Das deutsche Zweitregister und die Bareboat-Charter
Legale Wirtschaftskriminalität?
Ein Kauffahrteischiff ist somit ein Handelsschiff, das dem Transport von Waren und Fahrgästen gegen Entgelt dient, also auch Kreuzfahr- oder andere Passagierschiffe. Nicht dazu zählen jedoch andere Seeschiffe wie Fischereischiffe oder Ausbildungsschiffe.
Der Begriff Seeschiff ist rechtlich deutlich schwieriger zu definieren, da keine Legaldefinition existiert. In der Regel spricht man in Deutschland von einem Seeschiff, wenn das Schiff in ein Seeschiffsregister eingetragen und somit ein Schiffszertifikat ausgestellt wurde. Darüber hinaus wird als Seeschiff ein gewerblich genutztes Schiff angesehen, dass zwar nicht registriert wurde, weil es kleiner als 15 m ist, aber ein sogenanntes Flaggenzertifikat erhält. Für gewerblich genutzte Schiffe ist entweder ein Schiffszertifikat oder wahlweise ein Flaggenzertifikat vorgeschrieben. Auch Sportboote können im rechtlichen Sinne als Seeschiffe angesehen werden und unterliegen dann der Flaggenführungspflicht. Die Bedingungen dafür sind allerdings sehr eng gefasst und letztendlich an den subjektiven Willen des Eigners gebunden, wie das Bundesoberseeamt im Jahre 1988 festgestellt hat. Das Sportboot muss dafür tatsächlich geeignet sein, die Grenzen der Seefahrt zu überschreiten, zur Seefahrt vom Eigentümer bestimmt sein und die Grenze der Seefahrt tatsächlich regelmäßig (mindestens einmal im Jahr) überschreiten.
Jedoch führt die subjektive Bestimmtheit eines Sportbootes zur Seefahrt, die vom Willen des Eigentümers abhängt und jederzeit geändert werden kann, zu dem Ergebnis, dass Sportboote eben nicht als Seeschiffe angesehen werden können. Erst wenn diese Sportboote gewerblich genutzt werden und somit das Steuer-, Gewerbe- und Tarifrecht anzuwenden sind, lohnt ein genauer Blick auf die Flaggenführungspflicht.
Die Seeschiffe, welche somit die Bundesflagge zu führen haben, dürfen als Nationalflagge andere Flaggen nicht führen. Ausnahmen davon sind jedoch möglich, aber an definierte Bedingungen geknüpft.
3.1 Klassische Ausflaggung
Die Ausflaggung ist in der Schifffahrt der Wechsel der Nationalflagge, ohne dass sich die Eigentumsverhältnisse am Schiff ändern.
Der Wechsel in offene Schiffsregister wird aus verschiedenen Gründen durchgeführt, hauptsächlich wegen der Einsparung von Personalkosten. Die geringeren Heuern ergeben sich durch die zum
größten Teil geringere Besteuerung in den Billigflaggenstaaten, die geringere Lohnkosten bei den Reedereien erzeugen, aber auch durch meist geringere Sozialleistungen für die Besatzungsmitglieder. Darüber hinaus werden die Erträge des registrierten Schiffes in den Billigflaggenstaaten geringer oder gar nicht besteuert und es fallen häufig auch geringere Abgaben an. Die Besetzungsstandards eines Teils der Billigflaggenstaaten sind oft einfacher und damit kostengünstiger einzuhalten. Die Besetzungsordnungen10 der meisten Erstregisterstaaten wie Deutschland, die einen Standard für Zahl und Qualifikation der Besatzungsmitglieder festlegen, sind relativ streng. Zudem hat ein Reeder unter Billigflaggen weniger oder keine Einschränkungen bezüglich der Nationalität der Besatzung. Die Sicherheitsanforderungen und behördliche Überwachung vieler Billigflaggenstaaten sind geringer als in Erstregisterstaaten.
Seit dem Existieren von Billigflaggen wurde vor allem auf drei Themengebieten Kritik geübt: Schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Heuern, Verzerrung des Wettbewerbs und Mängel an Sicherheits- und Umweltstandards.
„Wer unter deutscher Flagge fährt, muss für die EU-Seeleute hohe Sozialversicherungsbeiträge bezahlen“, sagt ein Sprecher des Verbands Deutscher Reeder. „Bei anderen Flaggen fallen diese Kosten nicht an oder werden vom Staat getragen.“ Seefahrer sprechen von Billigflaggen.11
Um eine „Billigflagge“ zu nutzen, muss die Reederei meist zunächst eine Repräsentanz in dem gewünschten Land eröffnen. So ist es zum Beispiel in Liberia – einem Staat, in den deutsche Reeder besonders gerne ausflaggen, weil die Personalkosten dort niedrig sind und die Bürokratie unkompliziert ist. Um ein Schiff in Liberia zu registrieren, müssen Reeder erst eine Gesellschaft in dem Land eröffnen oder anerkennen lassen, heißt es auf der Website des liberianischen Schiffregisters. Diese Gesellschaften dienen lediglich der Registrierung und könnten, da sie wirtschaftlich nicht in Liberia aktiv sein dürfen, als legale Briekastenfirma bezeichnet werden, bestätigt ein Sprecher auf Anfrage.12
Vor allem die Crew hat durch das Ausflaggen mittels Offshore-Repräsentanz zahlreiche Nachteile. Es gilt zwar für alle Seeleute weltweit das sogenannte internationale Abkommen für Seearbeitsrecht (MLC). Doch die darin festgeschriebenen Mindeststandards können mit den Arbeitsbedingungen eines deutschen Seefahrers kaum konkurrieren. In Deutschland wurde das MLC durch ein Gesetz, das Seearbeitsgesetz, umgesetzt und mit empfindlichen Sanktionen bei Verstößen gegen die Arbeitsbedingungen auf See versehen.
3.2 Bareboat-Charter
Das BS13 kann dem Reeder oder Ausrüster eines im Schiffsregister eingetragenen Seeschiffes auf seinen Antrag für einen Zeitraum von längstens zwei Jahren genehmigen, dass das Schiff anstelle der Bundesflagge eine andere Nationalflagge führt, deren Führung nach dem maßgeblichen ausländischen Recht erlaubt ist (Ausflaggungsgenehmigung14). Für die Erteilung dieser Ausflaggungsgenehmigung muss jedoch nachgewiesen werden, dass die durch den Flaggenwechsel hervorgerufenen Nachteile für den Schifffahrtsstandort in Deutschland ausgeglichen wurden. Ein solcher Ausgleich ist erbracht, wenn sich der Antragsteller verpflichtet, während festgelegten Zeitraume15 mindestens einen Platz zur seefahrtbezogenen Ausbildung nach Maßgabe der Schiffsmechaniker-Ausbildungsverordnung oder der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur Ausführung der Schiffsoffizier- Ausbildungsverordnung herausgegebenen Richtlinien für die Anerkennung der praktischen Ausbildung und Seefahrtzeit als (a) nautischer/nautische Offiziersassistent/-in oder (b) technischer/technische Offiziersassistent/-in an Bord des ausgeflaggten Seeschiffes ständig besetzt zu halten.
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