Kriminalpolizeiliche Kompetenz im Festival-Einsatz

Von PD Frank Ritter, Kiel

1 Sicherheitsphilosophie bei Großveranstaltungen

„Festivals sind wie Städte – die Besucher erwarten, dass auch hier die Daseinsvorsorge gewährt wird. Das bedeutet: Prävention, Intervention und Repression! Festivals sind zugleich massive Eingriffe in die Strukturen der Gastgebergemeinde und der Region. Der Polizei kommt eine ausgleichende Rolle zu – sie sichert den Interessensausgleich und verhindert eine Eskalation“.

Diese Erwartungshaltung formuliert der Veranstalter des Heavy-Metal-Festivals Wacken-Open-Air in Schleswig-Holstein1. Sie ist weder aus der Luft gegriffen noch einseitiges Wunschdenken, sondern offenbart einen recht realistischen Blick auf die Welt der Musikgroßveranstaltungen in Deutschland oder im benachbarten Ausland. Und: Sie beschreibt zutreffend das polizeiliche Selbstverständnis für die Einsatzwahrnehmung in diesem ohne Zweifel hoch anspruchsvollen Tätigkeitsfeld. Mehrtägige Musikfestivals mit mehreren zehntausend Besuchern sind kein Einsatzmonopol für besondere geschlossene Einheiten der Schutz- oder Bereitschaftspolizeien. Im Gegenteil: Festivals spiegeln das gesamte polizeiliche Einsatzspektrum und fordern die Personalkompetenz von Vollzugskräften über alle Sparten hinweg. Das gilt gleichermaßen für den Einsatzbeamten, die Einsatzabschnittsleiter oder den Polizeiführer2.

2 Das W:O:A – blanker Wahnsinn in der norddeutschen Tiefebene

Das Wacken-Open-Air (W:O:A) gab es erstmalig 1990 als Hardrock-Party der Wackener Dorfjugend. Was seinerzeit mit 500 Besuchern begann, hat sich heute zum weltgrößten Heavy-Metal-Event entwickelt. Als ein normalerweise kaum beachtetes 1.800-Seelendorf mutiert Wacken in der ersten Augustwoche zur drittgrößten Stadt Schleswig-Holsteins. Das Sicherheitskonzept von Veranstalter und BOS3 spricht von 100.000 Menschen auf den Eventflächen, dem angrenzenden Zeltareal (zusammen etwa 260 ha) und auf der Parallelparty im Dorf Wacken. Was Großfestivals so anspruchsvoll macht, sind nicht allein die Menschenmassen, sondern insbesondere deren mehrtägige Unterbringung in labilen Zeltstädten, der exzessive Alkoholkonsum, häufig irrationales oder gruppendynamisches (Fehl-) Verhalten und eine hohe Risikobereitschaft in einem gefahrenexponierten Umfeld. In dieser Gesellschaft lauern Szenarien, die auch die Polizei in unterschiedlicher Weise fordern: Anreisestrapazen, Personenströme auf engstem Raum, Konkurrenzen mit dem fließenden Kraftfahrzeugverkehr, fliegende Bauten und sturmanfällige Zeltstädte, Versorgungsstationen mit Gasanlagen, jederzeit hunderte offene Grillfeuer und verbotene Pyrotechnik auf dem Campground, alkoholbegleitende Gewalt, organisierte Diebesbanden, Unwetterszenarien, extrem aufgeweichte und kaum überwindbare Bodenflächen4, Verletzungen, Pandemien und vieles mehr. Die Dimension der Herausforderungen an Veranstalter, Produktionsleitung, BOS und Polizei ist erheblich und verlangt ein engmaschiges Sicherheitskonzept und eine fortwährende – nahezu ganzjährige – Kommunikation.


Zeltstadt in Wacken

3 Gesamtpolizeiliches Rollen- und Aufgabenverständnis

Mit einer typischen Veranstaltungs-BAO5 ist ein Großfestival wie das W:O:A kaum zu bewältigen. So ergibt hier beispielsweise ein kriminalpolizeilicher Einsatzabschnitt (EA) Folgemaßnahmen mit den Regelaufträgen „Einleitung von Ermittlungen“, „Einrichten und Betreiben einer Gefangenensammelstelle“ und „Durchführung von Gefangenentransporten“6 wenig Sinn. Die BAO „W:O:A“ orientiert sich vielmehr an der Tatsache, dass das Infield und (nahezu vollständig) alle Campingareale von Bauzäunen umschlossen sind und Ein- und Auslässe durch Security lückenlos bewacht werden. Die Polizeidirektion Itzehoe gliedert ihre BAO daher eher untypisch in lediglich drei EA: Innenbereich (EA Veranstaltungsschutz), Außenbereich (EA Raumschutz/Verkehr) und Technik, Versorgung, Unterbringung (EA Logistik).

Der Veranstaltungsschutz mit über zwei Dritteln des insgesamt eingesetzten Personals bildet Unterabschnitte (UA) mit folgenden Bezeichnungen: UA Reaktionsdienst, UA Sachbearbeitung, UA Aufklärung, UA Videoauswertung und UA Ermittlungen. An zahlreichen Stellen sind kriminalpolizeilicher Sachverstand und Ermittlungserfahrungen unverzichtbar. Das gilt insbesondere für den EA Ermittlungen (100 Prozent K-Personal), ganz wesentlich aber auch für den Bereich Sachbearbeitung und in Teilen für die Aufklärung und die Videoauswertung.

Der UA Reaktionsdienst gewährleistet mittels Quad- und Fußstreifen der Bereitschaftspolizei (zu einsatzkritischen Zeiten ausschließlich durch BFE) eine Intervention im Infield und auf dem Campground, während der EA Sachbearbeitung an zentraler Stelle des Festivalgeländes mehrere vollausgestattete und an das Landesdatennetz angeschlossene Bearbeitungscontainer betreibt (Anzeigenaufnahmen durch S- und K-Personal). Der Auftrag Aufklärung, der bei zahlreichen anderen BAOen aus taktisch gutem Grund eigenständig bzw. den gesamten Einsatzraum umspannend organisiert ist, konzentriert sich in Wacken ausschließlich auf den Innenschutz. Die nahezu vollständige Einfriedung des 260 ha großen Areals und eine lückenlose Einlasskontrolle durch Veranstalter-Security machen eine andere Aufklärungsorganisation bei diesem Festival sinnlos. Von der häufig rüden Optik der Heavy-Metal-Freunde nicht zu unterscheiden (mal abgesehen vom Alkoholisierungsgebahren), mischen sich Zivileinheiten von S und K und der Aufklärungszug der Bereitschaftspolizei unters Volk. Ihr Auftrag besteht in der Aufspürung und der Festnahme von Taschendieben, „Zeltaufschlitzern“ und anderen Straftätern7.

Unterstützt werden diese Kräfte vom UA Videoauswertung, der mit zahlreichen Kameras ein polizeispezifisches Besucher-Monitoring durchführt. Erfahrungen haben gezeigt, dass eine parallele Mitnutzung der Videobilder des Veranstalters für polizeiliche Zwecke ungeeignet ist. Die Produktionsleitung will mittels Video-Monitoring erkennen, wo sich welche Besucherströme gefahrenbegünstigend verdichten und wo ggf. durch akute Maßnahmen reagiert werden muss. Dafür reichen in der Regel grobe Übersichtsaufnahmen. Für die Erkennung eines Tatverhaltens einzelner Personen oder kleinerer Tätergruppen – auch als Beweismittel – braucht die Polizei hingegen ein deutlich anderes Videobild. Dieses Monitoring verlangt geschulte Augen, Phänomenkenntnisse und ein intensives Wissen zum typischen Täterverhalten (z.B. bei Taschendieben im Bühnenbereich). Hier ist für die Erkennung, Bewertung und Verfolgung von strafbarem Verhalten übergreifend das Fachpersonal von Schutz- und Kriminalpolizei gefragt.

Der UA Ermittlungen läuft während des Wacken-Festivals sozusagen im stand-by-Modus. Er wird nur bei herausragenden Straftaten aufgerufen. Hierzu gehören regelmäßig Todesermittlungen, Sexualstraftaten, Raubdelikte und umfangreichere Drogenvergehen. Einen UA oder UUAe GeSa oder Getrako8 gibt es in der Wacken-BOA nicht. Transporte werden durch die Ermittlungsbeamten selbst oder unterstützend durch den Raumschutz geleistet; als mögliche Gefangenensammelstelle wird das Zentralgewahrsam des benachbarten Kreisstadtreviers genutzt. Losgelöst von schweren Straftaten sind Ingewahrsamnahmen nur selten erforderlich, da die Hausrechtsanwendung des Veranstalters und der Ausschluss vom Festival im Regelfall völlig ausreichen.

Für die Bewältigung zahlreicher Szenarien haben sich Produktion und BOS auf die Bildung eines Krisenteams bzw. einer gemeinsamen Koordinierungsgruppe verständigt, für die der Veranstalter – der generell in hohem Maße sicherheitsorientiert ist – die logistische Ausstattung bereitstellt. Eine Krisensitzung findet z.B. auch immer dann statt, wenn es beim WOA-Festival zu einem Todesfall kommt. Selbst wenn offenkundig von natürlicher Todesursache oder einem tragischen Unfalltod ausgegangen werden kann, sorgt die Nachricht „Toter in Wacken“ bei Besuchern schnell für Unruhe und ruft regelmäßig die Medien auf den Plan. Ziel der gemeinsamen Krisensitzung – ohne hier tatsächlich von einer echten Krise sprechen zu können – ist die Herstellung eines einheitlichen Informationsstandes und die Absprache zum weiteren Vorgehen, insbesondere zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die eigentliche Fallbearbeitung erfolgt natürlich ausschließlich durch den EA Ermittlungen oder ggf. ergänzend durch das zuständige Fachkommissariat der AAO.


Auch Regen und Matsch kann die Besucher nicht schrecken.

4 Nationales und internationales Polizei-Netzwerk

Festivalkriminalität ist ein internationales Phänomen, mit dem sich nahezu alle Open-Air-Großveranstaltungen auseinander setzen müssen. Die internationale Dimension wird insbesondere durch reisende (häufig ausländische) Täter oder Banden untermauert. Eine wesentliche Aufgabe der Kriminalpolizei besteht insofern in der dem Event vorausgehenden büromäßigen Aufklärung. Diese ist deutschlandweit9 mittlerweile sehr gut organisiert.

Ausgangspunkt einer intensiven nationalen (und teilweise internationalen) Vernetzung war eine enorme Welle von Taschendiebstählen in den Jahren 200910 und 2010. Hierbei konnte durch Auffinden regelrechter Terminkalender festgestellt werden, dass reisende Banden die gesamte europäische Festivalsaison für ihre Beutezüge fest im Blick haben. Erstmalig im Jahr 2011 haben sich die verantwortlichen Ermittler mehrerer deutscher Großfestivals in Mayen/Rheinland-Pfalz getroffen und ihre Erkenntnisse ausgetauscht. Ergebnis war u.a. die Erstellung einiger Bundesländer übergreifenden Festival-Datei „Taschendiebe“ und einer Festival-Datei „Ticketfälscher“. Vereinbart wurde darüber hinaus, dass sich die Polizeibehörden, die Festivals betreuen, fortan jährlich zu einer Arbeitstagung treffen11 und sich – auch über Kriminalität hinausgehende Einsatzfacetten – austauschen12. Im Ergebnis erstellen alle Festivalbehörden – zum Teil bereits während ihrer laufenden Veranstaltungen – Berichte über aktuelle und neue Tatformen bzw. Tätertaktiken, die sie den Partnern sehr zeitnah zur Verfügung stellen. Die mehrjährige Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Phänomene der ersten Veranstaltungen nahezu durch die gesamte Saison ziehen und die Verantwortlichen der späteren Events sich sehr gut darauf einstellen können. Im Bereich der nationalen und internationalen Vernetzung wird eine bemerkenswerte Arbeit geleistet. Der Erfolg spiegelt sich nicht zuletzt in einer deutlichen Senkung der Fallzahlen auf dem Diebstahlssektor wider.

5 Besondere Lageentwicklungen

Über die Regel-BAO hinaus hat die Polizei Anschlusskonzepte (sog. „Hintergrund-BAOen“13) vorgeplant, die z.B. bei GSGGSK-14 oder Anschlagsszenarien die bestehende Veranstaltungsorganisation erweitern und zusätzliches Fachpersonal der Schutz- und Kriminalpolizei in den Einsatz bringen.

Die zuvor dargestellte Auflistung möglicher Auslöser größerer Schadensereignisse macht deutlich, dass Veranstalter, Ordnungsverwaltung, Polizei und alle anderen BOS bereits im Vorwege intensiv aktiv werden müssen. Kollektiv darauf zu vertrauen, „dass schon alles ruhig bleiben wird“, d.h. gänzlich auf taktische Anpassungsentschlüsse zu verzichten, könnte bei der Dimension eines solchen Open-Air-Festivals die Ebene einer strafbewährten Fahrlässigkeit erreichen. Ordnungsrechtlich wird dem W:O:A-Veranstalter bereits durch die schleswig-holsteinische Versammlungsstättenverordnung und eine komplexe Ordnungsverfügung die konzeptionelle Vorsorge für Lageentwicklungen abverlangt, die über den Regelbetrieb hinausgehen. Generell haben W:O:A-Veranstalter und BOS seit vielen Jahren den Anspruch, das Sicherheitskonzept gemeinsam fortzuentwickeln und den Gesamteinsatz gemeinsam zu verantworteten. Szenarien öffentlicher gegenseitiger Schuldzuweisungen bei Unglücksfällen soll es im Norden nicht geben.

Jene Anschluss-BAOen haben den Vorteil, dass sie auf vorhandenen Strukturen aufbauen können und dass bereits viele ortskundige Kräfte im Einsatzraum sind. Aus dem zuvor dargestellten UA Ermittlungen, der – wie dargestellt – im Regelbetrieb des Festivals nur sporadisch zum Einsatz kommt, wird nun ein eigenständiger EA mit einer komplexen Bearbeitungsstruktur, eigenen Unterabschnitten und einer EA-Führungsgruppe. Grundsätzlich sieht der entsprechende Landeserlass hierbei die UAe „Tatortermittlungen“, „Umfeldermittlungen“, „Sachbeweis“, „TKÜ“ und „Taktische Betreuung“ vor. Inwieweit diese Struktur eingeschränkt werden kann oder aber erweitert werden muss, hängt ab von der Dimension der Lageentwicklung bzw. der Beurteilung der „neuen“ Lage. Ergänzend relevant sein könnten beispielsweise auch der UA „Fahndung“ oder der UA „VVI“ (Vermisste, Verletztenregistrierung, Identifizierung). Bei Registrierungen und Personenauskunftsstellen ist dabei stets ein sehr enger Kontakt zu den benachbarten BOS und dem Veranstalter zu halten, um Doppelarbeiten oder gar Fehlinformationen zu vermeiden.


Bühne und begeisterte Festivalbesucher im Jahr 2017

Einen weiteren Organisationsparameter bildet die Frage, welche BOS bei welchem Szenario die Gesamtführung des Einsatzes übernehmen sollte oder muss. Es klingt banal, bedarf aber eines sensiblen Gesamteinsatzverständnisses: Bei Feuer führt die Feuerwehr, bei Epidemien und Pandemien der Leitende Notarzt und bei Kriminalitätslagen die Polizei. Natürlich sind alle BOS für sich gesehen befähigt, auch größere Lagen zu bewältigen, ein kurzsichtiges, Eigenzuständigkeiten betonendes Nebeneinander ist jedoch nicht geeignet, eine Lagestabilisierung zu erwirken oder das Vertrauen in die Behörden zu stärken. Gefragt sind vielmehr ein professionelles Mit- oder gar Füreinander und die Bereitschaft, sich anderen Entscheidungsträgern unterzuordnen. Entscheidend sind in den meisten Schadenslagen zunächst einmal die Bereitstellung großer Kräfteeinheiten und die Fixierung auf die Kernfrage „Welches Ziel wollen wir BOS gemeinsam in den nächsten ein bis zwei Stunden erreichen?“ Wer hier die Übersicht behält und sich nicht in einer Vielzahl von wenig koordinierten Einzelmaßnahmen verheddert, wird sich das Einsatzleben deutlich erleichtern. Gute Absichten allein reichen aber nicht: Es bedarf zusätzlich des professionellen Krisenmanagements einer durch Übungen vorbereiteten Kooperationsgruppe15. Den Sicherheitsbehörden als Partner für die Lagebewältigung bei Großfestivals darf empfohlen werden, z.B. das Übungsangebot der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) in Bad-Neuenahr-Ahrweiler16 zu nutzen.

 6 Fazit und Ausblick

Das W:O:A gilt als eines der bestorganisierten Festivals in Deutschland. Die in vielen Events bundesweit agierende Produktionsleitung resümiert regelmäßig, dass W:O:A-Veranstalter und Wacken-BOS anderen Festivals weit voraus sind. Dass es angesichts von 100.000 Menschen auf engstem Raum zu einer vergleichsweise kleinen Zahl an Straftaten und Einsätzen kommt, ist zweifellos erfreulich. All das fällt aber nicht vom Himmel, sondern ist über Jahrzehnte durch ein intensives sicherheitsorientiertes Miteinander von BOS und Veranstalter gewachsen. Hierzu zählen u.a. permanente Zusammenkünfte, eine gemeinsame Übungswoche an der AKNZ im Jahr 2014 und eine dislozierte Folgeveranstaltung im Frühjahr 2018.

Von Einsatzerfahrungen unbelastete Menschen – leider auch Polizeibeamte – ziehen zuweilen den falschen Schluss, dass die Polizeistärke bei der grundsätzlichen Friedlichkeit der Lage in Wacken doch wohl übertrieben sei. Ihnen darf entgegnet werden: Die Lage ist nur deshalb so friedlich, weil die Polizei hier kraftvoll und kompetent auftritt. Ein Blick in die Festival-Historie beweist das bedauerlicherweise mehr als deutlich. Im Sinne einer fortgesetzten Sicherheit für Besucher und Aktive kann an dieser Einsatzphilosophie auch nicht gerüttelt werden.

Es ist zu vermuten, dass es auch bei Open-Air-Festivals weiterhin eine abstrakt hohe Gefährdung geben wird. Unsere hedonistische Zerstreuungsgesellschaft lässt andererseits überhaupt keine Anzeichen erkennen, dem Ruf nach Mammut-Freiluft-Veranstaltungen nicht mehr folgen zu wollen. Gewünscht wird dabei ein Höchstmaß an Veranstaltungssicherheit bei gleichzeitig wenig spürbarer Polizeipräsenz oder gar einschüchternder martialischer Optik. Das ist nachvollziehbar, aber nicht immer einfach. Auch hiermit wird sich die Arbeitsgemeinschaft der Festivalbehörden mit fortgesetzter Lagebeurteilung zu befassen haben, um die vereinbarten Sicherheitsstandards zu halten17.

Es wird auch weiterhin ein großes gesamtpolizeiliches Engagement brauchen, um den hohen Erwartungen der Besucher von Großfestivals gerecht zu werden und gleichzeitig den gesetzlichen Auftrag vollumfänglich zu erfüllen. Die W:O:A-Veranstalter sind jedenfalls entschlossen, noch viele Jahre weiterzumachen; sehr zur Freude der Schwermetaller und – man darf es mittlerweile sagen – auch der (Kriminal)Polizei.

Bildrechte beim Autor und bei H. Rolf.

Anmerkungen

  1. Holger Hübner, Veranstalter des W:O:A, in einem Vortrag vor den Polizeiverantwortlichen verschiedener deutscher Open-Air-Musik-Festivals am 11.01.2012 in Itzehoe.
  2. Die Regel-BAO Wacken-Open-Air wird im Mehrschichtensystem sowohl von S- als auch K-Beamten der Laufbahngruppe 2.2 (höherer Dienst) geführt.
  3. BOS: Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.
  4. Dieser Wettereffekt ist nicht typisch für ein Sommerfestival, tritt aber durchaus regelmäßig auf. Das Wacken-Fest kennt auch andere Wetterextreme – große Hitze, wenig Schatten, heftige Sonnenbrände bei zahlreichen Besuchern, Staubwolken, Wassermangel, Dehydrierung, Wespenplagen u.v.m.
  5. Etwa mit den EA Aufklärung, Veranstaltungsschutz, ÖA, Folgemaßnahmen und Verkehr.
  6. Vgl. Ritter, Die Kriminalpolizei 2/2017, S. 26 (Der Einsatzabschnitt Folgemaßnahmen in BAO-Lagen).
  7. Das typische Festivaldelikt „Ticketfälschung“ ist beim Wacken-Open-Air ein eher untergeordnetes Phänomen.
  8. UUA GeSa und Getrako: Unterunterabschnitt Gefangenensammelstelle und Gefangenentransportkommando.
  9. Das benachbarte Ausland (A, CH) teilweise eingeschlossen.
  10. Das W:O:A war 2009 mit einem nie dagewesenen Taschendiebstahlsaufkommen im hohen dreistelligen Bereich betroffen. In 2010 konnte die Zahl halbiert werden, danach gab es Feststellungen in kaum noch relevanter Höhe. Tätergruppierungen hatten sich allerdings auf das noch lukrativere Zeltplündern verlegt.
  11. 2011 in Mayen (RP – Rock am Ring), 2012 in Itzehoe (SH – Wacken-Open-Air), 2013 in Lüchow (NI – Hurricane), 2014 in Tuttlingen (BW – Southside), 2015 in Nürnberg (BY – Rock im Park und Taubertal), 2016 am Chiemsee (BY – Chiemsee-Reggae), 2017 in Hockenheim (BW – Rock’n Heim), 2018 in Cuxhaven (NI – Deichbrand), sowie geplant für 2019 eine Veranstaltung in Österreich (Frequenzy, Nova-Rock u.a.).
  12. Beispielhaft genannt seien Fragen des Personaleinsatzes, des Hausrechts, der Zusammenarbeit mit der Veranstalter-Security, der Videoüberwachung, der Planung und personellen Hinterlegung von Hintergrund-BAOen, die strategische Ausrichtung hinsichtlich besonderer Lageentwicklungen (wie Schadensereignisse oder terroristische Anschläge), die Zusammenarbeit mit BOS und Veranstaltern u.v.m.
  13. Im polizeiinternen Sprachgebrauch gelegentlich auch als „Schatten-BAO“ bezeichnet.
  14. GSGGSK: Größere Schadenslagen und Gefahr größerer Schadenslagen / Katastrophen.
  15. Beim W:O:A besteht die Koordinierungsgruppe aus den Leitern (oder mit notwendiger Prokura ausgestatteten „Verbindern“) der Feuerwehr, des Ordnungsamtes, der Polizei, des Rettungsdienstes und der Security sowie dem Veranstalter, dem Produktionsleiter und dem Leitenden Notarzt. Je nach Anlass sind weitere Personen möglich.
  16. AKNZ: Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz - Fortbildungseinrichtung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
  17. Bereits 2016 hat eine durch den AK Festivalkriminalität eingesetzte Unterarbeitsgruppe gemeinsame Handlungsleitlinien für die Vorbereitung und Bewältigung von terroristischen Bedrohungslagen erarbeitet.