Umweltschutz lernen – aber richtig

Von PD Olaf Hagenloch, Hamburg

 

Der Umweltschutz spielt in der täglichen Arbeit der Wasserschutzpolizeien der Bundesländer eine nicht zu unterschätzende Rolle und gewinnt weiterhin an Bedeutung. Um die Herausforderungen des Umweltrechtes zu meistern ist fundiertes Wissen über die geltenden Rechtsvorschriften, deren Anwendung und über Ermittlungsansätze zwingend erforderlich.

 

1 Aus- und Fortbildung für die Wasserschutzpolizei

 

Die Wasserschutzpolizei-Schule ist die zentrale Aus- und Fortbildungseinrichtung der Wasserschutzpolizeien von 15 Bundesländern. Sie wurde 1945 in der britischen Besatzungszone gegründet und befindet sich somit im 76. Jahr ihres Bestehens. Zunächst war sie nur für die Ausbildung Hamburger Wasserschutzpolizisten eingerichtet. Doch bereits ab 1951 wurden Polizeibeamte der Wasserschutzpolizeien anderer Bundesländer ausgebildet. Im Jahr 1974 wurde das heute noch gültige Abkommen über die Aufgaben und die Finanzierung der Wasserschutzpolizei-Schule geschlossen. Im Jahr 1992 traten vier der fünf neuen Bundesländer und das Saarland über ein Zusatzabkommen bei. An der aufgeführten Historie lässt sich die Bedeutung der Wasserschutzpolizei-Schule für die Aus- und Fortbildung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten der Wasserschutzpolizeien deutschlandweit ablesen. Ziel der gemeinsamen Aus- und Fortbildung ist es, einheitliche Standards bei den Kontrollen bei hoher Qualität in den Bundesländern zu gewährleisten und den Erfahrungsaustausch zu fördern.

 

2 Organisation der Wasserschutzpolizei-Schule


Um den Auftrag der Bundesländer zu erfüllen, ist der Lehrbetrieb der Wasserschutzpolizei-Schule in die drei thematischen Fachbereiche Küste, Binnen sowie Technik/Umwelt gegliedert. Die Fachbereiche Küste und Binnen bilden die für die Küsten- und Binnenländer im wesentlichen erforderlichen Lehrinhalte ab. Dem Fachbereich Technik/Umwelt kommt eine gewisse Klammerfunktion zu. Er wurde im Oktober 1996 unter anderem als Reaktion auf die gestiegenen Anforderungen auch im Bereich des Umweltrechtes eingerichtet.


Das Portfolio der Wasserschutzpolizei-Schule umfasst die Aus- und Fortbildung für die spezifischen wasserschutzpolizeilichen Bedarfe der Bundesländer. Dazu zählen unter anderem:

  • Schifffahrtverkehrsrecht (Binnen und Küste)
  • Schifffahrtsrecht (Binnen und Küste)
  • Schiffsunfallaufnahme
  • Navigation
  • Radarausbildung
  • ECDIS-Ausbildung
  • UKW-Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtsfunk

Die Wissensvermittlung erfolgt dabei in Ausbildungslehrgängen, Fortbildungslehrgängen, Seminaren und Fachseminaren. Insgesamt werden 43 verschiedene Lehrveranstaltungen angeboten. Sie reichen von Tagesveranstaltungen bis zu Lehrgängen mit einer Dauer von 14 Wochen. Die Durchführung der Lehrveranstaltungen richtet sich dabei nach den Bedarfen der entsendenden Bundesländer. Im Rahmen der Aus- und Fortbildung werden die Lehrgangsteilnehmenden an der Wasserschutzpolizei-Schule untergebracht und verpflegt.

 

3 Umweltschutz als wichtiges Ausbildungsthema

 

Die Ausbildungslehrgänge dienen überwiegend der Vermittlung von Grundlagen und sind speziell für Berufseinsteiger konzipiert. Unter diesem Begriff sind Absolventinnen und Absolventen der polizeilichen Ausbildungseinrichtungen der Bundesländer, welche direkt nach der Ausbildung ihren Dienst bei den Wasserschutzpolizeien verrichten und Polizeibeamtinnen und -beamte mit allgemeinpolizeilicher Berufserfahrung zu subsumieren. Teilweise handelt es sich dabei um Beamtinnen und Beamten mit mehrjährigen Erfahrungen im Bereich der Schutzpolizei, welche im Rahmen ihres dienstlichen Werdeganges zur Wasserschutzpolizei gewechselt haben.


Im Rahmen der Ausbildungslehrgänge werden bereits Themen des Umweltschutzes vermittelt. Dazu gehören die Inhalte der spezifischen Rechtsvorschriften, die jeweiligen Ahndungsmöglichkeiten und die Zusammenhänge der einzelnen Vorschriften untereinander. Für die Wasserschutzpolizeibeamtinnen und -beamten aus den Küstenländern geht es hierbei vorrangig um den Meeresumweltschutz. Die Beamtinnen und Beamten erhalten einen Überblick über die Regelungen des „Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe“ (MARPOL-Übereinkommen, MARPOL 73/78). Ziel ist es, die Vorschriften des Übereinkommens zu beherrschen. Dazu gehört, die entsprechenden Zeugnisse zu kennen, zu kontrollieren sowie das Wissen über die Einleitbestimmungen für ölhaltiges Bilgenwasser. Aber auch die Kontrolle des Öltagebuches und des Mülltagebuches ist Inhalt der Ausbildung. Schließlich können diese Tagebücher erste Indizien für unsachgemäßen Umgang mit Schiffsabfällen oder gar vorsätzliche illegale Entsorgung selbiger sein. Die Beamtinnen und Beamten lernen die technischen Zusammenhänge.

  • Wo fällt Öl als Abfall im Schiffsbetrieb an?
  • Wie kann berechnet werden, wieviel Öl und Ölschlamm (Sludge) im laufenden Schiffsbetrieb anfallen?
  • Wo verbleiben das Öl und der Ölschlamm?
  • Wie können Öl und Ölschlamm legal entsorgt werden?
  • Welche Manipulationsmöglichkeiten bestehen an technischen (Entsorgungs)Einrichtungen?
  • Wie kann ich herausfinden, ob Ölschlamm an Bord legal verbrannt wurde?

Die oben aufgeführten Fragen verdeutlichen, dass auch die Grundlagen der Schiffstechnik wesentliche Bestandteile der Ausbildung darstellen. Ohne dieses Grundverständnis ist es nahezu unmöglich erste Ermittlungsansätze zu finden.


Die Ahndung der Meeresumweltverstöße ist ein weiterer Schwerpunkt in der Ausbildung der Lehrgangsteilnehmenden. Dazu gehören sichere Kenntnisse über den 29. Abschnitt des StGB (Straftaten gegen die Umwelt) und dessen Anwendung. Ebenso wird die Verordnung über das umweltgerechte Verhalten in der Seeschifffahrt (See-Umweltverhaltensverordnung – SeeUmwVerhV) eingehend vermittelt. Auch die Zuständigkeiten der Ahndungsbehörden sind von hoher Bedeutung.


Trotz der Zuweisung der Verwaltungskompetenz an den Bund ist der Vollzug der schifffahrtspolizeilichen Aufgaben überwiegend den Ländern übertragen worden, die diese durch ihre jeweilige Wasserschutzpolizei ausüben.2 Somit wird die Wasserschutzpolizei im Rahmen des schifffahrtspolizeilichen Vollzuges tätig und führt die Kontrollen durch.

 

 

4 Nach der Pflicht (Ausbildung) folgt die Kür (Fortbildung)


Die Fortbildung an der Wasserschutzpolizei-Schule gliedert sich in Fortbildungslehrgänge und Seminare. Die Fortbildungslehrgänge haben als Zielgruppe Wasserschutzpolizeibeamtinnen und -beamte mit Berufserfahrung, sie dienen insbesondere der Vermittlung zusätzlicher Kenntnisse sowie der Vertiefung der Kenntnisse der Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmer in ihrem aktuellen Tätigkeitsgebiet.3 Seminare dienen der vertieften Behandlung ausgewählter Themen und verlangen von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein hohes Maß an Selbständigkeit und die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit.4 Im Rahmen von Seminaren wird auf spezielle Fragen des Umweltschutzes, Änderungen in den Rechtsgrundlagen, Ermittlungsansätze und sog. „best practice“-Modelle eingegangen. Die Seminarteilnehmenden haben in der Regel spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten in der Bearbeitung von Umweltdelikten. Regelmäßig werden im Rahmen von Seminaren und Lehrgängen externe Dozenten aus den zuständigen Ahnungsbehörden, der Staatsanwaltschaft Hamburg, dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sowie entsprechenden Fachdienststellen der Länderpolizeien eingeladen. Über diese Vielfalt an Dozenten ist die Wasserschutzpolizei-Schule in der Lage immer auf der Höhe der Zeit zu agieren und sich aktuellen Fragen aus dem Bereich des Umweltschutzes zu widmen.


Im Fachbereich Technik/Umwelt sind die speziellen Fortbildungslehrgänge und Seminare mit dem Themenschwerpunkt Umweltschutz gebündelt. Dabei handelt es sich um die Lehrgänge:

  • Lehrgang gefährliche Güter / Umweltschutz
  • Seminar Umweltschutz
  • Fachseminare Meeresumweltschutz 1 – 3
  • Fachseminar gefährliche Güter / Umweltschutz

Das Seminar Umweltschutz richtet sich an Beamtinnen und Beamten der Wasserschutzpolizeien der Binnenbereiche. Sie sollen befähigt werden, im Rahmen der polizeilichen Zuständigkeiten komplexe Ermittlungen durchzuführen sowie umfangreiche Sachverhalte abschließend zu bearbeiten5. Im Seminar werden naturwissenschaftliche Grundlagen ebenso vermittelt, wie die Grundlagen des Abfall- , Wasser-, Naturschutz-, Artenschutz-, Immissionsschutzrechtes. Ähnlich wie in der Seeschifffahrt werden auch hier Kenntnisse über umweltrelevante Technik auf Binnenschiffen vermittelt. Ein weiterer Schwerpunkt des Seminares ist die Polizeidienstkunde. Hierbei wird den Beamtinnen und Beamten vermittelt, welche unaufschiebbaren Maßnahmen bei Schadensfällen zu treffen sind, aber auch Grundlagen der Tatortarbeit und Dokumentation. Die theoretischen Inhalte werden durch praxisorientierten Unterricht/Exkursionen auf Binnenschiffen ergänzt.


Die Fachseminare Meeresumweltschutz 1 – 3 sind wiederum speziell für die Beamtinnen und Beamten der Küstenländer eingerichtet worden. Im Rahmen von praxisorientiertem Unterricht werden hier Inhalte zum MARPOL-Übereinkommen, dem Ballastwasser-Übereinkommen, dem Übereinkommen über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt (CDNI) und auch Polizeidienstkunde vermittelt. Dabei sind die Seminare themenspezifisch unterteilt, bauen jedoch fachlich nicht aufeinander auf.


Die Bundesländer arbeiten aktiv an den Aus- und Fortbildungsinhalten mit. Speziell in der Fortbildung wird sich an den aktuellen Themen und Länderbedarfen orientiert. So wird derzeit ein Seminar für Schiffsabwässer/Bordkläranlagen auf Fahrgastschiffen im Binnenbereich entwickelt. Grundlage bildet das CDNI. Innerhalb des Seminares soll der Praxisanteil, also die Kontrollen auf Fahrgastschiffen in der Binnenschifffahrt überwiegen. Auch hierbei sollen die technischen Komponenten und das Verstehen der Zusammenhänge/Abläufe eine große Rolle spielen.


Für die praktische Ausbildung an Bord von Schiffen ist Arbeitskleidung erforderlich. Ermittlungen zu Umweltverstößen beginnen zwar mit der Kontrolle der Unterlagen, nicht selten jedoch enden sie tief unten im Maschinenraum.

 

5 Wo geht die Reise hin?


Das Thema Umweltschutz ist mittlerweile tief in der Gesellschaft verankert und hat eine lange Entwicklung genommen. Die Entwicklung neuer Antriebskonzepte in der Schifffahrt machen sie sicher sauberer, allerdings erfordern diese Konzepte auch Kontrollbeamte, die auf der Höhe der technischen Entwicklungen sind. Dies stellt eine der großen Herausforderungen für die zukünftige Aus- und Fortbildung von Beamtinnen und Beamten der Wasserschutzpolizeien der Bundesländer dar.


Die Wasserschutzpolizei-Schule stellt sich dieser Herausforderung. In naher Zukunft wird ein Schiffsmaschinensimulator mit sechs Trainee-Plätzen eingerichtet. Mit Hilfe dieses Simulators kann praxisnah mit neuen Antriebskonzepten gearbeitet werden. Damit wird es noch besser möglich sein, technische Zusammenhänge zu vermitteln und „erlebbar“ zu gestalten.


Eine weitere große Aufgabe ergibt sich aus dem teilweise schon eingeleiteten, aber zumindest absehbaren Generationswechsel in den Wasserschutzpolizeien der Länder. Der Anteil der Beamtinnen und Beamten mit beruflicher Erfahrung aus der Schifffahrt geht spürbar zurück. Ein ehemaliger Kollege hat dazu gesagt: „Wir müssen aus Sehleuten jetzt Seeleute machen.“ Dafür ist schon ein Umdenken erforderlich, hat man doch sonst aus Seeleuten Polizisten „gemacht“. Die Bedarfe der Bundesländer an Aus- und Fortbildung ihrer Beamtinnen und Beamten steigen durch den Generationswechsel. Vor diesem Hintergrund wird noch in diesem Jahr mit einem Erweiterungsbau für die Wasserschutzpolizei-Schule begonnen. Neben Unterkünften für die Lehrgangsteilnehmenden wird das Gebäude auch einen Fahrsimulator erhalten. Mit diesem Simulator werden die EU-Berufsqualifikationsrichtlinie und die damit einhergehenden Standards umgesetzt. Diese Modernisierungsmaßnahmen sind ausgesprochen kostspielig, aber sinnvoll. In diesem Zusammenhang sei auf einen Ausspruch hingewiesen, welcher John F. Kennedy zugeschrieben wird: „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.“


Trotz Erweiterungsbau und neuer Simulationstechnik wird die Wasserschutzpolizei-Schule möglicherweise an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Wie geht man damit, vor dem Hintergrund der Länderbedarfe um? Aktuell beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe der Wasserschutzpolizeien mehrerer Bundesländer mit diesem Problemfeld. Es geht um die Überprüfung der Aus- und Fortbildung und eine mögliche strukturelle Neuausrichtung. Müssen Lehrgänge und Seminare zwingend im Präsenzunterricht stattfinden? Hat uns die derzeitige Pandemie nicht gezeigt, dass es auch andere Wege der Wissensvermittlung gibt? Sind diese „neuen“ Wege auch für praxisnahe Ausbildung geeignet? Können Präsenzzeiten an der Wasserschutzpolizei-Schule durch digitale Lehrangebote verkürzt werden? Vor der Arbeitsgruppe liegen spannende Zeiten mit vielen Herausforderungen und Unwägbarkeiten.


Das Ziel ist aber klar. Die erreichten Qualitätsstandards werden nur nach oben geschraubt. Das sind wir nicht ausschließlich aber in besonderem Maße dem Umweltschutz schuldig.

 

Anmerkungen

 

  1. Der Autor ist Diplomingenieur für Seeverkehrstechnik (FH) und Polizeidirektor. Er ist seit 1999 Angehöriger der Polizei Hamburg. Zu seinen unterschiedlichen polizeilichen Verwendungen gehörte u.a. die Leitung des ehemaligen Fachdienstes für Umwelt- und Verbraucherschutzdelikte (WSP21), heute Gefahrgut und Umweltschutz (WSP5). Seit April 2020 ist er Leiter der Aus- und Fortbildung an der Wasserschutzpolizei-Schule.
  2. https://www.bundestag.de/resource/blob/648496/e41393ad8f3352228c83338d8b9af563/WD-3-099-19-pdf-data.pdf.
  3. WSPS: Katalog der Lehrveranstaltungen Stand: Februar 2020.
  4. WSPS: Katalog der Lehrveranstaltungen Stand: Februar 2020.
  5. WSPS: WSP-Seminar Umweltschutz, Seminarplan.