Editorial

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,


das Jahr neigt sich dem Ende zu und vor Ihnen liegt mit dem Heft 4/2022 bereits die Weihnachtsausgabe der „Kriminalpolizei“.

 

In den zurückliegenden Monaten hat uns die Coronakrise weiter beschäftigt, wenngleich die Gefahren der Pandemie insbesondere durch den menschenverachtenden russischen Angriffskrieg in der Ukraine sowie die damit verbundenen und die gesamte Welt treffenden Auswirkungen in den Hintergrund gedrängt wurden. Mit unserer Zeitschrift haben wir auch diese besondere Ausgangssituation berücksichtigt, denn dadurch ist die vielschichtige polizeiliche Aufgabenwahrnehmung unmittelbar beeinflusst worden.


In der letzten Ausgabe dieses Jahres geht es zunächst, thematisch aufbauend auf einem Fortsetzungsbeitrag in der „Kriminalpolizei“ 2/2021 und 3/2021, um das Sexualstrafrecht. Prof. Dr. Dennis Bock und Cathrin Lebro setzen sich mit den durch das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16.6.2021 (BGBl. I 2021, 1810 ff.) und punktuell durch das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 14.9.2021 (BGBl. I 2021, 4250 ff.) vorgenommenen Änderungen auseinander und sparen dabei nicht mit Kritik. In ihrem Fazit kommen die Autoren unter anderem zur Feststellung, dass der Gesetzgeber es bedauerlicherweise versäumt habe, die sorgfältig ausgearbeiteten Empfehlungen der eingesetzten Reformkommission umzusetzen, und stattdessen überwiegend auf eine generalpräventive Wirkung gesetzt habe, was unter Berücksichtigung vorliegender kriminalpolitischer Erkenntnisse äußerst zweifelhaft erscheine. Dennis Bock ist Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Internationales Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Direktor des dortigen Instituts für Kriminalwissenschaften sowie Richter am Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht. Der Beitrag ist gemeinsam mit der an seinem Lehrstuhl tätigen studentischen Mitarbeiterin Cathrin Lebro entstanden.


Zur Verwertbarkeit von Encrochat-Kommunikationsinhalten nehmen Dr. Sören Pansa und Dr. Marius Heller Stellung. Sören Pansa ist als Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein und Marius Heller als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel tätig. Die Autoren gehen dabei insbesondere auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2.3.2022 (5 StR 457/21) ein, in der in diesem Kontext ausdrücklich kein Beweisverwertungsverbot aus rechtshilfespezifischen Gründen, nationalem Verfassungsrecht sowie den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) festgestellt worden ist. Zudem gehen sie davon aus, dass sich die inzwischen herausgebildeten Handlungsroutinen in Zukunft auch für die Auswertung erlangter Daten aus mit Encrochat vergleichbaren Krypto-Netzwerken wie „SkyECC“ und „ANOM“ als nützlich erweisen dürften. Angesichts der wegweisenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürften wohl der Verwertbarkeit auch dieser Daten keine Bedenken entgegenstehen.


Der in der Abteilung 3 (Staatsschutz) des Landeskriminal-amtes Schleswig-Holstein tätige KK Lasse Dähling beschäftigt sich mit der Implementierung der Rechtsfigur des Verdeckten Ermittlers in das allgemeine Polizeirecht des Landes Schleswig-Holstein durch Gesetzesänderung vom 26.2.2021 (GVOBl. 2021, 222). Mit der überfälligen Einfügung des § 185 Abs. 1 Nr. 3 LVwG SH sind nunmehr auch hier Datenerhebungsmaßnahmen durch den Einsatz von Polizeivollzugsbeamten unter einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten Legende möglich. Berechtigt weist der Autor jedoch auch darauf hin, dass es im Zuge einer anzustrebenden Harmonisierung der hoheitlichen Befugnisnormen wünschenswert gewesen wäre, sowohl inhaltlich als auch systematisch-redaktionell im Gleichklang mit den Gefahrenabwehrgesetzen anderer Länder vorzugehen. Im Einzelfall eingebrachte Hinweise auf die „Wesensmerkmale des (Sicherheits-)Föderalismus“ greifen in diesem Zusammenhang erkennbar zu kurz.


Weitere Fachbeiträge setzen sich mit dem Verzicht auf die öffentliche Ordnung im bereichsspezifischen Versammlungsrecht, den Herausforderungen bei der Anwendung kindgerechter Kriterien für das Strafverfahren, der Prävention von Delikten im Sinne des § 184b StGB, der Cyberkriminalität und den Risiken der digitalen Sphäre sowie der Virtualisierung und Meinungsbildung in der rechtsextremistischen Szene auseinander. Für die Bearbeitung dieser Themen konnten unter anderem Prof. Michael Knape, Josefine Barbaric, PD a.D. Rainer Becker und Prof. Dr. Mirko Faber, Dr. Viktoria Schäfer und Dr. Yvonne Zimmermann sowie RA Marcel Auber gewonnen werden.


Ein Grußwort des neu gewählten Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, eine strafrechtliche Rechtsprechungsübersicht, Aktuelles aus dem Netz und Rezensionen runden unsere Zeitschrift schließlich ab.


Liebe Leserinnen und Leser, wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und sind auf Ihre Rückmeldungen gespannt. Zugleich wünschen wir Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weihnachtsfest, einige erholsame Tage zwischen den Jahren sowie ein glückliches, erfolgreiches und gesundes Jahr 2023. Wir hoffen auf ruhigere Zeiten und freuen uns auf den weiteren Austausch mit Ihnen.


Für das Redaktionsteam


Ihr


Hartmut Brenneisen