Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen
Wer trägt die Kosten?
Von Ass. jur. Karina Jakubowski, Berlin*
Das Bundesverfassungsgericht verhandelte am 25. April 2024 über die Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 548/22) der Deutschen Fußballliga (DFL) zur Kostenbeteiligung bei Hochrisikospielen. Zur mündlichen Verhandlung waren unter anderem der Senator für Inneres der Freien Hansestadt Bremen, Ulrich Mäurer (SPD), Vertreter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), des Bundesligavereins SV Werder Bremen, des Deutschen Städtetages, des Bundes der Steuerzahler und der Bundesrechtsanwaltskammer geladen. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) war als sachkundige Dritte im Verfahren vertreten.
In seinem Statement machte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichtes deutlich, dass es um mehr gehe als nur eine rein juristische Bewertung des Sachverhalts. Die Arbeitsstunden im Kontext von Fußballspielen nähmen seit Jahren zu. Allein in der Saison 2022/2023 lag die Arbeitsbelastung der Polizeibehörden laut dem Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) bei über 2,4 Millionen Stunden. Hinter dieser Zahl stecke ein enormer Arbeitsaufwand, der vor allem in dem hochkomplexen und professionellen Verfahren zur Einsatzplanung und Einsatzleitung begründet liege, unterstrich Kopelke.
Klar ist: Mit dem Einsatz am Spieltag ist es nicht getan. Bereits in der Vorbereitung der Polizeieinsätze zeigt sich die Komplexität der bundesweiten Einsatzbewältigung. Denn die Kräfteverfügbarkeit bemisst sich auch anhand von arbeitsrechtlichen Vorgaben. Arbeitszeitverordnungen, Mitbestimmungsvorgänge, Arbeitsschutz und vieles mehr ist bei Polizeieinsätzen stets zu berücksichtigen. Personal steht nicht unbegrenzt zur Verfügung. Trotzdem ist der Bedarf an Unterstützung enorm. An den Spieltagen wird deutlich: Hier sind unterschiedliche Fertigkeiten und Menschen im Einsatz. Auch dem Bundesverfassungsgericht dürfte inzwischen klar sein: Von Fußballeinsätzen sind Polizeibeschäftigte aus allen Bereichen betroffen. Sie leisten wöchentlich herausragende Arbeit für die Sicherheit bei Sportveranstaltungen.
Bereits seit 2015 streiten die Freie Hansestadt Bremen und die Dachorganisation des Deutschen Profifußballs um die Frage, ob Fußballvereine für die Polizeikosten bei Fußballspielen, die als Hochrisikospiele eingestuft werden, aufkommen müssen. Die vom Land Bremen gegenüber der DFL erlassenen Gebührenbescheide für einen Polizeieinsatz im Rahmen des Spiels der 1. Bundesliga zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV lösten einen Rechtsstreit aus. Grundlage für den Erlass dieser Gebührenbescheide bildet eine im Land Bremen geltende Regelung des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes, welche es erlaubt, bei Großveranstaltungen dem Veranstalter die Kosten des Polizeieinsatzes aufzuerlegen. Bremen ist damit Vorreiter gegenüber allen anderen Bundesländern. Die DFL weigerte sich die Gebühren zu bezahlen und klagte zunächst mit Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Bremen. Das Gericht folgte der Auffassung der Klägerin, welche verfassungsrechtliche Bedenken gegen den zugrundeliegenden Gebührentatbestand äußerte und mithin auch die auf Grundlage der gegenständlichen Regelung erlassenen Gebührenbescheide für rechtswidrig hält. Diese Entscheidung kassierten die nachfolgenden Instanzen. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 29.3.2019, Az. 9 C 4.18) als zuständiges Revisionsgericht hat die Sache im Jahr 2021 „abschließend“ entschieden und stellte die Vereinbarkeit der bremischen Regelung mit dem Grundgesetz fest.
Bei Verfassungskonformität der Bremer Regelung ist zu erwarten, dass weitere Bundesländer nachziehen und eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffen.
Anmerkungen
* Karina Jakubowski ist Volljuristin und Referentin beim Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
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