Cybermobbing
Erscheinungsformen,Epidemiologie, Folgen, Prävention
3 Epidemiologische Daten
Im Jahr 2017 wurden offizielle Daten der OECD vorgestellt, die im Rahmen der Pisastudien des Jahres 2015 durchgeführt wurden. Unter anderem wurden in 35 Ländern weltweit die Prävalenzzahlen zu Mobbing an Schulen erhoben. Gefragt wurden 15-jährige Schüler der jeweiligen Länder. Im Durchschnitt der untersuchten OECD-Staaten hatten 18,7% der befragten Schüler Mobbing-Erfahrungen. In Deutschland lag die Prävalenzrate bei 15,7%. Am niedrigsten war die Rate in den Niederlanden mit 9,3%, am höchsten in asiatischen Staaten wie China (27,3%), Russland (27,5%) und Hongkong (32,3%). Für Deutschland bedeutet dies, dass jedes sechste Schulkind bereits Mobbing-Opfer war. Die OECD-Studie fragte nicht gezielt nach Cybermobbing. Dies erfolgte allerdings in der vom „Bündnis gegen Cybermobbing“ durchgeführten Cyberlife II-Studie.4 In dieser Studie wurden 1.924 Schülerinnen und Schüler in den Jahren 2016 und 2017 zu Erfahrungen mit Cybermobbing befragt. 13,2% der untersuchten Schüler gaben an, Opfer von Cyber-Mobbing gewesen zu sein. Da die Studie keine repräsentative Stichprobe hatte, sind Hochrechnungen problematisch. Nach Angaben des Deutschen Bundestages zu einer Mobbing-Anfrage (Drucksache 19/3468, S. 68 v. 19.7.2018) gibt es in Deutschland etwa 8,4 Millionen Schülerinnen und Schüler an insgesamt 33.493 Schulen. Die Studienautoren der Cyberlife-II-Studie5 machten trotz fehlender Repräsentativität Hochrechnungen und sprechen von 1,4 Millionen Schülerinnen und Schülern, die in Deutschland Opfer von Cybermobbing wurden. Die Ergebnisse der OECD-Studie und der Cyberlife-II-Studie haben einige Bundestagsabgeordnete veranlasst, eine Anfrage an den Deutschen Bundestag zu richten. Diese befindet sich in der bereits genannten Drucksache 19/3468 zum Thema „Wirksame Bekämpfung von Mobbing am Schulen“. Die Bundesregierung hat für entsprechende Anti-Mobbing-Projekte Finanzmittel von 20 Millionen Euro pro Jahr zugesagt.6
Das Smartphone kann zur Waffe werden.
4Online-Mobbing versus Aggression im realen Leben – Übergänge und Komplexität
Ein Großteil des Cybermobbings findet zwischen Jugendlichen statt. Es ist in vielen Fällen eine Form des Schulmobbings, das vom Pausenhof oder vom Klassenzimmer in den virtuellen Raum verlagert wurde. Cybermobbing und Mobbing im realen Leben schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern treten oft in Kombination auf. Ein wesentlicher Unterschied liegt darin, dass das Mobbingopfer im realen Leben wahrnehmen kann, welcher Mitschüler es beleidigt, beschimpft oder Lügen verbreitet. Einige der oben dargestellten Erscheinungsformen des Mobbings treten immer gemeinsam auf – sowohl online als auch reales Mobbing. Dies ist zum Beispiel beim Happyslapping der Fall. Es findet eine reale Körperverletzung statt, die dann gefilmt wird und online als Video verbreitet wird. Beim Cybergrooming ist die Reihenfolge umgekehrt: Der Erstkontakt findet online statt, der sexuelle Kindesmissbrauch im realen Leben.
5 Das Handy als Tatwaffe
Beim Cybermobbing wird das Internet zum Tatort und das Smartphone zur Waffe. Catarina Katzer forscht seit mehr als zehn Jahren intensiv über Cybermobbing.7 Sie war eine der ersten deutschen Psychologinnen, die über Cybermobbing promoviert hat. Der Titel ihrer Dissertationsschrift an der Universität Köln im Jahre 2007 lautet:8„Gefahr aus dem Netz – der Internet-Chatroom als neuer Tatort für Bullying und sexueller Viktimisierung von Kindern und Jugendlichen.“ Sehr früh hat sie auf die Bedeutung des Smartphones als „Waffe“ hingewiesen. So ist deshalb nicht verwunderlich, dass ihr 2014 erschienenes Buch „Cybermobbing“ den Untertitel „Wenn das Internet zur Waffe wird“ trägt.9Catarina Katzer ist Mitgründerin und Vorstand im Bündnis gegen Cybermobbing e.V. Die positiven Funktionen und die enorme Verbreitung von Smartphones sind beeindruckend bis überwältigend. Wird es jedoch destruktiv zum Mobbing eingesetzt, kann es zur Tatwaffe werden und schädigend auf unschuldige Opfer wirken.
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