Charlie Newton

ein Krimi-Autor aus Chicago sucht Antworten in Deutschland

Ich heiße Charlie Newton. Ich bin Amerikaner. Mein Land hat ein ernstes Problem; ich möchte gerne, dass Sie es beheben.

Was springt für Sie heraus?

Indem Sie helfen, meine Probleme zu beheben, könnten Sie vermeiden, dass es Ihre eigenen werden.

Ich bin in Chicago geboren, einer der deutschesten Städte in Amerika. Als ich aufwuchs, verfügte die Hälfte der Weißen, die ich kannte, über eine deutsche Herkunft – die Polizisten waren deutsch-irisch-polnischer Abstammung; ebenso die Geistlichen, Bäcker, Bierbrauer, Preisboxer und viele der brutalsten Gangster der Stadt.
Aber trotz seiner deutschen Grundlagen unterscheidet sich Chicago deutlich von Deutschland. Unser Bier ist eine verwässerte Variante des deutschen Biers; unsere Wurst ist hergestellt von Country und Western-Sängern und wir haben Straßengangs mit insgesamt über 20.000 Mitgliedern.

Charlie Newton
Chicago/USA

Im gesamten Stadtgebiet von Chicago beträgt das Verhältnis zwischen Bandenmitgliedern und Polizei 8 : 1; in den Vierteln, in denen die Banden ihren Ursprung haben, beträgt das Verhältnis gar 50 : 1. Die Banden verfügen über die gleichen Waffen, haben aber keine Regeln. Die skrupelloseren Gangs haben ‚Zellen‘ oder Untergruppierungen, die als Aufnahmeritual oft einen Mord an einem Nichtbandenmitglied – wie Ihr Bruder oder Vater – verlangen. In Amerika.

Warum lässt Amerika das zu?

Das ist eine gute Frage; eine der drei oder vier Fragen, die meine Artikel in dieser Zeitschrift im kommenden Jahr behandeln werden. Amerika hat, wie viele westliche Nationen eine Krankheit. Die Krankheit heißt ‚Political Correctness‘ oder ‚PC‘. Der ‚PC‘-Virus gehört zur Virenfamilie der ‚Politischen Utopie‘. In Amerika gaben wir erst großzügig Geld für soziale Belange aus, führten dann – Schuldgefühl beruhigt – unser bisheriges Leben fort und erwarteten die Ankunft von Utopia. Unglücklicherweise hat Geld ohne Management und systematische Zielsetzung das Problem nicht gelöst. Die Probleme wurden größer, während sie unter der Decke eines zugesicherten Erfolges schwelten. (Schon mal gehört?). Die Kriminalität nahm weiter zu.
Die Polizei musste tätig werden.

Die Polizei wurde darin bestärkt, den Straftaten vor und nach ihrer Begehung die Stirn zu bieten. Sie tat das ziemlich gut, oftmals zu gut. Bald sahen die Utopisten ein Muster, ein Profil der festgenommenen Bürger und ihrer geografischen Nachbarschaft. Polizeiliche Voreingenommenheit wurde unterstellt. Die persönliche Verantwortung des Bürgers musste zu Gunsten der gesellschaftlichen Verantwortung für den Bürger weichen.
Mehr Geld wurde zur Verfügung gestellt und ausgegeben. Aber die Probleme wuchsen weiter und die Polizei wurde kritisiert – es war ihr Fehler, dass die hochtrabenden Programme versagten. Mehr Geld wurde zur Verfügung gestellt. Mehr Programme mit unerreichbaren/utopischen Aufgaben wurden finanziert. Halbgötter hatten Erfolge an den politischen Randbereichen, gründeten große Interessengemeinschaften, die, getrieben von Angst und Feindseligkeit, der anderen Seite die Schuld zuschoben. (Schon mal gehört?).
Die Polizei musste tätig werden.

Aber Streifenwagen und blaue Uniformen genügten nicht mehr. Amerika war als Gesellschaft bereits zu weit auf dem Weg in die Rassen-und sozioökonomische Zerrissenheit vorangeschritten. Und Amerika ging das Geld aus. Die Polizei beschwerte sich, indem sie erklärte, sie alleine könne die Probleme vor Ort nicht lösen – die Hauptursachen für die Zersplitterung Amerikas wurden nicht genannt. Die Polizei erklärte, dass ohne eine ehrliche, offene Diskussion über die Ursachen eine annehmbare Lösung nicht erreichbar ist. Oder zu verwirklichen ist.
Die Halbgötter schrien auf. Politiker machten Versprechungen. Mehr Geld wurde ausgegeben. Neue Gefängnisse wurden gebaut. Die Kriminalität nahm zu. Die Steuerzahler forderten Lösungen.
Die Polizei musste tätig werden.

Die Polizei stellte ihre Situation dar – sie benötigte Programme und Konzepte, welche die aktuellen Fragen behandelten, nicht die Eigeninteressen der Halbgötter oder das moralische Schauspiel der Utopisten. Aber diese Lösungen machten Sponsoren erforderlich. Und die Sponsoren verlangten nach politischer Rückendeckung. Beispielsweise würde jeder Politiker oder Polizist, der offen einräumt, dass der Drogenkrieg der Vereinigten Staaten ein kostspieliger,
40 Jahre andauernder Misserfolg war, und dann der Entkriminalisierung von Drogen den Rücken kehrt, vor dem beruflichen Selbstmord stehen.
Keine hochrangigen Amtsträger haben sich hervorgewagt. Die Probleme dauern an. Eine Kollision steht bevor.
Deshalb komme ich zurück nach Deutschland. Ich werde ein Auto mieten und in drei Monaten so viele Meilen hinter mich bringen wie ich kann; ich möchte mit Ihnen sprechen über das, was Sie wahrnehmen, was Sie denken und was Sie machen – die Realität, wie Deutschland seine Bürger und Probleme in die Polizeiarbeit integriert. Was funktioniert, was nicht funktioniert und warum Sie das glauben.

Ich werde Sie in den Artikeln – in Deutschland und Amerika – unter Ihrem richtigen Namen oder einem Pseudonym zitieren, falls Sie das wünschen, aber die Diskussion wird darauf gestützt sein, was deutsche Polizisten denken, die den zugewiesenen Auftrag, die tatsächlich bereit gestellten Mittel und die Ergebnisse kennen. Wenn Sie etwas sagen wollen, werde ich Ihre Stimme sein und diese Zeitschrift wird dies ermöglichen. Ich will wissen, was Sie über Drogenpolitik und -konsum, Einwanderung, Gefängnisse, Schuld/Sünden Ihrer Vätergeneration, das Recht auf konstruktiven Nationalismus und Stolz denken.
‚PC‘-Zeugs, über das wir eigentlich nicht sprechen sollen.

Der Artikel wurde freundlicherweise ins Deutsche übersetzt von Kriminaldirektor Hartmut Staudt, Polizeipräsidium Rheinpfalz

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