Das neue Recht der Vermögensabschöpfung
Auswirkungen auf die tägliche Ermittlungsarbeit (Teil 3)
8.7 Sonderproblem: Belehrungspflichten bei späteren Vernehmungen?
Werden vorläufige Sicherungsmaßnahmen nach §§ 111b ff. StPO nicht durchgeführt, stellt sich die Frage, ob Polizei oder Staatsanwaltschaft bei der Vernehmung des Täters/Teilnehmers verpflichtet sind, diese auch zu einem beabsichtigten Einziehungsantrag anzuhören bzw. entsprechend zu belehren. Dies scheint unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs insbesondere dann geboten zu sein, wenn die Einziehungsentscheidung – je nach Höhe des Erlangten bzw. dessen Wert – einen deutlich massiveren Eingriff in das Vermögen darstellt als die (z.B. im Strafbefehl) beantragte Strafe. § 426 StPO, wonach mögliche Einziehungsbeteiligte – sofern ausführbar erscheinend – vorher zu hören ist, hilft hier nicht weiter. Dennoch: Nach der Legaldefinition des § 424 Abs. 1 StPO handelt es sich bei dem Beschuldigten gerade nicht um einen Einziehungsbeteiligten i.S.d. § 426 StPO. Zudem hilft der Erst-Recht-Schluss: Wenn schon eine Anhörungspflicht gegenüber Dritten nur dann vorgeschrieben ist, sofern dies ausführbar erscheint, muss dies erst recht bei dem Täter/Teilnehmer selbst gelten. Zudem hat der Gesetzgeber mit Inkrafttreten des neuen Vermögensabschöpfungsrechts zum 1.7.2017 zwar zahlreiche Verfahrensvorschriften angepasst. Hierzu zählen jedoch nicht die Vorschriften über die Vernehmung (§§ 163a Abs. 1 und Abs. 4, 136 Abs. 1 StPO). Auch Art. 6 Abs. 3 lit. c) EMRK dürfte mit Blick auf die Verfahrensvorschriften z.B. der §§ 111k Abs. 3, 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO gewahrt sein.
8.8 Prüfungsaufbau
Zusammengefasst ist eine vorläufige Sicherung von Gegenständen/Vermögenswerten – hier nur grob skizziert – unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
Anmerkungen
- Der Autor ist als Dezernent bei der Landeszentralstelle für Wein- und Lebensmittelstrafsachen der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach tätig; der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder.
- Die Kriminalpolizei 3/2018, 28 ff. und 4/2018, 25 ff.
- So AG Rudolstadt, Urt. v. 29.8.2017 – 312 Js 11104/17 (ZJJ 2018, 63); auch Eisenberg, JGG, 20. Aufl. § 6 Rn. 7.
- BGH, Urt. v. 21.11.2018 – 2 StR 262/18 (JurionRS 2018, 41559).
- BGH, Urt. v. 17.6.2010 – 4 StR 126/10-juris.
- LG Münster, Urt. v. 12.7.2018, BeckRS 2018, 16159; LG Trier, Urt. v. 27.9.2017 – 2a Ns 8031 Js 20631/16-juris.
- BGH, Beschl. v. 13.12.2018 – 5 StR 541/18 (JurionRS 2018, 43615).
- BGH, Beschl. v. 22.11.2018, 1 StR 325/18 (jurionRS 2018, 43512).
- So Reitemeier, a.a.O., S. 359.
- Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, Vorbem. zu §§ 111b ff. Rn. 1.
- Meyer-Goßner/Schmitt, § 111b Rn. 1.
- BT-Drs 18/9525, S. 49.
- Unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 17.4.2014 – wistra 2015, 348.
- BT-Drs, a.a.O., S. 75.
- Gercke, StPO § 111b Rn. 11.
- OLG Frankfurt, NStZ-RR 2004, 111.
- BVerfGE 96, 44 = NJW 97, 2165: Unzulässigkeit einer Vollstreckung spätestens nach Ablauf von 6 Monaten.
- Gercke, StPO § 111d Rn. 9.
- Dies – mit Blick auf den staatlichen Einziehungsanspruch – aus eigenem und nicht bloß (vom Verletzten) abgeleiteten Recht; funktionell zuständig ist der Rechtspfleger (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 RPflG).
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