Editorial

Editorial März 2011

Liebe Leserin,
lieber Leser,
der heimtückische Überfall am 25. April 2007 in Heilbronn auf eine Polizeibeamtin und einen Polizeibeamten, der die Polizeimeisterin Michèle Kiesewetter, damals 22 Jahre alt, das Leben kostete, konnte noch immer nicht geklärt werden. Das Ereignis stand in der Folge im Mittelpunkt einer der größten Fahndungsaktionen, die sich nicht nur über den südwestdeutschen Raum, sondern auch bis nach Österreich und Frankreich erstreckte. Es war die DNA-Spur einer unbekannten weiblichen Person (UWP), die seit dem Mai 1993 bei 16 Einbrüchen, einem Raubüberfall sowie mindestens zwei versuchten und drei tatsächlich erfolgten Morden gesichert worden war, die die Fahnder in Atem hielt. Zwischenzeitlich wissen wir, dass es eine so genannte kontaminierte Spur gewesen ist, die nicht nur zu unzähligen Arbeitsstunden und hohen Kosten, sondern zu einem hohen Maß an Ernüchterung beigetragen hat. Die DNA-Analytik hat in den vergangenen Jahren angesichts ihrer spektakulären Ergebnisse und Möglichkeiten die Kriminaltechnik und -wissenschaft revolutioniert. Kurzfristige Zweifel an diesem Befund sind von vielfältigen Bestrebungen abgelöst worden, die Verfahrensschritte auf allen Ebenen zu überprüfen und zu verbessern.

Herbert Klein Kriminaldirektor, Polizeipräsidium Mainz, Chefredakteur

In dieser Ausgabe möchte ich daher Ihr Interesse auf einen Beitrag lenken, der aus meiner Sicht für eine Weiterentwicklung der Kriminaltechnik und -wissenschaft auf nationaler und europäischer Ebene beispielgebend sein könnte. , Leiter Zentraler Erkennungsdienst im Bundeskriminalamt Wien, befasst sich unter dem Titel „Kontamination bei der Spurenarbeit – Police Elimination Datenbank„ mit der Einführung einer DNA-Datenbank in Österreich. Nach seiner Feststellung tritt laufend der Fall ein, das Spuren gesichert und danach auch in den entsprechenden Datenbanken als vermeintliche Tatortspuren gespeichert und verarbeitet werden, die in Wirklichkeit keine Täterspuren sind, sondern schlicht durch oftmals kaum vermeidbare Kontamination von den eingesetzten Beamten gesetzte Trugspuren sind. Ungewolltes Setzen von Trugspuren bzw. Kontaminationen durch Exekutivbeamte, die am Tatort waren oder mit der eigentlichen Spurenarbeit beschäftigt sind sowie mögliche Kontaminationen von Mitarbeitern, die etwa in den kriminaltechnischen Laboren an der Aufarbeitung der Spuren arbeiten, ist eine an sich bekannte mögliche Fehlerquelle zur Generierung falscher Ermittlungsansätze. Funkstreifenbeamte, Ermittlungsbeamte, Spurensicherungsbeamte oder Asservierungssachbearbeiter werden in kaum einem europäischem Staat systematisch in biometrischen Ausscheidungsdatenbanken erfasst, so Dr. Schmid. In Österreich wurde die Erfassung der Beamten bereits seit langer Zeit in rechtlich/technischer Vorbereitung geplant. Mit der Sicherheitspolizeigesetznovelle 2003 wurden ausdrückliche gesetzliche Grundlagen zur dauerhaften Speicherung nach dem Sicherheitspolizeigesetzes für diese Zielgruppe geschaffen. Anknüpfend an diese Rahmenbedingungen befasst sich Dr. Schmid mit der festgestellten Kontamination (z.B. DNA Kontaminationsgrad von ca. 19%) und ausgesuchten Kontaminationsfällen. Diese Erhebungen haben nach seiner Bewertung das mitunter vorgebrachte Argument, dass solche Spurensetzungen durch qualitativ gute Tatortarbeit vermieden werden können, als erwiesenermaßen falsch belegt. Es ist daher nach seiner Auffassung unbedingt erforderlich, diese Beamten für die Dauer ihrer beruflichen Tätigkeit in einer zentralen Ausscheidungsdatenbank zu speichern.
In Österreich wurde daher von Beginn der systematischen Umsetzungsplanung zu Jahresbeginn 2009 an, eine umfassende Informationskampagne eingeleitet, die neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern insbesondere die Personalvertretungsorgane, Vorgesetzte und die Datenschutzkommission einbezogen hat. Nach einer teilweise kontroversen Diskussion über die Datenadministration, Datenerfassung, Abgleichssystematik und Trefferverwaltung wurden viele Vorschläge in das Verfahren übernommen. Zwischenzeitlich konnte mit der Erfassung begonnen werden.

Ihr Herbert Klein