Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

 

das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu und vor Ihnen liegt bereits die Weihnachtsausgabe der Fachzeitschrift „Die Kriminalpolizei“, in der wir einen besonderen Schwerpunkt auf die international agierende Klimaschutzbewegung legen.


Die Notwendigkeit weltweiter Maßnahmen zur Verhinderung der schlimmsten Folgen der bestehenden Klimakrise wird dabei niemand ernsthaft bestreiten können. Mit zum Teil neuen Protestformen überschreiten Teile der Bewegung allerdings gegenwärtig die zulässige Grenze deutlich. Sie blockieren den Straßen-, Bahn-, Schiffs- und Flugverkehr, verunstalten Häuserfassaden, öffentliche Einrichtungen, Fahrzeuge und Kunstwerke durch Farbsprühaktionen, besetzen Flugplätze, Bahnhöfe, Hafenanlagen sowie sonstige Grundflächen und setzen sich damit nicht nur über die Normen des Strafgesetzbuches, sondern auch über die Grundrechtspositionen anderer Menschen hinweg.


Dr. Udo Baron geht in diesem Kontext linksextremistischen Einflussversuchen auf die Klimaschutzbewegung nach und wirft zudem die Frage auf, ob sich die verschiedenen Akteure weiter radikalisieren und unter Umständen in Richtung eines neuen „Ökoextremismus“ entwickeln könnten. Unser Autor ist seit 2008 Referent für den Bereich Linksextremismus und seit 2021 auch für den Bereich Extremismus mit Auslandsbezug im niedersächsischen Verfassungsschutz. Darauf aufbauend setzt sich Prof. Dr. Dennis Bock mit der strafrechtlichen Relevanz von Protestaktionen der Bewegung auseinander. Dabei geht es unter anderem auch darum, ob im Einzelfall bereits der Tatbestand des § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen) erfüllt sein könnte. Dennis Bock ist Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Internationales Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie Direktor des dortigen Instituts für Kriminalwissenschaften. Den Beitrag hat er gemeinsam mit dem an seinem Lehrstuhl tätigen studentischen Mitarbeiter Benjamin Mischke erstellt. Mit der polizeitaktischen Lagebewältigung beim Auftreten sog. „Klimakleber“ beschäftigt sich sodann Frank Ritter. Der Leitende Polizeidirektor ist stellvertretender Leiter der Polizeidirektion Itzehoe und durch seine Tätigkeiten als ehemaliger Einsatzreferent der Landespolizei Schleswig-Holstein und Lehrbeauftragter für das Einsatzmanagement sowie verschiedene Publikationen einem breiten Fachpublikum bekannt.


Daneben geht es in der vorliegenden Ausgabe 4/2023 aber auch um andere relevante Themen.


Dr. Sören Pansa, Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein, und Dr. Felix Doege, Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel, nehmen zum Einsatz von Vertrauenspersonen im Lichte einer Entscheidung des BGH vom 15.2.2023 (2 StR 270/22) Stellung. Dabei gehen sie auf Aspekte wie die rechtsstaatswidrige Tatprovokation, eine Missachtung der begrenzenden Regelungen aus §§ 110a ff. StPO und § 163a Abs. 4 i.V.m. § 136 Abs. 1 bzw. § 136a Abs. 1 StPO, die beweisrechtlichen Schwierigkeiten infolge einer Sperrerklärung sowie insbesondere das Konfrontationsrecht als Mindestgarantie eines fairen Verfahrens ein. In ihrem Befund stellen die Autoren fest, dass der Rückgriff auf die Rechtsfigur der Vertrauensperson im Einzelfall durchaus eine wirkungsvolle Maßnahme zur Beweisgewinnung darstellen kann. Die höchstrichterlich entwickelten Grenzen bilden lediglich einen Rahmen, der genug Entscheidungsmöglichkeiten einräumt, um sich effektiv im kriminellen Milieu bewegen zu können.


Im zweiten Teil ihres Fachbeitrages stellt KOK`in Julia Luther die Möglichkeiten und Grenzen strafprozessualer Maßnahmen gegen Kinder als Adressaten hoheitlicher Eingriffsakte dar. Dabei kommt die Juristin und Sachbearbeiterin beim Landeskriminalamt Schleswig-Holstein berechtigt zur Feststellung, dass Kinder niemals Beschuldigte im juristischen Sinne sein können.


In weiteren Aufsätzen geht es um die vielbeachtete Entscheidung des BVerfG vom 9.12.2022 (1 BvR 1345/21) zum allgemeinen Polizeirecht des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die Zukunft der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung im Deliktsfeld der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und die im Koalitionsvertrag 2023-2026 für Berlin vorgesehene Ausweitung hoheitlicher Eingriffsbefugnisse. Als Autoren für diese Beiträge konnten unter anderem LPD Dirk Staack und KOK Lasse Stock-Dähling sowie KHK Lars Elsebach gewonnen werden.


Eine strafrechtliche Rechtsprechungsübersicht, Aktuelles aus dem Netz, Buchbesprechungen und gewerkschaftspolitische Nachrichten runden unsere Zeitschrift schließlich wie gewohnt ab.


Liebe Leserinnen und Leser, wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und sind auf Ihre Rückmeldungen gespannt. Zugleich wünschen wir Ihnen und Ihren Familien ein besinnliches Weihnachtsfest, einige erholsame Tage zwischen den Jahren sowie ein glückliches, erfolgreiches und gesundes Jahr 2024. Wir freuen uns auf den weiteren Austausch mit Ihnen.


Für das Redaktionsteam


Ihr


Hartmut Brenneisen