Polizei

Neuer Präsident der DHPoL - Interview mit Prof. Hans-Jürgen Lange

Prof. Dr. Hans-Jürgen Lange, Präsident der Deutschen Hochschule der Polizei

Professor Hans-Jürgen Lange wurde am 1.7. 2014 zum Präsidenten der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) ernannt und Ende September von Innenminister Ralf Jäger in sein Amt eingeführt.
Mit dem Politikwissenschaftler und Sicherheitsforscher Lange steht erstmals ein Universiätsprofessor an der Spitze der DHPol. Zuvor war er Professor für Politikwissenschaft, Sicherheitsforschung und Sicherheitsmanagement an der Universität Witten-Herdecke. Im Interview mit „Die Kriminalpolizei“ spricht er über Chancen und Herausforderungen seiner neuen Aufgabe.

Herr Professor Lange, wir gratulieren Ihnen zu Ihrer neuen Aufgabe und gratulieren der Polizei in Deutschland dazu, mit Ihnen einen ausgewiesenen Sozialwissenschaftler und Sicherheitsforscher für das Amt an der Spitze ihrer gemeinsamen Hochschule gewonnen zu haben.

Was bedeutet der Wechsel für Sie? Welche neuen Herausforderungen bringt der neue Job mit?

Der Wechsel an die DHPol bedeutet für mich, die beiden Erfahrungsstränge, die meine Arbeit prägen und die mir Freude machen, die Polizei- und Sicherheitsforschung zum einen, Hochschulpolitik und Hochschulmanagement zum anderen, zusammenbringen zu können. Die DHPol ist eine interessante Einrichtung mit einem sehr eigenständigen Aufgabenprofil. Sie ist Hochschule mit universitärem Status und damit Teil des Wissenschaftssystems, zugleich hat sie als Hochschule der Polizei, die den gesamten Führungsnachwuchs aller Polizeien in Deutschland auf Masterniveau ausbildet, eine starke Praxisverankerung.

Sie sind ein profilierter Sicherheitsforscher; in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit hat die Verbindung von Forschung und Praxisbezug eine große Bedeutung. Nachdem die Deutsche Hochschule der Polizei im vergangenen Jahr vom Wissenschaftsrat als Hochschule akkreditiert wurde, ergibt sich die Frage:

Wird sich unter Ihrer Leitung das Profil der Hochschule verändern?

Das Profil der Hochschule wurde bereits in der Gründungsphase in einem gemeinsamen Prozess von Hochschule und Trägern entwickelt. Meine Aufgabe sehe ich daher weniger in der Erarbeitung eines neuen Profils als vielmehr in der Umsetzung der schon vor Jahren skizzierten Ziele dieser Spezialhochschule. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit wird darin bestehen, das Profil der Hochschule bezogen auf die Polizeiwissenschaft weiter zu entwickeln. Dabei halte ich die Anbindung der Polizeiwissenschaft an eine Ankerwissenschaft, z.B. die Verwaltungswissenschaften, für ein tragfähiges Konzept. Der bisherige Anspruch, eine eigenständige Disziplin an der DHPol zu entwickeln, ist aus meiner Sicht ein zu ehrgeiziges Vorhaben, das die DHPol als kleine Hochschule aktuell nicht weiter verfolgen sollte. Hierzu werde ich den Dialog mit den Fachgebieten der Hochschule eröffnen und bin gespannt, welche Impulse wir gemeinsam setzten werden.

Wird Forschung zukünftig eine größere Rolle spielen?

Mir geht es nicht in erster Linie um Masse, sondern Klasse. Daher möchte ich, gemeinsam mit den Fachgebieten, an der Profilierung und Fokussierung der Forschung arbeiten. Schon jetzt kann die kleine Hochschule mit einem beachtlichen Drittmittelaufkommen glänzen. Wichtig wird es in Zukunft sein, die Forschungsschwerpunkte auf den Feldern innere Sicherheit und Polizeiwissenschaft als Teil der Verwaltungswissenschaft erkennbarer nach außen zu kommunizieren und natürlich Forschung flächendeckend über alle Disziplinen an der Hochschule zu stärken. Ein erster Schritt dazu ist die Schaffung einer Servicestelle Forschung, die Antragstellern beratend und unterstützend zur Seite steht.
Die DHPol muss sich in den nächsten Jahren als wissenschaftliche Hochschule bewähren. Sicher auch in der Forschung, und sie muss dieses Wissen in die Praxis vermitteln und von der Praxis lernen, ohne dabei die wissenschaftliche Distanz aufzugeben. „Praxisreflexion“ nannten wir diese Gradwanderung an der Universität Witten-Herdecke, an der ich zuvor tätig war.

Wie sehen Sie die Rolle der Deutschen Hochschule der Polizei im Wissenschaftsgefüge Deutschlands? Streben Sie neue Kooperationen an? Und wie könnte die Zukunft der internationalen Zusammenarbeit aussehen?

Die DHPol wird stets eine Spezialhochschule mit einem besonderen Profil bleiben. Der Wissenschaftsrat hat in einem Grundsatzpapier aus dem Jahr 2010 die Notwenigkeit der funktionalen Differenzierung der Hochschullandschaft betont. In einem solchen differenzierten Gefüge wird die DHPol ihren Platz durch Leistungen in Lehre und Forschung in den kommenden Jahren sicher behaupten.
Die DHPol ist im polizeilichen Umfeld gut vernetzt ist und unterhält zahlreiche und langjährige Kooperationen auf nationaler und internationaler Ebene. Was jedoch in Zukunft intensiviert werden muss, das ist die Kooperation mit Universitäten. Natürlich gibt es bereits Ansätze in den Fachgebieten und im Rahmen von Forschungsprojekten. Institutionelle Kooperationen sind aber in der Vergangenheit noch nicht systematisch entwickelt worden. Diese Kooperationen sind aber besonders im Hinblick auf die Ausübung des Promotionsrechts sehr wichtig, da an der DHPol in den einzelnen Disziplinen zumeist nur eine Professorin, ein Professor tätig ist. Um eine fachliche Breite zu erzielen, sind wir daher auf feste Kooperationen mit anderen Hochschulen angewiesen.

Eine Frage an den Sicherheitsforscher: Wo sehen Sie die wichtigsten Herausforderungen der Zukunft für die Innere Sicherheit in Deutschland. Wie sollten wir uns darauf vorbereiten?

Die Gewährlistung der Inneren Sicherheit ist eine Herausforderung, die nur in vernetzten Strukturen geleistet werden kann. So wirken staatliche Einrichtungen und lokale Akteure mit Behörden und Einrichtungen des Katastrophenschutzes sowie privaten Sicherheitsunternehmen zusammen. Aus Sicht der Polizei stellt sich bei einem derart komplexen Gefüge auf dem Feld der Inneren Sicherheit die Frage der konkreten Zusammenarbeit. Angesichts der technologischen Herausforderungen sowie der zunehmenden Komplexität polizeilichen Handelns in einer globalen und pluralistischen Gesellschaft hat die Polizei aufgrund ihrer herausgehobenen Rolle einen besonderen Qualitätsanspruch an die Maßnahmen zur Gewährleistung der Inneren Sicherheit. Ohne Zweifel ist in diesem Zusammenhang auch die überdurchschnittliche Ausbildung der Polizeibeamtinnen und –beamten auf akademischem Niveau zu sehen. Die Ausbildung von Führungskräften an einer Hochschule mit universitärem Charakter ist eine Investition in die Zukunft, da das Studium die Absolventinnen und Absolventen nicht für die Bewältigung bekannter Aufgaben ihres Berufs befähigt, sondern sie in die Lage versetzt, Lösungen für zukünftige, heute vielleicht noch gar nicht absehbare, Herausforderungen zu entwickeln.

Welche Herausforderungen und Möglichkeiten sehen Sie, um die Kernaufgaben der Polizei bei der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr weiter zu entwickeln?

Besondere Herausforderungen für die Polizei bei der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr sind eng mit der technologischen Entwicklung verbunden, die alle Gesellschaftsbereiche umfasst. Neue Kommunikationstechnologien haben nicht nur zu verändertem Kommunikationsverhalten der Menschen geführt, was sich z.B. in veränderten Formen der Verbreitung von Informationen im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung von Demonstrationen geführt hat. Bevor die polizeiliche Einsatznachbereitung stattfinden kann, stehen z.B. bereits Fotos und Videos der Einsätze öffentlich auf Facebook. Die neuen Technologien haben aber auch neue Deliktsformen hervorgebracht. Das Internet wird zum Tatmittel, Täter und Opfer begegnen sich nicht, dennoch werden digitale Identitäten gestohlen oder Menschen bedroht oder erpresst. Viele Straftaten bleiben im Dunkel, die Täter agieren global und die Bekämpfung derartiger Delikte stellt die Ermittlungsbehörden nicht nur vor technische, sondern auch vor rechtliche und personelle Herausforderungen. Sich diesen Zukunftsaufgaben zu stellen, ist mit einer besonderen Herausforderung verbunden, denn der demographische Wandel hat auch die Polizeien erreicht. Die Beschäftigten werden immer älter, die Aufgaben immer herausfordernder, die Belastung für die Beamtinnen und Beamten ist erheblich. Daher ist es wichtig, gut qualifizierten Nachwuchs für die Polizei zu gewinnen. Die Perspektive, dass ein Masterabschluss Bestandteil einer Polizeikarriere sein kann, kann den Beruf für Abiturientinnen und Abiturienten, neben den beruflichen Herausforderungen, zusätzlich attraktiv machen. Meine Einschätzung wird im Übrigen durch die Ergebnisse der Vorgesetztenbefragung gestützt, die die DHPol im Jahr 2013 im gesamten höheren Polizeidienst aller Länder und des Bundes durchgeführt hat.

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