Kriminalität

Bomben und Betrug – der schnelle Weg zum Glück?

Wettgeschäfte, Optionsscheine, Börsenkriminalität

4.3 Beispiel: Fachpresse als Instrument

Beim Scalping kommt Anlagetipps in der Fachpresse wegen der weiten Verbreitung der Empfehlungen eine hohe Bedeutung zu. Eine unrühmliche Rolle haben schon in der Vergangenheit einige „Börsenbriefe“ gespielt, die zum Teil auch als „vertrauliche Mitteilungen, Newsletter“ oder „Insidertipp“ eine hohe Fachkompetenz, wertvolle und nützliche Kontakte von Herausgeber und Redakteur, und damit ein hohes Maß an Seriosität und finanziellem Erfolg suggerieren. Am 17.1.2012 wurde der Börsenbrief-Verleger Stefan Fiebach wegen Aktienkursmanipulation in 44 Fällen zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und 5.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Mit den Börsenbriefen „International Stock Picker“ und „Small Cap Scout“ trieb er laut Staatsanwaltschaft den Kurs von wertlosen Aktien in die Höhe oder bereicherte sich selbst durch fallende Kurse: „Die Veröffentlichungen waren geeignet den Kurs zu beeinflussen und haben dies tatsächlich getan“, so die Vorsitzende Richterin. Das LG München wertete die eher untergeordnete Rolle des Angeklagten ebenso strafmildernd wie die Tatsache, dass dieser nichts an seinen Geschäften verdiente, weil ein hoher Verlust bei einem Aktiengeschäft alle Gewinne zunichte gemacht hatte.

4.4 Marktmanipulation durch Verleumdung

Gegen Wirecard, ein deutsches Unternehmen und internationaler Anbieter für Zahlungs- und Risikomanagementlösungen, brachte eine bis dahin unbekannte Firma „Zatarra Research & Investigations“ eine Studie mit Betrugs- und Geldwäschevorwürfen in Umlauf. Nach Einstellen ins Internet brach der Aktienkurs um 25 Prozent ein; die BaFin erstattete nach Abschluss eigener Untersuchungen im Februar 2017 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft München. Das Unternehmen wurde bereits 2008 angegriffen. Damals lautete der publikumswirksam in Umlauf gebrachte Vorwurf, auf irreführende Bilanzierung: Die Aktie stürzte von 11 auf 4 Euro ab.

Anmerkung: Es hätte sich angeboten, auch den Straftatbestand der Verleumdung gemäß § 187 StGB zu prüfen, denn durch die gravierenden Vorwürfe wird die Geschäftsleitung des angegriffenen Unternehmens herabgewürdigt; der Kredit des Unternehmens wird gefährdet.

Die zivilrechtliche Anspruchsnorm: § 826 BGB – „Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung“. Die dann möglichen Konsequenzen hätten die Täter und Schadensverursacher eventuell empfindlich(er) treffen können. Darauf, ob die Empfehlungen nach fachlichem Urteil aufgrund der Marktsituation sachlich gerechtfertigt waren, kommt es bei dieser Sachlage (Täuschung durch aktives Tun) nicht an, weil die Fonds über den eigentlichen Beweggrund für die Empfehlung in die Irre geführt wurden. Der Täter, der Geschäfte abschließt oder Kauf- oder Verkaufsaufträge ausführt, die den Tatbestand einer Marktmanipulation erfüllen, soll sich nicht mit Erfolg darauf berufen können, er habe dafür legitime Gründe gehabt, wenn sich hinter den Geschäften tatsächlich ein anderer rechtswidriger Grund verbirgt. Die Anleger, die hohe Verluste bis hin zum Ruin erleiden, bemerken zu spät, dass sie tatsächlich „skalpiert“ wurden.

Hinweis: Verbraucherwarnungen der BaFin könnten Anlass dafür sein, zu prüfen, ob ein Anfangsverdacht vorliegt oder ein dringender Tatverdacht, der zur Durchführung von Beweissicherungsmaßnahmen führen könnte.

5 Konsequenzen

5.1 WpHG – KWG – HGB u.a. – StGB

Für Börsenkriminalität ist das WpHG die Hauptnorm. Da die meisten Wertpapierhandelsunternehmen zugleich Kreditinstitute sind, greifen in der Regel auch die Vorschriften des KWG, die parallel zu prüfen sind, z.B. § 6 II KWG i.V.m. §§ 25a, 45b KWG (Mangelhafte Unternehmensorganisation), 46 KWG (Maßnahmen bei Gefahr). Die Strafnormen des § 54 f. KWG und die Bußgeldvorschriften des § 56 KWG sind dann mit heranzuziehen. Außerdem sind die Straf- und Bußgeldvorschriften des WpHG eng mit den Vorschriften des HGB sowie den weiteren einschlägigen Regeln in Bezug auf falsche Darstellungen und Berichterstattungen nach HGB (§§ 331 f., 334 HGB) und den speziellen gesellschaftsrechtlichen Normen (z.B. §§ 399 ff. AktG, § 82 ff. GmbHG, §§ 147 ff. GenG) verknüpft. Die Straftatbestände der §§ 263, 266, 246a StGB können Auffangtatbestände sein.

5.2 WpHG

Aufgrund des Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz) vom 23.6.2017, in Kraft getreten am 25.6.2017, wurden wesentliche Bestimmungen, auch die Strafvorschriften des WpHG neu gefasst und verschärft.22 Vorsätzliche Manipulationen, die auf den Börsen- oder Marktpreis eingewirkt haben, sind Straftaten, die gemäß § 38 I WpHG mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden können. Dabei wird auf die allumfassenden Bußgeldvorschriften des § 39 WpHG Bezug genommen. § 38 III WpHG ahndet die Tätigung eines Insidergeschäftes, Empfehlung oder Verleitung zu einem Insidergeschäft oder Offenlegung einer Insiderinformation ebenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Handelt der Täter gewerbsmäßig oder bandenmäßig oder aber in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit z.B. für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wird die Marktmanipulation als Verbrechen mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. Auch der Versuch der Marktmanipulation ist strafbar (§ 38 IV WpHG). Die Einfügung des § 38 VI WpHG eröffnet den Gerichten jetzt einen Ermessensspielraum, von der Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe nach unten abzuweichen. Enthalten die Mitteilungen des Täters keine unrichtigen Tatsachen und verschweigt er nur sein Eigeninteresse realisiert er den Tatbestand des § 20a I S. 1 i.V.m. § 38 I Nr. 4 WpHG; gibt er eine Empfehlung, die unrichtige Tatsachen enthält oder verschweigt er rechtswidrig wesentliche Umstände, greift § 48 I Nr. 4 WpHG.

Hinweis: Die Vorschriften des WpHG gehen über den Straftatbestand des § 263 StGB hinaus, sie erfassen auch die Mitteilung wahrer Tatsachen unter Täuschung über die Motive.

Von Bedeutung für Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaften ist die in § 40a WpHG verankerte Pflicht zur Zusammenarbeit mit der BaFin. Demnach hat die Staatsanwaltschaft über die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die § 38 WpHG betreffen, zu informieren. Außerdem über Tatsachen, die bei Strafsachen auf Missstände in dem Geschäftsbetrieb eines Wertpapierhandelsunternehmens hindeuten (§ 4a V WpHG).