Buchbesprechungen

Frank Raberg (Bearb.)
Die Protokolle der Regierung von Württemberg-Hohenzollern. Erster Band: Das Erste und Zweite Staatssekretariat Schmid 1945 - 1947.
Herausgeber: Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg.
CXXIII, 546 S. Ln. Euro 48,--, SFR 82,50, ISBN 3-17-018278-1, W. Kohlhammer Verlag Stuttgart 2004.
Während der gerne als Standardwerk zur Geschichte des nur kurze Zeit existierenden Landes Württemberg-Hohenzollern herangezogene Sammelband von Max Gögler und Gregor Richter (Herausg.) rein gar nichts, aber auch gar nichts zur Entwicklung der am 18.1.1946 gegründeten neuen „Landespolizei“ hergibt, finden wir dagegen dazu in dem heute anzuzeigenden ersten Band der Regierungsprotokolle hochbedeutende Einzelheiten. Der ausgewiesene Landeshistoriker Frank Raberg kommentiert kompetent und sehr umsichtig die einzelnen Protokolle des Ersten und Zweiten Staatssekretariats Schmid 1945 - 1947 und macht uns mit den nicht immer übereinstimmenden Vorstellungen der einzelnen Mitglieder des Staatssekretariats zum Neuaufbau einer demokratischen Vollzugspolizei vertraut. Wir erfahren so manches über die politische Säuberung der Beamtenschaft im neuen Staatsgebilde, über die Laufbahnrichtlinien der Landespolizei, über die neue Polizeischule, aber auch über die nicht unumstrittene Stellung der Polizeioberkommissare (Kreisführer) gegenüber den Landräten. Gerade die letzte Thematik wurde erst in jüngster Zeit wieder aktuell, als die Teufel’sche Verwaltungsreform Baden-Württembergs die Polizeidirektionen in die Landratsämter eingliedern wollte. Mit großer Genugtuung darf man vermerken, dass der Bearbeiter u.a. auch Veröffentlichungen in den Vierteljahresheften „DIE KRIMINALPOLIZEI“ zur Kommentierung der Regierungsprotokolle heranzog. Mit großer Spannung sehen wir den angekündigten Fortsetzungsbänden 1947 - 1948 und 1949 - 1952 entgegen.KD i. R. Manfred Teufel

Reiner Lichtenberger
Die Grenzpolizei im Landkreis Pforzheim 1945 - 1948. Pforzheim 2000
In der süddeutschen Polizeihistoriographie der letzten 200 Jahre sind immer wieder Verzweigungen zwischen (Zoll)-Grenzschutzorganisationen und eigentlicher Vollzugspolizei auszumachen: Erst gegen Ende 1826 erfolgte eine „gänzliche Trennung der Polizeimannschaft vom Zoll- und Steuerpersonal“. Bis dahin waren beide Beamtungen im Großherzogtum Baden vereint. In Würt-temberg dagegen war eine Zollschutzwache an den Außengrenzen des Königreichs einige Jahre bis 1834 im Kgl. Württ. Landjägerkorps sachlich und personell integriert. Und in neuerer Zeit sorgte in den 20er Jahren des verflossenen Jahrhunderts ein gut funktionierender Grenzfahndungsdienst der staatlichen badischen Polizei, der zwangsläufig mehr oder weniger in der „Grenzpolizei“ der berüchtigten Gestapo aufging, für eine
sicherheitspolizeiliche Überwachung der Staatsgrenzen gegen die Schweiz und gegen Frankreich.

Nach dem totalen Zusammenbruch 1945 ordnete die amerikanische Besatzungsmacht zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Interessen die Aufstellung einer speziellen „Zonengrenzpolizei“ gegen das französische Besatzungsgebiet Württembergs und Badens an, die mit der neu strukturierten Landespolizei verbunden war. In dem vom Völkerrecht gezogenen Rahmen war es zulässig, dass die amerikanische Besatzungsmacht für das besetzte Gebiet eigene Rechtsnormen setzte und diese u.a. mit Hilfe der weiterhin tätigen Organe des besetzten Staates durchsetzen ließ. Dieser „Grenzpolizei“ (auswählend) „im Landkreis Pforzheim“, die von 1945 bis nach dem Inkrafttreten der Währungsreform am 21.6.1948 bestand, hat sich der Polizeihistoriker Lichtenberger, der übrigens schon lange Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Polizeigeschichte e.V. ist, fachkundig angenommen. In einer sachgemäßen Dokumentation, die recht zeitraubend gewesen sein dürfte und große Umsicht erforderte, hat er eine sorgfältig und zweckmäßig angepackte Materialsammlung vorgelegt. Es werden Details zur Organisation, Dislozierung, zum Personal und zu den täglichen Dienstobliegenheiten des neuen landespolizeilichen Dienstzweigs am Beispiel des Landkreises Pforzheim anregend durch umfassende Angaben zur Kenntnis gebracht. Auch die Uniform- und Effektensammler kommen voll auf ihre Kosten. Mehr als 40 Abbildungen von Uniformen und Uniformteilen sowie von damals gängigen Vordrucken für den Zonengrenzübertritt (wodurch auch landesgeschichtliche Interessen berührt werden) sorgen dafür. Im Anhang wird noch die Organisation der für die deutsche Zonengrenzpolizei oft ausschlaggebenden amerikanischen Militärpolizei vorgestellt. Dies verdient besonders betont zu werden, weil über die „United States Zone Constabulary“ nicht allzuviel bekannt ist. Ein eingehendes Orts- und Personenregister rundet die Dokumentation sinnvoll ab.
Das Druckwerk, an welchem kein an der Polizeigeschichte Interessierter vorbeikommt, kann für etwa 15 Euro bei Reiner Lichtenberger, Kriminalhauptkommissar a.D., Walter-Rathenau-Str. 13, 75180 Pforzheim bezogen werden.Manfred Teufel, Kriminaldirektor i.R.

Der rote Faden. Grundsätze der Kriminalpraxis. 11., völlig neu bearbeitete Auflage. 2004. XXIV, 578 Seiten. Kart. 24,90 Euro. ISBN 3-7832-0011-3 (Grundlagen der Kriminalistik, Band 32) Kriminalistik-Verlag, Heidelberg
Wer die eindrucksvolle konstitutive Entwicklung der polizeilichen Kriminalistik verfolgen will, braucht nur die vom Tübinger Kriminalrat Anton Dorsch begründete, im Jahre 1957 (mit 177 Seiten) erschienene 1. Auflage des „Roten Faden“ mit der 11. völlig neu bearbeiteten und wesentlich erweiterten Auflage vergleichen. Aus den mehr handwerklichen Hinweisen des ausgesprochenen Praktikers Dorsch ist ein Kompendium der mehr wissenschaftlich begründeten Denkergebnisse (auch aus kriminalistischen Grenzbereichen) entstanden, wobei einige der Mitarbeiter mit ihren Beiträgen debütiert haben dürften. Die Neuauflage stellt moderne kriminalstrategische, taktische und naturwissenschaftliche Ansätze für die erfolgreiche Aufklärung (aber auch Verhütung) von Straftaten dar, weshalb sie sich für die Polizeipraxis und für die Aus- und Weiterbildung der Polizeibeamten gleicher-maßen bestens eignet.Manfred Teufel

Musterklausuren Psychologie – Klausuren und Übungen mit Lösungen
Von Dr. Reinhard Haselow und Dr. Jens Walkowiak, 1. Auflage, 216 Seiten,
DIN A5, Broschur, Verlag Deutsche Polizeiliteratur GmbH, Buchvertrieb; 40721 Hilden/Rhld., ISBN 3-8011-0490-7
Bei Berufsbildern, bei denen der Umgang mit anderen Menschen im Mittelpunkt steht, sind psychologische Grundkenntnisse unabdingbar. Daher ist es richtig und konsequent, dass Psychologie auch bei der Polizei immer mehr Gewichtung findet. Darum müssen gerade junge Polizisten in Ausbildung und Studium psychologische Kenntnisse und Theorien erlernen. Und am Ende der Lernabschnitte stehen, wie in anderen Fächern auch, Prüfungen. Das Werk von Dr. Reinhard Haselow und Dr. Jens Walkowiak ist kein Lehrbuch der Psychologie. Es hilft gezielt bei der Vorbereitung zu Prüfungen, damit vom Prüfling das Leistungsanforderungsprofil richtig erfasst und Antworten treffend formuliert werden.
Das Werk ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil des Buches erläuert die grundsätzlichen Prüfungsanforderungen und führt in die Techniken der Klausurbearbeitung im Fach Psychologie ein. Im zweiten Teil finden sich Musterklausuren mit konkreten Lösungshinweisen. Der dritte Teil widmet sich Fragen und Lösungen bei mündlichen Prüfungen. Aufbau und Sprache des Buches sind logisch und verständlich und tragen von daher schon dazu bei, im Fach Psychologie die vor Prüfungen nicht selten aufkommende Verwirrung erst gar nicht entstehen zu
lassen.PHK Günther Heni, Fridingen

Akatshi Schilling und Uwe Dolata (Hg.)
Korruption im Wirtschaftssystem Deutschland, 3. Auflage 2004, 182 Seiten, 16,90 Euro
Mankau Verlag, 82413 Murnau, ISBN 3-9809565-0-4
Bis Mitte der 80er Jahre war Korruption in Deutschland kaum ein Thema. Erste staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren ließen seinerzeit noch nicht erahnen, welche Dimensionen die Korruption in Deutschland aufweist. Auch wenn polizeiliche Kriminalstatistiken und Lagebilder wegen der Nichtbeachtung des Dunkelfeldes keine Auskunft über das tatsächliche Ausmaß der Korruption geben können und ein von Transparency International veröffentlichter Korruptionswahrnehmungsindex auch nur begrenzte Aussagekraft hat, bestreitet seit Jahren niemand mehr, dass Deutschland kein weißer Fleck auf der weltweiten Korruptionslandkarte ist. Das Problemfeld „Korruption“ ist erkannt. Jede Veröffentlichung zu diesem Thema dient der Enttabuisierung und leistet einen Beitrag zur Korruptionsbekämpfung. Die Titelseite des Buches beginnt mit den zutreffenden Worten… „Jeder Mensch hat seinen Preis…“. Das Buch spiegelt ein am 18.03.04 in der Fachhochschule Würzburg stattgefundenes Symposium wider.
Nacheinander werden die Aussagen der zu dieser Veranstaltung eingeladenen Experten vorgestellt.
In der ersten Hälfte des Buches bekommt der Leser durch die Mitherausgeberin und Autorin, Akatshi Schilling, ein Fundament notwendiger Informationen zum Thema Korruption an die Hand. Frau Schilling studiert im Fürstentum Liechtenstein im Studiengang Wirtschaftsinformatik. Sie geht auf die derzeitige Rechtslage in Deutschland, Korruptionsstrukturen, Erklärungsansätze und Auswirkungen ein, macht einen Exkurs in die Korruptionshistorie der BRD und der DDR, zeigt Bekämpfungs- und Präventionsmöglichkeiten auf und stellt Korruption und Ethik gegenüber.
Die weiteren Autorinnen bzw. Autoren des Buches, Dr. Wolfgang Hetzer, Abteilungsleiter im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) „Sinn und Unsinn strafrechtlicher Korruptionsbekämpfung in Europa“, Wolfgang Schaupensteiner, Abteilungsleiter der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main, „Korruption in Deutschland“, Dr. Anke Martiny, Senior Adviser bei Transparency International (Berlin), „Transparency International – die Koalition gegen Korruption“, Prof. Dr. W. Angelika Kreitel, Professorin für Wirtschaftsinformatik an der FH Würzburg-Schweinfurt, „Exkurs über die politische Dimension der Korruption“ und Jürgen Roth, Journalist, „Nepotismus als gewachsenes System der Demokratie“ sind ausgewiesene Kenner der Materie und beschreiben auf anschauliche Weise das Phänomen Korruption aus unterschiedlichen Betrachtungswinkeln. Die Reihe der Autoren schließt der Mitherausgeber des Buches, Uwe Dolata. Er ist als Polizeibeamter zuständig für die Bekämpfung von Wirtschaftsdelikten. Seinen Ausführungen zufolge ist das Strafrecht nicht in der Lage, eine Moral, die es nicht mehr gibt, zu ersetzen. Er beschreibt u.a. einige Fälle aus der Praxis, weist darauf hin, dass die Politik teilweise nur ein begrenztes Interesse an der Aufklärung dieser Straftaten hat und wiederholt zum Schluss seiner Ausführungen noch einmal die Hauptforderung aller Anti-Korruptions-Experten: Verfahren und Geschäfte müssen durchsichtig werden. Transparenz ist der Todfeind der Korruption!
Die Autorinnen und Autoren des Buches machen auch deutlich, dass Korruption nicht nur ein Problem der Korrumpierten ist, sondern dass es insbesondere in den Fällen der strukturellen Korruption auch eine Unternehmerseite gibt, deren Ziel es ist, aus Eigennutz den freien Wettbewerb zu Lasten der öffentlichen Haushalte auszuschalten.

Wolfgang Weppler,Hessisches Landeskriminalamt