Von Hilfsbeamten und Ermittlungspersonen

Die Anordnungsbefugnis der Staats-anwaltschaft i.S.d. § 152 GVG


 

4 Empfehlungen für die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft


Der Verfasser ist nun schon, eine erschreckende Erkenntnis, „langjährig“ im Justizwesen tätig, war in verschiedenen Behörden und Bundesländern mit unterschiedlichen Aufgaben betraut und hat daher zahlreiche Situationen erlebt, in welchen die Zusammenarbeit mit der Polizei hervorragend funktionierte. Aber leider auch einige wenige, bei denen dies nicht der Fall gewesen ist. Oftmals liegt etwaigen Differenzen ein Kommunikationsdefizit zugrunde, da die Beteiligten sich ausschließlich mittels Vermerken und Verfügungen in den Akten verständigen. Solche Akten offenbaren dem geneigten Leser typischerweise mit Fortgang des Verfahrens zunehmend „explizite“ Formulierungen und einen erkennbaren Anstieg des Eskalationsniveaus. Dass dies dem erfolgreichen Abschluss der Ermittlungen kaum förderlich sein dürfte, ist einleuchtend. Kommt es in solchen Verfahren zur Erhebung der öffentlichen Klage, werden in den Akten ausgetragene Konflikte ferner seitens der Verteidigung dankbar aufgegriffen, um die ersichtliche Uneinigkeit der Ermittlungsbehörden als deutliches Indiz für die Haltlosigkeit des Tatvorwurfes heranzuziehen. Derartige Verhaltensweisen sind daher unbedingt zu vermeiden. Das wirksamste Mittel, einen Streit beizulegen, beziehungsweise bereits dessen Entstehung zu verhindern, ist nach wie vor ein direktes Gespräch. Auch der RiStBV lässt sich diese Empfehlung in Nr. 11 Abs. 2 entnehmen: „Ist zu erwarten, dass die Aufklärung einer Straftat schwierig sein wird oder umfangreiche Ermittlungen erforderlich werden, empfiehlt es sich, die durchzuführenden Maßnahmen und deren Reihenfolge mit den beteiligten Stellen zu besprechen“.


Ferner kann hierdurch eine erhebliche Beschleunigung der Ermittlungen erreicht werden. Ein typisches Beispiel hierfür ist die seitens der Staatsanwaltschaft erbetene Vernehmung eines Zeugen, zwecks deren Durchführung die Akten an die Polizei übersandt werden. Ist der Zeuge seitens der Polizei erfolglos geladen worden, so könnten die Akten im schlechtesten Fall schlicht an die Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf das Ausbleiben des Zeugen zurückgesandt werden. Der Staatsanwalt ist dann so schlau wie zuvor und es dürften erfahrungsgemäß etwa vier Wochen verschwendet worden sein. Wenn es sich jedoch um einen für das Verfahren wichtigen Zeugen handelt, hätte der Staatsanwalt vor Übersendung der Akten mit dem Polizeibeamten fernmündlich Rücksprache halten und einen Vermerk bezüglich der Ladung im staatsanwaltschaftlichen Auftrag gemäß § 163 Abs. 3 S. 1 StPO17 fertigen sollen. Der polizeilichen Ladung hätte dann bereits eine entsprechende Belehrung beigefügt werden können. Beim unentschuldigten Ausbleiben des Zeugen könnte der Staatsanwalt dann auf die fernmündliche Anfrage des Polizeibeamten gemäß §§ 163 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 1 Nr. 4, 51 Abs. 1 S. 3 StPO die zwangsweise Vorführung des Zeugen anordnen. Mittels wenigen Mehraufwandes und steter Kommunikation kann dann eine effiziente Nutzung der personellen und zeitlichen Ressourcen erreicht werden.


Die staatsanwaltschaftliche Anordnungsbefugnis i.S.d. § 152 GVG ist zwar sehr weitreichend. Hieraus sollte jedoch keinesfalls seitens der Staatsanwaltschaft der Schluss gezogen werden, grundsätzlich nach dem Prinzip „Befehl und Gehorsam“ vorzugehen. Andererseits muss bei der Polizei das Bewusstsein vorhanden sein, dass die Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Vornahme von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zusteht, welche auch die Einteilung der eingesetzten Polizeibeamten beinhaltet. Möchte also etwa die Staatsanwaltschaft im Bereich des Wohnungseinbruchsdiebstahles umfangreich ermitteln, kann ihr dies seitens der Leitenden Polizeibeamten grundsätzlich nicht mit dem Hinweis verwehrt werden, dass man sich für die Aufklärung von Betrugsdelikten im Innenstadtbereich entschieden und deshalb zahlreiche Kräfte umgruppiert habe.


Die Bedeutung einer steten Kommunikation für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei kann daher kaum überschätzt werden. Ferner ist es erfahrungsgemäß hilfreich, wenn sich die Beteiligten regelmäßig daran erinnern, dass sie für die Erreichung der selben Ziele arbeiten: Straftaten aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.


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Anmerkungen

 

  1. Dr. Sören Pansa ist bei der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein tätig. Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Verfassers wieder.
  2. BT-Drucksache 15/3482, S. 25.
  3. So etwa in Nordrhein-Westfalen mit der Verordnung über die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft vom 30. April 1996, GV. NRW. 1996, 180; diesbezüglich ablehnend bspw. Schleswig-Holstein mittels der Landesverordnung über Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft vom 2. Mai 2022, GVOBl. 2022, 604.
  4. Vgl. statt vieler etwa im Freistaat Bayern die Verordnung über die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft vom 21. Dezember 1995, GVBl. 1996 S. 4 und im Saarland die Verordnung über die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft vom 11. Juli 1996, Amtsblatt 1996, 784.
  5. § 37 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG).
  6. § 12 Abs. 5 S. 1 des Gesetzes über die Bundespolizei (BPolG).
  7. § 52 S. 2 des Gesetzes über das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter (ZFdG).
  8. Vgl. statt vieler BayObLG, Urteil vom 20. Oktober 1953 – RevReg. 2 St 608/52 –, NJW 1954, 362.
  9. Vgl. etwa § 81a Abs. 2 S. 1 StPO (körperliche Untersuchung des Beschuldigten), § 98 Abs. 1 S. 1 StPO (Beschlagnahme) und § 105 Abs. 1 S. 1 StPO (Anordnung der Durchsuchung bei dem Beschuldigten).
  10. So etwa Roxin, DRiZ 1969, 385 (388).
  11. So bereits BVerfG, Beschluss vom 26. November 1975 - 2 BvR 883/75 -, NJW 1976, 231.
  12. Vgl. mit weiteren Nachweisen: Weingarten in Karlsruher Kommentar, StPO, 9. Aufl. 2023, § 163 Rdnr. 2f.
  13. So bereits OVG Hamburg, Urteil vom 27. Februar 1970 - OVG Bf. I 2/69 -, NJW 1970, 1699.
  14. BGH, Beschluss vom 29. April 2021 – 6 BGs 19/21 –, NStZ-RR 2021, 287.
  15. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 – 1 StR 99/09 –, NJW 2009, 2612.
  16. Vgl. hierzu auch Franke in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 152 GVG Rdnr. 39ff.
  17. Vgl. hierzu Weingarten in Karlsruher Kommentar, StPO, 9. Aufl. 2023, § 163 Rdnr. 34f.

 

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