Polizei

Unbemannte Luftfahrtsysteme im Polizeieinsatz

Von PD Frank Ritter und PHK Hauke Denker, Itzehoe/Kiel

 

1 Der Begriff „ULS“

 

„Wat is’n Dampfmaschin‘? Da stell mer uns ma janz dumm…“, so der legendäre Unterrichtsbeginn von Professor Bömmel in der „Feuerzangenbowle“. Unsere Frage muss lauten: „Was ist ein ULS?“ und wir wollen, unter Umgehung des Dummstellens, die relevanten Antworten geben. ULS kürzt den Begriff „Unbemanntes Luftfahrtsystem“ ab. Ob diese Wortschöpfung unter modernen Gender-Gesichtspunkten richtig gewählt ist, sei dahingestellt2. Zuweilen taucht im Schrifttum auch das Kürzel UAS auf, was lediglich die englische Variante des „Unmanned Aircraft-System“ darstellt3. Deutlich häufiger und im gesellschaftlichen Sprachgebrauch etabliert ist allerdings der Begriff der „Drohne“. Um eine Abgrenzung zum militärischen Vokabular zu erreichen, insbesondere aber um die Assoziation zu einer ggf. todbringenden Waffe zu vermeiden, hatte die Polizei mancherorts zunächst von diesem Wort Abstand nehmen wollen. Neben der offiziellen Bezeichnung hat die Polizei den Begriff der Drohne nunmehr jedoch in ihr Vokabelheft übernommen. Die Thematik Polizei-Drohne ist zwar noch jung, aber keineswegs neu. Da es eine dynamische Entwicklung in der Technik, der operativen Verfügbarkeit, der taktischen Möglichkeiten und – bedingt – der Rechtslage gibt, bleibt eine fortlaufende Betrachtung so notwendig wie interessant. Gleichwohl lässt die Komplexität dieses Themas hier zwangsläufig nur einen Überblick zu. Drohnen sind durch die EU-VO 945/2019 in fünf Kategorien bzw. Klassen eingeteilt (C0 bis C4). Diese Einteilung erfolgt ausgehend vom jeweiligen Risiko (Gewicht, Geschwindigkeit, Sicherheitssysteme, maximale Flughöhe). Je nach Klassifizierung werden unterschiedliche Auflagen erteilt, z.B. zur Registrierungspflicht, zur elektronischen ID oder zu „Führerscheinen“ (siehe auch Abschnitt 4 - Anforderungen an das Drohnenpersonal). Die Zuordnung der der Risikoklasse erfolgt durch den Hersteller, der eine entsprechende Akkreditierung bei der DAkkS (Deutsche Akkreditierungsstelle) erlangt haben muss. Die Kennzeichnung muss gut sichtbar am ULS angebracht sein. Von einem SYSTEM ist die Rede, weil es aus zwei Komponenten besteht, nämlich der Kontroll- oder Steuerungseinheit (also dem Controller bzw. der Fernbedienung) und dem eigentlichen Fluggerät.

 

 

2 ULS-Einsatzmöglichkeiten im Polizeidienst

 

Das reine Aufsteigen- und Fliegenlassen von ULS – ohne Zusatzgeräte – möge dem Freizeit- oder Sportvergnügen zugerechnet werden, verfolgt aber keinerlei polizeitaktische Ziele. Der polizeiliche Mehrwert von ULS entfaltet sich erst in der besonderen Auftragslage sowie in der Kombination mit zusätzlichem Equipment. Grundsätzlich sind vier verschiedene Drohnenziele denkbar: Der Transport von Sachen, der Einsatz der Drohne als Waffe, die Einwirkung auf andere ULS (die unberechtigt oder mit bedrohlichen Absichten durch Dritte geführt werden) sowie die Kamerabildübertragung aus der Luft. Allein die beiden Letztgenannten stehen derzeit im Fokus der polizeilichen Nutzung.


ULS sind Luftfahrzeuge im Sinne des § 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG). Beim Einsatz gelten die gesetzlichen Regeln der entsprechenden EU-Verordnungen, des LuftVG, der LuftVO und der LuftVZO (siehe auch Abschnitt 3 – ULS-Regelwerk).


Nach der EU-VO 947/2019 erfolgt der Drohnenbetrieb in drei – nach möglichen Risiken abgestuften – Kategorien: Dem offenen, dem spezifischen und dem zertifizierten ULS-Flug. Hierbei stellt der offene Flug ein eher geringes Risiko dar, während es für den spezifischen ULS-Einsatz einer individuellen Einzelerlaubnis der Luftfahrtbehörde oder zertifizierter Betriebshandbücher bedarf. In diesen müssen detailliert Betriebsabläufe, beabsichtigte Einsatzszenarien, damit verbundene Risiken und Maßnahmen zur Risikominimierung beschrieben werden (z.B. bei risikoreicheren Flügen mit unterschreitenden Mindestabständen zu kritischen Einrichtungen, bei Flügen oberhalb von 120 Metern oder bei Fluggeräten mit einem Gewicht von mehr als 25 kg). „Certified flights“ erfolgen durch ULS, die wie ein reguläres Flugzeug zugelassen werden müssten, etwa „Drohnen-Taxis“. Hierzu sind aktuell allerdings keine Zulassungsverfahren bekannt.


Polizeidrohnen werden grundsätzlich im offenen Drohnenbetrieb eingesetzt. Sie dienen insbesondere4

 

  • der Aufklärung und Lageerkundung bei polizeilichen AAO- und BAO-Einsatzlagen (für Versammlungslagen gelten besondere Regeln – vgl. Abschnitt 6 - ULS bei Versammlungen),
  • der Fertigung von Übersichtsaufnahmen von Tat-, Schadens-, Unfall- und Einsatzorten zur Unterstützung der Einsatzbewältigung, der Ermittlungsführung (z.B. bei Brandermittlungen oder bei Kapitalverbrechen) sowie der Dokumentation,
  • der Suche von Personen (Vermisste oder Flüchtende), ggf. unterstützt durch besondere Kameratypen (Nachtsichtgeräte, Wärmebildkameras5),
  • der Erstellung von Bild- und Filmaufnahmen zur Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit,
  • der Unterstützung von Verkehrsüberwachungsaufgaben (Abstandsmessungen) sowie
  • der Aus- und Fortbildung im Rahmen von polizeilichen Übungslagen (PDV 230).


Einsetzbar wären Polizei-ULS zudem auch bei der Intervention gegen nicht einzuschätzende Fremddrohnen bzw. einer konkreten Gefährdung von Personen oder Objekten (siehe auch Ziff. 5 – EA Luft in BAO-Lagen).

 


Abb. 1: ULS-Aufklärung anlässlich des G7-AM-Gipfels 2022 (BAO Casablanca).

 

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