Die Kommunikation der Führungskraft

Zum Verständnis und zur Anwendung von Kommunikationsmodellen auf Führungsebene


Von RD Dr. Christian Vinzentius, Lübeck1

 

Wer führt, übermittelt Informationen auf unterschiedlichen Ebenen. Dabei wird nicht nur direkt mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen, sondern auch im Rahmen der Delegation ein komplexerer Prozess eröffnet. Hierbei überträgt die Führungskraft dienstliche Aufgaben an verantwortliche Personen, die wiederum weitere Kolleginnen und Kollegen mit in den Arbeitsablauf einbinden können. Kommunikation findet dabei ununterbrochen statt, ist vielschichtig, geplant und ungeplant, verbal und nonverbal. Der folgende Beitrag stellt diesen komplexen Prozess des Informationsaustausches dar und fokussiert dabei die Rolle der Führungskraft. Diese ist gut beraten, besondere Aufmerksamkeit auf eine möglichst störungsfreie und transparente Kommunikation zu legen, um ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht zu demotivieren.

 

 

1 Man kann nicht nicht kommunizieren!2


Diesen klassischen Leitgedanken machte den Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick berühmt. Er stellt eines von fünf Axiomen seiner Kommunikationstheorie dar. Demnach ist die Vermittlung und der Austausch von Inhalten ein komplexer Prozess, der nicht nur die reine Sachinformation umfasst, sondern sich auch auf die Mimik, Gestik und Betonung erstreckt. Hinzu kommt in neueren wissenschaftlichen Ansätzen3 auch die Rolle der Gesprächspartnerinnen und -partner zueinander, die einen klaren Einfluss auf den Kommunikationsinhalt ausübt, bewusst und unbewusst. Folglich „überzeugen“ Dienstvorgesetzte nicht nur durch die formulierte Aufgabe, sondern teilweise allein schon durch das Amt, welches in der Regel höher ist als das der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In traditions- und konservativgeprägten Behörden lässt das oftmals wenig Widerspruch und offene Diskussion zu, sondern folgt eher dem Prinzip des Gehorsams und der Hierarchie. Im Zuge von polizeilichen Einsätzen oder Lagen ist dieses Kommunikationsprinzip schlüssig, da schnell und effektiv gehandelt werden muss. Die Verantwortung trägt dabei die Polizeiführerin oder der Polizeiführer. In anderen Arbeitsfeldern, wie beispielsweise in der Verwaltung oder der Ausbildung, sollte ein anderer Kommunikationsstil im Mittelpunkt stehen. Hier müssen Führungskräfte ihren Mitarbeitenden das „Warum“ und „Wofür“ ihrer Arbeit schlüssig vermitteln. Es geht dabei um die Schaffung von Transparenz und Sinnhaftigkeit. Dadurch wird das Zusammengehörigkeitsgefühl, die Identifikation mit der Aufgabe und die Motivation erhöht. Führungsposition und Kommunikationsstil entscheiden also gemeinsam über Erfolg und Misserfolg der Arbeit.

 

2 Was ist Kommunikation?4


Unter Kommunikation wird im Allgemeinen der Austausch von Informationen zwischen einem Sender und einem oder mehreren Empfängern verstanden. Dabei kann jeder der Personen gleichzeitig sowohl Sender als auch Empfänger sein. Jede Kommunikationssituation bietet dem Sender verschiedene Möglichkeiten Nachrichten zu vermitteln oder die Interpretation einer Nachricht bewusst oder unbewusst zu beeinflussen. In der mündlichen Kommunikation kann sich durch Variationen in der Betonung oder Dynamik die Bedeutung einer Nachricht verändern. In einem schriftlichen Kommunikationsweg handelt es sich um einen eingeschränkten Austausch, da nonverbale Informationen fehlen. Dieser Weg bietet von daher ein höheres Interpretationspotenzial des Empfängers, auch in Hinblick von Fehleinschätzungen der Nachricht. Grundsätzlich lässt sich die Kommunikation in vier Unterarten einteilen: die verbale (das gesprochene Wort), nonverbale (Mimik, Gestik), paraverbale (Lautstärke, Ton, Sprechpausen) und extraverbale Ebene (das äußerliche Erscheinungsbild). Etablierte Modelle der Kommunikationswissenschaft sollen im Folgenden vorgestellt werden, um den komplexen Prozess des Informationsaustausches deutlich zu machen. Dabei werden sie auf dienstliche Kommunikationssituationen angewendet.

2.1 Sender-Empfänger Modell

Während des zweiten Weltkrieges beschäftigten sich die Mathematiker Shannon und Weaver mit der Frage, wie ein militärischer Informationsaustausch ohne Störungen verlaufen kann. Aus ihren Forschungen entwickelten sie ein Modell der Kommunikation mit einem technischen Fokus auf das Senden und Empfangen von Nachrichten. Dieser Vorgang kann auch von einem Rauschen gestört sein, wodurch die Grundlagen möglicher kommunikativer Störfaktoren gelegt wurden.


Nach diesem Modell muss jede Art von Kommunikation aus den Elementen der Quelle (1), dem Transmitter (2), der Nachricht (3), dem Kanal (4), dem Decodieren (5) und dem Empfänger (6) bestehen.


Angewendet auf eine dienstliche Kommunikationssituation lässt sich Folgendes dazu erläutern: Die Quelle ist beispielsweise die Führungsperson, die aus einem bestimmten Anlass heraus Informationen übermitteln möchte oder muss. Dabei wird diese Information enkodiert, d.h. in einer bestimmten Art und Weise verschlüsselt und formuliert. Dies kann beispielsweise durch den Gebrauch eines spezifischen polizeilichen Fachvokabulars oder einer etablierten Fachsprache umgesetzt werden. Dieses mündet dann in das abgeschlossene Produkt, der Nachricht. Dabei wird ein bestimmter Kanal benutzt, auf dem die Nachricht übertragen wird. Sender und Empfänger müssen dabei denselben Kanal verwenden, da es ansonsten nicht zu einer Vermittlung kommen kann. Der Empfänger muss die Informationen des Senders entschlüsseln können, um sie zu verstehen. Dieser Prozess ist störungsanfällig, wenn z.B. beide Seiten nicht dieselbe Sprache (Code) beherrschen oder laute Geräusche die Übertragung negativ beeinflussen.


In diesem Ausgangsmodell sind bereits vielzählige Elemente der Kommunikation angelegt, die einen effektiven oder ineffektiven Informationsaustausch erklären können. Für die Führungskraft lassen sich daher folgende Fragen mit Bezug zu Shannon und Weaver ableiten:

  • Habe ich (Quelle) die Nachricht klar und deutlich formuliert?
  • Benutze ich den korrekten Code (Transmitter) bzw. die korrekte (Fach-)Sprache?
  • Habe ich die richtige Ansprache und das korrekte Setting gefunden?
  • Ist meine Mitarbeiterin oder mein Mitarbeiter (Empfänger) in der Lage die Information zu entschlüsseln (Kanal und Dekodierung)?


In den angeführten Fragestellungen lassen sich bereits weitere Punkte der effektiven Kommunikation erkennen, die in nachfolgenden Modellen der Kommunikationswissenschaft zum Tragen gekommen sind. Dabei geht es vor allem um die Weiterentwicklung der Bedeutungs- und Beziehungsebene, des gegenseitigen Austausches sowie um non- und paraverbale Elemente der menschlichen Kommunikation. Schulz von Thun hat in seinem Vier-Ohren-Modell die genannten Aspekte zum Ausdruck gebracht, weshalb es für die Analyse der Führungskräfte-Kommunikation relevante Inhalte liefert.

2.2 Vier-Ohren Modell (Vier Seiten einer Nachricht)

Nach Schulz von Thun beinhaltet jede Aussage, die wir tätigen, vier Ebenen. Das heißt, ein und dieselbe Nachricht vermittelt gleichzeitig mehrere Botschaften. Somit formuliere ich als Führungskraft eine Botschaft auf vierfache Art und Weise.


Sachinhalt: Hierbei geht es um reine Sachaussagen, Daten und Fakten einer Nachricht. Verständlichkeit und Vollständigkeit der Inhalte sind hierbei besonders relevant. Es geht dabei um die Frage: „Worüber informiere ich?“ Eine Führungskraft ist demnach gut beraten, die Informationen klar, deutlich und plausibel zu formulieren und sich sachlich gut auf einen Austausch vorzubereiten.


Appell: Diese Ebene der Nachricht beinhaltet eine Handlungsaufforderung. Es geht um die Fragen: „Wozu möchte ich meine Mitarbeiterin oder meinen Mitarbeiter bewegen?“ und „Welche Verhaltensänderung wünsche ich mir?“ Die Ebene des Appells ist besonders elementar für die Führungskommunikation.


Beziehung: Die Beziehungsebene der Nachricht drückt das Verhältnis der beiden Kommunikationspartner zueinander aus. Je nachdem wie ich als Führungskraft mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter spreche, lässt sich mein Verhältnis zur Person erkennen. Du-Botschaften können eine gewisse Nähe zeigen; Siezen den klassischen hierarchischen Abstand. Die Senderin oder der Sender sollte sich im Vorfeld der Botschaft über den Modus des Austausches im Klaren sein: Spreche ich dominant, überheblich, unterwürfig, distanziert oder vertrauensfördernd?


Selbstoffenbarung: Durch die Selbstoffenbarung oder auch Selbstkundgabe zeigen sich die Motive, Werte und Emotionen der Sprecherin oder des Sprechers. Die Empfängerin oder der Empfänger entschlüsselt diese Ebene nicht nur durch die gesprochenen Botschaften (z.B. Ich-Botschaft), sondern auch durch die Interpretation der non- und paraverbalen Signale des Senders sowie dem kontextuellen Hintergrund. Führungskräfte, die sich als ungeduldig, kompromisslos, selbstüberzeugt, beeinflussend und moralisch fragwürdig gebären, werden als besonders „toxisch“ wahrgenommen.5


Ein Beispiel aus der Praxis soll das Kommunikationsquadrat (4-Ohren-Modell) veranschaulichen:


Eine Führungskraft (FK) bittet im Rahmen eines Gesprächs zur Beurteilung ihre Mitarbeiterin (MA) ins Büro. Im Laufe der Erörterung ergeben sich Fragen von Seiten der Mitarbeiterin, welche dieses mit einer klaren Ich-Botschaft kommentiert: „Ich bin mit Ihrer Bewertung zu meiner fachlichen Kompetenz nicht zufrieden und bitte Sie mir Ihre Entscheidung einmal sachlich zu erläutern.“


Die Führungskraft entgegnet: „Wenn Sie unzufrieden sind, kann ich Sie auch gern noch schlechter bewerten!“


MitarbeiterinFührungskraftSachinhaltBewertung ist nicht zutreffend und nachvollziehbar für MABewertung kann auch schlechter ausfallen.AppellBitte erläutern Sie die Bewertung zu meiner Fachkompetenz!Unterlassen Sie solche Bitten (Forderungen)!


Da gibt es nichts zu diskutieren.BeziehungAbhängig von FührungskraftDominant; hierarchisch; toxisch SelbstoffenbarungZweifelt an Bewertungskompetenz der FK; fühlt sich ungerecht behandelt Kompromisslos; überzeugt von eigener Beurteilungskompetenz




In der Darstellung werden die vier Seiten der exemplarischen Äußerungen des Gesprächs interpretiert. Auffällig ist dabei der unverhältnismäßige Umgang der Führungskraft mit der deutlichen Kritik der Mitarbeiterin. Dieser zeigt wenig Bereitschaft zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Problematik. Die Art und Weise der Kommunikation kann ohne Zweifel als gestört bezeichnet werden. Raum zur Diskussion wird durch die Äußerung der Führungskraft nicht gegeben. Die Mitarbeiterin fühlt sich zurecht „unfair“ behandelt, während sich die Führungskraft lediglich auf die „dominant-hierarchische Ebene“ zurückzieht, um eine kriteriengeleitete Darlegung der Bewertung zu vermeiden. Solche „toxischen“ Verhältnisse zwischen Führungskräften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind für die Gestaltung des Dienstalltags kontraproduktiv, da sie nachhaltig das Vertrauen und die Motivation negativ beeinflussen. Ein regelmäßiges Kommunikationstraining für Führungskräfte, aber auch im Rahmen von Fortbildungen für die Belegschaft, ist in einer modernen Behörde unumgänglich, da die Vielzahl der gesendeten und empfangenden Informationen der Kommunikation nicht auf der reinen Sachebene, sondern auf der überaus fragilen zwischenmenschlichen Beziehungsebene ihre Wirkung entfalten. Dieses wird im Folgenden durch das sog. „Eisbergmodell“ konkretisiert.

2.3 Eisbergmodell6

Kommunikation kann „krank“ im Sinne von toxisch oder gestört sein. Von daher ist es keine Überraschung, dass sich der österreichische Arzt und Psychologe Sigmund Freud mit dieser Thematik befasst hat. Seine Erkenntnisse mündeten in das Eisbergmodell, welches zwei entscheidende Bereiche der Kommunikation herausstellt – die sachliche, direkt hör- und beobachtbare Ebene und die Beziehungsebene mit den vor- und unbewussten, unsichtbaren Informationen wie den Gefühlen, der Wahrnehmung und dem Willen. Führungskräfte sollten sich der vor- und unbewussten Aspekte der Kommunikation bewusst sein, machen sie doch den überwiegenden Teil des Gespräches aus. Im Zusammenhang mit der Relation zwischen der Sach- und Beziehungsebene folgt man hierbei dem Pareto-Prinzip (80/20-Regel). So stellt die Sachebene (bewusster und sichtbarer Bereich der Kommunikation) lediglich 20% dar. Dieser Anteil umfasst die vermittelten Fakten und Informationen. 80% laufen vor- bzw. unbewusst auf der Beziehungsebene ab (Gefühle, Einstellungen, Motive und Wertvorstellungen). Dieser Bereich ist äußerst fragil und somit konfliktträchtig. Eine Führungskraft, die sich im Gespräch mit der Kollegin oder dem Kollegen lediglich auf die Ansage und Übermittlung von Vorgaben und Feststellungen beschränkt, erzeugt mit hoher Wahrscheinlichkeit Konflikte. Ein klassischer, autoritärer Führungsstil, der sich auf die sichtbare, bewusste Sachebene konzentriert, lässt keinen Raum für eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung. Somit spielt die Beziehungsebene mit ihren Wertvorstellungen, Stimmungen, Wünschen, Bedürfnissen, Erfahrungen, Ängsten, Motivationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kaum eine Rolle. In der Kommunikation werden damit kritische Anmerkungen ignoriert und non- und paraverbale Zeichen des Gegenübers nicht wahrgenommen.


Eisbergmodell:7

 



Eine solche Fokussierung auf die reine Sachebene führt zwangsläufig zu Friktionen im zwischenmenschlichen Informationsaustausch. Eine genaue Untersuchung der vielschichtigen Bestandteile der Transaktion kann zu einer Bewusstmachung und Verbesserung der Kommunikation führen.

 

2.4 Transaktionsanalyse


Die Transaktionsanalyse wurde von Eric Berne, einem amerikanischen Arzt und Psychotherapeuten, entwickelt.8 Laut Bernes Theorie ist die Kommunikation von sog. Ich-Zuständen abhängig, die sich auf Persönlichkeitsanteile des Menschen beziehen. Diese sind durch die Sozialisation, die gemachten Erfahrungen und (früh-)kindlichen Eindrücke geprägt und zeigen sich in der Kommunikation (Transaktion) zwischen Menschen als harmonischer Einklang oder als Disharmonie. Drei wesentliche Faktoren der Beziehung und Bewertung wirken dabei in der Kommunikation aufeinander ein.


Das Eltern-Ich (EL) ist das Verhalten, Fühlen und Denken, welches durch die kindlichen Erfahrungen mit den Eltern, sowie in der Interaktion mit anderen, prägenden Respektpersonen übernommen worden ist. Bei der Führungskraft in polizeilichen Kontexten wirken hier also nicht nur die Erfahrungen und Werte aus der Kindheit, sondern auch diejenigen aus der Ausbildung und der Auseinandersetzung mit eigenen Vorgesetzten. Diese Wertesysteme unterliegen allerdings einem stetigen politisch-gesellschaftlichen Wandel. Gute Führungsarbeit trägt dem insofern Rechnung, dass der jeweiligen Kommunikationspartnerin, bzw. dem Kommunikationspartner eine abweichende Prägung, bspw. durch einen Generations- und Altersunterschied, zugestanden wird. Diese Reaktion auf das Hier und Jetzt findet auf der Ebene des Erwachsenen-Ichs(ER) statt. Hierbei orientiert man sich an aktuellen Begebenheiten, Daten und Fakten. Das Kind-Ich(KI) ist geprägt von Erfahrungen, Eindrücken und Gefühlen aus der Kindheit. Die eigenen Bedürfnisse stehen im Vordergrund der Handlungen und ein kompromissorientierter Austausch wird nicht avisiert. Merkmale der Persönlichkeit können sich dabei in einem spontanen, oder aber auch ängstlichen oder rebellischen Verhaltensmuster zeigen. Zur Verdeutlichung soll erneut die bereits angeführte Aussage einer Führungskraft im Rahmen eines Gesprächs zur Beurteilung dienen: „Wenn Sie unzufrieden sind, kann ich Sie auch gern noch schlechter bewerten!“


Die Mitarbeiterin, welche den Vorgesetzen bat, die Beurteilungskriterien und die Entscheidungsfindung noch einmal genauer zu erläutern, kommunizierte auf der Ebene des Erwachsenen-Ichs. Sie bat darum Fakten und Kriterien zu nennen, die für sie plausibel im Rahmen der Urteilsbildung sind und die notwendige Einsicht und Transparenz schaffen. Die Führungskraft hingegen befindet sich mit ihrer Antwort auf der Ebene des Kind-Ichs. Dabei wirkt sie wenig Kriterien geleitet und fachlich vorbereitet, sondern vielmehr trotzig und emotional-destruktiv. Ein solches Kommunikationsverhalten der Führungskraft ist unbedingt zu vermeiden, wirkt es doch unprofessionell und wenig überzeugend auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


Ich-Zustände der Führungskraft (FK) und der Mitarbeitenden (MA)9

 



In der Abbildung werden die harmonischen und disharmonischen Beziehungen zwischen der Führungskraft und der Mitarbeiterinnen und des Mitarbeiters mit Blick auf die unterschiedlichen Ich-Zustände aufgezeigt. Kommunizieren beide Seiten im Modus desselben Ich-Zustands kann mit einem harmonischen Ausgang des Gesprächs gerechnet werden. Nehmen beide Seiten unterschiedliche Rollen des Ich-Zustands ein, birgt es die Gefahr von Konflikten. Je höher dabei der „Abstand“ der Ich-Zustände, desto größer das Konfliktpotenzial. Am ungünstigsten ist dabei der Modus des Kind-Ichs mit Blick auf die Führungskraft, was sich in einer übersteigerten Emotionalität und mit trotzigen Verhalten zeigen könnte. Diese Haltung ist grundsätzlich kontraproduktiv und erzeugt ein Misskonzept beim Mitarbeitenden, da er von der Führungskraft intuitiv eine empathische und konstruktiv-kritische Haltung erwartet.

 

3 Die Kommunikation der Führungskraft – fünf Praxistipps

 

3.1 Bereiten Sie sich auf das Mitarbeitergespräch vor

Die Mitarbeitenden sollten sich nicht unter „ferner liefen“ fühlen. Schaffen Sie eine vertrauensvolle und persönliche Atmosphäre, indem Sie sich auf die Person vor Ihnen einstellen. Was weiß ich über die Person? Wann habe ich das letzte Gespräch mit ihr geführt? Wie haben wir uns damals verbschiedet? Wie schätze ich die Person ein (sensibel, demotiviert, motiviert, zugänglich, schwierig, …)? Wie kann ich der Person verbindlich helfen (eigene Grenzen akzeptieren und offen diskutieren)?

3.2 Vermeiden Sie die „Kind-Ich“ – Perspektive

Eine Führungskraft, die ihre Emotionen in den Vordergrund stellt und trotzig reagiert, verliert schnell an Ansehen. Vermeiden Sie diese Ebene und lassen Sie sich nicht durch emotionale Reaktionen der Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter „anstecken“. Als effektiv hat sich dabei das „aktive Zuhören“ erwiesen, wobei durch Ich-Botschaften das Gegenüber gespiegelt wird und nicht belehrt werden muss.

 

  • „Ich sehe, dass die Situation Sie aufwühlt  und das ist nachvollziehbar“, anstelle von „Warum sind Sie immer so übertrieben emotional?“
  • „Was meinen Sie mit Ihrer Äußerung genau?“, anstelle von „Ich verstehe Sie überhaupt nicht!“
  • „Ich bin nicht sicher, ob Sie mich richtig verstanden haben. Lassen Sie mich die Punkte noch einmal in Ruhe wiederholen“, anstelle von „Haben Sie mir überhaupt richtig zugehört?“

3.3 Keine „Führung durch das Vorzimmer“

Nehmen Sie die Anliegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst, sollten Sie auch in Ihrer momentanen Lage nicht auf Ihrer Prioritätenliste ganz vorne liegen, und bieten Sie das persönliche Gespräch an. Sollte es Ihnen nicht möglich sein ein zeitnahes Gespräch aufgrund vieler wichtiger Aufgaben einzuplanen, kommunizieren Sie das stets transparent. Vermeiden Sie aber auch jeden Fall das „Führen durch das Vorzimmer“. Nichts wirkt demotivierender auf die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter als das Gefühl durch das „Vorzimmer“ geführt zu werden. Mitteilungen durch die Sachbearbeiterin oder den Sachbearbeiter wie „Frau X oder Herr Y ist in viele wichtige Prozesse eingespannt und wird keine Zeit für ein Gespräch finden können. Bitte formulieren Sie Ihr Anliegen schriftlich. Es wird dann zu gegebener Zeit eine Antwort an Sie ergehen“, sind langfristig toxisch für die konstruktive Zusammenarbeit. Noch „beschämender“ ist die Formulierung einer destruktiven Antwort auf eine gestellte Frage mit der Bitte um einen Gesprächstermin: „Herr X/Frau Y sieht momentan zu Ihrem Anliegen keinen Diskussionsbedarf.“

3.4 Auch auf die Körpersprache kommt es an

Zur positiven Gesamtinterpretation der Gesprächsinhalte gehört eine stimmige Körpersprache, also Mimik, Gestik und Körperhaltung. Als äußerst destruktiv haben sich dabei verschränkte Arme verwiesen. Diese signalisieren der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter eine ablehnende Haltung. Vielmehr sollten Sie Ihre Hände auf Höhe des Bauchnabels ineinanderlegen. Halten Sie Blickkontakt und vermeiden Sie ein subtiles Kopfschütteln, während Ihr Gegenüber eine für Sie ungerechtfertigte Kritik offenbart. Unterbrechen Sie den Sprechenden nicht vorzeitig mit ablehnenden Gesten wie ein Abwinken.

3.5 Keine Destruktion in der Sprache

Auch wenn im Rahmen von Mitarbeitergesprächen Kritik zu einem Fehlverhalten geäußert werden muss, sollte diese niemals destruktiv sein. Vielmehr haben sich folgende Schritte für die professionelle Gesprächsführung als effektiv erwiesen:


W-Fragen stellen, die Handeln erfordern:„Wie sollten Sie nun vorgehen?“ „Was führt zur Lösung des Problems?“ „Wodurch werden Sie bei der Erledigung Ihrer Aufgaben behindert?“ „Wie kann ich Sie unterstützen?“


Vermeiden Sie überspitzte Bewertungen: „In Ihren Berichten sind immer viele Fehler zu finden.“. Besser:„Mir sind einige Fehler im letzten Bericht aufgefallen, auf die ich Sie gerne hinweisen möchte.“ „Sie sind nie an Ihrem Arbeitsplatz, wenn ich Sie versuche zu erreichen.“ Besser: „Ich habe Sie in den letzten Tagen mehrfach angerufen und leider nicht an Ihrem Schreibtisch erreicht.“


Vermeiden Sie Vorwürfe: Konfrontieren Sie Ihr Gegenüber mit sprachlichen Vorwürfen wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verteidigungshaltung einnehmen, die nicht zielführend ist. Sie sollten die Gesprächsführung so gestalten, dass Sie Wünsche formulieren: „Es ist enttäuschend, dass Sie sich an keine Absprachen halten.“ Besser: „Ich wünsche mir, dass Sie sich in Zukunft an die unsere Absprachen halten.“„Ihre Unordnung bei der Ablage ist absolut inakzeptabel.“ Besser: „Ich wünsche mir, dass Sie in Zukunft sorgfältiger arbeiten.“

 

4 Fazit


Führungspersönlichkeiten sind nur so effektiv wie ihre Kommunikationsfähigkeiten. Um eine anerkannte Führungskraft zu sein, müssen Sie lernen zuzuhören und Ihre Kolleginnen und Kollegen zu verstehen. Effektive Führungsarbeit in polizeilichen Behörden ist mehr denn je von einer transparenten und wertschätzenden Kommunikation abhängig, vor allem mit Blick auf die kommenden Generationen der jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Etablierte Kommunikationsmodelle und neuere Theorien können dabei für die Führungskraft sehr gute Impulse liefern. Um diese erfolgreich in die Persönlichkeitsentwicklung der derzeitigen und kommenden Führungsgeneration zu integrieren, muss das Thema „Kommunikation“ noch präsenter in die Lehrpläne der Aus-, Fort- und Weiterbildung integriert und disziplinübergreifend weiterentwickelt werden.

 

Anmerkungen

 

  1. Dr. Vizentius ist Regierungsdirektor und hauptamtliche Lehrkraft in den Polizeiführungswissenschaften an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Bundespolizei.
  2. Watzlawick, P./Beavin, J./Jackson, D. (2017): Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. 13. Auflage, Hogrefe.
  3. Röhner, J./Schütz, A.: (2016) Psychologie der Kommunikation, Basiswissen Psychologie, Springer.
  4. Schultz von Thun, F. (2014): Miteinander reden 1. Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Rowohlt.
  5. Nerdinger, F. (2019): Führung von Mitarbeitern. In: Nerdinger, Blickle, Schaper: Arbeits- und Organisationspsychologie, Springer, S. 98ff.
  6. Khodakarami, A./Schubert, J. (2022): Kommunikationskompetenz für Führungskräfte. Wissen und Methoden für einen konfliktabbauenden und lösungsorientierten Umgang. leadership. kompakt&visuell.
  7. Eigene Grafik.
  8. Gerhold, D. (2008): Das Kommunikationsmodell der Transaktionsanalyse. Junfermann Verlag.
  9. Eigene Grafik.