiel von Das Schweigen der Lämmer lässt sich zudem die Überlappung von Fakt und Fiktion besonders deutlich nachvollziehen, insbesondere wenn sich True-Crime27-Literatur so auf Thomas Harris bezieht, als würden seine Werke reale Fälle darstellen (vgl. Jenkins 1994: 89).28
Zusammenfassend hat laut Jenkins (1994: 212 ff.) das FBI erfolgreich das Serienmord-Thema etabliert. Strategien zur Verbreitung dieses Deutungsmusters, so die These, sind die Streuung einer extrem hohen Zahl solcher Taten29, die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf reisende Täter und das damit zusammenhängende Problem der „linkage blindness„30, das heißt dem Unvermögen, Zusammenhänge zwischen Taten zu erkennen, die in verschiedenen Zuständigkeitsbereichen begangen wurden. Das FBI hat sich diesbezüglich selbst sehr erfolgreich als die Organisation mit der Experten-Truppe zur Bekämpfung der Serienmörder präsentieren können. Seine Experten unterstützten auch Journalisten und Schriftsteller bei ihren Arbeiten, die sich mit einer vorteilhaften Darstellung der Special Agents revanchierten. Bereits seit Anfang der 1980er Jahre waren Nachrichtenbeiträge oder fiktive Arbeiten über Serienmord ohne die Unterstützung der BSU-Experten, sei es als Interviewpartner oder in beratender Funktion, undenkbar. Ebenso hielt die Verwendung von durch das FBI geprägten Fachbegriffen (bspw. organized/disorganized, Handschrift31) und ihren Ansichten sowie Theorien Einzug in die Literatur (vgl. Jenkins 1994: 217). Mit der Erlaubnis, Filmaufnahmen für
Das Schweigen der Lämmer an Originalschauplätzen des FBI zu drehen, wurde eine extrem wirkungsvolle Verbindung der tatsächlichen BSU-Experten und den fiktiven Harris-Helden erreicht (vgl. Jenkins 1994: 216). Verstärkt wird diese Verbindung durch den Umstand, dass verschiedene FBI-Beamte in Nebenrollen von Das Schweigen der Lämmer mitspielten (vgl. Ressler/ Shachtman 1993: 304). Insgesamt betrachtet, führte dies zu dem zyklischen Effekt, dass das durch die Medien produzierte Stereotyp des intelligenten und heldenhaften Profilers in nachfolgenden Medienberichten in Person des BSU-Experten hinzugezogen werden musste (vgl. Jenkins 1994: 217).

Die Etablierung des Serienmord-Themas auf internationaler Ebene

Es scheint, als hätten das FBI und „seine Serienmörder„ so international die Normen des Serienmord-Themas definiert. In Großbritannien, wo spätestens seit Jack the Ripper das Phänomen „Serienmord„ bekannt sein müsste, verhielt man sich in den 1980er Jahren geradeso, als hätte man etwas Neues und speziell Amerikanisches entdeckt. Ähnlich wurde die Serienmord-Thematik in Australien und Kanada wahrgenommen. Dort wurden in den 1980er Jahren fast ausschließlich amerikanische Fälle zur Darstellung des Phänomens herangezogen. Im französischen Sprachgebrauch wurde der Begriff „serial killer„ sogar unübersetzt übernommen. (vgl. Jenkins 1994: 218 f.) Und auch Deutschland lässt sich in die Staaten einreihen, die sich dem FBI-Einfluss auf internationaler Ebene bezüglich des Serienmordthemas nicht entziehen konnten. Baurmann (2003a: ohne Seitenangabe; Hervorhebung im Original) bezieht sich auf „die US-amerikanischen Erfahrungen mit dem sog. Profiling im Bereich der Tötungsdelikte„ als Ausgangspunkt für das Konzept der Fallanalyse in Deutschland. Das Fundament einer der Säulen der Trias, welche das FBI in den USA erst errichten musste, war somit bereits vorhanden und Nachrichtenwesen sowie Populärkultur konnten unmittelbar darauf aufbauen.
Jenkins zeigt auf, dass das Serienmord-Thema auf einer komplexen Beziehung zwischen drei eigentlich unabhängigen Beteiligten basiert: Exekutive, Nachrichtenwesen und Populärkultur. Sobald sich das ursprüngliche Thema etabliert hatte (in diesem Fall die angenommene massive Zunahme an Serienmorden ab etwa 1966), konnten die anderen Beteiligten sich anschließen und für eine weitere Verbreitung der Thematik sorgen (vgl. Jenkins 1994: 223). Für die Erschaffung des Mythos „Profiler„ ist insbesondere die von Jenkins aufgezeigte Wechselbeziehung zwischen der wirklichen Arbeit der BSU-Profiler und den Medien ausschlaggebend. Der Einfluss kann so weit gehen, dass die Erwartungen und Verhaltensweisen derjenigen, über die beispielsweise in den Medien berichtet wird, von den Mediendarstellungen beherrscht bzw. geformt werden, wie im Falle neuer Anwärter für die BSU: „Neue Bewerber haben sich Jodie Fosters Rolle zum Vorbild erkoren – auch sie wollen Supercops sein„ (Ressler/ Shachtman 1993: 305).

Dass die von Jenkins (1994) verdeutlichte gegenseitige Abhängigkeit der Medien und des Mythos „Profiler„ auch für Deutschland zutrifft, zeigt sich unter anderem an folgendem Beispiel: Genauso wie die BSU-Bewerber Supercops à la Jodie Foster sein möchten, wird das BKA häufig – insbesondere von Psychologie-Studenten32 – mit der Frage „Wie kann ich Profiler werden?„ konfrontiert. Aus dem Grund hat sich das BKA veranlasst gesehen, in einem der Fragestellung gleichnamigen Beitrag die zu erfüllenden Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Polizeilicher Fallanalytiker darzulegen, denn
„[z]wischen den Wünschen und Hoffnungen dieser jungen Leute, die oft von den realitätsfernen Darstellungen der Medien gespeist werden und den tatsächlichen Rahmenbedingungen im polizeilichen Alltag liegen oftmals Welten„ (Vick/ Dern 2005: 2).
Mit der von den USA ausgehenden Initiierung der Fallanalyse in Deutschland ging somit auch die Übernahme gewisser Mythen, die sich um das Thema ranken und sich bis heute standhaft halten können, einher.

Der Nachrichtenwert als gemeinsame Basis

Neben all den bestehenden Diskrepanzen ist dem Polizeilichen Fallanalytiker mit dem mythologisierten Profiler dennoch gemeinsam, dass sie in Fällen schwerer Kriminalität zum Einsatz kommen. Diese Einsatzfälle verfügen über einen Nachrichtenwert, das heißt, sie erfüllen gewisse Kriterien wie „Drama„, „Aufregung„ und „Angst„, die dafür sorgen, dass über dieses Ereignis berichtet wird. Wenn darüber hinaus zu einem bestimmten Zeitpunkt der Ermittlungen die Polizeilichen Fallanalytiker als zusätzliche Spezialisten eingebunden werden, dann werden diese über den Nachrichtenwert entscheidenden und ohnehin schon erfüllten Elemente nochmals verstärkt. (vgl. Jenkins 1994: 220 f.) Der Polizeiliche Fallanalytiker stammt historisch betrachtet vom „FBI-Profiler„ ab (vgl. Baurmann 2003a: o.S.). Dieses „Verwandtschaftsverhältnis„ lässt sich offensichtlich, obwohl in Deutschland von Beginn an ein anderer Weg (bspw. Teamansatz versus Einzelkämpferansatz) eingeschlagen wurde, nicht verleugnen. Zum Zeitpunkt der Gründung der OFA-Einheiten in Deutschland war es dem (Medien-) Profiler längst gelungen, sich in Deutschland zu etablieren. Insbesondere die Verfilmung von Das Schweigen der Lämmer (Jonathan Demme 1991) als großer internationaler Erfolg (vgl. Jenkins 1994: 89), sorgte auch in Deutschland für die Verbreitung der modernen Saga über die heldenhaften guten Profiler im Kampf gegen die bösen Serienmörder. Bereits am 26. März 1997 wurde die erste Folge der Fernseh-Serie Profiler im deutschen Privatfernsehen ausgestrahlt, also knapp ein Jahr vor der offiziellen Gründung der OFA des BKA am 5. Februar 1998. Selbst das deutsche Äquivalent, die TV-Serie Die Cleveren, wenn auch bei weitem nicht mit der gleichen Fernsehpräsenz wie Profiler, ging am 09.11.1999 auf Sendung – im gleichen Jahr, in dem der Installationsprozess der OFA-Einheiten auf Bundesländerebene mit Wirkung zum 22. Januar begonnen hat. Noch bevor der Polizeiliche Fallanalytiker eine Chance hatte, sich in der Öffentlichkeit vorzustellen, war es dem (Medien-) Profiler bereits gelungen, sich in Szene zu setzen. Vor diesem Hintergrund verwundert es weniger, dass der Begriff des „Profilers„ bevorzugt verwendet wird. Mit der Bezeichnung „Profiler„ ist durch die wirkungsvolle Verknüpfung der FBI-Experten mit den fiktiven Helden der durch diese Vereinigung produzierte Mythos untrennbar verbunden (vgl. Jenkins 1994: 216 f.). Aufgrund der auf den US-amerikanischen Erfahrungen mit dem Profiling beruhenden Initiierung der OFA in Deutschland, musste somit das Erbe des dazugehörigen Mythos angetreten werden.


Einsatz in Fällen schwerer Kriminalität: ‚Profiler‘ und Polizeilicher Fallanalytiker (Foto: Hofem)


Mythos – Grundlage und Wirkung

Es lässt sich feststellen, dass es eine polizeiliche Wunderwaffe namens Profiler nicht gibt. Wenn über den Einsatz von Profilern berichtet wird, dann wird damit die mythologisierte Vorstellung eines „heroischen Überpolizisten„ verknüpft. Bereits der Verzicht des Begriffs „Profiler„ durch die Medien dürfte dafür sorgen, dass dem Mythos der Nährboden entzogen wird. Zugleich würden sich die Medien damit aber auch einer berichtenswerten Nachricht berauben – denn die Zusammenarbeit mit einem Polizeilichen Fallanalytiker, dem der entsprechende Mythos fehlt, hat bei weitem nicht die gleiche aufmerksamkeitsstimulierende Wirkung wie die Hinzuziehung eines Profilers.
Polizeilicherseits stellt sich dementsprechend insbesondere im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit folgende Frage: Wie kann vermieden werden, dass der Mythos, von dem man sich einerseits zu distanzieren versucht, nicht doch andererseits – sei es bewusst oder unbewusst – bedient wird?

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Newton, Michael (2005): Die große Enzyklopädie der Serienmörder: Eine Studie über das abschreckende, kriminelle Phänomen, von den Engeln des Todes bis zum Zodiac-Mörder; aktualisiert und ergänzt von Jaques Buval, 2. Auflage, V.F. Sammler, Graz
Oevermann, Ulrich et al. (1994): Kriminalistische Datenerschließung. Zur Reform des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes, Sonderband der BKA-Forschungsreihe Wiesbaden
Ressler, Robert K./ Tom Shachtman (1992): Whoever Fights Monsters. My Twenty Years
Tracking Serial Killers for the FBI, St. Martin’s Press, New York
Ressler, Robert K./Tom Shachtman (1993): Ich jagte Hannibal Lecter. Die Geschichte des Agenten, der 20 Jahre lang Serienmörder zur Strecke brachte, Wilhelm Heyne Verlag,
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Ressler, Robert K./Ann W. Burgess/John E. Douglas (1995): Sexual homicide. Patterns and motives, THE FREE PRESS, New York
Schattauer, Göran (2003): Im Kopf der Mörder. Die Deuter der verborgenen Spuren: wie
Fall-Analytiker der Polizei Verbrecher jagen, in: FOCUS-Magazin 50/2003, S. 56 - 58
Scheerer, Sebastian (2002): Mythos und Mythode. Zur sozialen Symbolik von Serienkillern und Profilern, in: Musolff, Cornelia/ Jens Hoffmann (Hrsg.) (2002): Täterprofile bei Gewaltverbrechen. Mythos, Theorie und Praxis des Profilings, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, S. 71 - 85
Tithecott, Richard (1997): Of men and monsters. Jeffrey Dahmer and the construction of the serial killer, The University of Wisconsin Press, Wisconsin
Vick, Jens/Harald Dern (2005): „Wie kann ich Profiler werden?„, Bundeskriminalamt
Wiesbaden. Online in Internet: www.bka.de/lageberichte/weitere/profiler.pdf [Stand 2009-01-04]
Witt, Rainer/Harald Dern (2002): Operative Fallanalyse bei Tötungsdelikten, in: Egg, Rudolf (Hrsg.) (2002): Tötungsdelikte – mediale Wahrnehmung, kriminologische Erkenntnisse, juristische Aufarbeitung -, Eigenverlag Kriminologische Zentralstelle e.V. Wiesbaden, S. 109 – 128

Filmografie
Das Schweigen der Lämmer (The Silence of the Lambs), USA, 1991, Jonathan Demme
Die Cleveren, Deutschland, seit 1999 (Fernsehserie)
Mühsames Mord-Puzzle. Dem Täter ein Gesicht geben, Deutschland, 2003, Ulrike Eichin
(Reportage für ZDF.reporter)
Profiler, USA, 1996 – 2000 (Fernsehserie)
Roter Drache alias Blutmond (Manhunter), USA, 1986, Michael Mann
Roter Drache (Red Dragon), USA, 2002, Brett Ratner (Neuverfilmung)

Fußnoten:
1
Der Artikel stellt im Wesentlichen ein Teilergebnis der unveröffentlichten Diplomarbeit
„Profiler zwischen Fiktion und Wirklichkeit„ (Universität Hamburg/ 2006) der Autorin dar.
2
Mein Dank gilt PD Dr. Michael Schetsche (Universität Freiburg) für seine wertvollen
Hinweise und Anregungen zum Manuskript dieses Artikels.
3
Zum Anforderungsprofil und zur Spezialausbildung der Polizeilichen Fallanalytiker siehe
z.B. Dern et al. (2003a), Baurmann/Dern (2006)
4
Einen Überblick zur historischen Entwicklung seit den 1970er Jahren bis zur offiziellen
Gründung der OFA beim BKA am 05.02.1998 bieten Witt/Dern (2002: 110 ff.)
5
Die Begriffsfestlegungen sind Teil der Konzeption der Bund-Länder-Projektgruppe „Fallanalytische Verfahren und das ViCLAS-Datenbanksystem„; eingerichtet durch die AG Kripo in ihrer 141. Sitzung am 18./ 19.03.1998.
6
Violent Crime Linkage Analysis System – „Analyse-System zum Verknüpfen von (sexuellen) Gewaltdelikten in Deutschland„
7
So auch Dern (2000: 533): „Fallanalyse im heutigen Sinne ist nicht ein Synonym für das
sogenannte ‚Profiling’ aus dem anglo-amerikanischen Raum und entgegen landläufiger
Meinungen auch nicht untrennbar mit dem Konzept des Serienmörders verbunden.„
8 Zur Etymologie s.a. Holzhauer (2005).
9 www.etymonline.com/index.php [Stand 2009-03-13]
10
Büchler et al. (1996: 25) nehmen eine „Einteilung in operative (direkte Ausrichtung auf
Ermittlungen) und strategische (Ausrichtung auf Führung und politische Beratung, nur
indirekte Ausrichtung auf Ermittlungen) Auswertung„ vor. Operativ und strategisch werden im polizeilichen Sprachgebrauch nicht synonym verwendet.
11
Diesen Umstand betont auch Dern (2004: 221), wenn er schreibt: „Eine Person zu profilieren, ein Profil zu erstellen, legt den Focus auf das ‚Wer’ hinter der Tat.„
12
Dern (2004: 219; Hervorhebung im Original): „Das anspruchsvolle analytische Vorgehen der Fallanalyse, bei dem neben anderem Tathergang und Fallcharakteristik im Team rekonstruiert bzw. erarbeitet werden, hat in erster Linie zum Ziel, das Verstehen des Falles zu fördern und darauf aufbauend Ermittlungshinweise im Rahmen einer fallanalytischen Beratung an die sachbearbeitende Polizeidienststelle zu geben.„
13
Zum Ablauf des Fallanalyse-Prozesses siehe Baurmann/ Dern (2006).
14
Ulrike Eichin beantwortete mit Datum vom 18.09.2006 einige Fragen schriftlich zum Thema OFA und Profiling aus journalistischer Sicht. Aufgeführte Zitate sind dieser Quelle
entnommen.
15
Mühsames Mord-Puzzle. Dem Täter ein Gesicht geben, Ulrike Eichin (21.01.2003,
ZDF.reporter)
16
Das BKA als Zentralstelle der Kriminalpolizeien der Länder unterstützt diese unter anderem bei länderübergreifender oder internationaler Zusammenarbeit in kriminalpolizeilichen
Angelegenheiten sowie bei der Aus- und Fortbildung kriminalpolizeilicher Spezialisten (vgl. § 2 BKAG). Für die Rahmenbedingungen der OFA ist somit zur Gewährleistung bundesweit einheitlicher Standards maßgeblich das BKA zuständig. Aus diesem Grund werden in diesem Beitrag die Begriffe OFA und BKA synonym verwendet. Prinzipiell erheben die
Ausführungen des BKA für die OFA-Einheiten der Länder entsprechende Geltung.
17
Das gleiche gilt laut Linder (2004: 474) auch für den Serienmörder: „... wie kaum eine andere Verbrecherfigur ist der Serien- und Mehrfachkiller in all seinen Facetten Medienprodukt.„
18
Jenkins Sprachgebrauch bezüglich des Serienmords als „Problem„ ist vor dem Hintergrund einer konstruktionistischen Theorie sozialer Probleme zu verstehen. Konstruktionisten
betrachten ein soziales Problem nicht als objektiven Zustand, sondern als das Resultat von vorausgehenden Definitions- und Erklärungsprozessen.
19
Bei der Serienmorddebatte ist zu beachten, dass es eine einheitliche Definition des Serienmords nicht gibt, sondern je nach Untersuchungsgegenstand variiert. Für Jenkins (1994: 23) bspw. liegt ein Serienmord vor, wenn ein Täter mindestens vier Opfer über einen Zeitraum von mehr als
72 Stunden getötet hat. Dabei werden Tötungen, die in erster Linie aus politischen Motiven oder aus Bereicherungsabsicht begangen wurden, nicht berücksichtigt. Das FBI spricht von einem Serienmörder ab der dritten Tat, sofern es sich dabei um unabhängige Ereignisse mit dazwischenliegenden Phasen der „emotionalen Abkühlung„ handelt (vgl. Ressler/ Burgess/Douglas 1995: 139), wobei zwischenzeitlich von zwei Taten ausgegangen wurde (vgl. Dern 2004: 214), mittlerweile jedoch wieder mindestens drei Taten vorliegen müssen (vgl. McNamara/Morton 2004: 529). Im Vergleich dazu beschreibt das BKA in seiner Untersuchung „Geografisches Verhalten fremder Täter bei sexuellen Gewaltdelikten„ eine Serie wie folgt: „Eine Serie im Sinne dieser Untersuchung liegt dann vor, wenn im Urteil mindestens zwei Taten abgeurteilt wurden, bei denen der Täter verschiedene Opfer zu unterschiedlichen Tatzeiten vergewaltigte bzw.
tötete„ (Dern et al. 2004: 69; meine Hervorhebung). Dern (2004: 214; Hervorhebung im
Original) bezeichnet deshalb aufgrund der verschiedensten Definitionen die Aussage „Es gibt den Serienmörder„ als einen Mythos.„
20
Die FBI-Profiler werden auch „mindhunter„ genannt. Dabei wird plakativ die Vorgehensweise der FBI-Experten zum Ausdruck gebracht, sich anhand des Tatortspurenbildes in den Täter hineinzuversetzen, um schließlich ein Profil des Gesuchten erstellen zu können. „Mindhunter„ ist auch der Titel eines von John Douglas (in Zusammenarbeit mit Mark Olshaker) verfassten Erfahrungsberichtes über seine 25-jährige Tätigkeit als FBI-Agent (Douglas/Olshaker 1996).
21
Bundy werden zwischen 1974 und 1978 etwa 30 Morde an Frauen in den USA zugerechnet. Die tatsächliche Zahl seiner Opfer ist unbekannt. Für ausführliche Informationen siehe
Newton (2005: 48 ff.).
22
Kemper ermordete Anfang der 1970er Jahre sechs Anhalterinnen. Bevor er sich der Polizei gestellt hat, tötete er seine Mutter und eine ihrer Freundinnen. Als 15jähriger hat er bereits seine Großeltern erschossen. Für ausführliche Informationen siehe Newton (2005: 205 ff.).
23
Gein ist für den Tod von mindestens zwei Frauen verantwortlich. Bei einer Hausdurchsuchung am 17.11.1957 wurden bei Gein verschiedene aus Leichenteilen bzw. getrockneter Haut angefertigte Kleidungsstücke, Gesichtsmasken und Sitzbezüge gefunden. Für ausführliche Informationen siehe Newton (2005: 127 ff.).
24
Heidnik hat zwischen November 1986 und März 1987 fünf Frauen in seinem Keller gefangen gehalten. Zwei der Frauen kamen in der Gefangenschaft ums Leben. Heidnik konnte festgenommen werden, nachdem einem Opfer die Flucht gelang. Für ausführliche Informationen siehe Newton (2005: 167 ff.).
25
So sagt Scheerer (2002: 71): „Der Mythos des Serienkillers ist made in Hollywood ...„
(Hervorhebung im Original).
26
Thomas Müller aus Österreich z.B. verdankt dem Film Das Schweigen der Lämmer die Erkenntnis, dass es beim FBI die BSU gibt, was ausschlaggebend für seine Kontaktaufnahme mit dieser Einheit war (Müller 2004: 47 f.).
27
Linder (2004: 462) verwendet „True-Crime als Bezeichnung für Darstellungen von Kriminalfällen, die sich selbst als ‚authentisch’ verstehen und sich von der ‚fiktionalen’ Kriminalliteratur abgrenzen.„
28
So auch in Deutschland, wo Robert Resslers Buch Whoever Fights Monsters. My Twenty Years Tracking Serial Killers for the FBI (Ressler/Shachtman 1992) mit Ich jagte
Hannibal Lecter. Die Geschichte des Agenten, der 20 Jahre lang Serienmörder zur Strecke brachte

(Ressler/Shachtman 1993) übersetzt wurde. Auch Thomas Müller (2004) bezieht sich in seinem Buch immer wieder auf Das Schweigen der Lämmer: „Ernst Geiger [der Leiter der Sonderkommission gegen Jack Unterweger – H.H.] war Jack Crawford und ich war Clarice Starling„ (S. 60), „Irgendwann fanden Ernst Geiger und ich uns dort ein, wo ich Jahre vorher im Kino Clarice Starling auf dem Weg ins Büro von Jack Crawford laufen sah: in der FBI-Akademie in Quantico in Virginia„ (S. 62), „Abermals begann das Spiel von Hannibal Lecter ‚Quid pro quo!’ ...„(S. 65), „Ich übernahm dabei jenen Satz, der eigentlich von Robert Ressler stammte und im Film ‚Das Schweigen der Lämmer’ vom Psychiater Dr. Hannibal Lecter Clarice Starling gegenüber erwähnt wurde: ‚Quid pro quo – ich gebe dir etwas, wenn du mir etwas gibst’„ (S. 70).
29
Ressler gibt in diesem Zusammenhang zu, dass das FBI „die in Politikerkreisen bewährte Methode, ein Problem aufzubauschen, um auf höherer Regierungsebene Gehör zu finden„ einsetzte (Ressler/Shachtman 1993: 258 f.).
30
Ähnlich spricht Ulrich Oevermann (1994: 263 ff.) vom Problem der Konstitution von Serien, weshalb man auch in Deutschland die Notwendigkeit der Einführung von ViCLAS gesehen hat (vgl. Dern 2000: 535).
31
So beansprucht Douglas für sich, den Begriff „Handschrift„ geprägt zu haben (vgl. Douglas/ Olshaker 1998a: 294).
32
Laut Baurmann (2004: 439; Hervorhebung im Original) „sind es mehrheitlich Frauen, die sich als Besucherinnen für das Profiling interessieren.„