Die strafrechtlichen Aufgaben der Wasserschutzpolizeien

Von EPHK Uwe Jacobshagen, Hamburg

4.1 Ladungsrückstände

Abb. 2: Probe aus einer
Bordkläranlage, Rüdesheim 2021

In Teil B des CDNI sind die Vorschriften enthalten, wie mit der Ladung als Handelsgut und den Resten, die als Abfall angesehen werden, zu verfahren ist. Der Begriff „Ladungsrückstände“ bezeichnet also Ladung, die nicht mehr aus dem Laderaum oder dem Tank entfernt werden kann. Diese Rückstände sind also Abfall und müssen vor der Nutzung des Laderaums mit neuer Ladung entfernt werden. Je nach Art der Ladung besteht die Möglichkeit unter Einhaltung der Bedingungen des CDNI diese Ladungsrückstände mit dem Waschwasser in das Umgebungswasser einzuleiten. So ist es z.B. gestattet, den Laderaum nach dem Löschen von Braunkohle zu waschen, wenn er zuvor besenrein war – also vom Schiffspersonal oder dem Ladungsempfänger gefegt wurde. Die dann noch vorhandenen Ladungsrückstände werden dann mit dem Waschwasser eingeleitet, was auf jeden Fall zu einer mindestens erheblichen optischen Veränderung des Gewässers führt. Besenrein ist ein Laderaum, aus dem die Restladung mit Reinigungsgeräten wie Besen oder Kehrmaschinen ohne den Einsatz von saugenden oder spülenden Geräten entfernt worden ist und der nur noch Ladungsrückstände enthält. Welche Qualität die Reinigung haben sollte oder welche Grenzwerte nicht überschritten werden sollen, ist im CDNI nicht geregelt. Beamte der Wasserschutzpolizei, die wegen des Anfangsverdachts einer Gewässerverunreinigung nach § 324 StGB ermitteln, erkennen regelmäßig eine Beweislücke, weil nicht festgestellt werden kann, ob die Reinigung bestmöglich ausgeführt wurde und somit die aufgetretene Gewässerverunreinigung tatsächlich befugt geschehen ist. Auch der Widerspruch zum eigentlichen Wasserrecht, dem Wasserhaushaltsgesetz, macht die Ermittlung nicht einfacher. Die Konferenz der Vertragsparteien (KVP) tagt regelmäßig in Straßburg, um Änderungen und Verbesserungen zu beschließen. Für alle ermittelnden Beamten wäre eine bessere Rechtsklarheit hilfreich für die tägliche Arbeit und für die Schifffahrtstreibenden notwendig für rechtssicheres Handeln.

 

 

4.2 Sonstige Schiffsbetriebsabfälle

Eine weitere Ausnahme von dem Einleitungsverbot des CDNI besteht im Teil C zu dem häuslichen Abwasser. Grundsätzlich besteht auch hier das Verbot von Fahrzeugen aus Hausmüll, Slops, Klärschlamm und übrigen Sonderabfall in die Wasserstraße einzubringen oder einzuleiten. Jedoch ist die Einleitung von häuslichem Abwasser für Fahrgastschiffe mit mehr als 12 Fahrgästen und für Kabinenschiffe mit mehr als 12 Schlafplätzen verboten. Das bedeutet, auch nach der historischen Auslegung des Gesetzestextes, dass alle Fahrzeuge, die nicht unter diese Einschränkung fallen, häusliche Abwässer einleiten dürfen. Nach der Definition des CDNI sind damit Abwasser aus Küchen, Essräumen, Waschräumen und Waschküchen sowie Fäkalwasser gemeint. Somit ist es allen Binnenschiffen, die keine der genannten Fahrgastschiffe sind, erlaubt, sämtliche Abwässer aus der Küche, den Waschküchen und den Toiletten direkt in die Wasserstraßen einzuleiten. Wenn man dann bedenkt, dass alleine in Deutschland ca. 3.000 Binnenschiffe registriert sind19, kann man den Grad der Verschmutzung der Binnenwasserstraßen erahnen. Problematisch sind dabei nicht nur die eingeleiteten Fäkalien, sondern insbesondere die Chemikalien aus den Küchen und Waschküchen, die in Waschmitteln und Geschirrspülmittel enthalten sind. Mittlerweile siegt aber immer mehr die Vernunft über das Recht, so dass viele Eigner von Binnenschiffen moderne Kläranlagen nachrüsten und betreiben bzw. Tanks für Fäkalien und Schmutzwasser einbauen.


Fahrgastschiffe mit mehr als 12 Fahrgästen und für Kabinenschiffe mit mehr als 12 Schlafplätzen müssen somit mit Sammeltanks oder Bordkläranlagen ausgerüstet sein. Das Einleiten von geklärten Abwässern ist dann erlaubt, wenn das eingeleitete Wasser den technischen Anforderungen an die Bordkläranlagen entsprechen.


Mit dem Leuchtturmprojekt „Überwachung von Bordkläranlagen auf Fahrgastschiffen in Bayern“ wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz durch das Bayerische Landesamt für Umwelt erstmals ein Konzept erarbeitet, das den zuständigen Kontrollbehörden ermöglichen soll, die einwandfreie Funktionsfähigkeit der Bordkläranlagen auf Fahrgastschiffen effizient überwachen zu können. Im Rahmen der Fachtagung im Oktober 2019 in Augsburg wurden die im Projekt gesammelten Erfahrungswerte über den Zustand der Bordkläranlagen und der stichprobenartig untersuchten Fahrgastschiffe präsentiert.20


„Auf Basis der einzuhaltenden CSB-Überwachungswerte wurde aufgezeigt, dass nur zwei Drittel der untersuchten Bordkläranlagen während der Kontrollen im regelkonformen Zustand waren. Nur drei von 13 Bordkläranlagen, die aufgrund ihrer Einbaujahre unter die Härtefallregelung des CDNI fallen, hielten den Überwachungswert von 250mg/l ein. Zudem wurden direkte Einleitungen ungeklärter Abwasserteilströme in die Wasserstraße festgestellt. Valide Nachweise erfolgten hier durch Tracer-basierte Untersuchungen unter Anwendung von Uranin. Alle untersuchten Fahrgastschiffe verfügten über Bypass-Leitungen.“21


Für alle Beteiligten an der Binnenschifffahrt, egal ob auf Seiten der Behörden oder der der Betreiber oder Schiffsführer von Binnenschiffen, bedeuten solch schwierige oder unklare Rechtssetzungen den unbedingten Willen, die Rechtslage nach der Vernunft und den Umweltschutz-Gedanken umzusetzen und mit „Leben zu füllen“. Um das Ziel dieser Normen zu erreichen und den vermeintlichen Widerspruch zwischen den Artikeln sowie den einzelnen Vorschriften des CDNI zu lösen ist zunächst Einsicht und Kommunikation, aber auch Kooperation erforderlich. Und da wären wir wieder bei einem der wichtigsten Prinzipien des Umweltrechts – sowohl im StGB als auch im CDNI: dem Kooperationsprinzip.


Im Verlauf der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre erwachte allmählich das gesellschaftliche Interesse am Umweltschutz und führte zu lebhafter werdenden Diskussionen. Daraus entwickelte sich unter einer sozial-liberalen Koalition das erste Umweltprogramm der Bundesregierung vom 29. September 1971.Verdient gemacht hat sich das Umweltprogramm von 1971 nicht zuletzt auch dadurch, dass die elementaren Prinzipien der (west-)deutschen Umweltschutzgesetzgebung, das Vorsorgeprinzip, das Verursacherprinzip und das Kooperationsprinzip, in ihm erstmals formuliert wurden.22


Und hier schließt sich der Kreis.

 

 

5 Fazit


Dass die WSP nicht die kriminalistische Ausbildung und Aufgabenbreite wie die Kriminalpolizei oder gar das BKA besitzt, liegt natürlich auf der Hand. Die Zeiten, in denen die WSP aber als „Entenpolizei“ belächelt wird liegt lange zurück. Neben den vielfältigen Aufgaben, vor allem auf dem Gebiet des internationalen See- und Schifffahrts- sowie des Völkervertragsrechts, bei denen Entscheidungen der Kollegen nach getroffen werden, die u.a. Schiffe mit bis zu 25.000 Containern an Bord das Auslaufen verweigern, ist die Erforschung von Straftaten tägliche Arbeit der WSP. Im Gegensatz zu anderen Sparten der Landespolizeien haben die Beamten der WSP auch hier vielfach mit ausländischen Beschuldigten zu tun, meistens sogar aus Ländern außerhalb der Europäischen Union.


Tatsächlich unterscheiden sich die Aufkommen und die Arten der genannten Straftaten nach den Schifffahrtsgebieten innerhalb von Deutschland. Grundsätzlich wird daher die Schifffahrt in die Binnen- und Seeschifffahrt unterteilt. An der Wasserschutzpolizei-Schule (WSPS) werden daher auch die Kollegen aus Ländern mit überwiegender Binnenschifffahrt vom Fachbereich Binnen betreut und die Beamten aus Ländern mit Seeküsten vom Fachbereich Küste.


Die Ausbildung wird zwar unterschiedlich organisiert, aber für die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung, z.B. auf dem Gebiet der Erforschung von Straftaten, einheitlich durchgeführt. Zuständig dafür ist der Leiter der Aus- und Fortbildung der WSPS, Herr PD Olaf Hagenloch, der in dieser Ausgabe von seiner diesbezüglichen Arbeit und seinen Erfahrungen berichtet.


Mein Kollege EPHK Peter Berg stellt in einem weiteren Aufsatz seine Arbeit als Fachbereichsleiter Küste der WSPS und die Aufgaben der Wasserschutzpolizeien im Bereich der Küsten- und Seeschifffahrt dar.


Im Jahr 2022 fanden gemeinsame Kontrollen aller Wasserschutzpolizeien der Länder statt, bei denen der Gefahrguttransport und die Einhaltung der Umweltvorschriften thematisiert wurde (BAGU). So bestand die Möglichkeit, auch das Aufkommen der begangenen Straftaten in diesen Bereichen zu dokumentieren und zu vergleichen. Das aber ist ein neues Thema, das in einer der nächsten Ausgabe der Zeitschrift „Die Kriminalpolizei“ aufbereitet wird.


Bildrechte:


Jan Michael Ihl, Greenpeace Hamburg (Abb. 1); Uwe Jacobshagen (Abb. 2).