Wissenschaft  und Forschung

Die Kommunikation der Führungskraft

Zum Verständnis und zur Anwendung von Kommunikationsmodellen auf Führungsebene

2.2 Vier-Ohren Modell (Vier Seiten einer Nachricht)

Nach Schulz von Thun beinhaltet jede Aussage, die wir tätigen, vier Ebenen. Das heißt, ein und dieselbe Nachricht vermittelt gleichzeitig mehrere Botschaften. Somit formuliere ich als Führungskraft eine Botschaft auf vierfache Art und Weise.


Sachinhalt: Hierbei geht es um reine Sachaussagen, Daten und Fakten einer Nachricht. Verständlichkeit und Vollständigkeit der Inhalte sind hierbei besonders relevant. Es geht dabei um die Frage: „Worüber informiere ich?“ Eine Führungskraft ist demnach gut beraten, die Informationen klar, deutlich und plausibel zu formulieren und sich sachlich gut auf einen Austausch vorzubereiten.


Appell: Diese Ebene der Nachricht beinhaltet eine Handlungsaufforderung. Es geht um die Fragen: „Wozu möchte ich meine Mitarbeiterin oder meinen Mitarbeiter bewegen?“ und „Welche Verhaltensänderung wünsche ich mir?“ Die Ebene des Appells ist besonders elementar für die Führungskommunikation.


Beziehung: Die Beziehungsebene der Nachricht drückt das Verhältnis der beiden Kommunikationspartner zueinander aus. Je nachdem wie ich als Führungskraft mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter spreche, lässt sich mein Verhältnis zur Person erkennen. Du-Botschaften können eine gewisse Nähe zeigen; Siezen den klassischen hierarchischen Abstand. Die Senderin oder der Sender sollte sich im Vorfeld der Botschaft über den Modus des Austausches im Klaren sein: Spreche ich dominant, überheblich, unterwürfig, distanziert oder vertrauensfördernd?


Selbstoffenbarung: Durch die Selbstoffenbarung oder auch Selbstkundgabe zeigen sich die Motive, Werte und Emotionen der Sprecherin oder des Sprechers. Die Empfängerin oder der Empfänger entschlüsselt diese Ebene nicht nur durch die gesprochenen Botschaften (z.B. Ich-Botschaft), sondern auch durch die Interpretation der non- und paraverbalen Signale des Senders sowie dem kontextuellen Hintergrund. Führungskräfte, die sich als ungeduldig, kompromisslos, selbstüberzeugt, beeinflussend und moralisch fragwürdig gebären, werden als besonders „toxisch“ wahrgenommen.5


Ein Beispiel aus der Praxis soll das Kommunikationsquadrat (4-Ohren-Modell) veranschaulichen:


Eine Führungskraft (FK) bittet im Rahmen eines Gesprächs zur Beurteilung ihre Mitarbeiterin (MA) ins Büro. Im Laufe der Erörterung ergeben sich Fragen von Seiten der Mitarbeiterin, welche dieses mit einer klaren Ich-Botschaft kommentiert: „Ich bin mit Ihrer Bewertung zu meiner fachlichen Kompetenz nicht zufrieden und bitte Sie mir Ihre Entscheidung einmal sachlich zu erläutern.“


Die Führungskraft entgegnet: „Wenn Sie unzufrieden sind, kann ich Sie auch gern noch schlechter bewerten!“


MitarbeiterinFührungskraftSachinhaltBewertung ist nicht zutreffend und nachvollziehbar für MABewertung kann auch schlechter ausfallen.AppellBitte erläutern Sie die Bewertung zu meiner Fachkompetenz!Unterlassen Sie solche Bitten (Forderungen)!


Da gibt es nichts zu diskutieren.BeziehungAbhängig von FührungskraftDominant; hierarchisch; toxisch SelbstoffenbarungZweifelt an Bewertungskompetenz der FK; fühlt sich ungerecht behandelt Kompromisslos; überzeugt von eigener Beurteilungskompetenz




In der Darstellung werden die vier Seiten der exemplarischen Äußerungen des Gesprächs interpretiert. Auffällig ist dabei der unverhältnismäßige Umgang der Führungskraft mit der deutlichen Kritik der Mitarbeiterin. Dieser zeigt wenig Bereitschaft zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Problematik. Die Art und Weise der Kommunikation kann ohne Zweifel als gestört bezeichnet werden. Raum zur Diskussion wird durch die Äußerung der Führungskraft nicht gegeben. Die Mitarbeiterin fühlt sich zurecht „unfair“ behandelt, während sich die Führungskraft lediglich auf die „dominant-hierarchische Ebene“ zurückzieht, um eine kriteriengeleitete Darlegung der Bewertung zu vermeiden. Solche „toxischen“ Verhältnisse zwischen Führungskräften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind für die Gestaltung des Dienstalltags kontraproduktiv, da sie nachhaltig das Vertrauen und die Motivation negativ beeinflussen. Ein regelmäßiges Kommunikationstraining für Führungskräfte, aber auch im Rahmen von Fortbildungen für die Belegschaft, ist in einer modernen Behörde unumgänglich, da die Vielzahl der gesendeten und empfangenden Informationen der Kommunikation nicht auf der reinen Sachebene, sondern auf der überaus fragilen zwischenmenschlichen Beziehungsebene ihre Wirkung entfalten. Dieses wird im Folgenden durch das sog. „Eisbergmodell“ konkretisiert.