
Leserbrief
zum Artikel: “Verfassungswidrige Terrorbekämpfung?“ von Dr. Wolfgang Hetzer
Grundvoraussetzung für richtige Entscheidungen ist und bleibt ein realistisches Lagebild.
Unvollständige, vor allem aber ideologisch politisch schon eingefärbte Wunschlagebilder führen zu Fehlentscheidungen. Das gilt für die generelle strategische Gesamtausrichtung ebenso wie im Einzelfall, im taktischen Bereich.
Dr. Alfred Stümper
Gesetzgeberische und administrative Entscheidungen können so auch nicht im theoretisch luftleeren Raum erfolgen, sondern müssen immer die tatsächlichen realen Verhältnisse im Auge haben; sie sind kein Selbstzweck, sondern haben den Menschen zu dienen.
Die Welt, in der wir leben, ist keine „heile Welt„, in der man jeweils allen Belangen gerecht werden kann. Man muss zwischen den einzelnen in Frage stehenden Gütern abwägen. Erst hier kann und darf dann eine ideologische und politische Bewertung einsetzen, die – je nach Standpunkt – durchaus unterschiedlich und umstritten sein kann.
II
Realität ist, dass sich die Sicherheitslage total verändert hat. In einer Zeit, in der die Kriminalität sich nicht mehr in einer „dunklen Ecke„ der Gesellschaft abspielt, sondern das ganze Leben „durchsäuert„, und vor allem die organisierte Kriminalität zu einer wirtschaftlich bedeutsamen relevanten Branche geworden ist, gehen präventive und repressive Maßnahmen unvermeidbar ineinander über. Es genügt beileibe nicht mehr die Verfolgung einzelner Täter, sondern es geht um die Bekämpfung einer weitgestreuten und starken kriminellen Logistik. Verstärkt wird diese Entwicklung durch die zunehmende Globalisierung. Unterschiedliche Rechts-Wirtschafts-Finanz- und Sozialordnungen stoßen aufeinander, ja, überlappen sich zunehmend. Es entstehen viele Grauzonen, bei denen die Grenze erlaubter Mög-lichkeiten, dubioser Machenschaften und kriminellen Agierens fließend ist. Wo aber keine „kantigen„ Rechtsgrenzen da sind, ist die Versuchung, Strafbares zu riskieren, besonders ausgeprägt. Das zeigt sich im Kleinen schon im Straßenverkehr; Geschwindigkeitsbeschränkungen werden im Hinblick auf Toleranzgrenzen viel leichter überschritten, als „harte„ Überholverbote.
Ermittlungen gegen eine, sich konspirativ in vielfacher Weise abdeckende und mannigfach verschleiernde kriminelle Logistik sind nur mit konspirativen Maßnahmen möglich. Diese können jedoch immer wieder in der Gesellschaft, in der Politik und in den Medien in die Gefahr geraten, als skandalträchtige Affären verdächtigt, wenn nicht sogar beschimpft zu werden. Ein Umstand, der Verantwortliche verunsichern und damit zu Lasten einer wirksa-men Bekämpfung gerade der hochgefährlichen und gemeinschaftsschädlichen Schwerkriminalität führen könnte. Jedoch ist in der Praxis angesichts der immer wieder festzustellenden Querverbindungen terroristischer und krimineller Szenen eine scharfe Unterscheidung zwischen polizeilichen „Vorfeldermittlungen„ und nachrichtendienstlichen Ausforschungen unmöglich. Wir haben es eben mit einem komplexen Sicherheitsproblem zu tun, das insoweit nur komplex angegangen werden kann. Meine Bedenken sind insoweit viel mehr bezüglich der Vertraulichkeit sensibler Daten im Zuge eines umfassenden Informationsaustauschs unter den Sicherheitsorganen im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit angesiedelt.
Diese sicherheitsrelevante Komplexität erfasst schließlich auch die begriffliche Trennung von Innerer und Äußerer Sicherheit. Was heißt „asymetrische Kriegführung„, was sind „chirurgische Schläge„, sind Terroristen Kombattanten, worin liegt überhaupt der Unterschied zwischen „politischen Unruhen„, „Bürgerkriegen„, „kriminellen Anschlägen„, „innenpolitischen Aufständen„ und so weiter? Ist ein Soldat dabei im Einsatz „ums Leben gekommen„ oder „gefallen„?
III
Wir können nicht mehr gewissermaßen mit dem gewohnten sicherheitspolitischem Hochrad auf den heutigen „Autobahnen„ der Aufgaben im Sicherheitsbereich fahren. Die damit sich an den Gesetzgeber, im Grunde an die gesamte Gesellschaft stellenden Fragen sind zwangsläufig von hoher Brisanz. Sie bringen zahlreiche Ansatzpunkte zur Kritik wie auch zu immer wieder neuen Forderungen und damit heftige politische Diskussionen mit sich. So erscheint es politisch richtig und geboten, nicht mit einem Satz in eine neue Konzeption überzuspringen, sondern zu versuchen, sich Schritt für Schritt den neuen Herausforderungen anzunähern. Dass dies teilweise „Flickwerk„ mit sich bringt, ist nicht zu vermeiden. Desgleichen auch, dass in der Abgrenzung gesetzlicher Normierungen und administrativer Zuständigkeiten Unschärfen entstehen. Entscheidend aber wird dabei sein, dass dies nicht im operativen Bereich der Fall ist. Hier müssen klare Weisungs- bezw. Befehlsstränge bestehen, die ganz einfach, klar und geläufig sind. Sonst funktionieren sie in der Hektik eines überraschenden Einsatzes nicht.
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