Herausforderungen in der Fallbearbeitung
Von KOK Jan Schmidt, Kiel
Hintergrund für die steigenden Deliktszahlen und schwierigeren Verfahren seien unter anderem sog. NCMEC-Fälle (National Center For Missing & Exploited Children). Es handelt sich bei NCMEC um eine amerikanische private gemeinnütze Organisation, welche Verdachtsfälle von Kinderpornographie an das BKA melde und zudem Fälle von vermissten oder ausgebeuteten Kindern bearbeite. Die Zahlen der Meldungen hätten sich auch hier von 6.000 im Jahr 2014 auf 79.000 im Jahr 2021 gesteigert. Die Zuweisung der NCMEC-Fälle an die LKÄ erfolge dann durch das BKA. Zusätzlich seien die Speichermengen um ein Vielfaches größer geworden, was die Zeit erkläre, die für die Auswertung benötigt werde. Fraglich sei auch noch, wie sich die Gesetzgebung auswirke, die Telemediendienstanbieter dazu verpflichten werde, strafrechtlich möglicherweise relevante Hinweise an das BKA zu melden. Derzeit sei die Meldepflicht nach NetzDG jedoch aufgrund von Konflikten mit dem EU-Recht noch nicht anwendbar.
Ähnlich wie KD Esser zeigte auch KOR Oeffner das Problem des Gefahrenüberhanges auf. Hinter jedem Bild oder Video könne sich ein anhaltender Kindesmissbrauch verbergen, weshalb die Auswertung eben auch so wichtig sei. Daneben sei die eigentliche Arbeit kaum noch zu schaffen. Es würden dringend weitere Stellen für Ermittler und digitale Forensiker im Bereich Kinderpornographie benötigt werden, um der Auswertung Herr zu werden. Die in Schleswig-Holstein eingeführte KI „GriffEye Brain“ filtere aus Speichermedien die kinderpornographischen Inhalte zwar heraus, jedoch sei die erhoffte Arbeitserleichterung noch nicht eingetreten. Einen Menschen werde die KI allerdings nie ersetzen können, dennoch sei sie der beste Ansatz für steigende Fallzahlen. Ohne diese KI zur Bearbeitung sei die Bearbeitung der Verfahren nicht mehr leistbar. Die KI „GriffEye Brain“ des schwedischen Herstellers Griffeye Technologies sei mittlerweile in Schleswig-Holstein flächendeckend im Einsatz. Ein bundeseinheitliches Vorgehen bzgl. Des Einsatzes von KI gebe es dabei noch nicht.
5 Workshops und Podiumsdiskussion
Im Anschluss an die Vorträge erfolgte in mehreren Workshops der Austausch der Tagungsteilnehmer untereinander, um den Ist-Zustand herauszustellen und Vorschläge zur Beseitigung von Missständen sowie eine Steigerung der Arbeitsplatzqualität zu benennen.
Am Nachmittag erfolgte dann eine Podiumsdiskussion unter Beteiligung politischer Parteien (CDU, SPD, Grüne und SSW) sowie der GdP Schleswig-Holstein. Seitens der Politiker wurde die Wichtigkeit der Arbeit herausgestellt und die Absicht erklärt, sich in der nun folgenden Legislaturperiode (die Veranstaltung fand kurz nach der Landtagswahl statt) der Problematiken annehmen zu wollen. Auch die Frage, ob die Auswertung immer durch die Polizei erfolgen müsse, wurde seitens eines Politikers aufgeworfen. Die GdP hob die Wichtigkeit der Wertschätzung für die Ermittler hervor und forderte ein, die Bekämpfung der Kinderpornographie zu einem Schwerpunktthema innenpolitischen Handelns zu machen.
6 Entwicklung eines Positionspapiers
Im Anschluss an die Veranstaltung resümierte der Landesfachausschuss Kriminalpolizei Schleswig-Holstein gemeinsam mit dem Geschäftsführenden Landesvorstand der GdP und entwickelte das Positionspapier „Kindesmissbrauch“. In diesem werden vier Bereiche skizziert, welche nach Ansicht der Gewerkschaft der Bearbeitung bedürfen:
- Ausreichende personelle Ausstattung im Bereich der Bekämpfung von Kinder- und Jugendpornographie sowohl bei der Polizei als auch in der Justiz
- Sächliche Ausstattung auf einem stets aktuell gehaltenen Technikstand sowie die zugehörige Aus- und Fortbildung
- Individuelles Gesundheitsfür- und –nachsorgeangebot entsprechend des Bedarfes für die Sachbearbeiter und Führungskräfte
- Echte Wertschätzung der Arbeit der Ermittler und öffentliches Bekennen des Themas „Kinderpornographie“ als Schwerpunktthema polizeilicher Arbeit
- Das Positionspapier kann auf der Internetseite der GdP Schleswig-Holstein (https://t1p.de/3xpnb) abgerufen werden.
Anmerkungen
Der Autor ist als Kriminaloberkommissar im Kommissariat 16 (Kriminaldauerdienst) der FI I der Bezirkskriminalinspektion Kiel tätig. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Landesfachausschusses Kriminalpolizei der GdP Schleswig-Holstein.
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