Innere Sicherheit und Lebensqualität

Massenveranstaltungen in Zeiten realer terroristischer Bedrohungen

Das Projekt BaSiGo betont die große Bedeutung, die „Veranstaltungsordnungsdienste“ (VOD) beim Schutz von Großveranstaltungen haben und stellt gleichzeitig fest, dass diesen Kräften bislang nicht die gebührende Beachtung geschenkt wurde. VOD spielen im komplexen Zusammenspiel mit anderen Akteuren wie der Polizei, Rettungsdiensten und Veranstaltern eine besondere Rolle. Sie haben eine hohe Verantwortung für die Menschen und deren Sicherheit vor Ort. Auf der anderen Seite stehen allerdings oftmals eine hohe Personalfluktuation, schwierige organisatorische und rechtliche Arbeitsbedingungen, geringe Qualifikationen, Mangel an Standards in der Ausbildung und – insbesondere im Vergleich zu den anderen Sicherheitsakteuren – ein eher negatives Ansehen. Die begriffliche Unklarheit und rechtliche Unschärfe, auf die bereits hingewiesen wurde, führen dazu, dass bei den Auftraggebern zu wenig zwischen Sicherheits- und Ordnungsdienst sowie VOD differenziert wird.

Das BaSiGo-Folgeprojekt „ProVOD - Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes“3 (2016 – 2019) wird unter Koordinierung der Bergischen Universität Wuppertal und im Verbund mit der IBIT GmbH und dem BBK durchgeführt. In den nächsten zwei Jahren befasst sich das Projekt-Konsortium mit den o. a. Herausforderungen und erarbeitet praktische wie wissenschaftliche Lösungsansätze. Erforscht werden wollen vor allem, ob ein rechtlicher und organisatorischer Regelungsbedarf besteht. Ein wichtiges Ziel ist die Etablierung neuer Qualifizierungsmaßnahmen für VOD-Personal (Einsatz und Führung).

Seit September 2016 ist der BDSW einer von sechs Partnern im Projekt „Die Ordnung des Sicherheitsmarktes“ (OSiMa). Das Projekt wird koordiniert vom Brandenburgischen Institut für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS) in Potsdam. Darüber hinaus arbeitet der BDSW mit der Universität Potsdam, der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder sowie dem Fraunhofer FOKUS in Berlin zusammen. Der Beitrag der privaten Sicherheitswirtschaft für die Innere Sicherheit in Deutschland soll aus ordnungspolitischer Sicht analysiert werden. In einem nächsten Schritt soll der rechtliche Rahmen beschrieben werden, innerhalb dessen neue Dienstleistungen und Organisationsformen von Schutz und Sicherheit durch die Sicherheitswirtschaft gestaltet werden können. Wir wollen damit in der politischen Auseinandersetzung unsere Positionen mithilfe wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse untermauern.

9 Fazit und Ausblick

Die mit den erwähnten Forschungsprojekten verbundenen Erkenntnisfortschritte sind von großer Bedeutung. Sie können aber Rechtsdefizite nicht kompensieren. Die Vorschläge der IMK reichen ebenfalls nicht aus. Der Schutz von Veranstaltungen kann nicht im Gewerberecht und nicht durch freiwillige Zertifizierungen geregelt werden. Dazu bedarf es einer spezialgesetzlichen Regelung zum Schutz von Veranstaltungen. Nur dadurch können rechtlich verbindlich Vorgaben an die Leistungsfähigkeit privater Sicherheitsdienste und die Qualifizierung der bei Veranstaltungen eingesetzten Sicherheitskräfte gemacht werden. Nur so können die heutigen – z. T. künstlich geschaffenen – Unterschiede zwischen Ordnungs- und Sicherheitskräften beseitigt werden. Insbesondere bei Groß- oder Risikoveranstaltungen müssen die eingesetzten Kräfte auf ihre Tätigkeit praktisch vorbereitet und die Abläufe für den Ernstfall eingeübt werden. Der Sicherheitsstandard von Veranstaltungen ist in Deutschland nach der Katastrophe in Duisburg deutlich erhöht worden. Flächendeckend werden Sicherheitskonzepte eingefordert. Bei der aktuellen Bedrohungslage für Veranstaltungen reicht eine Anpassung der Sicherheitskonzepte nicht mehr aus.

Die Polizei wird trotz der notwendigen Neueinstellungen von bis zu 15 000 Polizistinnen und Polizisten nicht in der Lage sein, alle Veranstaltungen in Deutschland wirksam zu schützen. Es bedarf deshalb qualifizierter privater Sicherheitsdienste mit entsprechend ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der BDSW hat in seinem Forderungspapier konkrete Vorschläge gemacht.4 Dazu gehört vor allem der Schutz von Massenveranstaltungen in Zeiten realer terroristischer Bedrohungen. Er muss, wie ausgeführt, dringend verbessert werden. Die Chancen für eine Umsetzung unserer Vorschläge sind deutlich gestiegen. „Private Sicherheitsbetriebe leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit. Durch die Neuordnung der Regelungen für das private Sicherheitsgewerbe in einem eigenständigen Gesetz werden wir die Sicherheitsstandards in diesem Gewerbezweig verbessern und so für noch mehr Sicherheit und Verlässlichkeit sorgen.“ Dieser Abschnitt in der Koalitionsvereinbarung der „Großen Koalition“ muss nun im Interesse der Inneren Sicherheit in Deutschland konkretisiert und in einem Gesetz verabschiedet werden.

Bildrechte beim BDSW.

Anmerkungen

  1. Dr. Harald Olschok ist Hauptgeschäftsführer des BDSW.
  2. Als Wiki über www.basigo.de/basigo-guide.html oder als PDF über das Downloadportal des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK): http://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Publikationen/Praxis_Bevoelkerungsschutz/Band_17_Praxis_BS_Sicherheit_Grossveranstaltungen.html.
  3. Das Verbundprojekt „ProVOD: Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes (VOD)“ wird im Rahmen des Forschungsprogramms „Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung in der Themenausschreibung „Neue ökonomische Aspekte“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Projektträger des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens ist die VDI Technologiezentrum GmbH. Nähere Informationen zum Projekt finden Sie unter: www.provod.de.
  4. https://www.bdsw.de/images/broschueren/Deutschland-sicherer-machen---Positionen-und-Forderungen-des-BDSW.pdf.