Kriminalitätsbekämpfung

Umweltschutz als wasserschutzpolizeiliche Aufgabe

Von EPHK Uwe Jacobshagen, Hamburg


Das Thema Umweltschutz gewinnt in der Arbeit der Polizei immer mehr an Bedeutung. Gerade bei der Kontrolle von Wasserfahrzeugen auf dem Gebiet der Seeschifffahrt, wo die Antriebsmaschinen mit Schwerölen angetrieben werden dürfen, deren Abgase bis zu 0,5% Schwefel enthalten können, ist eine Beachtung der umweltrechtlichen Vorschriften durch Entwicklung und Anwendung moderner Technik sehr wichtig.

 

1 Einführung

 

Das Wort Umweltschutz ist in der Bundesrepublik am 7.11.1969 entstanden, als Mitarbeiter des damaligen Innenministers Hans-Dietrich Genscher den Begriff „Environment Protection“ aus den USA übernahmen und wörtlich übersetzten. Mit Verfassungsänderung im Oktober 1994 wurde der Art. 20a und damit der Umweltschutz in das Grundgesetz als Staatsziel eingefügt und damit festgeschrieben, dass der Staat „auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung“ schützt. Staatsziele sind, laut einer Definition der Sachverständigenkommission „Staatsziele – Gesetzgebungsaufträge“ Verfassungsnormen mit rechtlich bindender Wirkung. Der Jurist Werner Hoppe bezeichnete sie einmal in der im Jahr 2000 erschienenen Publikation „Umweltrecht“ als „Richtlinie und Direktive des staatlichen Handelns“.2


Mittlerweile werden etwa 90% aller Waren weltweit mit Seeschiffen transportiert. Die meisten Seeschiffe werden mit Schweröl (heavy fuel oil – HFO) betrieben, einem Rückstandsöl aus der Destillation oder aus Crackanlagen der Erdölverarbeitung. Schweröl enthält bedeutend mehr Schwefel als z.B. Kraftstoffe, die an Land eingesetzt werden. Die Schifffahrt belastet die Meeresumwelt erheblich, nicht nur durch Öl und Schiffsabgase, sondern auch durch Chemikalien, Schiffsabwasser und Schiffsmüll. Schätzungen gehen davon aus, dass die weltweit rund 50.000 Seeschiffe jährlich etwa 370 Mio. Tonnen Schweröl verbrauchen.3 Die Entwicklung moderner Technologien muss daher in allen Bereichen der Schifffahrt mit der Novellierung der Umweltvorschriften Schritt halten. Der Gütertransport per Binnenschiff auf deutschen Wasserstraßen steht an dritter Stelle hinter dem Transportaufkommen auf der Straße und auf der Schiene. Wie bei der Seeschifffahrt gibt es in der Binnenschifffahrt eine Reihe unterschiedlicher Schiffstypen – neben Motorgüter-, Container- und Autotransporterbinnenschiffen existieren verschiedenste Arten von Schlepperschiffen und Tankmotorschiffen. Vorteile des Schiffsverkehrs sind die allgemein niedrigen Transportkosten. Die Emissionen sind verglichen mit dem LKW-Verkehr, gerade in der Schifffahrt, insbesondere der Binnenschifffahrt, erheblich geringer. Kein anderer Verkehrsträger ist in der Lage, die gleiche Verkehrsleistung so umweltfreundlich zu erbringen wie das Verkehrssystem Binnenschiff/Wasserstraße.


Im Vergleich zwischen dem Lkw-Verkehr und dem Transport mit Binnenschiffen wurde festgestellt, dass die Umweltbelastungen während des gewerblichen Straßenverkehrs bedeutend höher sind als auf den Wasserstraßen. Als Emissionen werden Stickstoffoxide, Kohlenwasserstoffe, differenziert nach Methan und Nicht-Methan-Kohlenwasserstoffen sowie Benzol, Kohlenmonoxid, Partikel, Ammoniak, Distickstoffoxid, Kohlendioxid und Schwefeldioxid erfasst. Bilanziert werden die direkten Emissionen einschließlich der Verdunstungsemissionen und diejenigen Emissionen, die in der dem Endenergieverbrauch vorgelagerten Prozesskette entstehen.4 Jeder Schiffsverkehr geht mit einer Belastung der Umwelt einher und diese lässt sich nicht vermeiden. Durch Rechtssetzung und vor allem Rechtsanwendung kann eine Belastung der Umwelt nur minimiert und damit eine Verschlechterung der Umwelt verhindert werden. Jeder Beteiligte an dem Transport von Gütern und Personen auf dem Wasser, also Schifffahrtstreibende, Behörden und Nutzer des Gemeingebrauchs, tragen Verantwortung für die Reinhaltung der Umweltmedien gegenüber künftigen Generationen.


Nur durch Kenntnis der Umweltrechtsvorschriften und deren strikte Anwendung lässt sich eine Verschlechterung der Umwelt aufhalten und deren Belastung so gering wie möglich halten.

 

 

2 Entwicklung des Umweltrechts in Deutschland


„Umweltschutz ist die Gesamtheit der Maßnahmen, welche die Umwelt des Menschen vor schädlichen Auswirkungen der Zivilisation schützen“.5Der Ansatz des Umweltstrafrechts in Deutschland war lange umstritten und konnte letztendlich erst durch die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG geklärt werden. Streitgegenstand war die Frage, ob der Umweltschutz einen reinen Schutz der Ökologie und damit der Natur zu dienen hat (ökologische Sicht) oder ob der Mensch im Mittelpunkt des Umweltschutzes zu stehen hat (anthropozentrische Sicht). Mit der Erweiterung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland am 27.10.1994 wurde die ökologisch-anthropozentrische Sicht als Staatsziel definiert und der Mensch somit als Teil der Ökologie betrachtet, die es zu schützen gilt.


Ursprünglich enthielt das Grundgesetz kaum umweltbezogene Inhalte. Doch mit der fortschreitenden technischen und industriellen Entwicklung traten zunehmend Umweltprobleme zutage. So wuchs in den siebziger Jahren mit der Verschmutzung von Luft, Boden und Gewässern in der Bevölkerung auch das Bewusstsein für Umweltschutz.


Bereits 1971 hatte die SPD ein Grundrecht auf Umweltschutz in ihr Umweltprogramm aufgenommen. Doch es waren vor allem die Grünen, die in den frühen 1980er-Jahren für ein solches Grundrecht eintraten. Ihr Ziel: Bürgerinitiativen oder Verbände sollten bei Umweltverschmutzungen klagen können. Durchsetzen konnte sich die Partei mit dieser Forderung aber nicht, im Dezember 1983 lehnte eine Sachverständigenkommission des Innenministeriums die Einführung eines Grundrechts ab und schlug stattdessen die Einführung eines Staatsziels Umweltschutz vor.6


Im Verlauf der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre erwachte – in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche (insbes. Studentenbewegung) – allmählich das gesellschaftliche Interesse am Umweltschutz und führte zu lebhafter werdenden Diskussionen. Daraus entwickelte sich unter einer sozial-liberalen Koalition das erste Umweltprogramm der Bundesregierung vom 29.9.1971. Verdient gemacht hat sich das Umweltprogramm von 1971 nicht zuletzt auch dadurch, dass die elementaren Prinzipien der (west-)deutschen Umweltschutzgesetzgebung, das Vorsorgeprinzip, das Verursacherprinzip und das Kooperationsprinzip, in ihm erstmals formuliert wurden.


Diese Ziele wurden im Weiteren folgendermaßen definiert:


A Nachhaltigkeitsprinzip: Erneuerbare Naturgüter dürfen auf Dauer nur im Rahmen ihrer Regenerationsfähigkeit genutzt werden, um zukünftigen Generationen nicht verloren zu gehen. Nicht erneuerbare Naturgüter dürfen nur in dem Maße genutzt werden, wie ihre Funktionen durch andere Materialien oder andere Energieträger ersetzt werden können.


B Vorsorgeprinzip: Umweltrecht soll nicht nur zur Schadensbekämpfung oder -vermeidung dienen, sondern es soll als vordringlichste Aufgabe Umweltbelastungen gar nicht entstehen lassen.


C Verursacher- bzw. Gemeinlastprinzip: Beeinträchtigungen der Umwelt sind grundsätzlich dem konkreten Verursacher zuzurechnen; diesem ist dann die Verpflichtung zur Beseitigung oder zum Ausgleich der Umweltschädigung aufzuerlegen (UmwHG, BGB).


D Kooperationsprinzip: Im Umweltschutz soll Kooperation vor Konfrontation gehen, d. h., dass Maßnahmen, die zur Vermeidung oder zum Ausgleich von Umweltschädigungen erforderlich sind, im Einvernehmen mit den Betroffenen durchgeführt und nicht durch staatlichen Zwang herbeigeführt werden sollen.


Der Folgeprozess, der auch die am 5.6.1972 beginnende erste Umweltkonferenz der Vereinten Nationen in Stockholm flankierte, ist von umfangreichen Gesetzgebungsaktivitäten des Bundes begleitet worden – es wird in diesem Zusammenhang von der „Pionierphase der Umweltgesetzgebung“ gesprochen.


Das Umweltrecht in Deutschland wurde dann erst mit der Neuschaffung des 29. Abschnitts im StGB durch das 18. StrÄndG – Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität – vom 28.3.1980 sortiert und durch Rechtsnormen hinterlegt. Dadurch wurde der 29. Abschnitt in das StGB neu aufgenommen und u.a. die Strafrechtsnormen § 324 StGB (Gewässerverunreinigung), § 325 StGB (Luftverunreinigung und Lärm) und § 326 StGB (Umweltgefährdende Abfallbeseitigung) geschaffen. Gleichzeitig wurden u.a. die neu gefassten §§ 324, 326 StGB als „Katalogstraftaten“ in den vorhandenen § 5 StGB (Auslandstaten mit besonderem Inlandsbezug) aufgenommen. Dies jedoch noch mit der Einschränkung, dass die Tat im Bereich des deutschen Festlandsockels begangen worden sein muss. Später wurde der Tatort auf die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone beschränkt, aber nur soweit völkerrechtliche Übereinkommen zum Schutze des Meeres7 ihre Verfolgung als Straftaten gestatten.

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