Umweltschutz als wasserschutzpolizeiliche Aufgabe
Von EPHK Uwe Jacobshagen, Hamburg
5 Luftverunreinigung durch Seeschiffe
Ein wichtiger und mit der Arbeit der Wasserschutzpolizei nicht immer in Zusammenhang gebrachte Bereich der Überwachung des Umweltschutzes stellt die Erforschung von Verstößen gegen die Vorschriften zur Reinhaltung der Luft dar. Neben den nationalen Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes und den damit verbundenen Verordnungen sind zahlreiche europäische und internationale Rechtsetzungen zum Schutz vor Luftverunreinigungen für die Schifffahrt zu beachten. Gerade die Seeschifffahrt stellt durch eine Vielzahl von Erlaubnistatbeständen das schwarze Schaf der Verkehrsträger dar. In der öffentlichen Diskussion zur Luftverunreinigung durch Dieselfahrzeuge auf den deutschen Straßen sind gerade die negativen Folgen der CO2- und Schwefel-Emissionen bekannt.
Während die Schwefelmenge im Kraftstoff für den Straßenverkehr und in der Binnenschifffahrt einen Anteil von 0,001%
nicht überschreiten darf, liegt der seit dem 1.1.2015 gültige Grenzwert für Schiffskraftstoff in den Schwefelkontrollgebieten (Sulphur Emission Control Area – SECA), wie der Nord- und Ostsee, mit 0,10% immer noch um das 100-fache höher. Laut dem Naturschutzbund Deutschland emittiert ein großes Kreuzfahrtschiff dieselbe Menge an Schadstoffen wie fünf Mio. PKW auf gleicher Strecke. So betrugen z.B. die Emissionen von Schwe-feldioxid (SO2) im Jahr 2012 bei einem Kreuzfahrtschiff 7500 KG
pro Tag, bei einem Pkw nur 0,00002 KG. Damit emittiert ein
Kreuzfahrtschiff soviel SO2 wie 376.030.220 Pkw.15
Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (International Maritime Organization – IMO) hat bereits 1973 im „Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe“ (MARPOL-Konvention; MARPOL 73/78) Umweltschutzauflagen für die Seeschifffahrt geregelt. In sechs Anlagen sind Regelungen bezüglich der Verhütung der Verschmutzung durch Öl (Anlage I), schädliche flüssige Stoffe (Anlage II), Schadstoffe in verpackter Form (Anlage III), Abwasser (Anlage IV), Schiffsmüll (Anlage V) sowie zur Luftverunreinigung durch Seeschiffe (Anlage VI) enthalten. Die in der Anlage VI enthaltenen Anforderungen an die Luftschadstoffe umfassen bislang nur Vorgaben für Schwefeloxid- (SOx) und Stickoxidemissionen (NOx) sowie Regelungen bezüglich der Energieeffizienz.
Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation traf im Oktober 2016 auf der Sitzung des Meeresumweltausschusses (MEPC) wichtige Entscheidungen zum maritimen Umweltschutz. Das BSH führt die Umsetzung begleitende Forschungsprojekte durch, deren Ergebnisse auf internationaler Ebene eingebracht werden. Eins dieser Forschungsprojekte ist MesMarT (Messung von Schiffsemissionen in der marinen Troposphäre), das durch das Institut für Umweltphysik der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern durchgeführt wird. Als Ziele des Projekts wurden definiert:
- Welche Messmethoden eignen sich zur Erfassung der Schiffsemissionen?
- Welchen Einfluss haben Schiffsemissionen auf die Luftqualität?
- Validierung eines Chemie-Transportmodelles des Helmholtz-Zentrums Geesthacht – Wie effektiv sind langfristig die gültigen und zukünftigen Regulierungen?
- Wie kann die Einhaltung emissionsmindernder Regelungen effektiv überwacht werden?
- Methode zur Bestimmung des Schwefelgehaltes in Schifftreibstoffen
- Verbesserung der Luftqualität in Häfen und in Küstennähe.
So lagen z.B. im Januar und Februar 2015 die Treibstoff-Schwefelgehalte der meisten erfassten Schiffe (92–96% von 625 Abgasfahnen) unter dem MARPOL VI Grenzwert von 0,1% S (in SECA-Zonen). Fernerkundungsmethoden ermöglichen NO2- und SO2-Messungen unabhängig von der Windrichtung sowie Informationen über die Ausbreitung der Abgaswolke (mangels korrespondierender CO2-Messergebnisse kann damit die Schwefelgehaltsberechnung allerdings nur über ein Emissionsmodell erfolgen). Beide Methoden in Kombination können den Wasserschutzpolizeien der norddeutschen Bundesländer helfen, effektiver individuelle Schiffskontrollen nach MARPOL VI durchzuführen.
6 Polizeiliche Kontrollen
Ein Zitat, das Benjamin Franklin zugeschrieben wird lautet: „Wenn der Brunnen ausgetrocknet ist, erkennen wir den Wert des Wassers.“ Um das Versiegen unserer Brunnen zu vermeiden bedarf es eines verlässlichen Partners für das Umweltmedium Wasser und alle anderen Umweltmedien (Luft, Boden).
Die Wasserschutzpolizeien der Bundesländer werden in der Öffentlichkeit gerne als Umweltschutzpolizei wahrgenommen. Tatsächlich hat der Bund den größten Teil seiner Aufgaben auf dem Gebiet des Umweltschutzes den Wasserschutzpolizeien der Länder übertragen und diese durch Vereinbarungen (BLV/BLZV16) für zuständig erklärt. Als Exekutive kontrollieren die Beamten der Wasserschutzpolizeien so die Einhaltung der einschlägigen internationalen Verträge, der europäischen Verordnungen und der nationalen Rechtsetzungen. Diese Aufgaben sind mittlerweile so umfassend, dass sich Kontrollbeamte auf dem Gebiet des Umweltschutzes spezialisieren mussten und so auch der Schifffahrtswirtschaft und den Behörden im Rahmen des Kooperationsprinzips als Ansprech- und Entscheidungspartner zur Verfügung stehen.
Die Süddeutsche Zeitung schrieb am 12.4.2017 „Umweltschutz ist wichtig, Autofahren ist wichtiger“.17 Der Umweltschutz steht in der Rangordnung der aktuell wichtigsten Probleme an dritter Stelle, hinter Zuwanderung und Kriminalität. Für die Seewirtschaft und damit die Schifffahrt gilt dann umso mehr „Umweltschutz ist wichtig – Schifffahrt auch“. Erreichbare Synergien können dazu führen, dass sowohl der Seehandel weiter floriert und gleichzeitig die Umwelt geschont wird. Um das Zusammenwirken von florierendem Seehandel und vernünftigem Umweltschutz gewährleisten zu können, ist es unumgänglich, dass Kontrollbeauftragte, wie die Wasserschutzpolizeien und Schifffahrtsbehörden, die erforderlichen Kontrollen in vernünftiger Quantität und möglichst hoher Qualität durchführen. Um diesen Standard zu erreichen und zu halten bedarf es einer qualifizierten Ausbildung und der ständigen Fortbildung. So können Kontrollorgane den Schifffahrtstreibenden auf Augenhöhe und somit als Partner entgegentreten. Und nur so erzielen angeordnete Ahndungen bei Verstößen, die sogar als Straftat belangt werden können, neben der Erfüllung des Haftungsgedanken auch eine erzieherische Wirkung, die weitere Verstöße und damit eine Verschlechterung der Umwelt minimiert.
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