Editorial Dezember 2006
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Sprengsatz-Funde in Regionalexpresszügen Ende Juli dieses Jahres in Koblenz und Dortmund haben sich als überaus gefährlich erwiesen und damit die Gefahrprognosen der Sicherheitsbehörden zur bitteren Realität werden lassen. Dank der guten Zusammenarbeit von Bundeskriminalamt, Bundesanwaltschaft und einer Reihe weiterer Sicherheitsbehörden konnten die mutmaßlichen Täter rasch gefasst werden. Mit diesen Taten könnte sich der von Usama bin Laden und seinen Helfern fortlaufend propagierte Djihad weiter verselbständigt haben. Hierzu hat zweifellos die vielfältige Nutzung des Internets maßgeblich beigetragen. Das Internet fördert durch einschlägige Veröffentlichungen nicht nur die Radikalisierung und Rekrutierung von Islamisten. Daneben bietet es eine Reihe von konspirativen Kommunikationsmöglichkeiten und auch konkrete Anleitungen zur Durchführung von Terroranschlägen, einschließlich dem Bombenbau.
Herbert Klein Kriminaldirektor, LKA Rheinland-Pfalz, Chefredakteur
Experten sprechen bereits von „virtuellen Trainingslagern“. Die Überprüfung und Fortschreibung der Bekämpfungsmaßnahmen ist in Fachgremien und auf politischer Ebene erneut zum Thema geworden. Neben den beiden Säulen der polizeilichen und nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin erscheint die nunmehr beabsichtigte Zusammenfassung einer verstärkten Überwachung des Internet in einer so genannten dritten Säule als sinnvolle Weiterentwicklung und ist von daher weitgehend unstrittig.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehördenund Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder (Gemeinsame-Dateien-Gesetz) hingegen ist zwischenzeitlich deutlich in die politische und öffentliche Diskussion geraten. Mit diesem Gesetzentwurf wird das Ziel verfolgt, die rechtlichen Grundlagen für die Errichtung einer gemeinsamen zentralen Antiterrordatei (ATD) sowie gemeinsamer Projektdateien von Polizeien und Nachrichtendiensten zu schaffen, um den notwendigen
Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden weiter zu verbessern. Experten fassen diese Forderung seit Jahren in der Formel zusammen: „Dem internationalen terroristischen Netzwerk, ein Netzwerk von Informationen der Sicherheitsbehörden entgegensetzen.“ Wenngleich dies international, also auch innerhalb der Europäischen Union, bislang wenig systematisch ent-
wickelt werden konnte, sollte dies nunmehr zumindest auf nationaler Ebene gelingen.
Während Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble die Antiterrordatei als ein unverzichtbares Instrument im Kampf gegen den Terror sieht, wenden sich Kritiker der Opposition aus FDP, Grünen und Linkspartei vor allem gegen eine drohende Verwischung der Grenze zwischen den Befugnissen von Polizei und Geheimdiensten. Der Bundesdatenschutzbeauftragte sieht schwerwiegende verfassungsrechtliche Risiken. Er merkt an, dass auch in Zukunft die Trennung von polizeilicher Exekutivgewalt und nachrichtendienstlichen Informationssammlungen gewahrt bleiben muss.
Vor diesem Hintergrund ist der zweite Teil des Beitrages „Das Trennungsgebot – Politisches Schlagwort oder verfassungsrechtliche Vorgabe?“ von Regierungsdirektor Dr. jur. Jens Singer, Bundeskanzleramt, nicht nur besonders aktuell, sondern könnte durchaus zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen.
Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Zierke, hat anlässlich der 50. Herbsttagung zum Thema „Netzwerk des Terrors- Netzwerke gegen den Terror“ die Bekämpfung als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe beschrieben und auch die Wirtschaft als Teil dieses Netzwerkes gesehen.
Dieter K. Sack M.A., Vice President und Leiter Corporate Security der BASF-Gruppe, stellt „Security bei einem Global Player“, der BASF in Ludwigshafen vor. Die BASF als das weltweit führende Chemieunternehmen mit einem Umsatz von über 42 Millarden Euro in 2005 beschäftigt derzeit weltweit rund 95 000 Mitarbeiter in über 170 Ländern. Vor dem Hintergrund, dass es in einem unsicheren Umfeld nicht möglich ist, nachhaltig und erfolgreich zu wirtschaften, verdeutlicht er die Kernaufgaben der Corporate Security. Über die Arbeitshypothesen „Der Globalisierung der Wirtschaft ist die Globalisierung der Kriminalität gefolgt. Was bisher nicht erfolgte, ist eine Globalisierung staatlicher Sicherheitsstrukturen“ und „Da weder europäische noch globale staatliche Securitystrukturen vorhanden sind, müssen sich die international agierenden Unternehmen selbst helfen“ beschreibt er nicht nur wesentliche Herausforderungen, sondern zeigt gleichzeitig die Grenzen der in erster Linie nationalstaatlich ausgerichteten Sicherheitsarchitekturen auf. Angesichts einer zunehmenden Globalisierung von Wirtschaft und Kriminalität insbesondere auch des Terrorismus, sind die Forderungen nach einer Vernetzung der Bekämpfungsmaßnahmen aktueller den je.
Die Fußball-WM war eine einzigartige Werbung für Deutschland und hat eine Reihe positiver Impulse mit sich gebracht. Teil des Gastgeberkonzeptes war auch die Gewährleistung eines Höchstmaßes an Sicherheit. Der bislang wohl größte Polizeieinsatz in Deutschland hat zu diesem Ergebnis nicht unwesentlich beigetragen.
Dies ist Anlass genug, wenige Wochen nach dem Ereignis die wesentlichen Erfahrungen in dem Artikel „Die FIFA-WM 2006 in Kaiserslautern - Eine Nachbetrachtung zu einem gelungenen Polizeieinsatz“ zusammen zufassen. Polizeidirektor Jürgen Schmitt, Leiter der Projektgruppe WM 2006 des Polizeipräsidiums Westpfalz, kommt über eine
Betrachtung der Arbeit der Polizei und insbesondere das Zusammenwirken mit den Verantwortlichen der Stadt Kaiserslautern zu dem Fazit, dass vor allem durch die umfassenden Kooperationen eine „Punktlandung“ gelungen ist.
Herbert Klein
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