
Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der Berliner „Raser-Fall“ vom Februar 2016, der durch Urteil der 35. Großen Strafkammer des LG Berlin zur Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes und damit zur Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen eines mittäterschaftlich begangenen Mordes geführt hat, sorgt nicht nur in der breiten Öffentlichkeit, sondern auch in Polizei, Justiz und Strafrechtswissenschaft für heftige Diskussionen. Inzwischen ist die Bewertung der Schwurgerichtskammer allerdings durch den 4. Strafsenat des BGH zurückgewiesen und der Fall zur Neuverhandlung einer anderen Kammer übertragen worden.

Zurzeit ist das Verfahren bei der 32. Großen Strafkammer des LG Berlin anhängig (Stand 1.11.2018). In der vorliegenden Ausgabe unserer Zeitschrift setzt sich Prof. Dr. Jürgen Witt mit dem aufsehenerregenden Fall auseinander und nimmt unter Berücksichtigung der Strafrechtslehre, der Rechtsprechung sowie erster Stimmen in der fachspezifischen Literatur eine detaillierte Bewertung vor. In diesem Zusammenhang verweist der Ministerialdirigent a.D. berechtigt auf die deutliche Signalwirkung des Falles und die zwischenzeitliche Reaktion des Bundesgesetzgebers. Künftig bildet der durch das 56. Strafrechtsänderungsgesetz eingeführte § 315d StGB und hier insbesondere die Erfolgsqualifikation aus Absatz 5 StGB mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren das Unrecht verbotener Kraftfahrzeugrennen mit schwerwiegenden Folgen sachgerecht ab. Soweit sich im Einzelfall allerdings ein Tötungsvorsatz nachweisen lässt, stellt diese kriminalpolitisch durchaus umstrittene Neuregelung keine Sperre für eine Verurteilung nach den §§ 211, 212 StGB dar.
Mit der „Reichsbürger- und Selbstverwalter“-Bewegung als besondere Erscheinungsform des Extremismus setzt sich der im Fachbereich Bundespolizei der Hochschule des Bundes lehrende Dr. Stefan Goertz in einer politikwissenschaftlichen Analyse auseinander. Die Bewegung besteht nach seiner durch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes gestützten Darlegung aus Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit verschiedenen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihres Rechtssystems ablehnen und nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Sovereign Citizens“ agieren. Als „Staatsleugner“ berufen sie sich auf ein historisches Deutsches Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster bzw. ein selbst definiertes Naturrecht und legitimieren für sich auf diese Weise zum Teil gravierende Normverletzungen bis hin zu Tötungsdelikten. Ein wesentliches Ziel der Sicherheitsbehörden muss daher neben einer umfassenden Informationsgewinnung darin bestehen, den Waffenbesitz in diesem häufig überregional agierenden Milieu einzudämmen.
Seit geraumer Zeit besteht eine anhaltende Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus. Ende 2017 wurden in Deutschland mehr als 700 Personen als sog. „Gefährder“ gelistet. André Malick wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, „was Terroristen eigentlich wollen“ und welche Konsequenzen für die Analyse der Sicherheitsbehörden daraus zu ziehen sind. Unser Autor ist Kriminalrat und Angehöriger des LKA Hamburg (Staatsschutz). Grundlage des Fachbeitrages war eine durch ihn im Jahr 2017 an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) gefertigte Hausarbeit.
In weiteren Fachaufsätzen geht es in der „Kriminalpolizei“ um das „Vermummungs- und Schutzausrüstungsverbot im Lichte der Verwaltungsakzessorietät“ und damit um Normverletzungen im verfassungsrechtlich besonders geschützten Versammlungsgeschehen sowie um die „Jugendberatung bei der Polizei“ am Beispiel eines konkreten Kooperations- und Präventionsmodells. Dieses nachahmungswerte Projekt von Polizei und Sozialarbeit im Land Sachsen-Anhalt ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass polizeiliche und daran anknüpfende pädagogische Interventionen wirkungsvoll ineinandergreifen. Hinzu kommt ein Fortsetzungsbeitrag über das Recht der „Vermögensabschöpfung“, dessen Bedeutung mit der im Juli 2017 in Kraft getretenen Reform deutlich gestiegen ist.
Eine strafrechtliche Rechtsprechungsübersicht, aktuelle Hinweise aus dem Netz, gewerkschaftspolitische Nachrichten und Buchbesprechungen runden die Zeitschrift schließlich ab.
Wir hoffen auf Ihr erneutes Interesse an diesen Beiträgen. Zugleich wünschen wir Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, einige ruhige Tage zwischen den Jahren sowie einen guten Rutsch in ein gesundes, glückliches und erfolgreiches Jahr 2019. Wir freuen uns auf den weiteren Austausch mit Ihnen.
Für das Redaktionsteam
Ihr
Prof. Hartmut Brenneisen
Service
Aktivitäten
Aktuelle Ausgabe
Mit ihrem aktuellen und vielfältigen Themenspektrum, einer Mischung aus Theorie und Praxis und einem Team von renommierten Autorinnen und Autoren hat „Die Kriminalpolizei“ sich in den vergangenen Jahren einen ausgezeichneten Ruf erworben.
Erklärung einschlägiger Präventions-Begriffe
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