Wissenschaft  und Forschung

Migrantenkriminalität: Zum Stand der Dinge (Teil 1)

Von Prof. Dr. Bijan Nowrousian, Münster

 

4 Der statistische Befund

 

4.1 Zum Ausländeranteil nach der PKS

Wie also ist der Stand der Dinge? Den Anfang macht dabei ein intensiver Blick auf das Hellfeld, also die amtlichen Kriminalstatistiken. Dieser soll bewusst detailreich erfolgen, weil gerade die Details wertvolle Erkenntnisse liefern werden. Im Anschluss soll dann gefragt werden, was über das Dunkelfeld bekannt ist und inwieweit die Statistiken in die eine oder andere Richtung verzerrt sind.


Im Jahre 2022 betrug die Gesamtzahl der erfassten Straftaten 5.628.584. Die Gesamtzahl der ermittelten Tatverdächtigen lag bei 2.093.782. Tatverdächtige mit deutscher Staatsbürgerschaft gab es dabei 1.309.906, nicht-deutsche Tatverdächtige gab es 783.876, darunter waren 310.062 sog. „Zuwanderer“ (also Asylbewerber). Der Anteil der nicht-deutschen Tatverdächtigen lag so insgesamt bei 37,4%. Der Anteil der Zuwanderer (an allen Tatverdächtigen) lag bei 14,8%.11


Erfasst sind nicht-deutsche Tatverdächtige dabei allein nach der Staatsangehörigkeit. Unterschieden wird also zwischen deutschen Staatsbürgern und ausländischen Staatsbürgern. Eine Erfassung der deutschen tatverdächtigen Staatsbürger nach solchen mit oder ohne Migrationshintergrund erfolgt in den Kriminalstatistiken in aller Regel nicht. Auf diesen Aspekt wird nach der Hellfeldanalyse noch einmal eingegangen.


Die Gesamtzahl der erfassten Straftaten ohne ausländerrechtliche Bezüge lag bei 5.402.755, die Gesamtzahl der ermittelten Tatverdächtigen lag hier bei 1.921.553. Tatverdächtige mit deutscher Staatsbürgerschaft gab es dabei 1.309.115, nicht-deutsche Tatverdächtige gab es 612.438, darunter waren 142.721 sog. Zuwanderer. Der Anteil der nicht-deutschen Tatverdächtigen lag so insgesamt bei 31,9%, der Anteil der Zuwanderer (an allen Tatverdächtigen) lag bei 7,4%.12


Die Einwohnerzahl der Bundesrepublik Deutschland lag zum 31.12.2021 bei 83.237.124. Der Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung lag bei 10.893.053 (= 13,09%).13 Am 30.9.2022 lag die Einwohnerzahl bei 84.270.625 mit 12.127.119 Ausländern und damit einem Ausländeranteil von 14,39%14. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung ist also deutlich niedriger als ihr Anteil an den Tatverdächtigen. Von Januar 2015 bis September 2022 wurden ferner insgesamt 2.346.956 Asylsuchende registriert.15 Auch deren Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt daher deutlich unter ihrem Anteil an den Tatverdächtigen.


Im Bereich der Gewaltkriminalität insgesamt gab es 2022 197.202 bekannt gewordene Fälle. Deutsche Tatverdächtige gab es 109.138; nicht-deutsche 69.086. Die Anzahl von Zuwanderern innerhalb der Nicht-Deutschen lag bei 21.388. Der Anteil der Nicht-Deutschen liegt damit bei 38,76%, der der Zuwanderer bei 12,00%.


Blickt man auf einzelne Bereiche der Gewaltkriminalität, so ergaben sich die folgenden Verteilungen:


Im Bereich von Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen gab es 2.236 bekannt gewordene Fälle mit 1.591 deutschen Tatverdächtigen. Der Anteil der nicht-deutschen Tatverdächtigen lag bei 1.108, darunter 344 Zuwanderer. Dies ergibt für die letzten beiden Gruppen einen prozentualen Anteil von 41,05% sowie 12,75%.16


Zu den 11.896 bekannt gewordenen Fällen der Vergewaltigung, sexuellen Nötigung und sexuellen Übergriffe im besonders schweren Fall wurden 6.366 deutsche und 3.679 nicht-deutsche Tatverdächtige ermittelt, darunter 1.155 Zuwanderer. Der Anteil der Nicht-Deutschen lag also bei 36,63%, der der Zuwanderer bei 11,50%.17


Bei den Raubdelikten betrug die Gesamtzahl der bekannt gewordenen Fälle 38.195. 15.578 deutsche Tatverdächtige konnten dazu ermittelt werden; ermittelte Nicht-Deutsche gab es 12.270. 4.314 der nicht-deutschen Tatverdächtigen waren dabei Zuwanderer. Der Anteil von Nichtdeutschen und Zuwanderern betrug insoweit 43,73% bzw. 15,38%.18


Taten der schweren und gefährlichen Körperverletzung wurden 144.636 gezählt. Ermittelt wurden hierzu 89.180 deutsche Tatverdächtige. Nicht-deutsche Tatverdächtige konnten 55.250 ermittelt werden, darunter 16.886 Zuwanderer. Der Anteil von Nicht-Deutschen lag mithin bei 38,25%; der von Zuwanderern bei 11,69%.19 Bei den vorsätzlichen einfachen Körperverletzungen betrug die Gesamtzahl 399.699 Fälle. 215.179 der ermittelten Tatverdächtigen hatten einen deutschen Pass. Bei 104.701 war dies nicht der Fall, darunter befanden sich 26.507 Zuwanderer. Der Anteil von Nicht-Deutschen lag also bei 32,73%, der von Zuwanderern bei 8,29%.20


Im Bereich der Straftaten gegen die persönliche Freiheit gab es insgesamt 257.285 erfasste Delikte. Ermittelt werden konnten 144.543 deutsche und 58.241 nicht-deutsche Tatverdächtige, unter letzteren 13.555 Zuwanderer. Für Nicht-Deutsche errechnet sich so ein Anteil von 28,72%, für Zuwanderer von 6,68%.21


Im Bereich der sog. Straßenkriminalität wurden 1.084.688 Fälle gezählt. Dabei gab es 118.493 deutsche Tatverdächtige. Die Zahl der nicht-deutschen Tatverdächtigen lag bei 61.251, darunter 17.746 Zuwanderer (34,08 bzw. 9,87%).22


Im Bereich der Diebstahlskriminalität gab es insgesamt 1.780.783 registrierte Delikte. Ermittelt werden konnten 220.872 deutsche Tatverdächtige; nicht-deutsche Tatverdächtige gab es 152.179, darunter 39.508 Zuwanderer. Der Anteil lag entsprechend bei 40,79% bzw. 10,59%. Bei den besonders häufigen Ladendiebstählen (2021 344.669 Fälle) gab es 130.003 deutsche und 102.927 nicht-deutsche Tatverdächtige, darunter 29.482 Zuwanderer. Der prozentuale Anteil von Nicht-Deutschen und Zuwanderern lag demnach bei 44,19 bzw. 12,66%. Für die Opfer besonders belastende Fälle des Wohnungseinbruchsdiebstahls gab es 65.908. Ermittelt werden konnten 5.587 deutsche und 3.652 nicht-deutsche Tatverdächtige, wobei 875 Zuwanderer waren (39,52 bzw. 9,47% für Nicht-Deutsche und Zuwanderer). Taschendiebstähle gab es im Jahre 2022 98.512. Ermittelt werden konnten 1.146 deutsche Tatverdächtige, nicht-deutsche Tatverdächtige konnten 3.697 ermittelt werden, darunter 1.740 Zuwanderer. Der Anteil von nicht-deutschen Tatverdächtigen lag demnach bei stolzen 76,34%; der Anteil der Zuwanderer bei ebenfalls beachtlichen 35,93%.23


Zu den insgesamt erfassten 340.677 Rauschgiftdelikten konnten 190.702 deutsche und 77.106 nicht-deutsche Tatverdächtige erfasst werden. Ermittelte Zuwanderer gab es 19.615. Der prozentuale Anteil von Nicht-Deutschen lag insoweit bei 28,79%, der von Zuwanderern bei 7,32%. Rauschgiftdelikte im Zusammenhang mit dem besonders gefährlichen Heroin gab es insgesamt 10.494. Deutsche Tatverdächtige gab es hier 4.793, nicht-deutsche 3378, darunter Zuwanderer 1.140. Der prozentuale Anteil der beiden letztgenannten Gruppen lag bei 41,34% bzw. 13,95%. Im Zusammenhang mit (deutlich weniger gefährlichem) Cannabis und Zubereitungen gab es 214.242 bekannt gewordene Fälle. Ermittelt werden konnten 126.290 deutsche und 52.536 nicht-deutsche Tatverdächtige, darunter 14.290 Zuwanderer (prozentualer Anteil der beiden letztgenannten Gruppen: 29,38 bzw. 7,99%).24


Im Feld der organisierten Kriminalität wurden im Jahre 2021 696 Verfahren geführt. Für 2022 stehen die Zahlen noch aus. Es gab dabei 2021 insgesamt 7.503 Tatverdächtige. Der Anteil deutscher Staatsbürger betrug dabei 2.993 (39,9%), der Ausländeranteil lag mit 4.135 Tatverdächtigen bei 55,1%. 375 Tatverdächtige (5%) waren staatenlos oder mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Bei insgesamt 294 der deutschen Tatverdächtigen liegt indes eine abweichende Geburtsstaatsangehörigkeit vor. Der Anteil von Tatverdächtigen mit Migrationshintergrund erhöht sich daher schon nach dem rein statistischen Befund mit 4.429 auf 59,03%.25


(wird fortgesetzt)