Kriminalitätsbekämpfung

„Umweltschutz ist wichtig“ – Die Arbeit des Referats E23

Von PHK Peter Berg, Hamburg*


Nachdem alle erforderlichen Unterlagen zusammengetragen wurden, ist der Kontrolleinsatz noch lange nicht beendet. Es bleiben nach wie vor die Bereiche Maschinenraum, Schiffsmüll, Schiffsabwasser, Emission und vor allem der Ballastwasserpart. Diese recht neue Regelung in der internationalen Schifffahrt führt immer wieder zu Feststellungen mit anschließenden Ahndungen. Seit vielen Jahren leidet unser Meeresraum in Nord- und Ostsee unter den mit dem Ballastwasser der internationalen Schifffahrt eingeschleppten invasiven Arten. Seit einigen Jahren greift hier die Regelung zur Behandlung bzw. zum Austausch des Ballastwassers während der Fahrt. Gerade zu Beginn der Rechtskraft solcher Übereinkommen stellen diese die Schiffsbesatzungen vor große Probleme; und dies nicht selten aufgrund unterschiedlicher Auslegungen in den jeweiligen Ländern und Häfen. „Internationale Übereinkommen müssen reifen“, nichts trifft die Situation so genau wie diese Aussage, die man eigentlich eher von Winzern kennt. Aber da beim Entwurf, der Annahme bis hin zur Umsetzung von Vorschriften in der internationalen Schifffahrt teilweise 10 bis 20 Jahre vergehen, kommt es nicht selten vor, dass Seeleute den Überblick über die von ihnen einzuhaltenden Vorschriften verlieren.

 


Abb 3: Screenshot, der den Nachweis einer "Verklappungsfahrt“ belegt.


Am heutigen Tag jedoch haben die Beamten zu den Themen Schiffsmüll, Ballastwasser und zum Umgang mit Rückständen aus dem Maschinenraum nichts zu beanstanden. Allerdings hat einer der Kollegen aufgrund seiner Spezialkenntnisse eine Vorahnung hinsichtlich der Abwasserbehandlungsanlage. Nicht selten werden diese Anlagen an Bord der Schiffe etwas stiefmütterlich behandelt. Im Ergebnis führt das dann dazu, dass fäkales Schiffsabwässer ungeklärt ins Meer eingeleitet wird. Sehr zum Leidwesen der Meeresumwelt, Stichwort Überdüngung und daraus resultierende Blaualgenblüte, aber auch zum Nachteil der Badegäste an Nord- und Ostsee.


Der geschulte Beamte weiß genau worauf er achten muss und wie er sich selbst schützt. Arbeitsschutz ist nicht nur beim Umgang mit giftigen Stoffen oder gefährlichen Gerätschaften von großer Bedeutung, sondern gerade auch in Bereichen des täglichen Lebens. So auch bei der Arbeit an den „Sewage-Anlagen“. Also heißt es Schutzkleidung anlegen.


Angesagt ist in diesen Fällen ohnehin, dass nur die Besatzung schraubt und öffnet. Auch die Probenentnahme wird unter strenger Beachtung der Hygienevorschriften durchgeführt. Bis auf die Desinfektion des geklärten Abwassers, die in der Seeschifffahrt vorgeschrieben ist, ist jedoch auch hier nichts Schwerwiegendes zu beanstanden, handelt es sich hierbei doch lediglich um eine kleine Nachlässigkeit der Maschinenraumbesatzung.

 


Abb. 4: Abwasserbehandlungsanlage.


Ganz anders sah die Sache mit dem Schiffsabwasser vor einigen Tagen in einem anderen Hafenteil Bremens aus. Hier trafen die Sachbearbeiter der maritimen Umweltüberwachung auf ein Schiff, das aufgrund fehlender Charterverträge für längere Zeit „aufgelegt“ wurde. So nennt man es, wenn Schiffe aufgrund fehlender Ladung „geparkt“ werden. Dieses Schiff lag inzwischen seit mehr zwei Monaten im Hafen und es galt zu überprüfen, wie denn mit dem Schiffsabwasser, das die an Bord verbliebenen ukrainischen Besatzungsmitglieder produziert hatten, umgegangen wurde. Aus der „Aufliegegenehmigung“ des Hafenamtes war zu entnehmen, dass während der gesamten Liegezeit entweder eine funktionstüchtige Abwasserbehandlungsanlage ständig in Betrieb sein muss oder dass in einem Abwassertank gesammelte Abwässer aus Toiletten, Duschen und Waschbecken in entsprechenden Abständen an Land zu entsorgen ist. Beides wäre durchaus möglich gewesen, jedoch fanden die Beamten eine ganz andere Situation vor. Die Abwasserbehandlungsanlage war außer Betrieb gesetzt worden, was nach kürzester Zeit zum sog. „Umkippen“ der Kläratmosphäre in der Anlage führt, und in dem hier zu verwendenden Abwasserhaltetank befanden sich lediglich knapp 250 Liter Rückstände und das bei einem rechnerischen täglichen Anfall von ca. 75 bis 125 Liter pro Besatzungsmitglied. Der an Bord verantwortliche Seemann konnte lediglich erklären, dass die Anlage schon vor dem Einlaufen des Schiffes in den Hafen von Bremen nicht mehr in Betrieb war und zum Füllstand des Haltetanks und den erforderlichen Abgaben verwies er auf seinen Reeder. Berechnungen der Umweltermittler ergaben, dass mindestens 48.000 Liter fäkales Abwasser auf ungeklärten Wegen das Schiff verlassen hatten. Ein weder in der Menge noch in der Art und Konsistenz zu akzeptierender Vorgang.


Obwohl die Ermittlungen noch Monate andauerten, konnten die Beamten doch in einem Punkt mit einem guten Gefühl das Schiff verlassen: Eine weitere Gefahr für die Umwelt und speziell für die Weser war durch die Kontrolle abgewendet worden. Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft und der Hafenbehörde wurde dem Schiff und der Reederei auferlegt, den Abwasserstank regelmäßig an Land zu entsorgen, die Belege der Behörde vorzulegen und die Abwasserbehandlungsanlage wieder instand zu setzen. Hierdurch haben die für die maritime Umweltüberwachung zuständigen Mitarbeiter eine ihrer Hauptaufgaben, nämlich die Gefahrenabwehr, überzeugend erfüllt.

 

4 Zum Abschluss


Die verbleibende Zeit des Tages verbringen die Beamten mit der Berichterstattung sowie der Datenerfassung. Auch die Kontaktaufnahme mit den Kollegen in Frankreich will wohlformuliert sein. In den nächsten Tagen wird mehrfach der Adressat in Frankreich gewechselt und schließlich die WSP-Leitstelle in Cuxhaven um Unterstützung gebeten. Diese für die Aufgabenerfüllung so wichtige Stelle, die als Teil des Maritimen Sicherheitszentrums die Arbeit der Kollegen an den Dienststellen unterstützt, ist gut vernetzt. Nicht selten wird sie auch zum Auslöser umfangreicher Ermittlungen, überwacht sie doch im gemeinsamen Lagezentrum mit benachbarten Bundesbehörden den Seeraum und erhält somit als erste WSP-Dienststelle Kenntnis von Verunreinigungen und Schiffen mit auffälligen Kursen. Auch hier ist die Entwicklung in den letzten Jahren deutlich vorangeschritten. Neben den Überwachungsflugzeugen des Havariekommandos und den Hubschraubern der Bundespolizei erhalten die Leitstellenmitarbeiter immer häufiger Hinweise zu Verunreinigungen per Satellitenbilder. Über ein Recherchemodul lassen sich dann schnell möglicher Verursacher ermitteln und Aufträge an betroffene Dienststellen steuern.


Ähnlich wird mit Hinweise aus den sog. „Sniffer-Anlagen“ des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie verfahren. Diese Anlagen detektieren die Abgasfahnen vorbeifahrender Seeschiffe und geben Hinweise auf mögliche Verstöße bezüglich einzuhaltender Abgasgrenzwerte. Die durch Marpol und diverse Schwefelrichtlinien verschärften Abgasgrenzwerte führten in den letzten Jahren bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Luftqualität gerade auf vielbefahrenden Schifffahrtsrouten, wie der deutschen Bucht. Auch hier wird die maritime Umweltüberwachung auf Anforderung der zuständigen Behörden, aufgrund festgestellter Messergebnisse oder während ihrer Kontrollen im Rahmen des schifffahrtspolizeilichen Vollzuges tätig. Dann heißt es Proben vom Kraftstoff ziehen, Ersatzkraftstoffe und Reinigungssystem überprüfen und interne Aufschreibungen der Besatzung bzw. die Historie der Anlagen auslesen. Die unterschiedlichen Techniken der verschiedensten Hersteller von sog. „Scrubbern“ als Abgasreinigungsanlagen machen die Arbeit schwierig.


Gut, dass sich die Beamten in einem steten Austausch mit den Kollegen benachbarter Dienststellen bzw. anderer Bundesländer befinden und dadurch ihr Fachwissen im Interesse des Umweltschutzes vertiefen können. Im Ergebnis handelt es sich bei den Umweltermittlern der WSP um Spezialisten, die vom Dienstbeginn bis zum Dienstende die Philosophie „Umweltschutz ist wichtig“ leben.


Bildrechte: Autor.

 

Anmerkungen


* Peter Berg war viele Jahre im Bereich der maritimen Umweltüberwachung der WSP Bremen/Bremerhaven tätig und ist heute als Fachbereichsleiter Küste an der Wasserschutzpolizei-Schule Hamburg verantwortlich für die Aus- und Fortbildung der WSP-Beamten der Küstenländer. Er ist sowohl Schiffsbetriebstechniker wie auch Inhaber eines nautischen Befähigungszeugnisses und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich Umweltschutz. Vor Kurzem ist von ihm das Buch „Navigation für jedermann“ erschienen.

Seite: << zurück123