Die strafrechtlichen Aufgaben der Wasserschutzpolizeien
Von EPHK Uwe Jacobshagen, Hamburg
1 Wasserschutzpolizei – Entenpolizei?
Die vierköpfige „Niederhafen Patrouille“, die nach Beschluss des Hamburger Rats vom 26. Oktober 1787 auf jahrzehntelangen Druck von Kaufleuten gegründet wurde, ist die erste verbriefte Einheit auf deutschem Boden, die als Wasserschutzpolizei (WSP) bezeichnet werden kann. Die Wachmannschaft war mit einem kleinen Segelboot, Bajonetten, mit Stadtwappen versehenen Stöcken und Signalpfeifen ausgerüstet, um insbesondere Diebstähle beim Warenumschlag zu verhindern. Bereits damals hatte die WSP also Aufgaben auf dem Gebiet der Prävention und Erforschung von Straftaten. Erfolgreiche Einsätze bedingten 1799 eine weitere Gruppe im Bereich des Oberhafens und beide Patrouillen wurden 1822 unter dem Namen „Hafenrunde“ zusammengefasst. Schon 1835 gehörten 40 Mann zur Hafen- und Zolljachtpatrouille, die ab 1875 in „Hafenpolizei“ umbenannt wurde.2
In vielen Teilen Deutschlands gab es vergleichbar definierte Einheiten nicht, zuweilen wurden entsprechende Angelegenheiten an Flüssen und Seen von den städtischen und regionalen Polizeidienststellen abgewickelt. Für das Rheinland wurde 1919 die „Rheinpolizei“ als Teil des „Reichswasserschutzes“ begründet, dessen Zuständigkeit sich in der Folge praktisch nur auf Preußen und Sachsen beschränkte.3 Nach Auflösung dieser Reichswasserschutzpolizei 1931 wurden die Aufgaben an die Länder übertragen. Die preußische Polizeibehörde wurde zunächst als „Hafen- und Schifffahrtsschutzpolizei“, später als „Wasserschutzpolizei“ bezeichnet. 1937 wurde diese preußische Wasserschutzpolizei und die Rheinpolizeien von Baden, Bayern und Hessen wieder unmittelbar dem Reich unterstellt. Am 4. September 1945 erfolgte auf Beschluss der US-Behörden die Einrichtung einer Flusspolizei für das Gebiet der amerikanischen Besatzungszone, die dem United States Army Transportation Corps unterstellt wurde. Die Zuständigkeit dieser Flusspolizei wurde am 1. April 1947 den Ländern übertragen. Im September 1948 beschlossen die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen für die Flüsse Main, Neckar und Rhein dann die Gründung einer Wasserschutzpolizei.4
Das Aufgabengebiet der heutigen Wasserschutzpolizei sei so umfassend, sagte der ehemalige Leiter der WSP Hamburg, Karsten Witt, dass man heute keine WSP mehr sei, sondern eine moderne Hafenpolizei. Vorbei seien die Zeiten, als sie „Entenpolizei“ genannt und bei schwierigen Lagen lieber die „richtige Polizei“ angefordert wurde.5Tatsächlich war die WSP gerade in Hamburg und Dithmarschen in den Wintermonaten dafür zuständig, die Enten auf den zugefrorenen Flüssen und Seen zu füttern. Heute gehen die Aufgaben dieser modernen Behörde weit über den klassischen „Wasserschutz“ hinaus. Gerade in der Erforschung der Straftaten im Bereich der Schifffahrt und auch immer mehr in dessen Randbereichen erfordert eine spezialisierte Ausbildung der Beamten der WSP.
2 Klassisches Strafrecht
Die grundsätzlichen Aufgaben der WSP unterscheiden sich natürlich nicht von denen einer Landespolizei als Ganzes. Dazu gehören die allgemeinen Zuweisungen nach den landesspezifischen Gefahrenabwehrrechten, die Erforschung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Darüber hinaus kann der WSP in einzelnen Ländern die Funktion als Ordnungsbehörde oder Sonderordnungsbehörde zugewiesen werden. So ist z.B. die WSP Hamburg zuständig für die Grenzkontrolle an Bord und die WSP Schleswig-Holstein übernimmt die Aufgabe einer Sonderordnungsbehörde nach dem Terrorabwehrrecht (ISPS-Code).
Im klassischen Strafrecht nach dem StGB gilt die WSP natürlich als „Umweltschutzpolizei“. Der 29. Abschnitt des StGB ist somit ein Hauptarbeitsfeld der WSP, wobei den Taten nach § 324 StGB (Gewässerverunreinigung), § 325 StGB (Luftverunreinigung) und § 326 StGB (Unerlaubter Umgang mit Abfällen) besondere Bedeutung zukommt. Aber auch viele andere Straftatbestände spielen in der Arbeit der WSP eine große Rolle. Gerade die immer wiederkehrenden Einsätze mit Störungen auf dem Wasser, wie beim Bush-Einsatz in Heiligendamm 2006, dem G8-Gipfel in Heiligendamm 2007, der Nato-Gipfel in Kehl 2009 oder letztlich der G20-Gipfel in Hamburg 2017 erforderten von den eingesetzten Beamten einen breiten Ermittlungsansatz. Straftaten wie Nötigung (§ 240 StGB), Gefährliche Eingriffe in den Schiffsverkehr6 (§ 315 StGB) oder Gefährdung des Schiffsverkehrs (§ 315 a StGB) waren dabei vorrangig zu bearbeiten. Aber mittlerweile sind Straftaten nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr), auch in Verbindung mit dem Vollrausch (§ 323 a StGB) selbst in der polizeilichen Praxis an der Tagesordnung. Selbst der im November 1998 neugefasste § 316 c StGB (Angriffe auf den Seeverkehr) erhält als sog. „Terrorparagraf“ Bedeutung im polizeilichen Alltag.
2.1 Umweltstrafrecht
Der 29. Abschnitt des StGB spielt in der Arbeit der WSP eine herausragende Rolle. Bereits im Dezember 2017 habe ich in dieser Zeitschrift einen Artikel zur Luftverunreinigung veröffentlicht.7 Tatsächlich wurde die Grenze für den Ausstoß an Schwefel in den Abgasen der Schiffe ab dem 1.1.2020 auf 0,5% begrenzt. Das führte jedoch nicht dazu, dass in der Schifffahrt vermehrt saubere Kraftstoffe eingesetzt werden, sondern dass durch zusätzliche Reinigungsanlagen die Abgase gereinigt werden (sog. „Scrubber“), so dass diese Grenze und die 0,1%-Grenze in Sondergebieten eingehalten werden kann. Jedoch müssen die Reinigungswässer eingeleitet oder gesammelt werden, wodurch der dort enthaltene Schwefel bei einer Fehlbedienung der Anlage oder der Nichteinhaltung des internationalen Rechts zu anderen Rechtsverstößen führen, in der Regel werden dadurch Gewässerverunreinigungen begangen, weil das eingeleitete schwefelhaltige Waschwasser zur Übersäuerung der Meeresumwelt führt.
Im September 2021 wurde dann das Thema Umweltschutz erneut durch Autoren der Wasserschutzpolizei-Schule Hamburg aufgegriffen, so dass dieser Bereich ausführlich dargestellt werden konnte.8 Die Besonderheiten des Umweltrechts im Bereich der Binnenschifffahrt werde ich später etwas detaillierter darstellen. Darauf aufbauend wird nun die Gelegenheit genutzt, die Straftatenerforschung der WSP über das Umweltrecht hinaus zu thematisieren.
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