Eingriffsbefugnisse für eine Präventive Gewinnabschöpfung
Von KD a.D. Ernst Hunsicker, Bad Iburg1
Es sind viele verwaltungsgerichtliche Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz zur Präventiven Gewinnabschöpfung aus den Bundesländern2 und durch den Zollfahndungsdienst3 bekannt. Nunmehr wurde ein wohl erstes Verfahren der Bundespolizei nach dem BPolG rechtskräftig abgeschlossen. Auch nach dem BKAG ist die Präventive Gewinnabschöpfung möglich und besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang § 29a NPOG-E4 zu.
1 Verwaltungsgerichtliches Verfahren der Bundespolizei
Nach meinem Informationsstand war die Bundespolizei zwar an einem Verfahren der Präventiven Gewinnabschöpfung beteiligt5, aber die gefahrenabwehrenden Maßnahmen erfolgten nicht nach dem BPolG, sondern nach dem Nds.SOG. Nunmehr zu einem Sachverhalt und zu einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung6 nach dem BPolG.
1.1 Leitsätze des Autors zum Urteil des VG Stuttgart v. 17.8.20177
- Der in Spanien lebende gambische Staatsangehörige ist einschlägig vorbestraft.
- Bei seiner Kontrolle durch die Bundespolizeiinspektion Konstanz wurde am 13.7.2016 am Bahnhof Konstanz festgestellt, dass er von der StA Hamburg zur Aufenthaltsermittlung wegen Verstoßes gegen das BtMG ausgeschrieben war.
- In seinem Koffer befand sich ein in Alufolie verpacktes und mit einer Hose umwickeltes Paket, das Bargeld im Wert von 17.640 € enthielt. Es handelte sich um Euronoten in szenetypischer Stückelung.
- Der Prozessbevollmächtigte beantragte die Freigabe des Geldes mit dem Hinweis, dass sich der Kläger von dem ersparten Geld in Deutschland einen gebrauchten Mercedes-Benz kaufen wolle.
- Mit Bescheid vom 24.1.2017 wies das Bundespolizeipräsidium den Widerspruch zurück und ordnete den sofortigen Vollzug der Sicherstellungsverfügung an.
- Außerdem untersagte es das Bundespolizeipräsidium auf der Grundlage des § 14 BPolG i.V.m. §§ 135, 136 BGB, den sichergestellten Bargeldbetrag zu veräußern, abzutreten oder in anderer Weise über den Betrag rechtsgeschäftlich zu verfügen.
- Die Sicherstellung des Bargeldes war erforderlich, um die gegenwärtige Gefahr abzuwehren (§ 47 Nr. 1 BPolG).
- Die durch die Bundespolizeiinspektion Konstanz am 13.7.2016 verfügte Sicherstellung des Bargeldes ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
- Für die Herkunft eines sichergestellten Bargeldbetrages aus dem Drogenhandel können folgende Gesichtspunkte sprechen: Hoher Geldbetrag, Versteckthalten oder zumindest Aufbewahrung an einem ungewöhnlichen Ort, szenetypische Stückelung der Geldscheine, nicht plausibel erklärte Herkunft der Mittel, Verdachtsmomente aus der organisierten Kriminalität, einschlägige strafrechtliche Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen.
- Die Maßnahme ist verhältnismäßig, geeignet und erforderlich, um die aufgezeigte gegenwärtige Gefahr abzuwehren.
- Somit hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Herausgabe des Geldes nach § 50 BPolG.
2 Rechtsgrundlage im BKAG
Gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 BKAG (Sicherstellung) kann das Bundeskriminalamt eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Die §§ 48 bis 50 des BPolG8 gelten entsprechend. § 60 BKAG entspricht wiederum § 32b ZFdG (Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung) und ist mit den einschlägigen Vorschriften der allgemeinen Gefahrenabwehrgesetze der Bundesländer vergleichbar. Somit ist eine Präventive Gewinnabschöpfung auch durch das Bundeskriminalamt möglich, wobei mir nicht bekannt ist, ob diese Polizeibehörde bisher überhaupt entsprechende Verfahren eingeleitet, durchgeführt bzw. abgeschlossen hat.
3 Sicherstellung von Forderungen und gefahrenabwehrende Einziehung nach § 29a NPOG-E
Der ursprüngliche Gesetzentwurf (Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung)9 enthielt noch eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Sicherstellung von Buchgeld (§ 26a), um – laut Begründung – eine festgestellte planwidrige Regelungslücke zu schließen.10 § 26a wurde aber inzwischen aus dem Gesetzentwurf gestrichen und durch § 29a NPOG-E11 (Sicherstellung von Forderungen – insbesondere von Buchgeld) ersetzt, zusätzlich die gefahrenabwehrende Einziehung in diese geplante Rechtsnorm aufgenommen (§ 29a Abs. 3, 4 NPOG-E).
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