Was können moderne Mikroflugroboter?

Von Dr.-Ing. Igor Tchouchenkov, Dr.-Ing. Rainer Schönbein und Florian Segor, alle vom Frauenhofer Institut Karlsruhe

Mikroflugroboter finden immer häufiger Anwendung in unterschiedlichsten Bereichen – nicht zuletzt deshalb, weil sie mit jedem Jahr leistungsfähiger, günstiger und damit auch zugänglicher werden1. Im Bereich der Sicherheitstechnik sind die luftgestützte Erkundung und Überwachung von großen Liegenschaften, Infrastruktur und Veranstaltungen, aber auch in schwer zugänglichen Arealen und in Katastrophengebieten nur einige Beispiele für aktuelle Anwendungen.

Die Flugroboter dienen als fliegende Trägerplattformen für Video- und IR-Kameras, Scanner, Radiometer, Gasdetektoren, Mikrofone und andere Sensoren. Daneben sammeln sie meteorologische Daten, dienen als Transporter für kleine abzusetzende Sensoren oder andere Gegenstände. Andererseits wird diese Technik mehr und mehr auch privat eingesetzt – leider nicht immer zum Wohle der Gemeinschaft2.
Bei Fluggeräten unterscheidet man anhand ihrer Auftriebsart zwischen Drehflüglern und Starrflüglern. Der Auftrieb eines Drehflüglers entsteht hauptsächlich durch mindestens einen, um eine (nahe)vertikale Achse drehenden, Rotor. Der Vortrieb kann sowohl von den motorisierten Rotoren (siehe Abb. 1) als auch von zusätzlichen Propellern kommen. Drehflügler können vertikal starten und landen, sich in jede Richtung bewegen sowie eine statische Position in der Luft annehmen.

Zu Starrflüglern zählen vor allem Propeller- und Strahlflugzeuge, deren Auftrieb hauptsächlich durch Luftströmungen an Flügeln entsteht. Starrflügler können nicht rückwärts fliegen und dürfen eine vom Flugzeugtyp abhängige Minimalgeschwindigkeit nicht unterschreiten (sonst droht der Absturz), sind dafür aber imstande, relativ große Entfernungen zurück zu legen. Sie brauchen i.d.R. relativ lange Start- und Landebahnen oder spezielle Vorrichtungen. Starrflügler sind bei gleicher Antriebsleistung meistens schneller als Drehflügler, haben längere Flugzeiten und sind weniger witterungsempfindlich.

In den Medien wird für die Bezeichnung der unbemannten Fluggeräte gelegentlich der Begriff „Drohne“ verwendet. In der Fachszene ist aber die Abkürzung UAV (Unmanned Aerial Vehicle) gebräuchlicher.

Die Bezeichnung UAS (Unmanned Aircraft System) umfasst das Gesamtsystem aus dem fliegenden UAV, der (Boden)Station zum Start und ggf. zur Landung, sowie der Station zur Führung und Überwachung des Fluges.
Ein UAV wird i.d.R. durch Funksignale ferngesteuert.

Die Reichweite der Steuerung und der Datenübertragung übersteigt in zivilem Bereich selten 2 km – abgesehen von wenigen Spezialsystemen mit wesentlich stärkeren Sendern. Einige Systeme können auch vorgegebene Routen automatisch abfliegen – meistens GPS-basiert. Die Positionsgenauigkeit der GPS-basierten Navigation beträgt ca. 3-5 Meter, was für viele Anwendungen ausreichend ist. Wird eine präzisere Navigation benötigt, können DGPS- oder kamerabasierte Positionierung zum Einsatz kommen. Letztere ist aber noch teuer, braucht viel Rechenleistung und ist dazu relativ störungsanfällig. Sind präzisere Flugmanöver vonnöten, werden die Flugsysteme in der Regel vom Boden aus durch einen geschulten Piloten gesteuert.

Abbildung 1: „Oktokopter XL“ aus Bausatz „HiSystems“

Abmessungen der modernen Flugroboter reichen von einigen Millimetern bis zu über 60 m Spannweite. Im zivilen Bereich kommen am häufigsten kleine Drehflügler mit Abmessungen von unter 1 Meter und Elektroantrieb zum Einsatz. 4, 6 oder 8 Elektromotoren sind der Regelfall und bei einem Eigengewicht von maximal 1-2 Kilo können diese Flugsysteme bis zu 1 Kilogramm Nutzlast tragen – am häufigsten ist das eine Kamera. Die Mikroflugroboter sind sehr manövrierfähig, präzise steuerbar und erreichen Fluggeschwindigkeiten je nach Typ von 50-80 km/h, was bei der Flughöhe von über 100 Meter und einer Flugdauer bis ca. 30 Minuten eine schnelle Erkundung auch größerer Gebiete ermöglicht. Wird eine dauerhafte Beobachtung eines bestimmten Bereiches benötigt, kann man einen Mikroflugroboter an einer passenden Stelle landen und damit eine mögliche Beobachtungsdauer deutlich verlängern. Es gibt „professionelle“ UAVs, deren Preise im Bereich von einigen zehntausend Euro liegen3-4, aber mittlerweile auch kostengünstige Systeme,häufig in Form von Bausätzen, die durchaus mit professionellen Systemen mithalten können5-7. In Abb. 1 ist ein „Oktokopter XL“ aus einem ca. 2000 Euro teuren über Internet erhältlichen Bausatz der Fa. „HiSystems“ zu sehen, der bei Abmessungen von 1 m und einem Eigengewicht von ca. 2500 g mit einer Nutzlast von über 1 kg und Geschwindigkeit bis ca. 80 km/h fliegen kann.

UAVs unterschiedlicher Typen kommen bei Ordnungs- und Rettungskräften immer häufiger zum Einsatz. Vor allem ist ihre Fähigkeit gefragt, schnell, preiswert und auch relativ unauffällig einen Überblick von oben zu verschaffen. Die aufgenommenen Bilder und Videos können gespeichert werden oder über eine drahtlose Verbindung übertragen werden sowie ggf. über Internet autorisierten Benutzern zur Verfügung gestellt werden. Einzelne Bilder können automatisch zu einem Mosaik („Bildteppich“) fusioniert werden, dies bildet eine gute Grundlage zur operativen Lagedarstellung (siehe Abb. 2).

Abbildung 2: Ein hochauflösender „Bildteppich“ aus mehreren Bildern

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