Editorial Juni 2009
Liebe Leserin, Herbert Klein Kriminaldirektor, LKA Rheinland-Pfalz, Chefredakteur erneut bestimmt die Thematik islamistischer Terrorismus die aktuelle Ausgabe. Da in Deutschland zuletzt weder Anschläge, noch spektakuläre Festnahmen bekannt geworden sind, stellt sich die kritische Frage, ob damit subjektive Unsicherheit erzeugt wird.
lieber Leser,
Nach Überzeugung aller Sicherheitsbehörden bewegt sich die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus auf einem unvermindert hohen Niveau. „In den ersten Monaten dieses Jahres haben die deutschen Sicherheitsbehörden im Bereich des islamistischen Terrorismus eine rasante Zunahme von Ausreisefällen beobachtet„, heißt es in einer Stellungnahme für den Rechtsausschuss des Bundestages. Es besteht offenbar ein erhebliches Sicherheitsrisiko, weil zu befürchten ist, dass die Betroffenen in Terrorcamps gereist sind oder Anschluss an kämpferische Auseinandersetzungen suchen. Daneben sind dieses Jahr bereits mehrere Terrorvideos mit Deutschlandbezug im Internet erschienen.
Vor diese Hintergrund gewinnt der Beitrag von Dr. Dott. Christiane Nischler MBA, vom Strategischen Innovationszentrum der Bayerischen Polizei (SIZ), unter dem Titel „Home-grown – Terrorismus und Radikalisierungspotenziale in Deutschland„ Hintergründe und präventive Ansätze aus polizeilicher Sicht, eine besondere Relevanz. Frau Dr. Nischler
geht der zentralen Fragestellungen nach, welche Zusammenhänge zwischen dem Phänomen der Radikalisierung und dem sogenannten „Home-grown„ Terrorismus bestehen und welches die begünstigenden Faktoren sind, bei denen langfristig erfolgreiche Präventionsmodelle ansetzen müssen.
Die Polizei stellt mit ihrem sowohl präventiv als auch repressiv ausgerichteten Aufgabenfeld einen wichtigen Handlungsträger dar; allerdings ist nach ihrer Überzeugung das Phänomen der Radikalisierung per se ein gesamtgesellschaftliches. Die Verbreitung des entsprechenden Gedankenguts über das Internet als „virtuelle Universität„ spielt nach ihrer Ansicht zwischenzeitlich eine größere Rolle als der gemeinsame Kampf- oder Trainingserfahrungen in Ausbildungscamps. Es wird den Biografien jener Personen nachgegangen, welche in „Home-grown„ Netzwerke involviert sind.
Hier handelt es sich primär um Muslime der ersten bzw. zweiten Einwanderergeneration, welche trotz scheinbar geglückter Integration Radikalisierungsprozesse durchlaufen, die zumindest potenziell zur Anwendung von Gewalt führen können. Über eine (schematische) Darstellung von Radikalisierungsprozesses und die Betrachtung der „ideologischen Komponente„ zeigt Frau Dr. Nischler Präventionsansätze auf. Der geforderte ganzheitliche Ansatz schließt nachvollziehbar das ressortübergreifende Zusammenwirken der Polizei mit Behörden und Verbänden aus der Politik und Wirtschaft ebenso wie mit nicht-staatlichen Akteuren sowie den Medien und lokalen Initiativen ein.
„Terroristische Anschläge auf Bahnen und Luftverkehr„ titelt Dr. Helmut Albert, Direktor des saarländischen Landesamtes für Verfassungsschutz, seinen Beitrag. Er setzt sich mit der Frage auseinander, „Wie gefährlich lebt der mobile Bürger?„ angesichts der Anschläge in New York, Madrid und London. Öffentliche Verkehrsmittel waren jeweils das Ziel bzw. Tatmittel der Terroristen. Der deutlich unterlegene Terrorist begeht zur Durchsetzung seiner politischen Ziele Attentate und setzt auf psychologische Momente. Über eine Betrachtung von Anschlägen auf Verkehrsmittel in der Vergangenheit befasst sich Dr. Albert mit Abwehrmöglichkeiten, beispielswese durch ständig verbesserte Sicherheitsmaßnahmen. In einem Ausblick stellt er fest, dass Flugzeuge und Bahnen auch unter den Bedingungen des islamistischen Terrorismus die sichersten Verkehrsmittel bleiben werden.
Wichtig erscheint ihm, dass sich Bevölkerung und Politik mental auf den Fall eines Terroranschlages in Deutschland vorbereiten. Insbesondere dürfen rechtsstaatliche Errungenschaften, die oft mühsam erkämpft worden sind, nicht unter dem Eindruck eines einzelnen Geschehnisses geopfert werden, auch wenn dieses noch so schrecklich ist.
Lichtbildvorlagen und Identifizierungsgegenüberstellungen gehören zu den Standardmaßnahmen bei der Durchführung von Ermittlungsverfahren. Damit der Beweiswert der Identifizierungsmaßnahme einer richterlichen Beweiswürdigung Stand hält, gilt es Qualitätsstandards zu gewährleisten. Dr. Heiko Artkämper, Staatsanwaltschaft Dortmund, beschreibt in seinem Beitrag „Qualitätsstandards bei Lichtbildvorlagen und Identifizierungsgegenüberstellungen„ Die Rahmenbedingungen, um den beschriebenen Anforderungen gerecht zu werden.
Hierzu zählt insbesondere Vorbereitung und Durchführung der Maßnahmen, beispielsweise durch das Schaffen von Auswahlmöglichkeiten, und die Dokumentation, um eine Rekonstruktion in der Hauptverhandlung zu ermöglichen.
Herbert Klein
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Mit ihrem aktuellen und vielfältigen Themenspektrum, einer Mischung aus Theorie und Praxis und einem Team von renommierten Autorinnen und Autoren hat „Die Kriminalpolizei“ sich in den vergangenen Jahren einen ausgezeichneten Ruf erworben.
Erklärung einschlägiger Präventions-Begriffe
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