Die strafrechtlichen Aufgaben der Wasserschutzpolizeien

Von EPHK Uwe Jacobshagen, Hamburg

 

3 Nebenstrafrecht


Die wichtigste strafrechtliche Regelung des Nebenstrafrechts stellt mit Sicherheit das Flaggenrecht dar. Bedeutung erlangt diese Regelung aus der Tradition der Schifffahrt und der „Ehre“ stattlicher Hoheitszeichen. Schon seit Beginn der Seefahrt, besonders der Kriegsschifffahrt, hat ist die am Heck geführte Flagge Ausdruck der Zugehörigkeit zu dem Land, für das ein Schiff die Weltmeere befährt. Daher bestand schon immer die Marinetradition, dass Schiffe auf hoher See sich mit dem Flaggengruß zu erkennen geben. International wurde diese Tradition durch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) bereits 1994 zur Pflicht für alle Länder genutzt, die die Hohe See zur Seefahrt nutzen. Darauf aufbauend sind in Deutschland einzigartige Rechtsetzungen entstanden. Das grundlegende Gesetz dazu ist das Flaggenrechtsgesetz (FlaggRG), in dem die Pflicht und Berechtigung zum Führen und Zeigen der Bundesflagge geregelt sind. Gleichzeitig sind als Ahndungsmöglichkeit Ordnungswidrigkeiten sowie Strafvorschriften in diesem Gesetz enthalten. Neben der Vielzahl an Normverstößen die als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können, sind Handlungen als Straftaten zu ermitteln, wenn

 

  • der Täter eine andere Flagge als die Bundesflagge führt, obwohl er zur Führung der Bundesflagge berechtigt,
  • der Täter eine Bundes- oder Landesdienstflagge führt, ohne dazu berechtigt zu sein oder
  • der Täter die Bundesflagge führt, ohne dazu berechtigt zu sein.


Die Fälle, die in den Küstenländern regelmäßig ermittelt werden, haben in der Regel damit zu tun, dass große seegehende Sportboote Flaggen führen, die dem Lieblingsland der Schiffsführer entspricht. Die dafür notwendige „kriminelle Energie“ ist dann zwar sehr gering; auch weil die Tat aus Unwissenheit begangen wird. Aber das Legalitätsprinzip zwingt die Beamten der WSP auch hier zum Einschreiten. Und: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.


Das Flaggenrecht gilt natürlich nur für Seeschiffe, weil auch auf Hoher See Schiffe nach ihren Herkunftsländern identifiziert werden sollen – auch das ist eine Maßnahme zur Unterbindung von Piraterie. Binnenschiffe, die auf den Wasserstraßen innerhalb der Küstenländer oder sogar im Küstenmeer aufhalten benötigen daher keine Flagge. Erst wenn Binnenschiffe die Hoheitsgewässer Deutschlands verlassen, werden sie einem Seeschiff gleichgestellt, was dann auch die Pflicht zum Führen der Bundesflagge nach sich zieht.

 

 

 

4 Besonderheiten der Strafverfolgung im Binnenbereich


Im Bereich der sog. Binnenschifffahrt gelten in der Regel die Rechtsetzungen des internationalen Umweltrechts nicht. Das Übereinkommen zur Reinhaltung der Meere (MARPOL 73/78) gilt grundsätzlich nur im Bereich der Meeresumwelt und kann nach der Seeumweltverhaltensverordnung zum Teil auf den Seeschifffahrtsstraßen geahndet werden. Auch das SOLAS-Übereinkommen, das die Schiffssicherheit und den Umweltschutz auf den Meeren garantieren soll, kann nicht auf klassische Binnenschiffe angewandt werden. Auf den Binnenschifffahrtsstraßen kommen diese Übereinkommen nicht zur Anwendung, so dass eigene Rechtssetzungen zum Umweltschutz über das StGB hinaus beachtet werden müssen.


Das Übereinkommen über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrtvon 1996 (CDNI) wurde von der Kommission der Rheinanliegerstaaten in Straßburg mit dem Ziel erlassen, den Transport von Gütern auf den europäischen Binnenwasserstraßen sauberer zu gestalten und die dabei anfallenden Abfälle einem Kreislauf zur weiteren Nutzung zuzuführen. Ausdrücklich wird in diesem Übereinkommen das Wort Umweltschutz durch die Unterzeichnerstaaten dahingehend gebraucht, „dass die Abfallvermeidung sowie die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen zur Verwertung und zur Beseitigung aus Gründen des Umweltschutzes sowie im Interesse der Sicherheit und Gesundheit des Schiffspersonals und der Verkehrsnutzer für die Binnenschifffahrt und die mit ihr verbundenen Wirtschaftszweige ein Erfordernis ist“.17 Das CDNI ist in der Anlage 2 in drei Teile, die die einzelnen Vorschriften für die zugeordneten Themen enthalten, gegliedert. Die Teile sind


Teil A – Sammlung, Abgabe und Annahme von öl- und fetthaltigen Schiffsbetriebsabfällen


Teil B – Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen aus dem Ladungsbereich und


Teil C – Sammlung, Abgabe und Annahme von sonstigen Schiffsbetriebsabfällen.


Grundsätzlich wird in dem Art. 3 I des CDNI festgelegt, dass es verboten ist, von Fahrzeugen aus Schiffsabfälle und Teile der Ladung in die Wasserstraßen einzubringen oder einzuleiten oder auf den Wasserstraßen Dämpfe in die Atmosphäre freizusetzen. Jedoch wird bereits an dieser Stelle die Möglichkeit für Ausnahmen18 genannt, die vielfältig sind und dem Umweltschutz scheinbar zuwiderlaufen.


Schwierig wird dann für die ermittelnden Wasserschutzpolizeien und im Weiteren für die Staatsanwaltschaften, die Befugnis und damit Rechtfertigung der Gewässerverunreinigung durch diese Ausnahmen zu begründen bzw. auszuschließen. Dazu zwei Beispiele: