Wissenschaft  und Forschung

Die Kommunikation der Führungskraft

Zum Verständnis und zur Anwendung von Kommunikationsmodellen auf Führungsebene


Von RD Dr. Christian Vinzentius, Lübeck1

 

Wer führt, übermittelt Informationen auf unterschiedlichen Ebenen. Dabei wird nicht nur direkt mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen, sondern auch im Rahmen der Delegation ein komplexerer Prozess eröffnet. Hierbei überträgt die Führungskraft dienstliche Aufgaben an verantwortliche Personen, die wiederum weitere Kolleginnen und Kollegen mit in den Arbeitsablauf einbinden können. Kommunikation findet dabei ununterbrochen statt, ist vielschichtig, geplant und ungeplant, verbal und nonverbal. Der folgende Beitrag stellt diesen komplexen Prozess des Informationsaustausches dar und fokussiert dabei die Rolle der Führungskraft. Diese ist gut beraten, besondere Aufmerksamkeit auf eine möglichst störungsfreie und transparente Kommunikation zu legen, um ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht zu demotivieren.

 

 

1 Man kann nicht nicht kommunizieren!2


Diesen klassischen Leitgedanken machte den Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick berühmt. Er stellt eines von fünf Axiomen seiner Kommunikationstheorie dar. Demnach ist die Vermittlung und der Austausch von Inhalten ein komplexer Prozess, der nicht nur die reine Sachinformation umfasst, sondern sich auch auf die Mimik, Gestik und Betonung erstreckt. Hinzu kommt in neueren wissenschaftlichen Ansätzen3 auch die Rolle der Gesprächspartnerinnen und -partner zueinander, die einen klaren Einfluss auf den Kommunikationsinhalt ausübt, bewusst und unbewusst. Folglich „überzeugen“ Dienstvorgesetzte nicht nur durch die formulierte Aufgabe, sondern teilweise allein schon durch das Amt, welches in der Regel höher ist als das der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In traditions- und konservativgeprägten Behörden lässt das oftmals wenig Widerspruch und offene Diskussion zu, sondern folgt eher dem Prinzip des Gehorsams und der Hierarchie. Im Zuge von polizeilichen Einsätzen oder Lagen ist dieses Kommunikationsprinzip schlüssig, da schnell und effektiv gehandelt werden muss. Die Verantwortung trägt dabei die Polizeiführerin oder der Polizeiführer. In anderen Arbeitsfeldern, wie beispielsweise in der Verwaltung oder der Ausbildung, sollte ein anderer Kommunikationsstil im Mittelpunkt stehen. Hier müssen Führungskräfte ihren Mitarbeitenden das „Warum“ und „Wofür“ ihrer Arbeit schlüssig vermitteln. Es geht dabei um die Schaffung von Transparenz und Sinnhaftigkeit. Dadurch wird das Zusammengehörigkeitsgefühl, die Identifikation mit der Aufgabe und die Motivation erhöht. Führungsposition und Kommunikationsstil entscheiden also gemeinsam über Erfolg und Misserfolg der Arbeit.

 

2 Was ist Kommunikation?4


Unter Kommunikation wird im Allgemeinen der Austausch von Informationen zwischen einem Sender und einem oder mehreren Empfängern verstanden. Dabei kann jeder der Personen gleichzeitig sowohl Sender als auch Empfänger sein. Jede Kommunikationssituation bietet dem Sender verschiedene Möglichkeiten Nachrichten zu vermitteln oder die Interpretation einer Nachricht bewusst oder unbewusst zu beeinflussen. In der mündlichen Kommunikation kann sich durch Variationen in der Betonung oder Dynamik die Bedeutung einer Nachricht verändern. In einem schriftlichen Kommunikationsweg handelt es sich um einen eingeschränkten Austausch, da nonverbale Informationen fehlen. Dieser Weg bietet von daher ein höheres Interpretationspotenzial des Empfängers, auch in Hinblick von Fehleinschätzungen der Nachricht. Grundsätzlich lässt sich die Kommunikation in vier Unterarten einteilen: die verbale (das gesprochene Wort), nonverbale (Mimik, Gestik), paraverbale (Lautstärke, Ton, Sprechpausen) und extraverbale Ebene (das äußerliche Erscheinungsbild). Etablierte Modelle der Kommunikationswissenschaft sollen im Folgenden vorgestellt werden, um den komplexen Prozess des Informationsaustausches deutlich zu machen. Dabei werden sie auf dienstliche Kommunikationssituationen angewendet.

2.1 Sender-Empfänger Modell

Während des zweiten Weltkrieges beschäftigten sich die Mathematiker Shannon und Weaver mit der Frage, wie ein militärischer Informationsaustausch ohne Störungen verlaufen kann. Aus ihren Forschungen entwickelten sie ein Modell der Kommunikation mit einem technischen Fokus auf das Senden und Empfangen von Nachrichten. Dieser Vorgang kann auch von einem Rauschen gestört sein, wodurch die Grundlagen möglicher kommunikativer Störfaktoren gelegt wurden.


Nach diesem Modell muss jede Art von Kommunikation aus den Elementen der Quelle (1), dem Transmitter (2), der Nachricht (3), dem Kanal (4), dem Decodieren (5) und dem Empfänger (6) bestehen.


Angewendet auf eine dienstliche Kommunikationssituation lässt sich Folgendes dazu erläutern: Die Quelle ist beispielsweise die Führungsperson, die aus einem bestimmten Anlass heraus Informationen übermitteln möchte oder muss. Dabei wird diese Information enkodiert, d.h. in einer bestimmten Art und Weise verschlüsselt und formuliert. Dies kann beispielsweise durch den Gebrauch eines spezifischen polizeilichen Fachvokabulars oder einer etablierten Fachsprache umgesetzt werden. Dieses mündet dann in das abgeschlossene Produkt, der Nachricht. Dabei wird ein bestimmter Kanal benutzt, auf dem die Nachricht übertragen wird. Sender und Empfänger müssen dabei denselben Kanal verwenden, da es ansonsten nicht zu einer Vermittlung kommen kann. Der Empfänger muss die Informationen des Senders entschlüsseln können, um sie zu verstehen. Dieser Prozess ist störungsanfällig, wenn z.B. beide Seiten nicht dieselbe Sprache (Code) beherrschen oder laute Geräusche die Übertragung negativ beeinflussen.


In diesem Ausgangsmodell sind bereits vielzählige Elemente der Kommunikation angelegt, die einen effektiven oder ineffektiven Informationsaustausch erklären können. Für die Führungskraft lassen sich daher folgende Fragen mit Bezug zu Shannon und Weaver ableiten:

  • Habe ich (Quelle) die Nachricht klar und deutlich formuliert?
  • Benutze ich den korrekten Code (Transmitter) bzw. die korrekte (Fach-)Sprache?
  • Habe ich die richtige Ansprache und das korrekte Setting gefunden?
  • Ist meine Mitarbeiterin oder mein Mitarbeiter (Empfänger) in der Lage die Information zu entschlüsseln (Kanal und Dekodierung)?


In den angeführten Fragestellungen lassen sich bereits weitere Punkte der effektiven Kommunikation erkennen, die in nachfolgenden Modellen der Kommunikationswissenschaft zum Tragen gekommen sind. Dabei geht es vor allem um die Weiterentwicklung der Bedeutungs- und Beziehungsebene, des gegenseitigen Austausches sowie um non- und paraverbale Elemente der menschlichen Kommunikation. Schulz von Thun hat in seinem Vier-Ohren-Modell die genannten Aspekte zum Ausdruck gebracht, weshalb es für die Analyse der Führungskräfte-Kommunikation relevante Inhalte liefert.

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