Kinder- und Jugendkriminalität

Jugend ohne Promille

Ein best-practice-project des European Crime Prevention Network (EUCPN) zur Minimierung des Risikos einer alkoholbedingten Opfer- und Täterwerdung

Projektansatz und Projektziele
Das Projekt „Jugend ohne Promille„ richtet sich an Kinder und Jugendliche, deren Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer. Es berücksichtigt die allgemeinen Gefahren durch Alkohol, im Besonderen bei Kindern und Jugendlichen. Alkohol hat einen unmittelbaren Einfluss auf die Kriminalität und auf das subjektive Sicherheitsgefühl, führt zur Verwahrlosung und Sucht, was das Gesundheitssystem belastet und dadurch die Volkswirtschaft schädigt. Wesentliche Säulen des Programms sind eine breite Öffentlichkeitskampagne zum Thema Alkohol und Gewalt sowie die strenge Einhaltung des Jugendschutzes durch polizeiliche Maßnahmen im Sinne von „Null Toleranz„. Die polizeilichen Maßnahmen umfassen verschärfte Alkoholkontrollen bei Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum und das Pflegen einer Datenbank, in der Kinder und Jugendliche, die unter Alkoholeinfluss angetroffen wurden, erfasst und unter Umständen den Sozialbehörden gemeldet werden. Im jedem Fall werden die Eltern alkoholisiert angetroffener Kinder und Jugendlicher informiert. Im Zuge der Verleihung des European Crime Prevention Awards des EUCPN am 27./28. November 2006 in Hämelinna/Finnland wurde „Jugend ohne Promille„ als ein europäisches best-practice-project präsentiert.

Stephan Rusch,
Landeskriminalamt Bremen

Aktuelle Lage
Vermehrt fallen alkoholisierte Kinder und Jugendliche im öffentlichen Raum auf. Insbesondere im Rahmen von Volksfesten oder größeren Open-air-Veranstaltungen ist zu beobachten, dass Kinder und Jugendliche Alkohol mit sich führen. Oftmals handelt es sich bei dem mitgeführten Alkohol um Korn- oder Wodka-Cola-Gemische in Maxi-Flaschen. Die Kinder und Jugendlichen sind teilweise so stark alkoholisiert, dass sie in hilfloser Lage in nahegelegenen Grünstreifen aufgefunden werden und nicht selten ärztlicher Hilfe bedürfen. Unter der Überschrift „Sauf-Orgien bis zum Abwinken – Besorgniserregende Zahlen„ berichtete der Bremer Weser Kurier am 7.5.2005: „Immer montags wird auf den Schulhöfen Bilanz gezogen. Anerkennung ist demjenigen sicher, der nicht nur auf einer großen Party war, sondern auch von sich behaupten kann, richtig breit gewesen zu sein.

Allgemeine Gefahren durch Alkohol
Alkohol ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet und akzeptiert. Es gibt keine Feier ohne Alkohol, keine Sportveranstaltungen oder Fernsehkrimis mehr ohne „Sprit„-Werbung. Insofern ist es wenig glaubwürdig, zu versuchen, Jugendlichen das Trinken von Alkohol zu verbieten. Ganz im Gegenteil! Verbote machen erst recht neugierig. Kinder und Jugendliche registrieren sehr genau, weshalb und in welchen Situationen Erwachsene Alkohol trinken und wie sie sich durch den Konsum oft deutlich in ihrem Verhalten, sowohl im Positiven (lustig oder entspannt) als auch im Negativen (laut oder aggressiv), verändern. Kinder entwickeln bis zur Pubertät zunächst positive Erwartungen an die Wirkung des Alkohols und sie wollen ihren Eltern und ihrer Umwelt durch den Alkoholkonsum ihre eigene Unabhängigkeit und ein Erwachsensein demonstrieren. Allerdings ist aus internationalen und nationalen Studien bekannt, dass Kinder und Jugendliche, die sehr früh mit dem Konsum von Alkohol beginnen, einem deutlich höheren Risiko unterliegen, später eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln. Mit steigendem Alter der Kinder und Jugendlichen steigen auch die Rauscherfahrungen. Etwa 8 % der 12- bis 13-Jährigen hatten schon mindestens einmal einen Rausch. Bei den 14- bis 15-Jährigen sind es schon
24 %. Zwei Drittel der 16- bis 17-Jährigen berichteten, dass sie schon mindestens einmal in ihrem Leben betrunken gewesen sind. Die folgenden Zahlen des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel, kurz IFT-Nord, sollen die allgemeinen Gefahren durch Alkohol verdeutlichen:

  • 2001 hat die Alkoholindustrie insgesamt 575 Millionen Euro in die Alkohol-Werbung investiert. Das waren pro Tag 1,6 Millionen Euro.
  • Die Kosten alkoholbedingter Krankheiten werden auf jährlich etwa 20,6 Milliarden Euro geschätzt.
  • 2002 wurden die Einnahmen aus Alkoholsteuern mit 3,4 Milliarden Euro beziffert.
  • In Europa sterben jährlich ca. 57000 Menschen im Alter von 15 bis 29 Jahren an den direkten oder indirekten Folgen des Alkoholkonsums, beispielsweise durch Verkehrsunfälle, Alkoholvergiftungen oder Gewalttaten.
  • Rund 1,6 Millionen Menschen im Alter von 18 bis 69 Jahren sind alkohol-abhängig, also ca. 3 % aller Erwachsenen.
  • Etwa ein Viertel derer, die verdächtigt wurden, Gewalt verübt zu haben – in 92 % der Fälle waren es Männer – standen unter Alkoholeinfluss. (Quelle: IFT-Nord, 2005)

Überdies birgt übermäßiger Alkoholkonsum insbesondere junger Mädchen die Gefahr, Opfer von Sexualstraftaten zu werden. Oft kommt es auch zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr, der ungewollte Schwangerschaften zur Folge haben kann.

Jugend, Alkohol und Gesetze
Im Kontext Jugend und Alkohol spielen zwei Vorschriften eine wesentliche Rolle. Zum einen handelt es sich um das sogenannte „Apfelsaftgesetz„ aus dem Gaststättengesetz und zum anderen um das Jugendschutzgesetz. Dem „Apfelsaftgesetz„ zufolge müssen Gastwirte zumindest ein alkoholfreies Getränk anbieten, das nicht teurer sein darf, als das preisgünstigste alkoholhaltige Getränk. Sinn und Zweck des „Apfelsaftgesetzes„ ist es, dass weniger und bewusster Alkohol getrunken wird. Angesichts der Tatsache, dass mehr und mehr sogenannte „1-Euro-Pub’s„ die Amüsiermeilen erobern, muss der Sinn einer solchen Vorschrift allerdings in Frage gestellt werden. Das Jugendschutzgesetz regelt in seinem Paragraf 9, was an wen verkauft und von wem getrunken werden darf. Erlaubt sind der Verkauf und das Trinken in der Öffentlichkeit von:

  • Bier, Bier-Mix-Getränken, Wein, Apfelwein und Sekt
    ab 16 Jahren und
  • allem anderen Alkohol, vor allem Spirituosen,
    ab 18 Jahren.

Hinsichtlich der Alkopops hat die Alkoholindustrie schnell reagiert. Während es sich bei Alkopops in der Vergangenheit um Gemische aus Spirituosen und Softgetränke handelte und somit erst an Heranwachsende ab 18 Jahren verkauft werden durften, bestehen eine ganze Reihe von diesen Mix-Getränken heute aus einer weinhaltigen Substanz und einem Softgetränk, was den Verkauf an Jugendliche ab 16 Jahren wieder möglich macht.

Anteil des Alkohols in verschiedenen Getränken
Die obige Tabelle des IFT-Nord gibt einen Überblick darüber, wie viel Alkohol sich in verschiedenen Getränken befindet.
Anhand der Tabelle ist ersichtlich, dass Alkopops als „bunte Gefahr„ bezeichnet werden können. Diese Designer-Drinks bestehen zumeist aus hochprozentigem Alkohol, wie Rum, Wodka oder Tequila, sowie aus Limonaden oder Säften und sind in der Regel sehr süß. Da Jugendliche den bitteren Geschmack von Hochprozentigem nicht mögen, sind diese Alkopops aus Sicht der Hersteller geradezu ideal, Jugendliche an Alkohol zu gewöhnen.

Das Bremer Projekt „Jugend ohne Promille„ Projektidee
Ausgehend von den allgemeinen Gefahren durch Alkohol und den damit verbundenen Folgen, wie Kriminalität, Sucht, drohende Verwahrlosung, Belastung des Gesundheitssystems bis hin zur Schädigung der Volkswirtschaft wurde eine Projektidee entwickelt, die folgende Ziele verfolgte:Überdies birgt übermäßiger Alkoholkonsum insbesondere junger Mädchen die Gefahr, Opfer von Sexualstraftaten zu werden. Oft kommt es auch zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr, der ungewollte Schwangerschaften zur Folge haben kann.

Jugend, Alkohol und Gesetze
Im Kontext Jugend und Alkohol spielen zwei Vorschriften eine wesentliche Rolle. Zum einen handelt es sich um das sogenannte „Apfelsaftgesetz„ aus dem Gaststättengesetz und zum anderen um das Jugendschutzgesetz. Dem „Apfelsaftgesetz„ zufolge müssen Gastwirte zumindest ein alkoholfreies Getränk anbieten, das nicht teurer sein darf, als das preisgünstigste alkoholhaltige Getränk. Sinn und Zweck des „Apfelsaftgesetzes„ ist es, dass weniger und bewusster Alkohol getrunken wird. Angesichts der Tatsache, dass mehr und mehr sogenannte „1-Euro-Pub’s„ die Amüsiermeilen erobern, muss der Sinn einer solchen Vorschrift allerdings in Frage gestellt werden. Das Jugendschutzgesetz regelt in seinem Paragraf 9, was an wen verkauft und von wem getrunken werden darf. Erlaubt sind der Verkauf und das Trinken in der Öffentlichkeit von:

  • Aufklärungskampagne zum Thema Alkohol,
  • Einbeziehung der Eltern und Schulen,
  • Konsequente Anwendung des Jugendschutzgesetzes und
  • rechtzeitige therapeutische Intervention bei Alkoholmissbrauch.

Kooperationspartner
Um die Projektidee umsetzen zu können, war es erforderlich, Kooperationen mit weiteren Behörden und einem Sozialversicherungsträger einzugehen. Bei den Kooperationspartnern handelt es sich im einzelnen um

  • die Suchtberatung Bremen beim Landesinstitut Schule beim Senator für Bildung und Wissenschaft,
  • das Amt für soziale Dienste beim Senator für Soziales,
  • die Deutsche Angestellten Krankenklasse (DAK) sowie
  • das Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung Kiel (IFT-Nord) mit den Aufklärungsmaterialien „Aktion Glasklar„

Die Suchtberatung Bremen als originär zuständige Stelle für die Suchtprävention in Bremen wurde beratend hinzugezogen und sollte die Durchführung der Aufklärungskampagne in den Bildungseinrichtungen gewährleisten. Das Amt für soziale Dienste sollte in Fällen alkoholisiert angetroffener Kinder bzw. wiederholt alkoholisiert angetroffener Jugendlicher die aufsuchende Elternarbeit übernehmen und mit den Eltern in schweren Fällen mögliche therapeutische Maßnahmen diskutieren. Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) stellte das Informationsmaterial „Aktion Glasklar„ des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung Kiel zur Verfügung. Das Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung entwickelte wissenschaftliche abgesicherte Informationsbroschüren für Kinder und Jugendliche, Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer.



Durchführung des Projekts
Das Projekt „Jugend ohne Promille„ wurde am 18. März 2005 vom Landeskriminalamt Bremen – Zentrale Kriminalprävention gestartet. In einem ersten Schritt wurde das Informationsmaterial „Aktion Glasklar„ des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung Kiel über die Deutsche Angestellten Krankenkasse angefordert und über sogenannte Kontaktpolizisten an Schulen heran getragen. Die Kontaktpolizisten wurden aufgefordert mitzuteilen, an wie vielen Schulen wie viele Schülerinnen und Schüler, Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer mit dem Informationsmaterial erreicht wurden. In einem zweiten Schritt wurde eine „Anhaltemeldung alkoholisierte Jugendliche„ konzipiert und in das Intranet der Polizei Bremen eingestellt. Durch interne Öffentlichkeitsarbeit wurde das Projekt „Jugend ohne Promille„ in der Polizei Bremen bekannt gemacht und dazu aufgefordert, in Fällen alkoholisiert angetroffener Kinder und Jugendlicher die „Anhaltemeldung alkoholisierte Jugendliche„ auszufüllen und an die Projektleitung zu steuern. Die Projektleitung registrierte alle alkoholisiert angetroffenen Kinder und Jugendlichen in einer „Datei Jugend ohne Promille„ und übermittelte die Daten quartalsweise an das Amt für Soziale Dienste beim Senator für Soziales. Die Eltern alkoholisiert angetroffener Kinder und Jugendlicher wurden von der Projektleitung angeschrieben. Mit dem Anschreiben erhielten sie die Elternbroschüre „Aktion Glasklar„.

Die einzelnen Bausteine des Projekts
Die Broschüren „Aktion Glasklar„ des IFT-Nord
Für die Aufklärungskampagne zum Thema Alkohol wurde von der Projektleitung bewusst die „Aktion Glasklar„ der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) ausgewählt, weil es sich um wissenschaftlich abgesichertes Material des IFT-Nord handelt. Die „Aktion Glasklar„ beinhaltet drei zielgruppenorientierte Broschüren. Im einzelnen handelt es sich dabei um:

Alkoholprävention – Vorschläge für Unterricht und Jugendarbeit
Die Broschüre wendet sich an Lehrerinnen und Lehrern und gibt ihnen einen sehr prägnanten Überblick über das Problem Alkohol. Darüber hinaus bietet die Broschüre über die fünf Themenkomplexe „Was ist eigentlich erlaubt?„, „Die Werbung„, „Versuchungen„, „Wann ist Alkohol trinken o.k.?„ und „auch mal nein sagen können„ Methoden zur Unterrichtsgestaltung an.

Alkohol – Reiz und Risiko
Diese Broschüre wendet sich an Eltern und weist sie auf die allgemeinen Gefahren im Umgang mit Alkohol, die Gesetzeslage und Möglichkeiten der Gesprächsführung mit ihren Kindern hin. Darüber hinaus enthält die Broschüre wichtige Tipps, wenn die Eltern fürchten, ihr Kind sei durch einen zunehmenden Alkoholkonsum in der Entwicklung ernsthaft gefährdet.

Die Blaumacher – Glasklar: Durchblicken
Die Broschüre wendet sich an Kinder und Jugendliche eben nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern klärt sie mit Fakten über Alkohol auf. So finden Kinder und Jugendliche unter anderem Informationen darüber, wie Alkohol hergestellt wird, was Alkohol im Körper bewirkt und wer hilft, wenn die Eltern zuviel Alkohol trinken.

Null-Toleranz-Strategie der Polizei
Neben einer Aufklärungskampagne bei Kindern und Jugendlichen, deren Eltern sowie bei Lehrerinnen und Lehrern war es der Projektleitung wichtig, Kinder und Jugendliche im öffentlichen Raum verschärften Alkoholkontrollen zu unterziehen. Im Sinne einer „Null-Toleranz-Strategie„ wurden Kinder und Jugendliche im Rahmen von Volksfesten und anderen Open-air-events sowie an jugendgefährdenden Orten angehalten, wenn sie scheinbar unter Alkoholeinfluss standen oder von ihnen Alkohol mitgeführt wurde. Mitgeführter Alkohol wurde an Ort und Stelle vernichtet. In jedem Fall wurden die Eltern über das Antreffen informiert, die Personalien der Kinder und Jugendlichen aufgenommen und über eine Anhaltemeldung der Projektleitung gemeldet.

Die „Anhaltemeldung alkoholisierte Jugendliche„
Bei der „Anhaltemeldung alkoholisierte Jugendliche„ handelt es sich um ein von der Projektleitung erarbeitetes Formblatt , das in das Intranet der Polizei Bremen eingestellt wurde. Die Anhaltemeldung kann am Bildschirm ausgefüllt und elektronisch versandt werden. Die obige Abbildung zeigt die Anhaltemeldung.

Die „Datei Jugend ohne Promille„
Die Datei Jugend ohne Promille wurde im Sinne der Verfahrensvorschriften des Bremischen Polizeigesetzes in Verbindung mit dem Bremischen Datenschutzgesetz eingerichtet. In der Datei werden erfasst:

  • Name und Vorname,
  • Geburtsdatum,
  • Anschrift,
  • Antreffort und -zeitpunkt,
  • Grad der Alkoholisierung (hilflose Lage, augenscheinlich volltrunken, Koordinierungsschwierigkeiten, Sprachstörungen, verlangsamte Reaktionsfähigkeit),
  • Opfer oder Täter einer Straftat,
  • Herkunft des Alkohols
  • Art des Alkohols.

Die Datei dient ausschließlich der Gefahrenabwehr.

Ergebnisse
Das Projekt wurde zwar nicht evaluiert, allerdings wurden im März 2006 alle bei der Projektleitung in der Zeit vom 18.3. bis 31.12.2005 registrierten Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern mit einem Fragebogen angeschrieben. Ziel der Erhebung war es, festzustellen, wie die Aktion „Jugend ohne Promille„ der Polizei Bremen von den Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern bewertet wird. Die Erhebung wurde mit Unterstützung des Instituts für Rechtspsychologie (IRP) der Universität Bremen durchgeführt. Mit dem Material „Aktion Glasklar„ des Institutes für Therapie- und Gesundheitsforschung Kiel wurden im Rahmen des Projektes „Jugend ohne Promille„ im Zuge der Aufklärungskampagne insgesamt 4168 Schülerinnen und Schüler, 2388 Eltern sowie 150 Lehrerinnen und Lehrer erreicht.
Durch verstärkte Alkoholkontrollen bei Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum wurden in der Zeit vom 18. März bis 31. Dezember 2005 insgesamt 155 Kinder und Jugendliche alkoholisiert angetroffen.
Zu 68,4% handelte es sich um Jungen, zu 31,6% um Mädchen. Der Alterspeek bei den Jungen lag bei 15,7 Jahren, der bei den Mädchen bei 15,4 Jahren.
In hilfloser Lage wurden 11%, augenscheinlich volltrunken 11,6%, Personen mit Koordinierungsschwierigkeiten zu 47,1%, mit Sprachschwierigkeiten zu 45,8% und mit beeinträchtigtem Reaktionsvermögen zu 64,5% angetroffen. Zu 54,2% wurden die Kinder und Jugendlichen im Rahmen von Volksfesten alkoholisiert aufgegriffen und im Zuge der polizeilichen Maßnahmen konnten lediglich 34,2% der Eltern über das Antreffen benachrichtigt werden. Über die Projektleitung wurden 90,3% der Eltern alkoholisiert angetroffener Kinder und Jugendlicher mit der Elternbroschüre „Aktion Glasklar„ erreicht.
Im Zuge der Erhebung zur Projektbewertung durch die alkoholisiert angetroffenen Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern wurden insgesamt 141 Kinder und Jugendliche sowie 141 Elternteile angeschrieben. Die Rücklaufquote bei den Eltern betrug 31%, bei den Kindern und Jugendlichen 39,5%.
Zu 54,5% war den Eltern die Aktion „Jugend ohne Promille bekannt, weil sie Post von der Polizei erhalten hatten. 91% der Eltern gaben an, dass sie die Aktion der Polizei richtig finden und meinten, dass die Polizei dafür Sorge tragen muss, dass Kinder und Jugendliche keinen Alkohol trinken oder bekommen dürfen, weil sie als Eltern selbst nicht überall sein könnten und weil zu wenige Gastronomen sich an das Jugendschutzgesetz hielten. Knapp 60% der Eltern kannten die Bestimmungen zum Alkoholkonsum aus dem Jugendschutzgesetz. 95,5% der Eltern hatten mit ihren Kindern bereits über Substanzmissbrauch gesprochen und sind zu 77,3% dagegen, dass ihre Kinder Alkopops trinken. 72,7 % der Eltern kennen hinsichtlich Substanzmissbrauchprobleme staatliche Anlaufstellen oder Beratungsstellen freier Träger. 31,8% meinen, dass sich die Einstellung ihres Kindes, nachdem es von der Polizei kontrolliert worden war, im Umgang mit Alkohol verändert hätte. Die eigene Einstellung hätten 36,4% verändert.
50% der Kinder und Jugendlichen kannten die Aktion „Jugend ohne Promille„. Zu 85,7% hatten sie von der Aktion über die Eltern erfahren, weil die Post erhalten hatten. 44,4% fanden es in Ordnung, dass sie von der Polizei angehalten wurden, weil sie meinten, dass die Polizei dafür Sorge tragen muss, dass Kinder und Jugendliche keinen Alkohol trinken oder bekommen und weil sie selbst wissen, dass sie keinen Alkohol trinken dürfen. 67,7% der befragten Kinder und Jugendlichen trinken Alkohol aus Spaß, weil es dann lustiger ist und die überwiegende Mehrheit gab an, Alkohol bei Freunden, in Tankstellen und Supermärkten zu bekommen. 85,7% kennen das Jugendschutzgesetz und wurden zu 33% von den Eltern, 25% durch die Schule und 12% durch die Polizei informiert. Nachdem sie von der Polizei angehalten wurden, meinen 29,6%, dass sie ihr Verhalten im Umgang mit Alkohol verändert hätten, weil es ihnen zu über 50% peinlich war, von der Polizei mitgenommen worden zu sein.

Fazit
Das mittlerweile in die Alltagsorganisation übernommene Projekt „Jugend ohne Promille„ zeigt, dass konzertierte Aktionen behördlicher Institutionen und privater Organisationen zu Alkohol und Gewalt durch Aufklärungskampagnen und erhöhten Kontrolldruck durch die Polizei offensichtlich dazu beitragen, dass sich die Einstellung im Umgang mit Alkohol bei Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern verändert und somit das Risiko einer alkoholisierten Opfer- und Täterwerdung reduziert werden kann. Statistische Veränderungen, beispielsweise zu Sachbeschädigungen im öffentlichen Raum oder alkoholbedingter Körperverletzungen, werden erst mittelfristig erreichbar sein. Sicherlich nicht neu! Aber von ganz wesentlicher Bedeutung scheint es zu sein, Tankstellen und Supermärkte in entsprechende Aktionen mit einzubinden. Die Befragung hat gezeigt, dass Kinder und Jugendliche ganz offensichtlich keinen Alkohol über Gaststätten beziehen. Dies dürfte, abgesehen von den „1-Euro-Pub’s„, an den für sie zu hohen Preisen liegen. Tankstellen und Supermärkte gilt es im Zuge von Aufklärungskampagnen und möglichen Selbstverpflichtungserklärungen mit einzubeziehen. Nicht zuletzt ist hier im Zweifel auch der Gesetzgeber gefordert, um dem wahllosen Verkauf von Alkohol, insbesondere durch Tankstellen, Einhalt zu gebieten.
Weitere Informationen Informationen zur „Aktion Glasklar„ finden sich unter www.aktion-glasklar.de. Weitere In-formationen zum Projekt „Jugend ohne Promille„ finden sich unter www.eucpn.org .

Kontakt
KHK Stephan Rusch
Landeskriminalamt Bremen
In der Vahr 76, D-28329 Bremen
Tel.: +49 (0)421-36219287
E-Mail: [email protected]