Streitkultur

Altes und Neues zum Verhältnis zwischen Polizei und Datenschutz

Von Hans Udo Störzer, Regierungsdirektor, Wiesbaden

Der Datenschutzbeauftragte einer Polizeibehörde sitzt ja nun qua Amt im wahren Sinne des Wortes „zwischen den Stühlen„: Die Polizisten zählen ihn zu den Datenschützern, und die Datenschützer sehen in ihm den Polizisten. Gerade diese Situation beschert ihm aber eine gewisse Neutralität, die es ihm erlaubt, die ihm gesetzlich zugebilligte1 fachliche Unabhängigkeit sozusagen „mit Leben zu erfüllen„. Dabei fällt ihm auch unweigerlich so eine Art Vermittlerrolle zwischen den beiden „Konfliktparteien„ zu.

Hans Udo Störzer

So beobachte ich also seit Jahren das kontroverse Verhältnis zwischen Polizei und Datenschutz. Ich bin überzeugt davon, dass hier nur ein intensiver Meinungsaustausch hilft. Selbstverständlich müssen die als Missstände empfundenen Fakten von beiden Seiten konkret benannt werden. Ein fruchtbarer Dialog setzt aber voraus, dass man die Ebene plakativer Allgemeinplätze verlässt. Die Realitäten müssen sachlich-nüchtern betrachtet werden. Weder ist es richtig, sich in der Diskussion grundsätzlich nur von einem tiefen Misstrauen gegenüber der Polizei leiten zu lassen – immerhin ist die Polizei an „Gesetz und Recht„ gebunden2 –, noch darf man umgekehrt im Datenschutz den exklusiven Sündenbock für polizeiliche Ermittlungsdefizite sehen – wie oft werden die entsprechenden Datenschutzbestimmungen einfach nicht richtig angewendet –. Die herausgearbeiteten kollidierenden Positionen sind dann in einer nach beiden Richtungen schonenden Weise zum Ausgleich zu bringen. Basis hierfür ist eine Abwägung der jeweiligen Belange, die von Verständnis auch für die andere Position getragen sein muss und einerseits einen „Datenschutz mit Augenmaß„, andererseits Einsicht in die im Rechtsstaat zu beachtenden Grenzen verlangt.

Diese Überlegungen basieren letztlich auf nichts Anderem als auf den allgemeinen Voraussetzungen für jedwede erfolgreiche Kommunikation. Grundsätzlich wird dem kaum jemand widersprechen; trotzdem werden die dargestellten Prämissen in der konkreten Diskussion immer wieder ignoriert. Gut, eine einmalige Darstellung der Problemlage3 mag nicht ausreichen; „doppelt genäht hält besser„, heißt es im Volksmund. Na schön!4 Mephisto verlangt sogar: „Du musst es dreimal sagen !„5Auch das habe ich gemacht6. Also ist in der Tat alles schon einmal gesagt worden. Wie die Adressaten allerdings darauf reagieren, ist schon lange allgemein bekannt: Entweder „sie haben Ohren und hören nicht„ (Die Bibel)7, oder „es hört doch jeder nur, was er versteht„ (Goethe)8 bzw., so muss man ergänzen, was er hören will. Wenn das Gesagte aber nicht ankommt, „muss man es immer wieder sagen„ (André Gide). Und, so meint der ehemalige Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel zurecht, „man schäme sich nicht, das Gleiche immer wieder zu sagen, denn auch Theaterstücke werden immer wieder aufgeführt„. Ich habe mich nicht gescheut, es zu tun.9

Vielleicht ist aber wirklich der Problem-
aufriss in Sammelbänden und Handbüchern nicht die nachhaltigste Methode. Solche Publikationen erreichen wohl doch nicht allzu viele Leser, und außerdem: „Lang ist der Weg durch Lehren, kurz und wirksam der durch Beispiele„ (Seneca).10 Demzufolge habe ich also die Kommentierung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur akustischen Wohnraum-überwachung11 durch den Bundesdatenschutzbeauftragten, Peter Schaar, in einer auflagenstarken Fachzeitschrift aufgegriffen.12 Das Bundesverfassungsgericht hatte zwar die entsprechende Änderung des Art. 13 GG nicht beanstandet, wohl aber weite Teile der einfachgesetzlichen Ausgestaltung in der StPO für verfassungswidrig erklärt. Diese Entscheidung hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte in einem Interview als „Trendwende für das Recht„ apostrophiert.13 Als ob die Polizei im rechtsfreien Raum agieren würde! Das im Grundgesetz – insbesondere in Art. 20 – festgeschriebene Rechtsstaatsprinzip enthält den Auftrag an den Staat, den Rechtsfrieden und die Innere Sicherheit zu wahren. Ergänzt wird dieser Auftrag durch die über Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG dem Staat auferlegte Verpflichtung zum Schutze der Grundrechte jedes einzelnen. Also: Nicht nur der Datenschutz, auch die Polizei schützt Grundrechte14 !

Allerdings ist die „andere„ Seite auch nicht gerade zimperlich in ihrer Wortwahl. Drei Zitate muss ich da hervorheben, weil sie aus prominentem Munde stammen und/oder an öffentlichkeitswirksamer Stelle geäußert worden sind.

Ø Auf dem 9. Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei15 betonte der Berliner Innensenator, Dr. Ehrhart Körting, am 13.11.2006 in seinem Grußwort: „Datenschutz ist kein Wert an sich.„16

Dieser Satz ist markig, und möglicherweise verspricht sich ein Redner vor einem Auditorium, das fast ausschließlich aus Polizeibeamten besteht, von einer solchen Bemerkung breite Zustimmung. Richtig ist die Aussage aber nicht.

Die moderne Datenverarbeitung bietet technisch gesehen unbegrenzte Speicher-, Recherchier- und Auswertungsmöglichkeiten. Kann ein Bürger aber nicht mehr überschauen, welche Informationen über ihn verfügbar sind, wird ihn dies in seiner Handlungs- und Bewegungsfreiheit we-sentlich hemmen. Davon ausgehend hat das Bundesverfassungsgericht ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung als in Art. 2 Abs. 1 GG iVm Art. 1 Abs. 1 GG verbürgt anerkannt17 und daraus später ein „Grundrecht auf Datenschutz„ abgeleitet18. Ein Grundrecht ist selbstverständlich „ein Wert an sich„.

Ø In einem Beitrag in Kriminalistik 1/2007 formuliert Dr. Axel Henrichs – „zugespitzt„, wie er einräumt –:
Datenschutz wird so auch zum Täterschutz.„19

Originell ist diese Argumentation nicht gerade. Das älteste Zitat dieser Art, das ich kenne, stammt aus dem Jahr 198220, und man liest es wirklich allenthalben21.

Damit sind wir aber bei einem Grundübel der Kommunikation zwischen Polizei und Datenschutz. Die Diskussion zu ihrem heiklen Verhältnis führen die Protagonisten ausgesprochen gern mit Schlagworten. Um – wegen der „Ausgewogenheit“ – auch die Datenschützer zu Wort kommen zu lassen: Das Menetekel der „totalen Überwachung“ malen sie seit Anfang der achtziger Jahre an die Wand22; sie tun das bis heute unverdrossen23.

Natürlich ist die Verwendung von Phrasen ein durchaus beliebtes Stilmittel, insbesondere wenn es um letztlich politische Fragen geht. „Es ist eine bekannte Tatsache, dass man mit gewissen Schlagworten der leichtgläubigen Menge nach Belieben Sand in die Augen streuen kann“, hat Bertha von Suttner schon vor etwa 100 Jahren erkannt.24 Und John B. Priestley nennt einen wichtigen Grund: „Je hohler das Schlagwort ist, desto mehr Lärm kann man damit erzeugen.“ Diese Floskeln sind „Killerphrasen„, die den „Tod“ jeder Diskussion bedeuten. Weitergedacht führen sie nämlich zu einer sehr einfachen Lösung des Konflikts zwischen Datenschutz und Gewährleistung der Inneren Sicherheit, indem man einen generellen Vorrang der einen Staatsaufgabe vor der anderen postuliert. Je nach Standpunkt heißt der Ausweg „Sicherheit vor Datenschutz„25, oder man stellt umgekehrt „Datenschutz vor Sicherheit„26.

Und damit sind wir bei der dritten Äußerung:

Ø In einer Pressemeldung der GdP vom 05.02.2007 zur Problematik der Sicherheitslücken in der Abwehr des Terrorismus wird der GdP-Bundesvorsitzende, Konrad Freiberg, mit der Forderung zitiert: „Beseitigung der Behinderungen für eine effektive Bekämpfung des internationalen Terrorismus durch das bestehende Datenschutzrecht.„27

Es liegt nahe, hinter dieser Forderung die Problemlösung „Sicherheit vor Datenschutz„ zu sehen. Aber genau die „Vorrang-Lösung„ ist ein Irrweg.

Keine Frage: Selbstverständlich behindern datenschutzrechtliche Vorschriften die Arbeit der Sicherheitsbehörden, und zweifellos können u.U. Rechtsbrecher daraus ihren Nutzen ziehen. Aber mit dieser Feststellung ist das Thema nur oberflächlich betrachtet. In einem Rechtsstaat kann es keine „ungeregelte„ und unkontrollierte Polizeiarbeit geben. Die Geschichte ist voll von Beispielen dafür, dass wir an diesem Grundsatz nicht rütteln lassen dürfen.

Ich habe bereits dargelegt, dass beide, Datenschützer wie Polizei, Grundrechte schützen. Was nützt es dem Bürger, in einem (weitgehend) sicheren Umfeld zu leben, wenn er diese Sicherheit mit sys-tematischer Beobachtung und ständiger Überwachung erkaufen muss? Wenn er nie (wenigstens einigermaßen) abschätzen kann, wer wann was über ihn weiß, kann er sich nicht frei entfalten. Umgekehrt: Was nützen dem Bürger alle Freiheiten, wenn er in einem Klima der Angst vor Verbrechen leben muss? In einem Zustand allgegenwärtiger krimineller Bedrohung kann er sich ebenfalls nicht frei entfalten, kann er seine Freiheiten nicht ausleben. Zwischen Freiheit und Sicherheit besteht also ein rechtsstaatliches Spannungsverhältnis. Aber wie gesagt28: Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.29 In diesem Sinne hat die Bundesregierung die Frage nach der schwierigen Beziehung zwischen den beiden Rechten schon vor fast einem Vierteljahrhundert eindeutig geklärt: „Datenschutz und öffentliche Sicherheit haben gleiches Gewicht.„30

Damit ist klar, dass Polizei und Datenschutz geradezu eine „Pflicht zur (friedlichen) Koexistenz“31 haben. Ich will es noch einmal mit einem Bild verdeutlichen: Polizei/Sicherheit und Datenschutz/Freiheit sind die zwei Seiten ein und derselben Münze. Wenn die beiden Seiten aber in eine grundsätzliche Gegnerschaft hineinmanövriert werden, man die beiden Seiten also nur getrennt behandelt, sie von einander scheidet, hat man zwei „Scheidemünzen„, und die sind bekanntlich (fast) nichts wert.

Nun können aber logischerweise nicht zugleich größtmögliche Freiheit und größtmögliche Sicherheit verwirklicht werden. Zwischen den beiden Verfassungsgütern besteht ein Zielkonflikt, der gelöst werden muss. Es gilt, auf der Grundlage dessen, was ich eingangs dargelegt habe (kursiv), die Argumente für mehr Sicherheit oder mehr Freiheit zu bedenken. Es geht darum, die rechte Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu finden. Einen Anhaltspunkt dafür mag die Formel „Soviel Freiheit wie möglich und soviel polizeiliche ... Maßnahmen wie nötig„32 bieten. Entscheidend ist, dass ein intensiver Meinungsaustausch stattfindet. Schließlich leben wir in einer Demokratie, und „Demokratie ist Diskussion„ (Tomáš Garrigue Masaryk).
Mit diesen Überlegungen stehe ich nicht allein. Der ehemalige Direktor des Hessischen Landeskriminalamtes und jetzige Chefredakteur der Fachzeitschrift „Kriminalistik„ Klaus Jürgen Timm beendet in Heft 1/2007 sein Editorial33 mit Gedanken, die von eben dieser Überzeugung getragen sind. Natürlich wird die Umsetzung dieser Vorstellungen in der Praxis nicht so einfach sein; der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Aber so ist das eben: „Demokratie ist ein schwieriges Feld„ (Annemarie Renger)34. Doch wie gesagt: Polizei und Datenschutz müssen „zusammenleben„ – wie in einer Ehe. Und „das Wichtigste für eine gute Ehe ist, dass man harmonisch zu streiten lernt„ (Anita Ekberg).

Streitkultur – nur darum geht es mir hier. Inhaltlich wollte ich zu den Ausführungen von Ehrhart Körting, Axel Henrichs und Konrad Freiberg überhaupt keine Stellung nehmen. Im Gegenteil: Gegen Ehrhart Körtings Ausführungen namentlich zu den für die Sicherheitsbehörden „notwendigen Instrumentarien zur Erfüllung ihrer Aufgaben„ lässt sich kaum etwas einwenden. Vor allem seine nachdrückliche Forderung nach einer schnellen Bereitstellung eines digitalen Funksystems für die Polizei35 und seine Vorstellungen zur Verbesserung des Schutzes von Polizeibeamten vor Gewalt kann man nur unterstützen. Axel Henrichs hat in seinem Beitrag36 viele gute Argumente für eine Aufhebung des absoluten Verwertungsverbots der Autobahnmautdaten und die Zulassung ihrer Nutzung „zur Aufklärung von Straftaten von erheblicher Bedeutung„ vorgebracht. Ich kann ihm da nur zustimmen. Ebenso hat Konrad Freiberg Recht, wenn er die Schließung von „Sicherheitslücken in der Abwehr des Terrorismus„ fordert; und er macht ja auch eine ganze Reihe von entsprechenden Vorschlägen: von der Verbesserung der Sicherheitskontrollen an den Flughäfen und der ausreichenden Präsenz von Sky-Marshals auf gefährdeten Fluglinien bis zur Verbesserung der Internetfahndung und zur Harmonisierung der Polizeigesetze. Verbale Kraftmeierei mit Schlagworten oder verbale Rundumschläge gegen den Datenschutz sind da gar nicht notwendig. Zumal Körting den zitierten Satz offensichtlich gar nicht vorgesehen hatte, und die „Langfassung„ seiner Gedanken zu diesem Thema37 keinen Anlass zum Widerspruch bietet, Henrichs selbst konzediert, dass er „zugespitzt formuliert„, und Freiberg sich wohl kaum für die Polizeiarbeit eine „datenschutzfreie Zone„ auf die Fahnen geschrieben hat. Wie oben schon erwähnt, muss man stets die verbreitete selektive Wahrnehmung der Zuhörer bzw. Leser in Rechnung stellen, und möglicherweise verblassen dann die guten Argumente gegenüber der – überflüssigen – Floskel, und sei es nur, weil sie Verärgerung hervorruft. Aber genau das wäre doch ausgesprochen schade, und in der Sache wäre es kontraproduktiv.
Formulierungen wie die vier zitierten bringen in der Sache niemals weiter. Sind sie tatsächlich so gemeint, wie sie klingen, polarisieren sie nur. Geht es um „Schmissigkeit„, Effekthascherei, sind – meist mühsam – Missverständnisse aufzuklären. Auf jeden Fall verhärten sie die „Fronten„.

Diesem meinem Appell für eine unpolemische Auseinandersetzung kommt sozusagen permanente Aktualität zu. Das erweist sich auch in den Tagen, in denen ich diesen Beitrag niederschreibe. Mit Beschluss vom 31.01.2007 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Durchsuchung eines von einem Beschuldigten benutzten Personalcomputers bzw. Laptops ohne dessen Wissen, die sog. Verdeckte Online-Durchsuchung, mangels einer Ermächtigungsgrundlage unzulässig ist.38 An der daraufhin entstandenen Diskussion über die Schaffung einer entsprechenden Eingriffsnorm beteiligten sich Datenschützer ganz in der Tradition der früheren „Wortgefechte„ wie „Großer Lauschangriff„39 statt akustischer Wohnraumüberwachung40 oder „Spähangriff„ an Stelle von optischer Wohnraumüberwachung41. Da ist die spitze Redewendung „heimliche Online-Durchsuchung„, die immer wieder gebraucht wird42, geradezu harmlos43. So bezeichnete die nordrhein-westfälische Landesdatenschutzbeauftragte, Bettina Sokol, in einem Interview des Deutschlandradios am 05.02.2007 die verdeckte Online-Durchsuchung als „heimliche Online-Kommunikationsausspähung„ und „heimliche Online-Ausspionierung„.44 Für ihren Kollegen aus Schleswig-Holstein, Dr. Thilo Weichert, betreibt der Staat mit verdeckten Online-Durchsuchungen „das Geschäft von Kriminellen„: „Das ist nichts anderes als Hacking„.45 Auch seinem Stellvertreter, Dr. Johann Bizer, ist eine Ermächtigung zum „Online Hacking„ bzw. „staatlichen Hacking„ ein Dorn im Auge, und er wendet sich gegen ein „Recht zum Online-Wohnungseinbruch„.46

Nun ist der Gedanke an eine verdeckte Online-Durchsuchung keineswegs so „atemberaubend„, dass „es einem die Spucke verschlagen„ muss47. Es gibt ja schon verdeckte Maßnahmen, die rechtlich durchaus zulässig sind.48Andererseits muss natürlich über eine neue verdeckte Maßnahme grundsätzlich in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Privatsphäre und im konkreten Fall auch unter dem Aspekt der IT-Sicherheit intensiv nachgedacht und diskutiert werden. Dass man sich auch ohne pejorative Formulierungen nachdrücklich zu Wort melden kann, haben z.B. der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar,49und der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Dr. Alexander Dix,50in Presseinformationen sowie der ehemalige Hessische Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Rainer Hamm in einer „Anmerkung„51 zu dem oben genannten Beschluss des Bundesgerichtshofes52 gezeigt.53
„Ein vernünftiges Wort zur rechten Stunde hilft fast immer, und man kann sich weit mehr mit seinen Gegnern aussprechen, als man gemeinhin denkt„. In dieser Sentenz von Kurt Tucholsky54 ist das Wort „vernünftig„ dick zu unterstreichen. Der Rechtsstaat verlangt die „vernünftige„ Auseinandersetzung mit der „anderen Seite„. Nur so kann er funktionieren. Und ein funktionierender Rechtsstaat ist das Beste, was einer Gesellschaft passieren kann.55

Fußnoten:

1 Vgl. § 4f Abs. 3 Satz 2 BDSG.
2 Art. 20 Abs. 3 GG.
3 Störzer: Datenschutz – Verbrecherschutz? In: Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur e.V. (Hrsg.): Herausforderung Informationsgesellschaft. Facetten einer Entwicklung. Hamburg 1994, S. 113-121
(S. 113-115, 121).
4 Ahlf/Störzer/Vordermaier: Datenschutz und informationelle Tätigkeit der Polizei. In: Kube/Störzer/Timm (Hrsg.): Kriminalistik. Handbuch für Praxis und Wissenschaft. Bd. 2. Stuttgart usw. 1994, S. 627-707 (695-699; mwN).
5 Goethe: Faust. Erster Teil. Vers 1531 (Studierzimmer).
6 Störzer: Datenschutz bei der polizeilichen Kriminalitätsbekämpfung. In: Kniesel/Kube/Murck (Hrsg.): Handbuch für Führungskräfte der Polizei – Wissenschaft und Praxis –. Lübeck 1996, S. S. 777-826
(S. 810-817).
7 Psalm 115, 6.
8 Maximen und Reflexionen, 887.
9 Störzer: Datenschutz und Sicherheitsbehörden - ein Reizthema. In: Abel (Hrsg.): Datenschutz. Das Standardwerk für den öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich. Kissing. Losebl.Slg. Stand: 1/2007 (WEKA Praxislösungen), Kap. 8/5.9.1.4.
10 6. Brief.
11 BVerfG, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2004, 999-1020.
12 Störzer: Effektive Kriminalitätsbekämpfung vs. Wahrung der Datenschutzrechte des Einzelnen. Ein alter Streit in neuer Dimension? In: Kriminalistik 2004, S. 405-407.
13 Süddeutsche Zeitung Nr. 53 vom 04.03.2004, S. 5.
14 Namentlich das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG). – In der Gesamtschau fügen sich diese Rechte zu einem „Grundrecht auf Sicherheit„ zusammen (vgl. dazu Isensee: Das Grundrecht auf Sicherheit. Zu den Schutzpflichten des freiheitlichen Verfassungsstaates. Berlin, New York 1983 [Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft e.V. Berlin. H. 79]; Scholz: Datenschutz und innere Sicherheit. In: der kriminalist 1988, S. 53-58 [S. 54, 55]; Störzer 1994 [Fn. 3], S. 114); str. (s. z.B. Lisken: Über Aufgaben und Befugnisse der Polizei im Staat des Grundgesetzes. In: Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP) 1990, S. 15-21 [S. 16; mwN])
15 Vom 13. bis 16. November 2006 in Berlin.
16 Aufzeichnungen des Verf. Insoweit in der schriftlichen Fassung – URL: www.berlin.de/sen/
inneres/presse/reden/ – nicht enthalten; aber dort ist ja ausdrücklich vermerkt: „Es gilt das gesprochene Wort!„
17 BVerfGE 65, 1, 43.
18 BVerfG NJW 1991, 2132.
19 Henrichs: Nutzung von Autobahnmautdaten zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. In: Kriminalistik 2007, S. 3-7 (S. 3).
20 Nachweise bei Ahlf/Störzer/Vordermaier (Fn. 4),
S. 696, Fn. 291-293.
21 S. z.B. Schweckendieck: Zwischenruf. Über die Trägheit der Justiz. Wenig Interesse an „Zeugenschutz zum Nulltarif„. In: ZRP 2006, S. 231-232 (231).
22 Nachweise bei Ahlf/Störzer/Vordermaier (Fn. 4),
S. 696, Fn. 294.
23 Vgl. z.B. die Pressemeldung des Bayerischen Beauftragten für den Datenschutz vom 02.08.2006 zum Thema Autobahnmautdaten: „Eilmarsch in den Überwachungsstaat„. URL: www.datenschutz-bayern.de (-> Presse/2006).
24 Lebenserinnerungen, Berlin 1976, S. 248.
25 Z.B. hat Rebmann so einen Beitrag in Kriminalistik (1982, S. 153-156) betitelt und seine Aussage mit dem Zusatz „- und nicht umgekehrt„ bekräftigt. Weitere Beispiele bei Ahlf/Störzer/Vordermaier (Fn. 4), S. 696, Fn. 301.
26 So z.B. Merten: Datenschutz und Datenverarbeitungsprobleme bei den Sicherheitsbehörden. Heidelberg 1985 (Kriminologische Schriftenreihe. Bd. 88), S. 53.
27 URL: www.gdp.de/gdp/gdpcms.nsf/ID/ABB30BAA0C59B262C125727A00263281
ment
28 S. oben Fn. 14 sowie Text zum ersten Spiegelstrich.
29 Vgl. dazu den so lautenden Art. 5 Abs. 1 Satz 1 MRK. Allerdings zielt diese Bestimmung nicht auf die hier besprochene Problematik. Nach h.M. bedeuten in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 MRK Freiheit und Sicherheit dasselbe, und mit Freiheit ist wie in Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 GG die körperliche Bewegungsfreiheit einer Person gemeint (vgl. Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, Gerichtsverfassungsgesetz, Nebengesetze und ergänzende Bestimmungen. 49. Aufl. München 2006, Art. 5 MRK RN 1).
30 Kohl: Programm der Erneuerung: Freiheit, Mitmenschlichkeit, Verantwortung. Regierungserklärung vor dem deutschen Bundestag am 4. Mai 1983. In: Bundeskanzler Helmut Kohl: Reden 1982-1984. Bonn 1984 (Reihe „Berichte und Dokumentationen„), S. 115-163 (S. 141).
31 Vgl. Störzer 1996 (Fn. 6), S. 810.
32 Riegel (Podiumsgespräch „Fahndungsprobleme und Lösungsansätze„ [Diskussionsbemerkungen]. In: Bundeskriminalamt [Hrsg.]: Möglichkeiten und Grenzen der Fahndung. Arbeitstagung des Bun-
deskriminalamtes Wiesbaden vom 12. bis 15. November 1979. Wiesbaden 1980 [BKA-Vortragsreihe. Bd. 25], S. 180) in Abwandlung eines Wortes von Maihofer.
33 Mautdatengesetz verfassungswidrig? In: Kriminalis-tik 2007, S. 2.
34 Ansprache in der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte Heidelberg am 26.03.2004 (Rhein-Neckar-Zeitung [RNZ] Nr. 73 vom 27./28.03.2004, S. 5).
35 Vgl. dazu auch ‚Soldaten ohne Polizeifunktion. Bundeskongress (sc. der GdP)‘. In: Fränkischer Tag Nr. 212 vom 14.11.2006, S. 4; ‚Bundeskanzlerin führt Prominentenliste an‘. In: Deutsche Polizei 2006, Nr. 12, S. 9-11 (S. 11).
36 S. Fn. 19.
37 „Denkverbote und Tabuisierungen darf es auf diesem Feld nicht geben ... Der demokratische Rechtsstaat wird ... darauf zu achten haben, dass er nicht durch Überreaktionen das gefährdet, was zu schützen ihm aufgegeben ist.„
38 BGH NJW 2007, 930 (gekürzt; Beschl. in voller Länge unter URL: www.bundesgerichtshof.de [-> Entscheidungen; -> 2007 Jan.]); a.A. BGH-Ermittlungsrichter, Strafverteidiger 2007, 60-63.
39 Gegen diese Wortwahl schon z.B. Zachert: Elektronische Überwachung der Wohnung als Mittel zur Bekämpfung Organisierter Kriminalität. In: Deutsche Richterzeitung 1992, S. 355-357 (S. 355), und Schelter: Kampfvokabel „Lauschangriff„. Ein Grundrecht wird mißbraucht. In: Fietz/Jach (Hrsg.): Zündstoff Kriminalität. Innere Sicherheit auf dem Prüfstand. München, Landsberg am Lech 1994, S. 169-175 (S. 169).
40 Z.B. Schaar (Fn. 13).
41 Z.B. Schaar (Fn. 13).
42 Kritik an der Verwendung des Adjektivs „heimlich„ in diesem Zusammenhang („Denken der Staatssicherheit„), aber auch an dem Begriffsbestandteil „Durchsuchung„ (besser: „Nachschau„) übt von Denkowski: „Online-Durchsuchung„ - der Gesetzgeber ist gefordert. In: Kriminalistik 2007, S. 177-185 (S. 177/178).
43 Selbst der BGH (passim [Fn. 38]) argumentiert immer wieder mit dem „Aspekt der Heimlichkeit der Maßnahme„, die ja sogar „bewusst heimlich„ erfolgt.
44 Datenschützerin: Liebesgeflüster geht den Staat nichts an. Sokol weist auf Grenzen der Strafverfolgung mittels Computer-Überwachung hin. URL: www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/590213/
45 Gespräch mit ORF.at am 06.02.2007. URL: futurezone.orf.at/it/stories/169824/
46 Editorial. 2007: Ein Jahr des Selbstschutzes. In: Datenschutz und Datensicherheit 2007, S. 2.
47 Bizer (Fn. 46).
48 Vgl. z.B. §§ 100a, 100c, 110a StPO; §§ 23 Abs. 2, 26 Abs. 1 Satz 3 BKAG, §§ 22, 24 PolGBW.
49 Schaar: Pläne zur Online-Durchsuchung aufgeben (05.02.2007). URL: www.bfdi.bund.de/cln_030/nn_531068/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/
Pressemitteilungen/2007/PM-04-07-Online-Durch
suchung.html_nnn=true
50 Online-Durchsuchungen schaden der inneren Sicherheit und sind verfassungswidrig (09.02.2007) ! URL: www.datenschutz-berlin.de/aktuelle/inhpress.htm
51 In: NJW 2007, S. 932-933.
52 S. Fn. 38.
53 Weitere Stimmen „in der Diskussion„ über das „Pro und Contra von (sc. verdeckten) Online-Durchsuchungen„ ohne „Verbalattacken„ in: Die Kriminalpolizei 2007, zwischen S. 22 und 23. S. dazu auch Leipold: Die Online-Durchsuchung. In: NJW-Spezial 2007, S. 135-136.
54 Vor Gericht.
55 Vgl. von Dücker nach RNZ Nr. 46 vom 24./25.02.2007, S. 5.