Wortbedeutung und -verwendung
„Kavaliersdelikt“ ist ein Begriff, der nur umgangssprachlich verwendet wird. Er kommt im Gesetz als solcher nicht vor. Als Kavaliersdelikt werden Straftaten bezeichnet, die von der Allgemeinheit oder zumindest von bestimmten Personengruppen als moralisch vertretbarer oder legitimer Gesetzesverstoß akzeptiert oder zum Teil sogar befürwortet werden. Häufig wird das Kavaliersdelikt mit dem Bagatelldelikt gleichgesetzt. Das Empfinden, ob es sich bei einer strafbaren Handlung um ein Kavaliersdelikt handelt oder nicht, ist zeitlichen und gesellschaftlichen Schwankungen unterworfen. Gegenwärtig betrachten viele Menschen beispielsweise Urheberrechtsverletzungen und Internetpiraterie als Kavaliersdelikte. Auch falsche Angaben in Steuererklärungen oder das Schwarzfahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln werden trotz Verbot als weniger schwerwiegende Tat eingeschätzt.
Schaden entsteht erst in der Summe
Kavaliersdelikte werden oft nicht als Straftat empfunden, weil sie im Einzelnen meist keinen größeren Schaden anrichten. Im Vergleich zu anderen Delikten trifft den Täter oder die Täterin nur eine geringe Schuld. Dabei wird jedoch übersehen, dass Kavaliersdelikte in der Summe schwerwiegende Folgen haben können – sowohl für die Täterin oder den Täter als auch für die Allgemeinheit. Ein Beispiel: Eine überhöhte Geschwindigkeit im Straßenverkehr wird von der Gesellschaft häufig als privates Interesse interpretiert und akzeptiert. In der Praxis hat das Rasen jedoch folgenschwere Konsequenzen. Nach Angaben des Statistischen Bundeamts zählt die überhöhte Geschwindigkeit in Deutschland zu den häufigsten Ursachen bei Unfällen mit Personenschaden. Allein im Jahr 2015 sind 1.192 Menschen bei Geschwindigkeitsunfällen ums Leben gekommen. Das bedeutet, dass es sich bei etwa jedem dritten Unfall mit Todesfolge um einen Raserunfall gehandelt hat.