REZENSION

Schäfer, Knast Frauen. 1. Auflage 2018


„Waren Sie schon mal im Gefängnis? Nein? Dann müssen Sie dieses Buch lesen. Leisten Sie sich den Luxus, in Freiheit zu erfahren, was es heißt, hinter Gittern zu sein.“ Mit dieser Aussage stimmt der Autor den Leser ohne Umschweife auf dem Bucheinband auf das ein, was ihn auf den knapp 230 Seiten erwartet.Ziel des Autors ist es, dem Leser einen Eindruck davon zu vermitteln, was sich hinter den verschlossenen Türen deutscher Justizvollzugsanstalten (JVA) oder zumindest einer bestimmten JVA ereignet. Ins Auge sticht dabei, dass in der hier in Rede stehenden JVA ausschließlich weibliche Insassen inhaftiert sind.


Der Autor, Tilmann Schäfer, schöpft seine Erfahrungen und Erlebnisse für das Buch, aus seiner Tätigkeit als Arbeitstherapeut in der besagten Einrichtung. Im Rahmen dieser Tätigkeit begegnete er den inhaftierten Frauen und Jugendlichen aus einem ganz anderen Blickwinkel, als dies sonst im Laufe eines Strafprozesses mit Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gerichten aber auch mit den Mitarbeitern des Allgemeinen Vollzugsdienstes der Fall ist.


In insgesamt 33, wie der Autor selbst sagt, eigenen kleinen Geschichten, beschreibt er kurz und prägnant unterschiedliche Aspekte des Alltags in der JVA. Nicht überraschend für das Fachpublikum unserer Zeitschrift dürfte sein, dass auch bei Straftäterinnen in einer JVA von der Betrügerin bis zur Mörderin alle Deliktsbereiche vertreten sind. Interessant ist allerdings, wie bildhaft dargestellt wird, welche Probleme diese Frauen in einer JVA haben und auch, welche persönliche Entwicklung einige Frauen aus Sicht des Therapeuten in den Monaten oder Jahren ihrer Haftstrafe durchlaufen. Dabei stellt der Autor in den meisten Kapiteln zunächst allgemein eine Thematik dar und illustriert diese dann anhand von konkreten und selbst erlebten Beispielen. Es wird eine Bresche für therapeutische Maßnahmen geschlagen, die in der nachvollziehbaren Darstellung weit mehr sind, als nur eine Beschäftigungsmaßnahme im sonst oft tristen Gefängnisalltag. Selbstwertgefühl, Anerkennung und auch mit den eigenen Händen etwas zu schaffen, von dem einige Insassinnen nie dachten, so etwas zu können, helfen dabei, für den Tag der Entlassung und die Zeit danach besser gerüstet zu sein. Nicht immer ist der Ansatz von Erfolg gekrönt, auch das wird nicht verschwiegen.


Bildhaft werden die Sprache und Denkweise einiger Insassinnen dargestellt und wie abgeklärt und unterkühlt einige mit sich, ihrem Leben oder anderen Mitgefangenen umgehen. Manche Aspekte, wie z.B. die Frage „Was ist schon normal?“ werden durchaus provokativ aufgegriffen und regen zum Diskurs an.


Insgesamt lässt sich sagen, dass das Buch einen praxisnahen und manchmal doch überraschenden Einblick in den Strafvollzug gewährt und sich intensiv mit den Täterinnen auseinandersetzt. Eine Perspektive die Angehörigen von Strafverfolgungsorganen aufgrund ihrer Rolle im System vielleicht nicht immer offen steht. Auch wenn nicht in jedem Fall die Meinung des Autors geteilt werden muss, so sind die Inhalte in den kurzen Geschichten doch kurzweilig und breit gefächert aufgebaut.


Frank Wimmel, Boppard



Herausgeber: Tilmann Schäfer

Titel: Knast Frauen, 1. Auflage 2018

Auflage: 228 Seiten, 19,0 x 12,5 cm, flexibler Einband

Format: 1213 Seiten, 16,0 x 24,0 cm, Hardcover

Preis: 9,99 Euro

ISBN:978-3-86265-702-5

Verlag: Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag GmbH