
Editorial Juni 2007
Liebe Leserin,
lieber Leser,
der internationale islamistische Terrorismus hat sich zur größten Bedrohung für die internationale Staatengemeinschaft und zunehmend auch für Deutschland entwickelt. Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten ist man auch in Deutschland bemüht, mögliche Ursachen zu erkennen, um durch vielfältige präventive und repressive Maßnahmen das Phänomen einzudämmen. Neben einer verbesserten Integrationspolitik wird dem Dialog mit den Muslimen in Deutschland eine besondere Bedeutung beigemessen.
Herbert Klein Kriminaldirektor, LKA Rheinland-Pfalz, Chefredakteur
Dr. Marwan Abou Taam, Politik- und Islamwissenschaftler aus Mainz, erkennt in seinem Betrag „Deutschland zwischen Integration und Islamismus„ eine häufige Nicht-Integration von Migranten und hier insbesondere von Kindern. Diese Entwicklung drückt sich seiner Auffassung nach heute in der Bildung von Ghettos und Parallelgesellschaften aus. Ganz besonders bei Muslimen findet eine Abschottung statt, die uns verdeutlicht, dass der bloße Kontakt mit der deutschen Kultur nicht gleichzeitig zur Übernahme ihrer Werte führt, so Dr. Abou Taam. Die aus dieser Entwicklung resultierende neue soziale Wirklichkeit in Deutschland ist durch ein Wechselspiel von Frustration und Gewalt gekennzeichnet. Im Ergebnis plädiert er für ein Staatsbürgerbewusstsein, dass am besten langfristig in der Schule bei den Kindern entwickelt werden muss. Die Schule ist der wichtigste öffentliche Ort, an dem der Staat die Staatsbürgerschaft und die Vorzüge der Demokratie und der in ihr beheimateten Freiheitsrechte propagieren kann. Damit kann der Staat seine Integrationspolitik speziell auf die Interessen der Kinder richten, die patriarchalischen Strukturen in den (muslimischen) Familien umgehen und langfristig aufbrechen. Die Kinder sind nach Auffassung von Dr. Abou Taam nicht nur doppelte Opfer (Daheim und in der Gesellschaft), vielmehr sind sie auch das Potenzial für die Zukunft.
Am 20. April 2007 ging folgende Meldung um die Welt: „Der 23-jährige Südkoreaner Cho hatte am Montag an der Technischen Hochschule von Virginia in Blacksburg/USA 32 Kommilitonen und Lehrkräfte erschossen, bevor er sich selbst tötete.„ Erfurt und Emstetten stehen in Deutschland für „Gewalt an Schulen: Das Amok-Phänomen„.
Robert F. J. Harnischmacher, Lehrbeauftragter der Ruhr-Universität Bochum, Juristische Fakultät, befasst sich mit einer phänomenologischen Betrachtung und erkennt dabei Warnsignale.
Unter dem Titel „Roter Kosar" – eine nicht alltägliche Brandstiftungsserie – berichtet Stefan Heinz, Kriminaloberrat beim Polizeipräsidium Koblenz, aus der interessanten Perspektive des Polizeiführers vom Verlauf der Ermittlungen im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Kapitalverbrechen.
Anfang 2006 gehen bei einer Stadtverwaltung und einem privaten Fernsehsender per E-Mail gleich lautende Schreiben ein, wonach die Polizei Rheinland-Pfalz aufgefordert wurde, ihre Internetseite zu löschen. Sollte dieser Aufforderung nicht innerhalb von 24 Stunden Folge geleistet werden, drohte der Absender damit, in der Umgebung Brände zu legen. Unterzeichnet hatte er mit dem Pseudonym „Roter Kosar„. Erste Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Drohung wurden wenige Tag später zerstreut, nachdem der Täter versucht hatte, ein Bekleidungsgeschäft in Brand zu setzen. Der entstandene Sachschaden war relativ gering, Personen kamen nicht zu Schaden. In einer Tatbekennung wurden weitere Brandstiftungen angekündigt.
Kriminaloberrat Heinz beschreibt aus seinem ganz persönlichen Erleben die polizeilichen Maßnahmen: Bildung einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO) mit den Abschnitten Ermittlungen, Schutzmaßnahmen, Fahndung, Verhandlungen und Einsatz begleitende Öffentlichkeitsarbeit. Hinzu kommt die Einbindung von Berater- und Verhandlungsgruppe und die Operative Fallanalyse des Landeskriminalamtes sowie eine linguistische Analyse durch die Spezialisten des Bundeskriminalamtes.
Die Brandserie eskalierte schließlich mit dem Anzünden eines mit Gerümpel und Brennholz gefüllten Schuppens. Glücklichen Umständen war es zu verdanken, dass der Brand nicht auf ein angrenzendes Mehrfamilienhaus und die anderen Nachbarhäuser übergegriffen hat. Trotz diverser Rückschläge hatte das interessante und engagiert umgesetzte Fahndungskonzept, dass unter anderem so genanntes WLAN-Scannen zum Gegenstand hatte, schließlich den lange angestrebten Erfolg – die Festnahme eines 38-jährigen österreichischen Staatsbürgers.
Am 7. Mai dieses Jahres hat das Bundespräsidialamt bekannt gegeben, dass Bundespräsident Horst Köhler über die Gnadengesuche von Christian Klar und Birgit Hogefeld entschieden hat. Die Entscheidungen lauten wie folgt: „Der Bundespräsident hat entschieden, von einem Gnadenerweis für Herrn Christian Klar abzusehen.„ und „Der Bundespräsident sieht sich nicht in der Lage, dem Gnadengesuch von Frau Birgit Hogefeld, rechtskräftig verurteilt seit dem 6. Januar 1999 zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe, derzeit – im vierzehnten Haftjahr – zu entsprechen. Der Bundespräsident wird jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden.„
Anknüpfend an die, der Entscheidung des Bundespräsidenten voraus gegangenen Diskussion beschreibt Generalstaatsanwalt Norbert Pflieger, Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart, unter dem Titel „Haftentlassung von Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar?„ in seinem Beitrag die Abgrenzung zwischen gerichtlicher Bewährungsentlassung und eine Freilassung durch Gnadenerweis.
Ihr Herbert Klein
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