Zum Ansehen der Polizei im Fokus der öffentlichen Meinung: neue Resultate aus Nordrhein-Westfalen


Von Dr. jur. Jan-Volker Schwind M.A., Osnabrück1

Die Polizei gehört zu den Institutionen, die in der deutschen Bevölkerung traditionell ein hohes Ansehen genießen. Dazu ergab 2004 eine Umfrage des Meinungsumfrageinstituts forsa, dass 81% der Deutschen der Polizei vertrauen.2

Rund zehn Jahre später (2015) nahm die Polizei im „Vertrauensindex“ der GfK-Gruppe mit 85% Zustimmung immer noch einen Spitzenplatz ein.3 Dass das so ist, dürfte zunächst damit zu tun haben, dass „die Polizei im Konfliktfall oft der erste unmittelbare Kontakt des Bürgers mit dem Staat, die einzige Rund-um-die-Uhr verfügbare Hilfe bei Problemen und damit ein zentrales Element demokratischer Gesellschaften“ ist.4 Die Polizei ist (mit anderen Worten) dazu da, „das Gewaltmonopol des Staates zu sichern“.5 Darüber hinaus hat sich die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit um weitere Imageverbesserungen bemüht. Dazu sind z.B. zu rechnen: das Leitbild „bürgernahe Polizei“, die schrittweise Qualitätsverbesserung in der Ausbildung, die vermehrte Einstellung von Frauen in den Polizeidienst sowie die Bemühungen um Bewerber mit Migrationshintergrund.

1 Stimmt diese Lagebeurteilung noch?


Allerdings wird die Polizei heute kritischer beurteilt als das früher der Fall war. Jahresberichte von amnesty international und anderen kritischen Medien bis zu Veröffentlichungen in neuen Medien wie youtube üben vor dem Hintergrund von Fehlverhalten kontinuierlichen Druck aus.


1.1 Fehlverhalten am Pranger

Insbesondere Berichte der Printmedien (Zeitungen oder Zeitschriften), aber auch Bildmedien (Fernsehen) über das Auftreten der Polizei in polizeirelevanten Krisensituationen, über (angebliche) Übergriffe, aber auch Informationen über Skandale (z.B. in der Berliner Polizeiakademie6) oder erkennbare Überforderungen der Polizei z.B. in der Silvesternacht 2015 (etwa in Köln) können das Image der Polizei beeinflusst haben.7 Aktuelle Diskussionen über den Einsatz von Hilfspolizisten mit der Begründung, die Polizei habe die Lagen nicht mehr im Griff, offenbaren, dass die Personaldecke, die in den letzten Jahren verkleinert wurde, für das Spektrum ständig zunehmender Aufgaben nicht mehr ausreicht.8 So geraten z.B. immer mehr Probleme in den Blickpunkt, die sich auf den Flüchtlingsstrom (seit 2015) beziehen. Hunsicker weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Polizei bei der „Mehrzahl der Täter mit Migrationshintergrund ein geringes Ansehen hat, weil diese in ihren Herkunftsländern korrupt oder gewalttätig ist“.9


1.2 Die (deutsche) Polizei in der „Opferrolle“?


Inzwischen macht die Polizei auch in einer neuen Rolle Schlagzeilen: in der Opferrolle. In Berlin gibt es nach Angaben der GdP10„durchschnittlich neun Angriffe auf Polizisten pro Tag, bei denen drei Beamte mehr oder weniger schwer verletzt werden“. Die „Beamten würden oft nicht mehr ernst genommen“, betont Zick vom Bielefelder Institut für Gewaltforschung.11 Die Angriffe reichen von Pöbeleien und Beleidigungen bis hin zu Attacken mit Fäusten und Messern.12 Die IMK hatte daraufhin das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) mit einer Untersuchung der „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ (bezogen auf die Jahre 1995 bis 2000)13 betraut mit folgendem Resultat: Die Täter waren zu großen Teilen alkoholisiert und fast zur Hälfte bereits polizeibekannt: 30,5% empfinden „Feindschaft zur Polizei“ bzw. gegenüber dem Staat.

2 Ergebnisse zum Ansehen der Polizei nach der Bochum IV-Studie


Mit dem Ansehen der Polizei in der Bevölkerung haben sich z.B. auch eine Reihe von Dunkelfeldbefragungen beschäftigt, die seit 2013 die nördlichen Landeskriminalämter Schleswig-Holstein14, Niedersachsen15 und Mecklenburg-Vorpommern16 initiiert haben. Im Flächenstaat Nordrhein-Westfalen sind solche Projekte seit Mitte der 1970er Jahre insbesondere an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) vom Lehrstuhl für Kriminologie durchgeführt worden, und zwar im zeitlichen Abstand von jeweils rund 12 Jahren: Bochum I 197817, Bochum II 198918 und Bochum III 200119. Man kann also vergleichen und prüfen, ob das Ansehen der Polizei abnimmt und womit das zu tun hat. Die Ergebnisse der Bochum IV Online-Befragung (2015/2016) sind 2018 publiziert worden; einige sollen in diesem Beitrag kurz beschrieben werden.20


2.1 Vermuteter Ruf der Polizei in der Bevölkerung

In der Bochum IV-Untersuchung wurde zunächst nach dem vermuteten „Ruf der Polizei in der Bevölkerung“ gefragt (vgl. Übersicht 1):



Aus der Übersicht 1 ergibt sich, dass über die Hälfte der im Jahr 2016 in Bochum Befragten (17,3 plus 35,5% = 52,8%) davon ausgehen, dass die Polizei immer noch über einen (eher) guten Ruf verfügt.

Das zeigt auch der Zeitvergleich (vgl. Übersicht 2).

 

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