Cybercrime aus Sicht der Aus- und Fortbildung der Polizei
Von Gerrit Domenghino LL.M., Münster
4 Cybercrime in der Fortbildung der Polizei
Die Anforderungen an die Fortbildung der Mitarbeiter der Polizei ist sehr verschieden und abhängig von den Vorkenntnissen des Mitarbeiters und seinem Tätigkeitsbereich. In der Fläche sind Grundkenntnisse gefragt, während in den entsprechenden Abteilungen und Landeszentralen hoch spezialisierte Fachkräfte benötigt werden. Dies impliziert, dass es für den Kollegen auf der Straße ein anderes Angebot geben muss, als für den Cyberkriminalisten im Landeskriminalamt.
So vielseitig präsentieren sich auch die Angebote an Fortbildungen, die im Folgenden auszugsweise für einige Bundesländer einen kleinen Eindruck in das Engagement zur Bekämpfung des Cybercrimes geben soll.27 In Hamburg wurden beispielsweise seit vergangenem Jahr zehn neue Fortbildungslehrgänge ins Leben gerufen, die zielgruppenspezifisch für die Schutzpolizei, Wasserschutzpolizei oder Kriminalpolizei angeboten werden. So werden die Mitarbeiter jährlich in rund 50 Lehrgängen unter anderem im Bereich Cybercrime, OSINT-Recherche und der Sicherung digitaler Spuren fortgebildet. In Bayern existiert seit 2014 ein umfassendes Aus- und Fortbildungskonzept im Bereich Cybercrime, für das federführend das Fortbildungsinstitut der Bayrischen Polizei (BPFI) zuständig ist, welches sich in engem fachlichem Austausch mit dem dortigen LKA befindet. Vom BPFI werden derzeit jährlich mehr als 30 Seminare angeboten, die durch vier Arbeitstagungen für die Leiter und spezialisierte Sachbearbeiter sowie ein E-Learning-Angebot und ein Infoportal ergänzt werden. Auch in Baden-Württemberg übernimmt das Institut für Fortbildung und hier speziell der Institutsbereich Cybercrime die Fortbildung, sowohl die der Spezialisten der regionalen Polizeipräsidien und des LKA, als auch die der Kollegen im Ermittlungsdienst der Schutz- und Kriminalpolizei, die zum Sachbearbeiter Cybercrime ausgebildet werden. Die Fortbildungsangebote können bei freien Kapazitäten auch von Kollegen aus anderen Bundesländern oder Behörden, wie Zoll oder Finanzermittlern, kostenpflichtig besucht werden.
Erfreulich zu sehen ist die Tatsache, dass es länderübergreifende Maßnahmen gibt, die sich auch in der Fortbildung widerspiegelt. So wird beispielsweise im Rahmen einer Südschienenkooperation zwischen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland, aber auch in der Sicherheitskooperation der Länder Brandenburg, Saschen-Anhalt, Berlin und den Freistaaten Sachsen und Thüringen im Bereich des Fortbildungsangebots kooperiert.
5 Fazit
Die zunehmende Digitalisierung wird sich auf die Kriminalitätsentwicklung im Bereich des Cybercrimes auswirken. Mit einer gewissen Spannung kann daher der Veröffentlichung der PKS für das Jahr 2020 entgegen geschaut werden, da die aufgrund der COVID-19-Pandemie gestiegene Nutzung digitaler Angebote erwarten lässt, dass es zu einem weiteren, möglicherweise sprunghaften Anstieg im Bereich der Computerkriminalität kommen wird. Hierbei ist nicht die Frage ob, sondern wie sehr der Einsatz privater digitaler, meist weniger geschützter Endgeräte im Homeoffice Kriminellen Tür und Tor geöffnet haben. Denn durch eine intensivere Nutzung des Internets und neue teilweise unerfahrene Nutzer, die erst aufgrund der besonderen Lage das Medium nicht nur zu Informationszwecken oder zum Zeitvertreib nutzen, sondern erstmals zum Onlineshopping, für Bankgeschäfte oder berufliche Zwecke, bietet kriminellen Akteuren mehr Möglichkeiten für ihre Aktivitäten.
Bei den Strafverfolgungsbehörden sollte sich das grundlegende Verständnis entwickeln, dass kein Mitarbeiter, vom Sachbearbeiter oder Kollegen im Streifendienst bis hin zur Führungskraft, um das Thema Cybercrime herumkommt, und die Kapazitäten zur Prävention und Aufklärung ausgebaut werden müssen. Das BKA hat im April 2020 mit der Einrichtung der Abteilung „Cybercrime“ beispielsweise einen wichtigen Schritt getan, um Kompetenzen zur Bekämpfung dieses Phänomens zu bündeln und eine erforderliche Spezialisierung der Mitarbeiter voranzutreiben.
Der Bedarf an (polizeilicher) Aus- und Fortbildung im Bereich der Ermittlungs-, Auswertungs- und Analysekompetenzen ist groß und wird weiter steigen. In einigen Bereichen sind bereits heute gute Grundlagen geschaffen, um die Mitarbeiter frühzeitig und nachhaltig zu schulen, und dadurch die digitalen Kompetenzen flächendeckend im Bereich des PVD zu stärken sowie Spezialisten zu qualifizieren. Bei einer strategischen Ausrichtung der Maßnahmen können als Ziele die Anpassung der Ausbildung der PVD und der Ausbau der spezifischen Fortbildungen festgezurrt werden. Hierfür dürften mit Hilfe von fachspezifischen E-Learning-Angeboten insbesondere bei der aktuellen Lage und der damit einhergehenden eingeschränkten Präsenzlehre Kapazitätsengpässe in der Aus- und Fortbildung kompensiert und durch die Kooperationen mit externen Hochschulen zumindest vorübergehend die benötigte Quantität und Qualität an Spezialisten für die Fortbildung gewonnen werden. So lässt sich konstatieren, dass sich auch hier aus der Krise eine Chance ergibt und die Aus- und Fortbildung in der Polizei eine Entwicklung nach vorn machen kann. Es bleibt spannend, diese Entwicklung zu beobachten und zu begleiten.
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