Wissenschaft  und Forschung

Die Kommunikation der Führungskraft

Zum Verständnis und zur Anwendung von Kommunikationsmodellen auf Führungsebene

2.3 Eisbergmodell6

Kommunikation kann „krank“ im Sinne von toxisch oder gestört sein. Von daher ist es keine Überraschung, dass sich der österreichische Arzt und Psychologe Sigmund Freud mit dieser Thematik befasst hat. Seine Erkenntnisse mündeten in das Eisbergmodell, welches zwei entscheidende Bereiche der Kommunikation herausstellt – die sachliche, direkt hör- und beobachtbare Ebene und die Beziehungsebene mit den vor- und unbewussten, unsichtbaren Informationen wie den Gefühlen, der Wahrnehmung und dem Willen. Führungskräfte sollten sich der vor- und unbewussten Aspekte der Kommunikation bewusst sein, machen sie doch den überwiegenden Teil des Gespräches aus. Im Zusammenhang mit der Relation zwischen der Sach- und Beziehungsebene folgt man hierbei dem Pareto-Prinzip (80/20-Regel). So stellt die Sachebene (bewusster und sichtbarer Bereich der Kommunikation) lediglich 20% dar. Dieser Anteil umfasst die vermittelten Fakten und Informationen. 80% laufen vor- bzw. unbewusst auf der Beziehungsebene ab (Gefühle, Einstellungen, Motive und Wertvorstellungen). Dieser Bereich ist äußerst fragil und somit konfliktträchtig. Eine Führungskraft, die sich im Gespräch mit der Kollegin oder dem Kollegen lediglich auf die Ansage und Übermittlung von Vorgaben und Feststellungen beschränkt, erzeugt mit hoher Wahrscheinlichkeit Konflikte. Ein klassischer, autoritärer Führungsstil, der sich auf die sichtbare, bewusste Sachebene konzentriert, lässt keinen Raum für eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung. Somit spielt die Beziehungsebene mit ihren Wertvorstellungen, Stimmungen, Wünschen, Bedürfnissen, Erfahrungen, Ängsten, Motivationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kaum eine Rolle. In der Kommunikation werden damit kritische Anmerkungen ignoriert und non- und paraverbale Zeichen des Gegenübers nicht wahrgenommen.


Eisbergmodell:7

 



Eine solche Fokussierung auf die reine Sachebene führt zwangsläufig zu Friktionen im zwischenmenschlichen Informationsaustausch. Eine genaue Untersuchung der vielschichtigen Bestandteile der Transaktion kann zu einer Bewusstmachung und Verbesserung der Kommunikation führen.

 

2.4 Transaktionsanalyse


Die Transaktionsanalyse wurde von Eric Berne, einem amerikanischen Arzt und Psychotherapeuten, entwickelt.8 Laut Bernes Theorie ist die Kommunikation von sog. Ich-Zuständen abhängig, die sich auf Persönlichkeitsanteile des Menschen beziehen. Diese sind durch die Sozialisation, die gemachten Erfahrungen und (früh-)kindlichen Eindrücke geprägt und zeigen sich in der Kommunikation (Transaktion) zwischen Menschen als harmonischer Einklang oder als Disharmonie. Drei wesentliche Faktoren der Beziehung und Bewertung wirken dabei in der Kommunikation aufeinander ein.


Das Eltern-Ich (EL) ist das Verhalten, Fühlen und Denken, welches durch die kindlichen Erfahrungen mit den Eltern, sowie in der Interaktion mit anderen, prägenden Respektpersonen übernommen worden ist. Bei der Führungskraft in polizeilichen Kontexten wirken hier also nicht nur die Erfahrungen und Werte aus der Kindheit, sondern auch diejenigen aus der Ausbildung und der Auseinandersetzung mit eigenen Vorgesetzten. Diese Wertesysteme unterliegen allerdings einem stetigen politisch-gesellschaftlichen Wandel. Gute Führungsarbeit trägt dem insofern Rechnung, dass der jeweiligen Kommunikationspartnerin, bzw. dem Kommunikationspartner eine abweichende Prägung, bspw. durch einen Generations- und Altersunterschied, zugestanden wird. Diese Reaktion auf das Hier und Jetzt findet auf der Ebene des Erwachsenen-Ichs(ER) statt. Hierbei orientiert man sich an aktuellen Begebenheiten, Daten und Fakten. Das Kind-Ich(KI) ist geprägt von Erfahrungen, Eindrücken und Gefühlen aus der Kindheit. Die eigenen Bedürfnisse stehen im Vordergrund der Handlungen und ein kompromissorientierter Austausch wird nicht avisiert. Merkmale der Persönlichkeit können sich dabei in einem spontanen, oder aber auch ängstlichen oder rebellischen Verhaltensmuster zeigen. Zur Verdeutlichung soll erneut die bereits angeführte Aussage einer Führungskraft im Rahmen eines Gesprächs zur Beurteilung dienen: „Wenn Sie unzufrieden sind, kann ich Sie auch gern noch schlechter bewerten!“


Die Mitarbeiterin, welche den Vorgesetzen bat, die Beurteilungskriterien und die Entscheidungsfindung noch einmal genauer zu erläutern, kommunizierte auf der Ebene des Erwachsenen-Ichs. Sie bat darum Fakten und Kriterien zu nennen, die für sie plausibel im Rahmen der Urteilsbildung sind und die notwendige Einsicht und Transparenz schaffen. Die Führungskraft hingegen befindet sich mit ihrer Antwort auf der Ebene des Kind-Ichs. Dabei wirkt sie wenig Kriterien geleitet und fachlich vorbereitet, sondern vielmehr trotzig und emotional-destruktiv. Ein solches Kommunikationsverhalten der Führungskraft ist unbedingt zu vermeiden, wirkt es doch unprofessionell und wenig überzeugend auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


Ich-Zustände der Führungskraft (FK) und der Mitarbeitenden (MA)9

 



In der Abbildung werden die harmonischen und disharmonischen Beziehungen zwischen der Führungskraft und der Mitarbeiterinnen und des Mitarbeiters mit Blick auf die unterschiedlichen Ich-Zustände aufgezeigt. Kommunizieren beide Seiten im Modus desselben Ich-Zustands kann mit einem harmonischen Ausgang des Gesprächs gerechnet werden. Nehmen beide Seiten unterschiedliche Rollen des Ich-Zustands ein, birgt es die Gefahr von Konflikten. Je höher dabei der „Abstand“ der Ich-Zustände, desto größer das Konfliktpotenzial. Am ungünstigsten ist dabei der Modus des Kind-Ichs mit Blick auf die Führungskraft, was sich in einer übersteigerten Emotionalität und mit trotzigen Verhalten zeigen könnte. Diese Haltung ist grundsätzlich kontraproduktiv und erzeugt ein Misskonzept beim Mitarbeitenden, da er von der Führungskraft intuitiv eine empathische und konstruktiv-kritische Haltung erwartet.