Kurzbeitrag: Kinder im Ermittlungsverfahren
Von POK Andreas Peters, Schwerin¹
Ich möchte in diesem Kurzbeitrag den Fachaufsatz von KOK`in Julia Luther aus Kiel in dieser Fachzeitschrift ergänzen.2
Im Praxistest ihrer theoretischen Ausführungen werden strafunmündige Kinder zumindest im Land Mecklenburg-Vorpommern – z.B. bei Grundschulsachverhalten in Form von einfachen Rangeleien und dünnhäutigen Übervorsorgeeltern – bei einem entsprechenden Verdacht sehr wohl in den polizeilichen Bearbeitungssystemen als Tatverdächtige erfasst und insoweit bereits Bestandteil eines gesetzlich nicht zulässigen Ermittlungsverfahrens. Der zu erstellende Vorgang wird später an die zuständige Staatsanwaltschaft abverfügt.
Ich habe gegen diese Verfahrensweise schriftlich remonstriert und bin weiterhin der Meinung, dass der Tatbestand des § 344 StGB (Verfolgung Unschuldiger) im Raume steht3, einer Vorschrift, die dem Schutz der Rechtspflege dient.4
Der Verweis der zuständigen Staatsanwaltschaft auf eine mögliche parallele Zuständigkeit, eine Verständigung und/oder Überleitung an das Jugendamt, die Schule, das Familiengericht, die Jugendhilfe oder das Schulamt greifen de jure nicht, weil es dafür keine Ermächtigung im Strafverfahrensrecht gibt und lediglich Einzelzuständigkeiten der genannten Institutionen, welche bei Bedarf aufzurufen sind, existieren.
Es hilft im Ergebnis nicht weiter, „Fachbeiträge des Sonnenscheins“ zu verfassen, wenn es tatsächlich regnet.
Anmerkungen
- Der Autor ist Polizeioberkommissar und derzeit im Bereich der Online-Anzeigen in der Polizeiinspektion Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern tätig. Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Verfassers wieder.
- Luther, Kinder im Ermittlungsverfahren – Möglichkeiten und Grenzen der Vornahme strafprozessualer Maßnahmen, Die Kriminalpolizei 3/2023, S. 26 (Teil 1) und 4/2023, S. 22 (Teil 2).
- Vgl. dazu Fischer, Strafgesetzbuch, 71. Auflage 2024, § 19, Rn. 32 und § 344, Rn. 4.
- So Fischer, a.a.O., § 344, Rn. 1; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, Strafgesetzbuch, 30. Auflage 2023, § 344, Rn. 1.
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